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Sakrileg

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Scary Movie 2

 

Schatten der Wahrheit

What lies beneath

Schmallspurganoven

Small Time Crooks

Schneider von Panama

Tailor of Panama

The Score

 

Scream 3 & Scream 2

 

Seltsame Fall des Benjamin Button

Curious case of Benjamin Button

Serenity

 

Shadow of the Vampire

 

S H A F T

 

Shanghai Noon

 

Shrek

 

Shrek der Dritte

 Shrek the Third

The Sixth Day

 

Sleepy Hollow

 

Solaris

 

Spider-Man

 

Spider-Man 3

 

Spy Kids

 

Der Sternwanderer

Stardust

Start Up

Antitrust

Star Trek Nemesis

 

Star Wars: Episode II - Attacke der Klonkrieger

Star Wars: Episode II - Attack of the Clones

Der Sternwanderer

Stardust

Stirb an einem anderen Tag

 Die another Day

Stirb Langsam 4.0

 Live Free Or Die Hard
Streben nach Glück The Pursuit of Happyness

Stuart Little

 

Summer of Sam

 

Superman Returns

 

Sweet and Lowdown

 
Sweet November  
Syriana

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Scary Movie 2

Darsteller: Shawn Wayans, Anna Faris, Regina Hall, Marlon Wayans, Chris Masterson, David Cross, Tim Curry, Tori Spelling, James Woods, Veronica Cartwright u.a.

Regie: Keenen Ivory Wayans; Drehbuch: Shawn Wayans, Marlon Wayans, Alyson Fouse, Greg Grabiansky, Dave Polsky, Michael Anthony Snowdwn, Graig Wayans; Kamera: Stevem Bernstein; Filmschnitt: Peter Teschner, Tom Nordberg, Richard Pearson; Musik-Supervisor: Randy Spendlove

USA / 2001 ; circa 82 Minuten

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: 7 (sieben) Autoren. Das macht wirklich etwas her. Da gibt es diesen alten Spruch, von den vielen Köchen mit ihrem Brei und findet im aktuellen Kinogeschehen wohl keine bessere Anwendung als bei ‚Scary Movie 2’. Abgesehen von ‚Blair Witch 2’ dürfte dieser Film einer der wertlosesten Fortsetzungen unserer Tage sein. War es für die Heerscharen von Fans ein gigantisches Vergnügen, der Wayans Sippe beim lustigen Treiben im ‚Scream’ Windschatten zu zusehen, beschränkt sich dieser Aufguss auf abgestumpftes Eintreiben von Kinogeldern.

Dieses mal müssen die Horrorschinken um verwunschene Häuser und Geisterschlösser herhalten. Das man dabei noch ‚Charlies Engel’ unterbringt mag witzig anmuten, ist dafür umso schlechter umgesetzt. Das die gesamte Wayans Verwandtschaft keine Rücksicht auf den guten Geschmack macht, daran hat man sich gerne gewöhnt. Herausgekommen sind dabei meist herrliche Zwitter schwarzen Kinos für die weiße Masse. Das Rezept ist selbstverständlich vom Einfachsten, man bedient sich eben beim Zeitgeist. Das taten die Wayans mit den Gang Filmen aus den Schwarzen-Vierteln, wie eben letztes Jahr mit den Zutaten der aufgefrischten Horrorwelle. Aber irgendwann verselbstständigt sich so ein unerwarteter Erfolg mit der Zeit und diese Zeit ist bei den Wayans bereits ein Jahr nach dem sensationellen finanziellen und Zuschauer Erfolg von ‚Scary Movie’.

‚Exorzist’, ‚Amityville Horror’, ‚Hannibal’, ‚Charlies Engel’, ‚Geisterschloss’, ‚Haunted House’, ‚Little Shop of Horrors’, oder auch ‚Stomp’. Das Tablett ist reichhaltig gefüllt und verströmt einen herrlichen Duft. Aber der Geschmack lässt stark zu wünschen übrig. Anstatt besser Gewürze zum verfeinern des Humors zu nutzen, mühten sich die Köche damit ab, alles sehr lecker aussehen zu lassen. Durchaus kann Steven Bernsteins Kamera gelungene, familiäre Bilder präsentieren, die sich ohne weiteres am notwendigen Standart des Genres messen lassen. Dafür mühen sich die sichtlich gut aufgelegten Darsteller durch ein uninspiriertes Drehbuch, das reichlich Geschmacklosigkeiten serviert, aber kaum darüber hinaus kommt. Jeder sogenannte Gag wird bis zum letzten Tropfen ausgepresst und Keenen Ivory Wayans Regie schleppt sich träge von einem Witz zum nächsten. Wenn es der Film an manchen Stellen schafft richtig gute Atmosphäre zu erzeugen, fehlt das gleichgestellte Humor-Potential und das findet der Zuschauer weniger witzig. Hintergründiges, oder Subversives sucht man in ‚Scary Movie 2’ absolut vergebens. Es ist ein misslungener Versuch, dem verwöhnten Geschmack des Publikums gerecht zu werden. Schade um die Zeit, das Talent der Darsteller und all die guten Möglichkeiten. Es ist erstaunlich wie alte Sprüche immer wieder ihre Rechtfertigung finden. Traurig.

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Schatten der Wahrheit

WHAT LIES BENEATH

Darsteller: HARRISON FORD, MICHELLE PFEIFFER, DIANA SCARWIND, MIRANDA OTTO, JAMES REMAR u.a

Regie: ROBERT ZEMECKIS; Drehbuch:CLARK GREGG; Musik: ALAN SILVESTRI; Kamera: DON BURGESS

USA 2000, circa 126 Minuten

Handlung im zweiten Absatz!

Das Idyll einer Vorzeigefamilie. Die kleine Veränderung durch das neue Heim. Das ländliche Leben und die seltsam anmutenden Nachbarn. Er, mit Leidenschaft erfolgreich. Sie, leidenschaftliche Mutter und Hausfrau. Und das einzige Kind bricht auf ins College. Dem geübten Seher kann der Schein nicht trügen. Robert Zemeckis hat gut von seinem Vorbildern gelernt. Der erfolgreichste Hollywood-Garant neben Kollege Spielberg wagt sich an den Durchschnittsmenschen, über den die Welt des Übernatürlichen einbricht. Letztendlich schafft Zemeckis mit dem Drehbuch von Clark Gregg nur in sich geschlossene Versatzstücke, bravouröse Inszenierungen eines ganzheitlichen Versuches der scheitert.

Schon in den ersten zehn Minuten ist die Tochter ( Katharine Towne) aus dem Haus, die Mutter Claire (Pfeiffer) mit Seelenschmerz alleine im Landidyll und ihr Mann Norman (Ford – in der eigentlichen Nebenrolle) in der Arbeit vertieft. Langsam kratzt der Regisseur an der heilen Oberfläche. Unheimliche Vorgänge beschäftigen die einsame Claire, welche erst kaum wahrnehmbar sich immer stärker als übernatürliche Präsenzen manifestieren. Die Kulisse bröckelt, anstelle der zuerst angenommen Nachbarn, muß Claire mit ihrer eigenen Vergangenheit ins Reine kommen. Natürlich wird sie von Mann und bester Freundin erst belächelt. Wo Claire an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln beginnt, kennt der Zuschauer längst die beängstigenden Wahrheiten. Und eben jener ‚Schatten der Wahrheit’ wird von Claire beleuchtet werden müssen, damit auch dem Spuk ein Ende bereitet werden kann. Damit lässt sie aber das schöne Kartenhaus ihrer heilen Welt über sich zusammenbrechen.

Die Absichten von Zemeckis liegen nicht nur offen sondern brach. Ein Film für Erwachsene sollte es werden. Ein herrliches Drama, ein fesselnder Horrorstreifen, mit packender Gruselatmosphäre. Orientiert sich Zemeckis Anfangs noch ganz stark an ‚Fenster zum Hof’, ködert er ausgerechnet damit, ganz im Sinne von Hitchcock, das Publikum, um es geschickt auf eine falsche Fährte zu locken. Aber Zemeckis macht auch den kuriosen Fehler, das er den Erwachsenen-Film mit gesteigertem Drang zum Jugendschocker mit extremen Schocksequenzen aufwerten wollte. Ein Traumpaar für eine ältere Kinogeneration hätte es werden können. Pfeiffer und Ford spielen sich träumerisch die Darstellungsbälle zu, wo die Regie am Ende wieder mit der Inszenierung versagt. Vom Drama, zum Horror, zum Thriller, wieder zurück zum Drama, verliert sich eine fließende Dramaturgie. ‚Schatten der Wahrheit’ will einfach zuviel und setzt dies mit falscher Konsequenz durch. Wo raffiniert Spannung aufgebaut wird, folgt ohne Rücksicht die Einlösung der Erwartung des Publikums. Die falschen Fährten des Drehbuchs haben sich bereits nach 50 Minuten ins Nichts geschrieben. Selten hat ein Film (und in dieser Richtung gab es letztlich sehr viele) dem Zuschauer so Hartnäckig den Adrenalinspiegel zu den Ohren raus gedrückt. Enttäuschend, gerade weil Zemeckis sonst ein Gespür für pures Hollywood besitzt, das die überzogenen Schockeffekte schnell anfangen zu nerven. Wer das Glück besaß in den Genuss von Neil Jordans ‚In Dreams’ zu kommen, wird die Formel vom Horrorthriller für Erwachsene schnell kapiert haben. Psychologisch müsste das Zauberwort heißen, aber Zemeckis scheint sich vehement dagegen gewehrt zu haben. Psychologisches macht sich lediglich um Claires Bemühungen um die Wahrheit breit. Aber schließlich funktioniert dies irgendwann auch nicht mehr, weil sich die Handlung gute 50 Minuten kontinuierlich im Kreis bewegt. Und der wohlgemeinte Showdown übergibt dann auch noch in wirklich nicht gut zu machende Schwächen, die nicht einmal mehr einem Hochschul-Abgängereinfallen würden.

Wenigstens phantastische Bilder liefert Kameramann Don Burgess. Trotz der dramaturgischen Schwächen gelingt es ihm mit trickreichen Einstellungen, verwirrenden Blickwinkeln und grandiosen Spiegelungen den hauptsächlichen Handlungsort immer interessant zu halten. Auf der anderen Seite müsste dem Sounddesigner für seine überzogenen Darbietungen die Lizenz entzogen werden. Das man über die beiden Hauptdarsteller nicht viel Worte verlieren muss, versteht sich von selbst. Aber jede noch so gute Darstellung steht und fällt am Ende mit der Inszenierung. Das offensichtliche Anliegen des Filmes, für ein Publikum mittleren Alters geschaffen zu werden, zerschlägt sich in der Aufmachung gerade mal jugendliche Zuschauer erfreuen zu können.

