– Deutschlandstart 17.08.2023
– Veröffentlichung 11.08.2023
Das Bragi F. Schut Jr. nicht alleine für das Schlamassel mit dem fertigen Drehbuch verantwortlich ist, sondern noch fünf nachfolgende Schreiber, gehört zur guten Seite. Die schlechte Seite ist, dass Bragi Schut Jr. lediglich mit Zak Alkewicz für das Drehbuch genannt ist. Und sich ganz alleine für die Story verantworten muss. Damit hat er sich einiges aufgeladen. Alles was man den Autoren vorwerfen möchte, hat er auch selbst zu verantworten, wie man dem Interview mit bloody-flicks.co.uk entnehmen kann. Da wären in erster Linie die bewussten Anleihen bei ALIEN, und der akkurate Umgang mit dem Ursprungsmaterial – einem kurzen Kapitel aus Bram Stokers Roman „Dracula“. Inspiration ALIEN und Romanadaption, beides die markantesten Schwächen bei diesem blutleeren Spuk (ja, der Kalauer ist angebracht). Aber auch der sonst geschätzte André Øvredal hat einiges dazu beigetragen, dass sich Universals Monster Reihe ‚Dark Universe‘ immer mehr dem Höllenschlund nähert.
Grundsätzlich ist DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER kein schlechter Film. Er ist tadellos gefilmt, wirkungsvoll geschnitten, im Spannungsaufbau effektiv, und mit ansprechenden Darstellern. Und dann ist DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER doch wieder ein schlechter Film. Das liegt am Ausgangsmaterial, von dem Schiff, dass 50 mit Erde gefüllte Holzkisten von Bulgarien, über das Mittelmeer, nach London überführen soll. Von den acht Mann an Bord, verschwinden nach und nach Besatzungsmitglieder. Die Atmosphäre ist angespannt, denn etwas Unnatürliches scheint noch an Bord zu sein.
Das Schiff ist die Demeter, und bis sie in England anlandet, hat das Drehbuch noch eine Frau, einen Hund, und das obligatorisch nervige Kind hinzugefügt. Korinthenkackerei mag niemand wirklich, aber im sogenannten „Captain’s Log“-Kapitel, dass Schut Jr. ja nach eigenen Worten so getreu umgesetzt hat, wird keine Frau, oder ein blinder Passagier erwähnt. Und der Hund hat im Buch eine ganz andere, sogar elementare Rolle. Dafür hätte es Möglichkeiten und Erklärungen gegeben, welche das schlampig verfasste Script aber nicht nutzt. Ja, schlampig, weil signifikante Eckpunkte ignoriert werden.
Dann stellt sich die Frage, weswegen ein Film mit einer Freigabe ab 16 (oder Rated R) einen ohnehin nicht folgsamen Zwölfjährigen braucht. Nur damit er das ermüdende Klischee vom Kind in Gefahr erfüllen kann, obwohl anzunehmen ist, dass sich die meisten Zuschauenden über dessen Ableben sehr glücklich schätzen würden. Aber André Øvredal liefert alle Anzeichen dafür, einfach nur einen möglichst massentauglichen Gruselschinken inszenieren zu wollen. Bei TROLL HUNTER hat sein Spiel mit dem stereotypen Aufbau wegen des originellen Szenarios funktioniert. DEMETER fehlt einfach die Inspiration.
Hier hangelt sich Øvredal von einer Seite der Blaupausen zur nächsten. Selbst die Kameraführung wird vorhersehbar, wie der Flug um die Demeter zur Gallionsfigur. Oder althergebrachte Szenenabläufe, wenn das Monster schon ein Opfer fest im Griff hat, es aber dennoch entkommt. Und die Zuschauenden wissen das, weil das vermeintliche Opfer noch Dinge zu tun hat. Es ist ein Ping Pong Spiel, wo ein Klischee zum nächsten Versatzstück schlägt. Der Regisseur hat das zum größten Teil auch stimmungsvoll inszeniert, stellenweise sogar mit klaustrophobischen Anflügen. Aber eben nicht genug.
Aber wirklich originell ist DEMETER nicht. Das der Drehbuchautor seine Inspiration aus Ridley Scotts ALIEN schöpft, könnte er auch mit bestem Willen nicht verleugnen. Aber hunderte von Filmen haben sich an dem Klassiker orientiert, oder ihn kopiert. Da hätte sich André Øvredal einiges einfallen lassen müssen, um etwas eigenständiges zu schaffen. Aber DEMETER überrascht einfach nicht. Außer mit einer einzigen Szene, aber ohne diesen Moment hätten sich die Macher lächerlich gemacht. Und die stetig ansteigende Unruhe und die Spannung zwischen den Figuren, will einfach nicht funktionieren.
Die Atmosphäre und die Stimmung in der Mannschaft ist das fundamentale Kernelement dieses Kapitels aus Stokers Roman. Aber es liegt nicht an den stark besetzten und stimmigen Darstellern. Es liegt an den fehlenden Geschichten hinter den Figuren, die dadurch mit der Zeit beliebig werden. Dafür will man auf Gedeih und Verderb immer wieder ein ethnisches Problem aufbauen, obwohl es von Seiten der Charaktere überhaupt keine Probleme gibt. Nach den bisher unzähligen Filminkarnationen hat man sich zu allem Überfluss für einen Dracula entschieden, der nicht im Entferntesten etwas mit der Gestalt zu tun hat, die in den bisher unzähligen Filminkarnationen das Publikum fesselte. Dracula aus der LETZTEN FAHRT DER DEMETER ist nicht innovativ, sondern einfach nur billig. Dieses Buchkapitel ist auf seiner letzten Fahrt ordentlich auf Grund gelaufen.
Darsteller: Corey Hawkins, Aisling Franciosi, Liam Cunningham, David Dastmalchian, Woody Norman, Javier Botet u.a.
Regie: André Øvredal
Drehbuch: Bragi F. Schut, Zak Olkewicz
Kamera: Roman Osin, Tom Stern
Bildschnitt: Julian Clarke, Patrick Larsgaard, Christian Wagner
Musik: Bear McCreary
Produktionsdesign: Edward Thomas
USA, Großbritannien, Malta, Italien, Deutschland
2023
118 Minuten
Bildrechte: UNIVERSAL STUDIOS / AMBLIN ENTERTAINMENT