HALLOWEEN KILLS

Halloween Kills - Copyright UNIVERSAL STUDIOS– Bundesstart 21.10.2021
– seit 15.10.2021 streaming
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Zuweilen ist die Ironie schon sehr ironisch. Genau 40 Jahre nach John Carpenters Genre verändernden Horror, war 2018 die direkte und gleichnamige Fortsetzung veröffentlicht worden. Dank eines einschneidenden Weltereignisses, kommt Nachfolger HALLOWEEN KILLS nun verspätet ins Kino, und liegt somit ebenfalls 40 Jahre nach dem damaligen zweiten Teil. Was heißen soll, dass der Abschluss der Trilogie HALLOWEEN ENDS auch 40 Jahre nach dem seinerzeit betitelten HALLOWEEN 3: SEASON OF THE WITCH starten wird. Soweit ein Beitrag für die Kategorie ‚Nutzloses Wissen‘. In etwa genauso bedeutend, wie diese drei Filme selbst. Durchaus gute, ambitionierte Filme, die ein gewisses Zielpublikum garantiert zufriedenstellen. Nur nicht die Liebhaber von John Carpenters Original.

Bekanntermaßen hat HALLOWEEN 2018 alle vorherigen Fortsetzungen ignoriert, selbst HALLOWEEN II, und sich selbst zum legitimen Nachfolger erklärt. Für das Narrativ war diese Entscheidung nicht nur einfacher, sondern auch sehr vernünftig. Nach einem berauschenden Rückblick ins Haddonfield von 1978, setzt HALLOWEEN KILLS genau am Ende seines Vorgängers an. Charakter-Ikone Laurie Strode wird schwerverletzt von Tochter und Enkelin ins Krankenhaus gebracht, während die Feuerwehr versucht Lauries brennendes Haus zu retten. In den Flammen eingeschlossen ist natürlich Michael Myers. Noch.

Spätestens jetzt wird das Konzept ziemlich deutlich, dass die neue Trilogie in einer einzigen Halloween-Nacht spielen wird. Um aber einen Film zu füllen braucht es auch Handlung. Aber drei Filmen die allesamt in einer einzigen Nacht spielen, stellt sich die Frage nach der Konzeption und dem Umfang der Erzählung. Dementsprechend grobschlächtig und unrund gestaltet sich der Handlungsverlauf. Manche Szenen schmücken sich aus, kommen aber zu keiner relevanten Auflösung. Andere Elemente werden in einer Geschwindigkeit aufgebaut, dass der unmittelbar folgende Höhepunkt überhaupt nicht in beabsichtigter Form beim Zuschauer ankommt.

‚The Shape‘ Michael bringt wegen seiner Opferzahl die Notaufnahme an ihre Grenzen. Und als sich bestätigt, wer dafür verantwortlich ist, bildet sich umgehend ein wütender Mob, der den Killer zur Strecke bringen will. Der kollektive Wahnsinn greift um sich, Polizisten werden verprügelt und die Meute hetzt einen Unschuldigen durchs Gebäude. Regisseur David Gordon Green inszeniert dieses Beispiel mit einem derart frenetischen Tempo und schnellen Schnitten, dass die Sequenz keinen Deut an Glaubwürdigkeit generiert. Hier fehlt einfach das Gespür für einen soliden, emotionalen Aufbau, der sich nachvollziehbar steigert.

Halloween Kills 1 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

Nach den ersten extrem grafischen Morden des unmenschlichen Ungetüms, und einer erweiterten Rückblende ins Jahr 1978, sollte das Set-Piece im Krankenhaus eine signifikante Wendung in dieses Kapitel bringen. Und die Geschichte scheitert auch hier, weil Green es nicht zu versteht, die Aussage dahinter heraus zu heben. Wenn schließlich das Wirken von Michael Myers letztendlich die Bewohner von Haddonfield zu Monstern macht, dann wird ein Charakter ins Bild gestellt, der bedeutungsschwanger genau diesen Satz vorträgt: „Jetzt sind wir die Monster geworden.“ Damit hat dieser Film schon verloren. Ein intelligent konzipierter Handlungsaufbau braucht solche Sätze nicht, auch wenn, oder gerade weil es ein Horrorfilm ist.