 


 

Schmallspurganoven

SMALL TIME CROOKS

Darsteller: Woody Allen, Tracey Ullman, Tony Darrow, Hugh Grant, George Grizzard, Jon Lovitz, Elaine May, Michael Rapaport, Elaine Stritch u.a.

Regie: Woody Allen; Drehbuch: Woody Allen; Kamera: Zhao Fei; Filmschnitt: Alisa Lepselter

USA / 2000 ; circa 94 Minuten

Handlung wird in der Besprechung behandelt!

Diese erste Zusammenarbeit von Author und Regisseur Allen mit einem großen Studio (DreamWorks) seit langem, scheint auch als Anspielung auf Geschichte und Humor des Stadtneurotikers verstanden zu werden. Ungewöhnlich kommerziell kommt die durchaus amüsante Farce daher und läßt auch Allens doppelzüngigen Witz und scharfen Humor gegen das New Yorker Establishment leicht abflachen. Als Ray Winkler (Allen) kommen dem tatsächlichen Schmallspruganoven aberwitzige Pläne um sich selbst und seiner Frau Frenchy (Ullman) endlich den lang ersehnten teueren Lebensstil zu ermöglichen. Mit ein paar, ebenso leicht verwirrten Geistesgrößen, will er von einem angemieten kleinen Laden in die nahe gelegene Bank einen Tunnel graben. Warum es Ray als Dieb und Einbrecher noch nicht weit gebracht hat, wird schnell deutlich. Nicht nur, das es ihm Frenchy immer wieder aufs Brot schmieren muß, sondern weil der Tunnel tatsächlich am Ende in einem Bekleidungsgeschäft endet. Dem Wort 'kommerziell wird Allen im ersten Drittel bestens gerecht,schiesst er doch am laufenden Meter eine bessere Schote nach der anderen ab, konzentriert sich dabei auf wirklich gelungenen, aber doch eher oberflächlichen Humor, was einige langjährige Allen-Fans etwas verwundert im Tunnel stehen lassen wird. Doch während die dumpen Nüsse im Keller ihren Tunnel graben, verkauft Frenchy nur aus Tarnung im oberen Laden ihre selbst gebackenen Keckse, oder neuenglisch ausgedrückt, ihre Cookies. Und diese Cookies werden zum Großereignis in New York. Besonderer Leckerbissen ist die Aufnahme, wenn die nach Kecksen anstehenden Kunden sogar den Eingang zu der Bank blockieren, die das eigentliche Ziel dieser Aktion gewesen war.

Bei der dreissig Minuten Marke kippt die Handlung vollkommen, sowie auch Allens Filmstil. Sein Erzählung taucht mehr in dien unterschwelligeren und menschlicheren Gefilde. Die Geschichte macht einen Sprung von einem Jahr und die Winklers haben mit ihren Backwaren bereits Millionen verdient, über ganz Amerika expandiert und ihren erwünschten Lebensstil erreicht. Während Frenchy im Umgang mit Geld und der Oberschicht vollkommen aufgeht, sehnt sich Ray wieder nach Pasta und Bier und den Pokerrunden mit seinen Freunden. Das ohnehin so unterschiedliche Päärchen lebt sich durch das Geld auseinander. Mittelpunkt des zweiten Drittel bildet eine High-Society-Party, mit der sich Frenchy versucht in die Oberschicht aufgenommen zu werden. Hier wird der Author und Regisseur fast seiner alten Form gerecht und spielt locker, ansprechend tiefgründiger mit den Facetten der Unterschiede verschiedener Gesellschaftsschichten, besonders mit Frenchys Ansprüchen sich in intellektuelle und künstlerische Gewässer zu begeben, von denen sie nichts versteht. Aber auch hier wird der verwöhnte Allen-Fan den bitteren Zynismus, oder auch den niedeträchtigen Charme seiner sonstigen Abrechnungen mit der Mittelschicht vermissen. Wie bis zum Ende der 94 Minuten bleibt der Handlungsstrang unkompliziert geradlinig.

Selbstverständlich beschert der Film seinem Publikum ein verdientes Ende mit Einsicht und Happy End. Mit keiner Spur von Ahnung, verlieren die Winklers durch hinterhältige Steuerberater ihr gesamtes Imperium. Und genau da kommen die alten, bisher erfolglosen Lebensweisen dem Päärchen zugute, um zur alten Beziehung zurück zu finden, aber nicht unbedingt zum alten Lebensstandart. Und genau hier, im letzten Akt, setzt Allen alles auf eine Karte, kommt noch einmal voll in Fahrt und wirft seine Charakteren in atemberaubende Situationskkomik. Am Ende könnte der Zuschauer geneigt sein, zu glauben, das er drei verschiedene Filme gesehen hat. Das ist für den kommerziellen, wie für den verwöhnten Zuschauer vielleicht schwer zu verkraften. Es fehlt, scheinbar beabsichtigt, eine fliessende Kontinuität, was dem Rhythmus gewaltig in die Quere kommt. Dennoch haben die 'Schmallspurganoven' ein erhöhtes Unterhaltungspotential. Gerade mit der Kombination von Ullman gegen Allen, entwickelt sich ein grandioses Spiel, wo keiner dem anderen das komödiantische Wasser abgräbt. Was wiederrum zur Folge hat, das nach 40 Minuten die genialen Figuren von Rapaport, Lovitz und Darrow schlichtweg nicht mehr auftauchen. Wenn man also für die 'Schmallspurganoven' eine Empfehlung ausspricht, sollte man diese, mit etwas Vorsicht geniessen. Ein schöner exzentrischer Film, mit typischen, eigensinnigem Humor und fabelhaften Darstellern gefüllt, aber dennoch mit nicht unerheblichen erzählerischen Fehlern behaftet ist.

 


 

Der Schneider von Panama:

THE TAILOR OF PANAMA

Darsteller: Pierce Brosnan, Geoffrey Rush, Leonor Varela, Brendan Gleeson, Jamie Lee Curtis, Harold Pinter, Catherine McCormack, Daniel Radcliffe u.a.

Regie: John Boorman; Drehbuch: Andrew Davies, John Le Carre, John Boorman nach dem Buch von John Le Carre; Musik: Shaun Davey; Kamera: Philippe Rousselot; Filmschnitt: Ron Davis

Irland-USA / 2001 ; circa 109 Minuten

"Die würde ich gerne vögeln". Sätze wie dieser und noch weit derbere Aussetzer der drei Drehbuchschreiber sind das, was vom tapferen Schneiderlein in Panama wirklich hängen bleibt. Das hat aber weniger mit niederem Geschmackshorizont zu tun, als vielmehr mit der leidenschaftslosen Abhandlung verquerer Handlungsteile zwischen unausgegorenen Charakteren. Spätestens wenn Pierce Brosnan in einer Szene das misshandelte Gesicht einer Regime-Gegnerin mit "der muß man nur ein Handtuch über das Gesicht legen, dann ist sie bestimmt Klasse im Bett" quittiert, weiß selbst der weniger verwöhnte Zuschauer, das dies erstens weder komisch, zweitens noch in irgendeinem Zusammenhang mit einem wirklichen Charakter steht.

Ja, Brosnan spielt einen englischen Geheimdienstler. Ja, und dieser Agent ist schon irgendwie anders. Aber wo hört beissende Satire auf und beginnt alberner Zitaten-Lärm, wenn die erste Szene exakt an der Kulisse eröffnet, wie das letzte Abenteuer von James Bond, dem MI 6 in London. Zuerst stiftet es Verwirrung, dann setzt die Wirkung ein und dann verpufft alles in einem Nichts von wirkungsloser Ironie. Oder wie immer die Herren Davies, Le Carre und Boorman das nennen mögen, was sie gedachten auf die Leinwand zu bringen. Der in Ungnade gefallene Agent Andy Osnard wird nach Panama-City strafversetzt. Aus Langeweile, aus verlorener Loyalität und hauptsächlich wegen grober Faulheit sucht er sich den stadtbekannten Schneider Harry Pendel (Rush) als Informationsquelle aus. Pendel ist in seiner Tätigkeit für all die Größen von Stadt und Staat soetwas wie ein Beichtvater. Pendel hört alles, kennt alle und weiß bescheid. Pendel ahnt noch lange nicht, welches Spiel der grobschlächtige Brite eigentlich aufs Brett legt und erzählt aus dem Nähkästchen was das Zeug hält, immer mit dem Hintergedanken, endlich die eigenen Schuldenberge ab zu tragen, denn der britische Geheimdienst zahlt gut. Allerdings müßen dies schon Informationen höchster Rangordnung sein.

Was man als wirklich gelungen Teil des des Filmes bezeichnen darf, sind die kurzen Zwischenschnitt von Pendels/Rushs Alter Ego, oder besser, schlechtem Gewissen, das Pendels Lügengebilde nicht nur kommentiert, sondern meist auch sagt, wie die Geschichte tatsächlich zu erzählen wäre. Das schliesslich die Chinesen in Kooperation mit Taiwan den Panama-Kanal kaufen wollen, den die Amerikaner in einem Anfall von Großzügigkeit der Bananen-Republik schenkten, treibt die bizarren Erzählungen von Harry Pendel auf die Spitze. Weder die Briten, noch Andy Osnard können so recht glauben, was das Schneiderlein glaubt zu wissen und sich dabei so hanebüchen aus den Fingern saugt. Auch die Amerikaner sind äusserst skeptisch, schicken aber vorsichtshalber schon einmal Invasiontruppen.

Ähnlich wie Wag The Dog, hätte Der Schneider ein wundervoller bitterböser Spaß werden können. Doch davon, weder von böser Satire, noch von einem aberwitzigen Spaß, ist wenig zu spüren. Die Schauspieler sind jeder auf seine Art überzeugend, mit Ausnahme einer unterbeschäftigten und Jamie Lee Curtis. Die Bilder von Panama sind geradezu grandios. Rousselot nutzt die Kulisse der Stadt für eine stimmungs- und wirkungsvolle Atmosphäre. Ab und an scheint ein Hauch von Spannung durch und manchmal ist der Film sogar komisch. Das wirklich nichts davon harmoniert liegt zum einen an dem ernsthaften Bestrebungen ein Drehbuch im Stile der tiefen Fünfziger auf die Beine zu stellen, mit dem Charme der eleganten Gentleman-Gauner und der Tragkraft eines snobistisch, ampitionierten Agenten der keine Waffe benötigt. Die Zeiten sind zwar nicht unbedingt vorbei, wo es funktionieren könnte, aber dann sollten die Autoren nicht zwanghaft versuchen dabei so modern zu sein. Zum anderen ist John Boormans Regie alles andere als geradlinig. Ungewohnt unprofessionel stolpert er von einer Szene in die nächste, vom Epos zum Drama, vom Spaß zum Thriller und davon geht nichts so richtig auf.

Enttäuschend, wenn die ruhige britische Art, das Flair des Verruchten und der Charme des gewählten Wortes dem Kino wieder sehr gut getan hätte. Gerade mit erstrangigen Schauspielern wie hier. Der Film im Ganzen, bleibt wie die Heldentaten des tapferen Schneiderlein selbst, da wird mit viel geworben, aber wenn man die Klatsche anhebt, sieht man nur tote Fliegen.

 


 

The Score

Darsteller: Robert De Niro, Edward Norton, Marlon Brando, Angela Bassett, Gary Farmer, Paul Soles u.a. mit Gastauftritten von Cassandra Wilson & Mose Allison

Regie: Frank Oz; Drehbuch: Kario Salem, Lem Dobbs, Scott Marshall Smith; Kamera: Rob Hahn; Filmschnitt : Richard Pearson; Musik: Howard Shore

USA / 2001 ; circa 123 Minuten

Schon alleine das Thema könnte viele Zuschauer abschrecken. Aber diese x-te 'Rififi'-Variante zeichnet sich durch etwas Besonderes aus und das ist, neben seinem bemerkenswerten Ensemble, Regisseur Frank Oz. Wie strategisch und diszipliniert er jede Szene auf die Leinwand bringt steht im unmittelbaren Zusammenhang mit De Niros Charakter Nick, einem professionellen Safe-Knacker. Präzision, und vielmehr Disziplin als Talent. "Das erfordert auch mehr Disziplin als Talent", rät der ältere Nick dem jungen Heißsporn Jack (Norton), was am Ende für Komplikationen sorgen wird, nicht aber in Oz' Inszenierung. Und so kristallisiert sich wieder einmal heraus, was Oz' Filme so besonders machen, es ist die Liebe. Gnadenlos, hingebungsvoll und ohne Kompromisse handeln all seine Filme von der Liebe, einfühlsam und konsequent. Genre unabhängig und charakterübergreifend. Ob der bei Cineasten zum Kultfilm erhobene 'Dunkle Kristal', Franks Oz erste Arbeit jenseits von der ebenso hoch verehrten Muppet-Show, bis hin zu dem skurrilen 'Bowfinger'. Seine Regielaufbahn besticht durch Qualität anstelle von Quandität. Und so ist es weniger verwunderlich, das zum Beispiel 'Bowfinger' durch Steve Martin und Eddie Murphy eigentlich ein Erfolg wurde, aber das ganze Herz des Filmes wirklich nur von Menschen verstanden wurde, die selbst im großen Geschäft der Filmindustrie gefangen sind. Dahingehend stellt 'Bowfinger' John Waters vollkommen überschätzten 'Cecil B. Demanted' absolut in den Schatten. Ähnliches wird mit 'The Score' passieren. Eine fantastisch besetzten und fabelhaft inszenierten Thriller, der eigentlich überhaupt kein Thriller ist. Die Zuschauer werden keineswegs enttäuscht, aber mit Sicherheit erwartet die Mehrzahl einen ganz anderen Film.

Seine 2 Stunden Laufzeit gliedert 'Score' in saubere vier gleichgewichtige Sektionen. Der erste Teil zeigt Nick (De Niro) kutz bei seiner Arbeit und die Kamera folgt ihmschlisslich den langen Weg von Irgendwo Amerika über die Grenze nach Kanada. Man lernt sein Leben kennen, seine Freundin Diane (Bassett) und seine Leidenschaft für seinen Jazz-Club NYC. Nick ist nicht der alternde Held, keineswegs einer der Sorte, die aufhören will, weil das Alter in den Weg kommt. Er möchte nur seine Freundin überraschen, möchte sie heiraten, er möchte sie beeindrucken. Und Nick möchte sich in Ruhe um seinen Jazz-Club kümmern. Auch sein ältester Freund und gleichzeitig Mittelsmann für die Safe-Knackerei Max (Brando) kann ihn da weniger für einen neuen Auftrag begeistern. Da tritt im zweiten Teil Edward Norton als Jack ins Bild, einer der seit Wochen im Zollamt von Montreal arbeitet und von einem Zepter weis, das für einen französischen König gefertigt wurde und einen unschätzbaren Wert besitzt. Das Zepter liegt im Keller des Zollamtes und dieses ist natürlich hervorragend abgesichert. Da braucht es schon jemanden mit dem Format von Nick. Wie sich Nick und Jack umkreisen, in den verschiedensten Situationen argumentieren, wie sie sich misstrauen und gleichzeitig auf einander angewiesen sind ist ein Paradebeispiel einfühlsamer Schauspielführung. Das Drehbuch macht gar nicht erst den Versuch überraschend zu tun, was längst absehbar war. Teil drei dokumentiert präziese die Vorbereitungen, aber auch Rückschläge im Unternehmen, um letztendlich in den bleibenden 30 Minuten einen schweißtreibenden Showdown innerhalb des gut bewachten Zollamtes zu zeigen, in dem sich so einige Überraschungen auftun.

Keine Frage das es in erster Linie Charakteren geht. Dreimal treffen der junge Vito Corleone De Niro und der Ur-Pate Brando aufeinander, zum ersten mal zusammen in einem Film und manchmal hat es den Anschein als wären da etwas das von den glorreichen Tagen der ersten beiden 'Pate'-Filme in beider Herzen fest verankert, das beide Schauspieler über den Erfolg hinaus verbindet. Zweimal haben alle drei Hauptakteure zusammen eine Szene, und wenn drei Schaupieler aus drei Generationen, jeder einer der besten seiner Zeit, zusammen die Szenerie ausfüllen, dann beherrschen sie uneingeschränkt das Publikum, dann scheinen sie wirklich die Leinwand zu sprengen. Jeder für sich so differenziert und einprägsam, das sich aus dem Gangster-Epos plötzlich ein packendes Kammerspiel entwickelt. Dank dem ausgereiften Drehbuch der drei Autoren (unter anderem Soderberghs 'Limey' Schreiber Lem Dobbs) mit den geschliffenen Dialogen und seiner stilsicheren Abhandlung, wechselt der Film scheinbar schwerelos zwischen der Intimität eines Autorenfilmes und der bravourösen Spannung eines eigentlich obligatorischen Gangster-Filmes. Großen Anteil daran hat auch Kameramann Rob Hahn, der die Darsteller in eine ganz eigene Lichtstimmung setzt und mit sehr viel Licht und Schatten eine greifende Atmosphäre erzeugt und oftmals auch die Szenerie auf das Wesentliche konzentriert.

Vergessen scheinen die Schlagzeile machenden Querelen auf dem Set. Brandos unrühmliche Art muß wohl als Teil eines jeden seiner Auftritte verstanden werden. Dem Film hat es keinen Abbruch getan. In einer Zeit, wo das Kino nur mit immer mehr Budget und immer aufwendigeren Effekten aufzuwarten versucht, glaubt man bei 'The Score' einen Schritt zurück zu erkennen. Das Althergebrachte erstrahlt im neuen Glanz und der Schritt zurück vollzieht sich als Schritt in die richtige Richtung. Doch es ist auch ratsam sehr viel Vorsicht walten zu lassen, denn es wird äusserst schwierig sein ein Gespann wie Norton, De Niro und Brando zusammen auf die Leinwand zu bringen; und dann noch einen Regisseur wie Frank Oz zu bekommen.

 


 

Scream 3

STAB 3: RETURN TO WOODSBORO

Darsteller: NEVE CAMPBELL, COURTENEY COX-ARQUETTE, DAVID ARQUETTE, PARKER POSEY, SCOTT FOLEY, LANCE HENRIKSEN, LIEV SCHREIBER, JAMIE KENNEDY; Musik: MARCO BELTRAMI; Kamera: PETER DEMING; Schnitt: PATRCIK LUSSIER; Drehbuch: EHREN KRUGER ; Regie: WES CRAVEN; 116 Minuten

Und mit einem Paukenschlag verabschiedet sich die erfolgreichste Horrorserie seit den Bing Crosby/Bob Hope-Filmen. Wes Craven wird es schwerfallen, den Schocker und den Horror noch einmal neu zu erfinden, wie er es mit SCREAM oder dem alten Freddy Kruger oder auch der SCHLANGE IM REGENBOGEN getan hatte. Da sich der Meister, Courteney Cox-Arquette und Neve Campbell vehement weigern, noch mehr Geld aus der Serie zu schlagen, sollten die Zuschauer vorsichtig sein, wenn in 2 Jahren doch ein vierter Teil über das nach Gewalt geifernde Publikum hereinbricht.

Der neue Drehbuchautor Ehren Kruger hat wunderbar die Vorgaben von Kevin Williamson verstanden und bietet wolligen Horror, unterhaltsamen Grusel und ironische Seitenhiebe vor allem gegen die eigene Serie. Gerade hier, im dritten Teil, bezieht der Film seine ganze Handlung daraus, dass er nichts anderes als Satirisches und Böses für Fortsetzungen übrig hat. Und wieder spielt der Slalom des Schreckens mit jeder Variation von Verdächtigen und möglichen Opfern. Wenngleich Mord- und Spannungssegmente noch so furios in Szene gesetzt sind, funktioniert besonders dieser Teil nur durch seine gesunde Selbsteinschätzung in Verbindung mit dem Grundkonzept der gesamten Serie. Was den meisten Horrorfilmen durch unfreiwillige Komik zum Verhängnis wird, nutzt Wes Craven für seine höllischen Späße, dem Publikum den Spiegel vorzuhalten. Aber auch das will gelernt sein und verlangt ein besonderes Gespür fürs Publikum und fürs Filmemachen. SCREAM 3 macht im Ganzen den Eindruck, dass die Macher es ohne weiteres fertigbringen würden, einen ebenso überzeugenden vierten Teil auf die Beine zu stellen.