Dafür liegt Laurie Strode verletzt in ihrem Krankenbett und sinniert mit dem ebenfalls verwundeten Officer Hawkins über das Böse, was das Böse ist, wo es herkommt, und ob es nicht in uns allen steckt. Mit solchen Szenen gerät der Fluss immer wieder ins Stocken. Bei dieser Art von Film, muss so etwas in den Rhythmus der Action eingewoben sein, und nicht in schulmeisterlicher Zäsur ausgereizt werden. Noch dazu mit einer Figur die nur dazu geschrieben wurde, um im Heute sowie in Rückblenden die Ereignisse von 1978 auszuweiten. Damit will die neue Filmreihe eine erweiterte Ebene schaffen, die soetwas wie eine Slasher-Saga aufbauen möchte. Die Macher wollen sich vom Konzept des simplen Babysitter-Mörders lösen. Von einem Konzept, mit dem Carpenter den Erfolg von HALLOWEEN begründete, und dessen filmische Dynamik heute noch Gültigkeit hat.

Natürlich funktioniert HALLOWEEN KILLS auf seine eigene Weise, und unterhält sehr zeitgemäß mit unzähligen ‚Quality Kills‘. Noch viel origineller gestaltet sich David Gordon Greens Vision eines Halloween-Films als Nerd-Panoptikum. In allen Szenen erwartet den Die-Hard-Horrorfan ein Querverweis auf die anderen Filme, die im Narrativ allerdings ausgeklammert wurden. Bisher ignorierte Figuren oder Darsteller aus Carpenters Film treten wieder in Erscheinung. Manchmal greift Green sogar szenische Motive auf, die 1978 nur angesprochen wurde, wie das gestohlene Seil aus dem Krämerladen und der tote Hund in Michaels Haus. Was allerdings am meisten zu Herzen geht, ist die perfekte Verbeugung vor HALLOWEEN 3: SEASON OF THE WITCH. In einer wichtigen Szene wird nicht nur im Bild sondern auch musikalisch dem vielfach geschmähten Film Tribut gezollt, dem Unrecht getan wurde, weil er keine Michael Myers Geschichte ist.

Aber wie alle Filme die sich mit dem Ruhm von John Carpenters Klassiker messen wollen, hat auch David Gordon Green nicht verstanden, was HALLOWEEN so energetisch machte. Natürlich ist das schwer in Worte zu fassen, und bestimmt ist es noch schwieriger dies angemessen umzusetzen. Letztendlich ist es dann auch, was diese Trilogie bislang ausmacht, sie ist eine Kopie von Versatzstücken. Es ist aber ein riesiger Unterschied, ob man etwas nachmacht, oder etwas Eigenständiges kreiert. Trägt man nur etwas zum Genre bei, oder begreift man die Dynamik von Horror, von Ängsten, Panik und Spannung. Damals war es ein Vision, die ein aufstrebender Regisseur umsetzte. Thematisch war das nicht so neu, aber wie er die Mechanismen zu nutzen verstand, war anders und eigen. David Gordon Green ruht sich darauf aus, in dem er dem Zuschauer einreden will, dass seine Konzeption eine natürliche und logische Weiterführung wäre. Kann so nicht sein, denn inhaltlich war die Geschichte von Laurie Strode und Michael Myers bereits 1978 zu Ende erzählt.

Halloween Kills 2 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

 

Darsteller: Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak, Nick Castle, James Jude Courtney, Anthony Michael Hall, Will Patton, Thomas Mann, James Cypher u.a.
Regie: David Gordon Green
Drehbuch: David Gordon Green, Danny McBride, Scott Teems
Kamera: Michael Simmonds
Bildschnitt: Timothy Alverson
Musik: Cody Carpenter, John Carpenter, Daniel Davies
Produktionsdesign: Richard A. Wright
USA – Großbritannien / 2021
105 Minuten

Bildrechte: UNIVERSAL STUDIOS
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