Die Regeln einer Trilogie legen fest, dass im dritten Teil immer alles passieren kann. Und es passiert so viel in Teil drei, dass es als Trilogie eine wunderbar abgeschlossene Sache bleibt. Die Regeln für den zweiten Teil erläuterte Video-Freak Meeks mit den Worten: "noch mehr Leichen, noch mehr Blut“. Daran hatte sich Craven vortrefflich gehalten. Jetzt heißen die Filmregeln: Vergiss die Regeln, alles kann passieren. Craven inszeniert demnach auch nicht mehr so blutrünstig, wenngleich die Werbung versucht, mit SCHNELLER, BÖSER, HÄRTER das Publikum zu ködern. Auch als Reaktion auf verschiedene Vorfälle, die mit exzessivem Waffengebrauch in Amerika zu tun haben, tritt der Regisseur einen Schritt zurück und setzt geschickt auf Thriller und verwebt dabei die zwei Vorgänger als geniale Bühne für die kommende Mordschau.

Sidney Prescott lebt mittlerweile in der Abgeschiedenheit der Berge um Los Angeles. Inkognito und scheinbar mit ihrem Leben zufrieden. Und wenn sie zur Heimarbeit als Tante vom Sorgentelefon für geschändete Frauen das Headset ihres Telefons überstreift, weiß man, dass jedes Klingeln unheilvolle Botschaften mit sich bringen kann. Von Anfang an macht das Drehbuch klar, dass der richtige Spaß erst beginnen kann, wenn der Zuschauer sich auch auf die zwei Vorgänger eingelassen hat. Ein markanter Schwachpunkt für den normalen Kinogänger, aber dafür ein Freudenschrei für alle Fans und solche, die sich dafür halten. Bevor Sidney aktiv in die Handlung einsteigen darf, vergehen 50 Minuten, und zwar am Set des Films STAB 3 in Hollywood. SCREAM 2 hatte noch als zentrales Thema die Verfilmung der Ereignisse aus Teil eins innerhalb des Films. Ganz wie bei Cravens Ur-Schöpfung Freddy Kruger im richtigen Leben können die Produzenten im Film von einer erfolgreichen Reihe nicht die Finger lassen. Der Film im Film hat SCREAM 3 schon eingeholt. Mit schlechten Darstellern und schlechtem Drehbuch werden neue fiktive Geschichten um Sidney Prescott und den Killer mit der Geistermaske gedreht. Keine rigorose Abrechnung mit dem Hollywood-System und dessen Ausgeburten wie den obskuren Fortsetzungsreihen HALLOWEEN, FRIDAY THE 13th oder eben auch NIGHTMARE ON ELMSTREET, aber ein schelmisches Augenzwinkern, welches bösartig wirkt. Denn Craven macht genau das, worauf er auch zu schießen versteht. Er wirft schlechte Darsteller in unwirkliche Situationen und bedient platte Klischees. Und das macht er genial.

Ermordet wird in SCREAM 3, wie im Drehbuch von STAB 3, jeder Charakter schön der Reihe nach, wie es die Produktion vorsieht. Die Studioleitung lässt die Dreharbeiten sofort stoppen. Den denkwürdigsten Auftritt in diesem Film hat eindeutig Roger Corman als Produzent. Ausgerechnet er erklärt seinem Regisseur, dass die Gewalt in den Filmen schon beängstigende Ausmaße annimmt. Kein geringerer als Deputy Dewey Riley ist als Berater für die dritte Verfilmung von STAB angeworben worden, und als anlässlich der Mordserie natürlich Gale Weathers am Set erscheint, kann die Jagd nach dem Mörder mit der Geistermaske beginnen. Als weiteren Coup des Drehbuchs stellt man Gale Weathers auf Spurensuche die Schauspielerin zur Seite, welche Gale Weathers in STAB verkörpern soll. Allerdings ist Parker Posey in dieser Rolle derart außer Kontrolle und überzeichnet, dass sie in jeder Szene nervt. Da hat Wes Craven ordentlich daneben gelangt.

Sidney Prescott muss endlich aus ihrem Versteck kriechen, als Randy Meeks wieder seine Regeln der Filmzunft darbietet und erklärt, "im dritten Teil taucht immer eine unerwartete Hintergrundgeschichte auf“. Wer gedacht hat, Randy Meeks sei bereits im zweiten Teil gemeuchelt worden, der hat zum einen Recht und zum anderen nicht mit dem Drehbuch gerechnet. Meeks ist eben ein richtiger Videofreak. Die besagte Hintergrundgeschichte befasst sich scheinbar mit Sidneys Mutter, führt somit zu den Anfängen des ersten Teils und muss die Hauptprotagonistin handeln lassen, da sonst das Morden niemals ein Ende nehmen wird. Und im Irrgarten der Unheimlichkeiten wird wirklich jeder zum Verdächtigen, da werden mit Augenzwinkern Hinweise gegeben, zurückgezogen und neue Möglichkeiten aufgedeckt. Und wenn man von einem Charakter glaubt, dass er doch nicht der Mörder sein kann, werden neue Verdächtigungen laut. Am Ende kann es jeder sein und Wes Craven macht sich einen Spaß daraus und dies auch zu unserem allerhöchsten Vergnügen, den Zuschauer in jede Richtung an der Nase herumzuführen.

So, wie Craven es beherrscht, sich selbst nicht ernst zu nehmen, so phantastisch kann er auch die Spannung am Kochen halten. Der Film im Film bleibt dem Publikum immer einen kleinen Schritt voraus. Wenn der Mörder Sidney durch ihr Haus aus Teil eins jagt, öffnen sich für das Publikum visionäre Stolperfallen, wenn sich die Räumlichkeiten plötzlich als Filmkulisse entpuppen. Ja, in der Mordlust und im Blutbad stellt sich SCREAM 3 zurück, doch dafür brilliert er mit der Kraft vom Spiel mit Illusionen und dem Relativieren von Schein und Wirklichkeit. Unerwartet werden Jay und Silent Bob zu realen Figuren, oder Carrie Fisher beginnt ihre Schimpftirade gegen die Star-Wars-Besetzung der Prinzessin Leia.

In Sprache und Umsetzung ist sich das Konzept treu geblieben, wenngleich Craven hier auf Kevin Williamson als Autor verzichten musste. Kruger kennt sich im Terrain phantastisch aus und baut aus zwei Teilen ein schreckliches Vergnügen der besonderen Art. Film im Film war selten so nervenaufreibend und spannend, aber auch nie so unverschämt amüsant. Dafür ist er aber niemals respektlos. Mit dem schon bewährten Team bei Schnitt, Musik und Kamera verführt uns Wes Craven zu einer abschließenden Tour de Force in verschachtelten Ebenen, technisch und erzählerisch perfekt. Das Grundwissen bleibt allerdings Voraussetzung. Das hatte Wes Craven in seinem NEW NIGHTMARE noch verstanden, dem Publikum zu ersparen. Aber SCREAM als Reihe ist einfach zu komplex, um es allgemein verständlich zu halten. Abgesehen davon, dass man grundsätzlich etwas sträflich an Allgemeinwissen versäumt hat, sollte man weder den ersten noch zweiten Teil gesehen haben. SCREAM 3 ist weder schneller noch böser oder härter. Der Film macht einfach, was viele andere Filme stark vermissen lassen: Er formt alles zu einem rundherum passenden Ganzen.

Die Scream-Trilogie hat nicht nur das Genre neu belebt, sondern dieses geradezu neu erfunden. Scream ist nicht einfach nur die erfolgreichste Horrorserie aller Zeiten, sondern dies auch noch verdientermaßen. Das soll es dann eben gewesen sein, das Team betrachtet seine Arbeit als getan. Doch wer genauer hinsieht, der erkennt die eine oder andere Faser, die sich zu einem weiteren Teil weben ließe.

aus "Abgeschminkt" 4-98: SCREAM 2

Wer auch nur im Entferntesten gedacht hat, das er wieder gegen Fortsetzungen und Geldschinderei wettern könnte, dem bleibt schnell das Lachen im Hals stecken. Den Eiferern gegen platten Wiederholungstäter wird ziemlich schnell der Riegel vorgeschoben. Kein Kritikpunkt an Fortsetzungswahn und Geldschneiderei wird ausgelassen, den Williamsons Buch nicht selbst aufschnappt und dem Zuschauer buchstäblich um die Ohren haut. Ironie in der Selbstironie. Ein bestialisches Phänomen, dem man den Dolchstoß verpassen müsste. Eine Frechheit gegenüber dem Volk, ein Faustschlag ins Gesicht der Kolumnisten. Ein Triumph für die Schöpfung patenter Filmplots.

JEMAND HAT SEINE VORLIEBE FÜR FORTSETZUNGEN ZU WEIT GEHEN LASSEN

Die Lust an rituellen Schlachterszenen findet neue Höhepunkte, absurde Formen moderner Unterhaltung. So laufen ausgeflippte Menschen in `Stab´-Kostümen durchs Kino, schreien und jubeln, wenn Casey ihrem blutigen Ende entgegengehetzt wird. Jetzt ist nicht mehr Drew Barrymore die bedauernswerte Casey. Dieses Mal ist es Heather Graham, aber als Drew Barrymore. Wir sind im Kino und sehen einen Film, der uns einen Film zeigt, den wir schon längst gesehen haben. Und wir sehen das Publikum, das den Film begeistert feiert, den wir längst kennen. Und schon eröffnet sich der erste Widerspruch. Das Publikum verfolgt zuerst geschockt den Wahnsinn des Publikums im Film, um im späteren Verlauf selbst jede Mordsequenz johlend und applaudierend zu kommentieren. Eine Anleitung, die als Spiegel funktioniert.

Der psychologische Terror der Eröffnungssequenz des ersten Teils von SCREAM wird nicht annähernd erreicht. Dabei ist die Eröffnung von Teil zwei wesentlich weiterentwickelt, übt Selbstkritik und strotzt vor Seitenhieben gegen das eigene Publikum. Das reale Publikum kreischt vor Vergnügen, wie es die überzeichneten Zuschauer im Film tun. Wes Craven lässt nicht einen einzigen Kritiker an sich heran. Mehr als andere Filme stellt er seine eigenen Streifen in Frage, nimmt jeden Wind aus den Segeln der Verfechter gegen Gewaltdarstellung, während er dabei reihenweise die Protagonisten aufschlitzen lässt. Dem Kinobesucher wird das Paradoxe in der Situation erst später bewusst. Die Preview von STAB ist gelaufen und zwei Menschen haben während der Vorstellung ihr Leben verloren. Bedauerlich, aber die perfekte Werbung. Gedreht nach den wahren Ereignissen und dem Buch der Reporterin Gale Weathers, erzählt STAB die Terrorgeschichte um Sidney Prescott und ihren Freunden. Da sind zwei Menschen gestorben und Sidney ahnt sofort, dass die zwei Jahre zurückliegenden Vorkommnisse noch nicht beendet sind. Schließlich sind wir in einer Fortsetzung, und da können bestimmte Dinge nicht einfach zu Ende gehen.

Doch die Eröffnungssequenz in SCREAM 2 beinhaltet eine zweite paradoxe Ebene. Ein afroamerikanisches Pärchen streitet sich darüber, dass Afroamerikaner in Filmen wie STAB nie eine bedeutende Rolle spielen. Und dieses Pärchen spielt eine der bedeutendsten Rollen für die Exposition von SCREAM 2.

Auch wenn Sidney Prescott sofort unter Polizeischutz gestellt wird, ist der Killer immer nahe an ihr dran. Und so, wie sich nach und nach ihr Freundeskreis dezimiert, erhöht sich die illustre Liste der Verdächtigen. Guten Grund hätte Cotton Weary, den Sidney als Vorspiel zu Teil eins wegen Mordes an ihrer Mutter ins Gefängnis brachte, nur dass sich eben herausstellte, dass er zu Unrecht einsaß. Oder, wie man schon lernen musste, ist das beste Motiv, gar kein Motiv zu haben. Was wieder Dwight `Dewey´ Riley und Randy Meeks ins Spiel bringt, den Deputy und den Videofreak. Aber auch Gale Weathers hätte für gute Promotion ihres Buches ebenso gute Gründe, die Mordserie wieder aufleben zu lassen. Und mit eisernem Willen und lästiger Vergangenheit gegen jede Form der Bedrohung gestählt schlägt, sticht, schießt und schreit sich Sidney Prescott dem unabsehbaren Ende der Geschichte entgegen.

Das Team Craven und Drehbuchschreiber Kevin Williamson hat das Genre kräftig durcheinandergebracht, man könnte auch sagen: die Innereien nach außen gekehrt. Nach Williamsons blutleerem I KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER ist anzunehmen, dass gerade die Zusammenarbeit mit Wes Craven die bittere Ironie und Selbstkritik bei SCREAM hervorbringt. Schon das Spiel mit den Wirklichkeiten in NEW NIGHTMARE zeugte von einer weitsichtigen Distanz zu den eigenen Themen, ohne die Prinzipien dieser Filme zu verraten. In HILLS HAVE EYES und NIGHMARE ON ELM STREET ging es Craven darum, das Publikum originell zu erschrecken. Bei SCREAM hat er sich zusammen mit seinem Publikum weiterentwickelt, viel weiter. Jetzt geht es dem Horrormeister darum zu hinterfragen, warum sich das Publikum auf die immer selbe Art erschrecken lässt.

Während sich das echte Publikum fragt, ob die Fortsetzung wirklich besser ist, diskutieren die Charaktere darüber, wie sinnlos und schlecht zweite Teile sind. Da motzt Sidney, wie blöd die gehetzten Mädels immer die Treppe hochlaufen, anstatt ins Freie zu rennen, nur um Minuten später selbst die Treppe hochzuflüchten. Der Zuschauer wird selbst Opfer seiner Erwartungen, seiner Kenntnisse und seinem Hang zum Horrorfilm. Was immer man als Negativpunkt angeben könnte, der Film belegt und widerlegt ihn zuerst. Kritiker werden mit den eigenen Waffen geschlagen und das Publikum auf altbekannte Weise ganz ungewohnt neuartig unterhalten.

Neve Campbell ist eine sehr sensible und glaubhafte Darstellerin der Sidney Prescott. Wann immer ihr Ableben zum Thema wird, schlägt nicht ein überirdischer Schrei zu Buche, da spiegelt sich blanker Terror in ihrem Gesicht. Jamie Leigh-Curtis konnte am besten schreien, aber Neve Campbell kann am schönsten leiden. Als biestige Gegenkultur agiert Courteney Cox und geht dabei fantastisch in ihrer Rolle auf. Zwei so überzeugende Darstellerinnen sind für dieses Genre nicht nur ungewöhnlich, sie sind auch ein ungewöhnlicher Glücksgriff. Ebenfalls zurück in ihren Charakteren sind David Arquette und Jamie Kennedy, die allerdings mehr trotteliges Potenzial einbringen statt greifbarer Figuren, um die man sich sorgt.

Liev Schreiber, Jada Pinkett, Sarah Michelle Gellar, Omar Epps und Laurie Metcalf sind sehr präsente Nebendarsteller, um die Handlung ohne Durchhänger in Schwung zu halten. Wer die Dialoge von Teil 1 noch im Kopf hat, der wird am Gastauftritt von Tori Spelling seine besondere Freude haben. Wes Craven weiß einfach, worauf es ankommt. Mit jedem Schock erlebt man die Kunst seiner schaurig-schönen Schauspielführung, seines pointierten Timings und seines nervenzerreißenden Gefühls für die Handlung. Peter Demings Kamera hingegen hätte ruhig etwas einfallsreicher sein können, anstatt sich nur auf die hektisch verwackelte Handeinstellungen zu verlassen. Marco Beltramis Musik ist im Allgemeinen dem Genre angemessen, setzt aber keinerlei neue oder ungewöhnliche Akzente.

SCREAM 2 ist definitiv nicht besser als sein Vorgänger. SCREAM 2 ist aber auch in keiner Einstellung schlechter. Es ist ganz einfach ein anderer Film, eine logische Weiterführung des angerissenen Themas. Anstelle der üblichen Wiederverwertungen schrieb Williamson konzeptionell an einer Trilogie, die noch in Vorbereitung ging bevor SCREAM überhaupt die Leinwand erreichte. Ein Vorteil, der aus allen drei Teilen am Ende die perfekte Parabel über den perfiden Drang des Publikums zur Gewalt bilden könnte. SCREAM 2 hat da schon einen entscheidenden Schritt getan, ohne seine eigenen Regeln zu vergessen. Zweite Teile müssen blutiger sein, brauchen mehr Opfer und bauen voll auf das Original.

Aber was ist das Original, wenn man SCREAM auch innerhalb von SCREAM 2 zu sehen bekommt? Nur ein Film von vielen anderen Filmen, innerhalb eines Films. Aus dem Grundkonzept der Reihe heraus wird SCREAM 2 über den Film gestellt, aus dem er eigentlich gewachsen ist. Dabei haben wir aber gelernt, dass die Fortsetzung nur äußerst selten besser wie das Original ist. Die Umkehrung aller Regeln, mit ironischen Seitenhieben auf die eigenen selbstkritischen Anspielungen. Da schreit das mordlüsterne Publikum im Film, und im realen Auditorium lechzt es blutrünstig nach mehr. Kuriositäten, die aus diesem Film ein MUSS machen.

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Der seltsame Fall des Benjamin Button
The curious case of Benjamin Button

 

In den ersten Kritikermeinungen zu Benjamin Button stieß man auf die Worte “pures Kino”. Knappe, aber markante Worte, die scheinbar einem Film nicht gerecht werden. Man müsste sich damit auseinandersetzen, was „pures Kino“ denn wirklich sein soll, was man davon erwartet und wie viel Gehalt diese zwei Worte besitzen.

F. Scott Fitzgerald ließen die Bemerkungen des großen Mark Twain nicht los, dass der schönste Teil des Lebens im Jung sein stattfindet, während der schlimmste Teil mit dem Alter beginnt. Warum also nicht eine Geschichte, in welcher ein Mann im hohen Alter geboren und immer jünger wird, bis er als Baby stirbt?
 
Das wäre ein seltsamer Fall. Und wäre auch kaum glaubhaft zu vermitteln, möchte man glauben, aber Fitzgerald schaffte es mit einer verspielten, sehr ungezwungenen Leichtigkeit. Doch Leinwandadaptionen sind bekanntlich alte, störrische Esel. Mit Fitzgeralds brillantem Großen Gatsby hat man immer wieder Verfilmungen versucht, die allesamt kläglich scheiterten. Sehr viel Geschichte, wenig Handlung, das funktioniert nur schwer. Der Gatsby wird gerade erneut verfilmt, wahrscheinlich mit ähnlichem Ergebnis. Eine erneute Adaption von Benjamin Button hingegen wird lange auf sich warten lassen.
 
Emotionsfrei betrachtet wäre ‚pures Kino‘ das stimmige Zusammenspiel aller künstlerischen Elemente zu einem hohen Unterhaltungswert. Aber der neueste Regiestreich von David Fincher ist alles andere als ein greifbares Objekt für sachliche Obduktionen. Er ist nur emotional zu erfassen. Wer glaubt, sich Geschichte und Film in objektiver Nüchternheit annähern zu können, der wird dabei nicht sehr viel Freude erfahren. Benjamin Button ist der Alptraum aller Kino-Puristen und der Schrecken jedes Literatur-Freundes, er ist der Triumph des Fortschritts und ein Sinnbild freier Unterhaltung.

1918 wird Benjamin im Hause Button als  Siebzigjähriger geboren. Seine Mutter stirbt. Der Vater möchte diese entsetzlich verschrumpelte Gestalt umgehend in den Fluss werfen, doch von der Polizei entdeckt wird Benjamin während der Flucht ausgerechnet auf den Stufen eines Altenheimes abgelegt. Und das ist erst der Anfang. Wer also die Vorlage kennt, sollte jede Hoffnung fahren lassen, eine adäquate Adaption erwarten zu können. Oder könnte dies am Ende im Auge des Betrachters liegen? Es ist die Geschichte eines Lebens, mit allen Höhen und Tiefen, mit Freud und Leid, mit den Beschwerlichkeiten und der unbeschwerten Leichtigkeit des Seins. Als alter Mann in jungen Jahren lernt Benjamin die (tatsächlich) junge Daisy kennen. Fortan läuft ihr Leben parallel, beide im Sinne gleich alt, fühlen sich zueinander hingezogen. Aber Benjamins Erscheinung und geistige Reife verhindern eine natürliche Beziehung, bis beide ins  "Alter" von circa 40 Jahren kommen.

Wie bei einem Griff in die Klischeekiste des Films, zieht es den Sonderling natürlich hinaus in die Welt. Doch vermeidet Eric Roth‘ Drehbuch fasst schon schmerzlich spürbar jegliche Anleihen am Weltgeschehen. Wurde durch seine infantile Art Forrest Gump zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, umschifft der alte Benjamin Button vehement jeden Hafen von geschichtlicher Relevanz. Roth‘ verfasst übrigens auch das Gump-Drehbuch 1993. Benjamin Button ist eine persönliche, innere Geschichte, die an manchen Stellen nur vorgibt, sich nach außen zu öffnen. Kleine, eingestreute Ereignisse zum Beispiel während des zweiten Weltkriegs, sind nur kleine Leuchtfeuer im Fortgang der Handlung. Darunter könnten aber auch das Tempo und der Fluss des Filmes sehr schnell leiden, da sich die charakterlichen Entwicklungen den Einflüssen von außen versperren und nur zwischen Daisy und Benjamin stattfinden. An diesem Punkt wird der Film sein Publikum finden oder jene Zuschauer verlieren, welche den großen Popanz erwarteten, den er versprach.

Das ganz große Kino verdichtet sich zum Kammerspiel. Wider Erwarten gibt sich Finchers Regie nie die Blöße, Langeweile zu produzieren,. In seiner extrem einfach gehaltenen Handlung entfacht er ein fulminantes Gedankenspiel beim Zuschauer . Ein Gedankenspiel, das F. Scott Fitzgerald aus Mark Twains Worten ableitete, warum der schlimmste Teil des Lebens zum Ende hin stattfindet.

Was in erster Linie wirklich Aufmerksamkeit erregt, ist zweifellos das Zusammentreffen der zwei attraktivsten Darsteller des westlichen Abendlandes. Bedenkt man die wirklich lange Entstehungsgeschichte dieser Verfilmung, bleibt ein Stoßseufzer unvermeidlich, dass Pitt und Blanchett auf diese Reise mitgegangen sind. Doch die Zeit der Reife brachte noch etwas wesentlich Entscheidenderes mit auf die Fahrt, und das sind die Spezial-Effekte. Was vor zehn Jahren noch in einem Feuerwerk der Peinlichkeit geendet hätte, gibt sich heute bei Benjamin Button so selbstverständlich, dass es dem Zuschauer zu keinem Zeitpunkt möglich ist, zwischen Make-up, CGI, Motion-Capture und echten Darstellern zu unterscheiden. Viele Landschaften und Hintergründe sind sehr wohl in ihrer Künstlichkeit erkennbar, was der Struktur der Erzählung entgegenkommt und Benjamins Reise zu Daisy unterstreicht. Die Effekte des sich verjüngenden Brad Pitt und der alternden Cate Blanchett sind geradezu perfekt. Und nur so kann die Geschichte funktionieren. Das ist es, was einer einfachen doch versponnenen Geschichte die Kraft verleiht, den Zuschauer zu packen, mitzureißen und nicht mehr loszulassen.

Sicherlich findet man leicht so manche Ungereimtheiten. Und selbst die kunstvoll integrierten Erd- und Brauntöne, die alle Szenen beherrschen, bevor sich Benjamin und Daisy endlich am Ziel ihrer Lebensbestimmung einfinden, prüfen eher das Verständnis des Publikums, anstatt als Kunstform aufgenommen und akzeptiert zu werden. Und Schmerzlich vermisst man jenen Überraschungseffekt in Handlung und Dialog,  welcher der Geschichte auch mal vorausgreift und dann lose wirkende Szenen miteinander verbindet. Selbst die Rahmenhandlung, in der Katrina über New Orleans hinwegfegt, sehr schön gespielt und eindrucksvoll inszeniert, lässt sich inhaltlich ohne Mühe voraussehen. (Nach Déja Vu ist dies die zweite Hollywood-Großproduktion, die nach Katrina in New Orleans gedreht wurde und mit ihren Jobs und  Produktionsgeldern den Wiederaufbau wesentlich unterstützte und zur wirtschaftlichen Stabilisation beitrug.)

Emotionsfrei betrachtet ist Benjamin Button ein Film, der funktioniert. Doch dadurch allein wäre er bestimmt kein perfekter Film. Das Zusammenspiel aller künstlerischen Elemente ist durchaus stimmig, wäre aber verbesserungsfähig. Nüchtern betrachtet also ist dies eine phantastische Geschichte, die sich nur durch ihrer Ausgangssituation profilieren könnte. Eine erschreckend geradliniges Märchen, das mit Pitt und Blanchett versucht zu locken. Doch wer nach all den inneren Abenteuern und persönlichen Gefühlsstürmen dieses Bild der gealterten Daisy sieht, wie sie sich zu dem zweijährigen Benjamin an ihrer Seite herunterbeugt, dem wird spätestens da bewusst, dass er etwas wirklich Besonderes erlebt hat. Das Besondere ist, dass David Finchers Film nur mit Gefühl greifbar wird. Mit eiskalter Konsequenz wurde hier ein Film der reinsten Herzenswärme geschaffen. Man muss sich fallenlassen können, sonst wird aus dem Erlebnis ein Rohrkrepierer. Das wahre phantastische Element ist eben nicht Buttons Situation, sondern dass man gewillt ist, sich dieser Geschichte zweier Menschen vorbehaltlos hinzugeben.

Und am Ende stellt man sich die Frage, ob Mark Twain seine Äußerung wirklich durchdacht hat. Verschwenden wir tatsächlich die beste Zeit unseres Lebens in der Jugend? F. Scott Fitzgerald hatte die Antwort darauf gegeben, damit David Fincher diese an uns weitergibt. Und wenn wir es verstehen, wächst uns Benjamin Button nur noch stärker ans Herz. Das ist eben pures Kino.


Darsteller: Brad Pitt, Cate Blanchett, Julia Ormond, Jason Flemyng, Tarajia P. Henson, Jared Harris, Tilda Swinton, Taren Cunningham u.v.a.
Regie: David Fincher, Drehbuch: Eric Roth; Kamera: Claudio Miranda; Musik: Alexandre Desplat; Bildschnitt: Kirk Baxter, Angus Wall; Visuelle Effekte: Eric Barba, Steve Preeg, Burt Dalton, Craig Barron
USA / 2008; circa 166 Minuten

 

 


 

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Serenity

Darsteller: Nathan Fillion, Gina Torres, Alan Tudyk, Adam Baldwin, Morena Baccarin, Jewel Staite, Sean Maher, Summer Glau, Ron Glass, Chiwetel Ejiofor u.a.
Regie, Drehbuch: Joss Whedon; Kamera: Jack Green; Bildschnitt: Lisa Lassek; Musik: David Newman
USA 2005 / circa 118 Minuten


Die Weltraum-Cowboys sind wieder da. Verzeihung, die Cowgirls selbstverständlich auch. Dieses Irrlicht amerikanischer Fernsehgeschichte mit dem Titel ‚Firefly’, das ausgerechnet vom erzkonservativen Sender Fox in Auftrag gegeben worden war, erfreut sich einer angemessenen Wiederauferstehung auf der großen Leinwand. Dieses Kleinod konnte sich von der ersten Folge an, eine gespenstisch große Schar von Fans sichern, welchen es letztlich zu verdanken ist, das Universal die nach 11 Folgen abgesetzte ‚Firefly’ adoptierte und für das Kino aufwertete.

Unter dem Aspekt, dass eigentlich jede Science-Fiction Serie eigentlich eine Variation des alten Weges nach Westen, mit guten und bösen Cowboys und natürlich vielen unbekannten Indianaern ist, trieb Joss Whedon sein Schöpfungskind auf die Spitze. Gäbe es keine Raumschiffe, glaubte man sich tatsächlich in einer raubeinigen Westernwelt. Pistolen und Gewehre, Kühe und Pferde, die großen Prärien und jede Menge harter Kerle, natürlich die Mädels nicht zu vergessen. Zusätzlich ist alles noch herrlich politisch unkorrekt und bisweilen auch köstlich subversiv, die eigentlichen Gründe, für die Kurzlebigkeit von ‚Firefly’.

500 Jahre in der Zukunft hat sich die Menschheit im Weltraum angesiedelt. Nach einem Bürgerkrieg übernahm die so genannte Allianz die Herrschaft. In den äußeren Regionen allerdings, nimmt man es mit dem Gesetz und der Vormundschaft durch die Allianz nicht so genau. Auf der Suche nach Fracht-Aufträgen und mit kleinen Überfällen zwischendurch, schippert Captain Malcom Reynolds (Fillion) mit einer zusammengewürfelten Crew auf seinem Raumschiff Serenity zwischen den Sternen. An Bord das Geschwisterpärchen River und Simon Tam (Glau, Maher) auf das es die Allianz ganz speziell abgesehen hat. Aber jeder an Bord darf sich auch zur Crew zählen, und von der Crew wird keiner im Stich gelassen. So begibt sich Mal Reynolds mit der Serenity auf die Spuren des Rätsels Lösung, was so Besonderes an River Tam sein könnte, das der Allianz so wichtig erscheint.

Wer annimmt, man müsse Vorwissen mitbringen, um dem Geschehen im Kino folgen zu können wird überrascht. Joss Whedon versteht es, seiner vorbelasteten Kreation soviel Eigenständigkeit zu verleihen, dass der unbedarfte Science-Fiction Begeisterte allemal seine helle Freude haben wird. Auf der anderen Seite wird aber auch der angetane Fan der Serie nicht mit längst Bekannten gelangweilt. Die Adaption ist wunderbar geglückt und wird alle Seiten zufrieden stellen. Wenn man nicht allzu große Ansprüche stellt.

Natürlich unterliegt die Leinwandvariante gegenüber der Serie immer bestimmten Einschränkungen. So wird die Charakterisierung der ursprünglich neun Mann (und Frau) starken Hauptriege auf das Wesentliche reduziert. Der Charme, den die Serie bereits auszeichnete geht aber keineswegs verloren, sondern macht eher Lust auf mehr. Whedons selbst verfasstes Drehbuch spielt locker mit Klischees und ungebrochener Abenteuer-Romantik. Der Humor ist trocken und treffend. Aber ‚Serenity’ ist nicht unbedingt sehr anspruchsvoll. Mit einem angegebenen Budget von ungefähr 40 Millionen Dollar, behält ‚Serenity’ das Aussehen der Serie. Die Sets haben sich nur unmerklich verändert, die Trickeffekte halten ihren, Dank der Computerrevolution sowieso schon hohen Standart. Der Wechsel vom 16:9 auf das Cinemascope Format bleibt ungenutzt. Die ganze Produktion scheint darauf ausgelegt, keine optischen, oder formalen Veränderungen machen zu dürfen. Dies fällt selbstverständlich nur den Kennern der Serie auf, macht gegenüber dem Unwissenden doch die Bescheidenheit des Budgets klar.

Es ist reines Abenteuer-Kino das Joss Whedon seinen Zuschauern präsentiert und das funktioniert hervorragend. Keine philosophischen Spinnereien, keine extrovertierten Überheblichkeiten. Das ist eben die Kehrseite der Medaille, welche man bei diesem Kinovergnügen schnell zu schätzen lernt. Und wenn niemand versucht einen über den Kinositz zu ziehen, dann macht alles gleich noch viel mehr Spaß.

Ein besonders tragisches Ereignis, welches viel zu überraschend kommt und auch ebenso schnell abgehandelt wird, legt doch die Vermutung nahe, das Whedon lautes Nachdenken über eine Trilogie, konkretere Formen angenommen hat. Allerdings muss man erst die Reaktionen und die Aufnahmebereitschaft des Publikums abwarten, ob sie mit Eintrittskarte bereit sind, einen weiteren Film zu finanzieren. Sicherlich kein Muss, aber diese 118 Minuten waren auch keine Zeitverschwendung, so dass man sich gerne auf weitere Abenteuer einlassen würde. Es ist eben ein Szenario, das man schon von klein auf lieb gewonnen hat. Raubeinige Halunken, hübsche Ladys, heroische Duelle und wagemutige Reisen durch wilde Grenzgebiete. Der Wilde Westen war uns selten näher als im Weltraum. Schlicht, aber eben auch ergreifend.

Mainstream

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Shadow of the Vampire

Darsteller: John Malkovich, Willem Dafoe, Udo Kier, John Aden Gillet, Cary Elwes, Eddie Izzard, Catherine McCormack, Ronan Vibert u.a.

Regie: E. Elias Merhige; Drehbuch: Steven Katz; Make-Up: Ann Buchanan, Katja Reinert; Kamera: Lou Bogue; Filmschnitt: Chris Wyatt; Musik: Dan Jones, Richard Wagner

USA-England / 2000 , circa 93 Minuten

Wenn Friedrich Murnau mit geweiteten Augen, erwartungsvoll und frenetisch zugleich, die Kamera bedient und sein Kameramann Wolfgang Müller mit einer zweiten Kamera zeitgleich eine andere Perspektive aufzeichnet, dann beginnt einer der großartigsten Momente in Nosferatu, genau wie in Shadow. In den unheimlichen Gemäuern einer tschechischen Burg nähert sich der Häusermakler-Assistent Thomas Hutter dem Eingang zu Graf Orlocks Behausung. Es ist die erste Szene, und wird auch die einzige Szene bleiben, in der Murnau keine Anweisungen schreit, keine Vorgaben für die Weiterführung der Szene bereit hält. Murnau weiß um der Wichtigkeit seines Unternehmens und seines Filmes. Und Graf Orlock selbst öffnet das schwere Holztor, ob durch seiner Hände Kraft, oder auf andere unerklärliche Art. Und der Film, sowie der Film im Film, gibt den ersten Blick frei, auf den Schauspieler, welcher in der vollkommenen Einklang mit seiner Rolle als Vampir nur Nachts dreht, nur in Make-Up in Erscheinung tritt und von seinen Kollegen auch als Vampir behandelt werden möchte. Der Schrecken bei jenen Kollegen ist nicht gespielt, der Jubl bei den Cineasten noch viel weniger. Die Rechnung Murnaus, mit der Vorgabe absoluter Authentizität, geht auf. Und weit darüber hinaus.

Die phantastische Idee von Autor Steven Katz lässt viele ähnlich angelegte Biografien recht blutleer aussehen. Die Vergleiche zu Gods and Monsters stellen sich fast schon zwanghaft ein, sind aber letzten Endes nicht gerechtfertigt. Beide Filme, Gods und Shadow, behandeln die wahren Meister des unheimlichen, des schockierenden Filmes. James Whale und Murnau waren zudem beide Homosexuell. Aber all das ist eine nicht sehr stabile Basis für Vergleiche. Konzentrierte sich Gods auf den Menschen Whale, eröffnet Shadow eine atemberaubende Phantasterei um Kreativität und Mythologie des Künstlers Murnau.

F. W. Murnau (Malkovich), dreht 1921 in den Berliner Jofa Studios die letzten Innenszenen, seiner Dracula Adaption Nosferatu. Nebenbei und ganz unaufdringlich erfährt der Zuschauer, das der auf dem Set immer anwesende Autor Henrick Galeen (Gillet) von der Bram Stoker Stiftung keine Erlaubnis bekommen hatte, das Buch Dracula zu verfassen. Mit geschickten Namens- und Ortsänderungen konnte aber das da schon zum Wahnsinn tendierente Genie Murnau mit der expressionistischen Vampirsage beginnen. Mit aristokratischer Gelassenheit kann Produzent und gleichzeitig Ausstatter Albin Grau (Kier) seinen Regisseur im Zaum udn das Team bei Laune halten. Alles scheint besser zu werden, denn endlich geht es nacht draussen, endlich kann Murnau seinen wilden Phantasien freien Lauf lassen. Endlich wird die Künstlichkeit des Studios verlassen. Authentizität schreit Murnau immer und immer wieder. Das Team reist in die Tschechoslovakai, das nicht einfach nur als Ersatz für die Karpaten dienen soll, sondern gehen die ersten Mythen und Überlieferungen von Untoten und Vampyren tatsächlich aus dem Gebieten der Tschechei, Böhmen und Mären aus. Authentizität. Während sich die Hutter und Ellen Darsteller Gustav von Wangenheim (Izzard) und Greta Schröder (McCormack) genervt über Drehbedinungen und die Macken des eigentlichen Hauptdarstellers hermachen, fiebert das gesamte Team dem ersten Treffen des Schauspielers Max Schreck entgegen. Jener legendäre Stanlislovsky erprobte Darsteller, der seinen Kollegen nur als jene Gestalt gegenüber treten will, die er auch verkörpert. Das erste Zusammentreffen gipfelt auch in jener Szene, die Murnau in weiser Voraussicht auch gleich mit zwei Kameras drehen lässt und umgehend Murnaus eigentliches Geheimniss um Authentizität offenbart. Max Schreck ist die eigentlich fiktive Figur und Graf Orlock (Dafoe) ein echter Vampir.

Den zweiten Höhepunkt erreicht Regie und Drehbuch in der Sequence Graf Orlock und Thomas Hutter den ersten Abend gemeinsam zu Tisch verbringen. Zuerst versteht Orlock überhaupt nicht das Anliegen von Murnaus Anweisungen, wird aber durch Wangenheims Amulett, mit dem Abbild Greta Schröders, genau zu der Reaktion und Leistung gebracht, die im endgültigen Film Hutters Frau auf den Vampir auslösen soll. Graf Orlock kann aber seinen Blutdurst dank der Anwesenheit so reichhaltiger Nahrung nicht im Zaum halten und vertilgt zuerst Kameramann Müller (Vibek), eine fiktive Figur um schliesslich Nosferatus wirklichen Kameramann Fritz Wagner (Elwes) ein zu führen. Weil das Projekt ansich von den in Berlin sitzenden Finanziers sowieso mit Argwohn betrachtet wird und der Film deswegen schnellstmöglich beendet werden sollte, schliesst Murnau mit Orlock einen Pakt, der dem einsamen und scheinbar depremierten Vampir das Objekt seiner Begierde verspricht, wenn er die Zäne vom Filmteam lässt. Orlock kann in der letzten zu drehenden Sequenz und gleichzeitig letzten Einstellung Greta Schröder zum letzten Mahle haben.

Was Regisseur Elias Merhige auf die Leinwand bringt ist weder Komödie, noch wirklicher Horrorfilm. Zuweilen wirkt es wie eine nüchterne Darstellung der wirklichen Ereignisse um das Entstehen Nosferatu, Eine Symphonie des Grauens. Geschickt verwebt er die fiktive Handlung in die Abfolge der wirklich entstandenen Szenen. Wie selbstverständlich mischen sich die tatsächliche Begebenheiten mit den phantastischen Auswüchsen der Charakteren. Während sich Malkovich allerdings an die wenig bekannten Charaktereigenschaften Murnaus halten und diese neu interpretieren konnte, blieb Willem Dafoe die schwierigste aller Aufgaben übrig. Dafoe mußte aus dem bestehenden Filmklassiker eine darüber hinaus in Einklang gebrachte Figur spielen. Graf Orlock durfte, eben weil er kein Schauspieler sein sollte, ausserhalb nicht anders agieren, wie ihm Nosferatu vorgab. Aber wo Malkovich uneingeschränktes Lob entgegenkam, obwohl er die wirklichen Eitelkeiten und aristokratische Überheblichkeiten von Murnau nicht wirklich stimmig traf, mußte Willem Dafoe heftig Prügel einstecken. Zum einen war es sein heftiges, übertriebenes Spiel, zum anderen mußte er einem Mann eine Stimme verleihen, der nur durch einen Stummfilm bekannt war. Dabei ist Dafoe doch das Beste seiner bisherigen Laufbahn gelungen. Abgezehrt und meist unsicher bewegt er sich durch seine Szenen, klappert ab und an mit seinen unheimlich langen Fingernägeln und offenbart eine Mimik, die weit über Max Schrecks Rolle hinaus geht. Tatsächlich hat Dafoe es geschafft eine wirkliche Figur über diese hinaus zu verkörpern, ohne das Phantastische dabei als solches erscheinen zu lassen. Und weil eben diese reale Figur als wirklicher Vampir dargestellt wird, erreicht der Film einen ungemein cinephilen Unterhaltungswert, der vielleicht gerade mal von Tom DeCillos Living in Oblivion erreicht wurde. In einer schon poetisch zu bezeichnenden Szene, wandert Schreck, alias Orlock des Nachts durch das Filmlabor und entdeckt in einem Sichgerät belichtetes Material mit der aufgegangenen Sonne, welche ihm als Vampir für immer verwehrt war. Wehmütig spult Orlock den Streifen immer wieder vor und zurück. Es ist wie im richtigen Leben, der Film, der einen Ausblick auf das Unmögliche bietet. Ein Stück Film, das einem Wirklichkeiten näher bringt, die für einen gar nicht existieren.

Das mischen der verschiedenen Farbgebungen und Materialien kommen in diesem Fall der Geschichte zugute, wo sonst nur künstlerischer Eifer das Publikum quält. Zu den zweifellos unumstrittenen Glanzlichtern zählen die Nachstellungen der Nosferatu Sequenzen, die bei Murnaus 'Aufnahme' mit verengter Iris ins Schwarz/Weiß wechseln und bei Beenden der Szene wieder mit einer Fahrt zurück, zur Farbe zurückkehren. In künstlerischer, wie auch im technischen Sinne ist ein auserordentliches Stück Kino gelungen, das auf seiner Erzählebene genial die Wahrheit mit der Dichtung eine Einheit bildet. Dabei dringt der Film soweit in die Phantasterei vor, das allein vom geschickten verdrehen bestimmter Wirklichkeiten ein ungemeiner Spass entsteht, der trotz allem den Fakten treu bleibt, ja sogar treu bleiben muß, um die Atmosphäre zu wahren. Und so wie Malkovich als Murnau ständig nach Authentizität schreit, kontert der Schatten des Vampirs immer mit eben jener Atmosphäre, die stil- und ebenso reizvoll den ganzen Film durchzieht.

Doch was nützt all die Überschwenglichkeit, wenn Shadow of the Vampire wirklich nur im eingeschränkten Sinne zu funktionieren vermag. Es ist ein Stück Kino über das Kino und darüber hinaus ein schwer verständlicher Stoff für weniger begeisterte, oder belesene Filmliebhaber. Ein Stoff, der gerade daraus seinen Reiz zieht und mit der Handlung spielen kann, weil er nicht nur einen gewissen Grad von Grundwissen voraussetzt, sondern auch den unbedingten, vorher gegangenen Genuss von Nosferatu. Im Kino, wo er eigentlich hingehört, wird Shadow ein trauriges Leben führen, weil er gewisse Erwartungen eines normalen Kinopublikums gar nicht erfüllen kann. Was den Film zu einem meisterlichen Werke macht, wird ihm letztlich zum Verhängnis.

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Shaft

Darsteller: Samuel L. Jackson, Vanessa Williams, Jeffrey Wright, Christian Bale, Busta Rhymes, Dan Hedaya, Toni Colette, Richard Roundtree u.v.a

Regie: John Singleton; Drehbuch: Richard Price, John Singleton, Shane Salerno; Musik: David Arnold nach dem Original Thema von Issac Hayes aus 'Shaft(1973)'; Kamera: Donald E Thorin; Filmschnitt: John Bloom, Patrizia von Drimmelen

USA / 2000, ca. 98 Minuten

Endlich ist es wieder soweit, lasst uns zusammensetzen und über Sinn und Sinnlichkeit von Remakes diskutieren. Lasst uns zetern und schwärmen. Es wird nichts nutzen, 'Shaft' is still the man. Zum einen ist es ja gar kein Remake, sondern eine Fortsetzung, zum anderen ist Sam Jackson viel zu cool. Das eine hat jetzt mit dem anderen wenig zu tun, aber das hat sich sicherlich auch John Singleton gedacht. John Shaft, wie wir ihn kennen, gibt es noch immer. Mit immer wieder kehrenden Kurzauftritten, läuft er seinem Neffen John Shaft über den Weg und bittet ihn, in eine gemeinsame Detektei ein zu steigen. Auch wenn über 25 Jahre vergangen sind, hat sich weder die Musik, noch der Stil verändert. Und doch ist alles Jahr 2000 fähig und zeitgemäß. Shaft prügelt prügelnde Ehemänner. Shaft pfeift auf Konventionen. Shaft kümmert sich. Shaft schleppt ab. Shaft ist cool, war es immer und scheint es zu bleiben. Kein unnötiges verkleppern von Isaak Hayes Funk-Tönen, kein hyperaktiver Action-Drive. Und wenn Armani den Afro-Look bestimmt, vergisst jeder die Vorgänger und Nachfolger. Bild und Ton sind eins. Die wiedergeborenen Siebziger mit Jacksons Charisma und Arnolds fast noch coolerem 70er Score. Was Singleton in der Inszenierung verpennt, und da gibt es schon ein paar uncoole Ungereimtheiten, macht Arnolds Musik vollkommen wett. Es mutet unheimlich an, wie variabel er Hayes Thema anlegen kann, unheimlich cool. Die logischen Patzer steckt man weg. Spot auf Jackson, von Männer und Männlein bewundert, von Weib und Weiblein begehrt. Dann die Leftzen bei Venessa Williams hochgezogen, die selbst im Gammel-Look das Maß aller Dinge sprengt, die eine Gruppe verrückt macht und die andere vor Neid in den Sessel sinken lässt. Da kommt was rüber und der Rythmus steckt an. Die Weiterführung von drei Filmen und einer Serie scheint gesichert. Und da kündigt sich schon Shaft im coolen Doppelpack an. Weg vom Kino, wer knallige Action erwartet. Raus aus dem Saal, wer dem Drama frönen will. 'Shaft' kann beides und will gar nichts davon. Fallen lassen und sich dem Groove ergeben. Stil und Charisma, das ist Shaft, und das ist cool. Und hätte man Busta Rhymes Rolle komplett gestrichen, wäre es perfekt.

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Shanghai Noon

Darsteller: Jackie Chan, Owen Wilson, Lucy Liu, Jason Connery u.a.

Regie: Tom Dey; Drehbuch: Alfred Gough, Miles Millar; Musik: Randy Newman; Kamera: Dan Mindel; Set & Art Direction: Bryon Foster, Brandt Gordon; Filmschnitt: Richard Chew;

USA / 2000, circa 120 Minuten

Handlungsabriss im zweiten Absatz!

Die Vorzüge bei einem Film mit Jackie Chan ist natürlich immer die visuelle Ausgelassenheit seiner selbst inszenierten Stunts. Da kann die Handlung nebensächlich werden, niemand würde da psychologischen Tiefgang erwarten. Das Auffallenste an 'Shanghai Noon' ist der fehlende Tiefgang, denn weder die Gags in dieser Komödie, noch die Kampfeinlagen wollen so richtig zünden. Das hat natürlich einen sehr guten Grund, zumindest was den Stuntman Jackie Chan angeht. Was man in den Hongkong-Produktionen des asiatischen Weltstars für selbstverständlich erachtet, kann und darf sich ein amerikanischer Produzent nicht leisten. Auch wenn Chan selbst seine Geldfinger mit ins Spiel gebracht hat. Gefährliche Einlagen werden mit Kamerwinkel und raffiniertem Schnitt fingiert, die wahre Akrobatik seines Könnens kommt ohne Kameratotalen gar nicht richtig zur Geltung.

Auch der Humor kommt ein bißchen knapp weg. Der eine, oder andere gute Lacher sind garantiert, über die 120 Minuten verteilt, wirkt die Geschichte aber etwas zäh. Das Duo Chan und Owen Wilson geben eine gute Paarung, lassen aber die rasante Interaktion von Chris Tuckers und Chan in 'Rush Hour' vermissen. Zugunsten der Drehbuchschreiber muß aber gesagt werden, das sie auf abgelutschte Phrasendrescherei der üblichen Ost-West Konfrontationen weitgehend verzichten. Und wenn sich der kulturelle Unterschied sprachlich nicht vermeiden lässt, geschieht dies sogar in überraschend intellegenter Weise.Owen Wilson, als versagender Outlaw macht eine sehenswerte Figur neben dem Kraftpaket aus dem Osten. Als Gesetzloser, der sich einbildet nur so Erfolg bei Frauen zu haben, ansonsten der absolut Falsche für so einen Job ist, zieht er schnell die gesammelten Sympathien auf seine Seite. Aber leider verzichten Regisseur und Schreiber nicht auf ein paar Klischees, die merklich die Intelligenz des Zuschauers zu untergraben versuchen. Die Haben-Seite verbucht dagegen ein witziges Spiel mit dem 'Fisch ausserhalb des Wassers', wo der aus China angereiste Chan im fremden Amerika wesentlich heimischer scheint, als der sich selbst so cool darstellende Outlaw Wilson. Doch dann macht die Geschichte schon wieder Rückschritte, als der wahre Bösewicht, der die chinesische Prinzessin entführte, sich auch noch ein alter Bekannter von unserem Helden herausstellt. Die Welt scheint kleiner zu werden, besonders im Kopf der Erfinder.

'Shanghai Noon' ist leidliche Unterhaltung. Manchmal amüsant, in seinen technischen Ausführungen höchst professionell, aber nie besonders aufregend und keineswegs innovativ. Das dennoch Teil 2 bereits in Vorbereitung ist, bleibt eigentlich ein Verdienst aus dem Erfolg von 'Rush Hour',der merklich nachhängt. Aber da auch 'Rush Hour' mit der Fortsetzung aufwarten will, empfiehlt es sich 'Shanghai Noon' aus zu lassen und schon mal für das Bessere zu sparen.

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Shrek

Darsteller-Stimmen: Shrek: Mike Myers / Sasha Hehn, Esel: Eddie Murphy / Randolph Kronberg, Fiona: Cameron Diaz / Esther Schweins, Farquaad: John Lithgow / Rufus Beck

Regie: Andrew Adamson,Vicky Jenson; Drehbuch: Ted Elliot, Terry Rossio, Joe Stillman, Roger S.H. Schulman nach dem Buch von William Steig; Schnitt: Sim Evans-Jones; Musik: Harry Gregson-Williams, John Powell; Animation: PDI

USA / 2001 , circa 90 Minuten

Ein fetter, ungehobelter Zeitgenosse ist dieser Ogre. Nicht nur hässlich, sondern auch ohne jedes Benehmen, bevorzugt er immer noch seine eigene Gesellschaft. Aber die Natur hat es auch nicht gut gemeint mit Shrek, dem Ogre, der in den Sümpfen wohnt und sich dort ein gemütliches Heim errichtet hat. Bis der, selbst von der Natur vernachlässigte, Lord Farquaad beschliesst sein Reich von all den störenden Fabel- und Märchenwesen zu reinigen, um eine saubere und reine Menschenordnung her zu stellen. Alles was Rang und Namen in der Mythologie und in den Märchenwelten hat, endet in den Sümpfen, vor Shreks Hütte.

Da stellen die sieben Zwerge den Glassarg auf Shreks Tisch und Rotkäppchens böser Wolf belegt sein Bett. Das ist aber erst der Anfang der abenteuerlichen Vielschichtigkeit dieser mehr als augenzwinkernden Parade von bekannten Figuren, märchenhaften Klischees und unglaublichen Filmzitaten.

Shrek steht ein Esel mit nicht enden wollenden Redeschwall zur Seite, um eine wunderschöne Prinzessin aus den Klauen eines Drachen zu befreien, wobei Lord Farquaad im Gegenzug Shrek die Privatsphäre seiner Sümpfe zurück erstattet.

In furiosen Bildern und sensationellen Bildern wird die Prinzessin Fiona befreit, wobei sich der Drachen in den Esel verliebt und auf dem Weg zurück ins Reich von Lord Farquaad eben das unvermeintliche zwischen Fiona und dem rüpelhaften Shrek passiert.

Wer am Ende auch nur annähernd die Hälfte aller Filmzitate und satirischen Anspielungen behalten hat muß mit einem ausserordentlichen Maß an Gedächtniss gesegnet sein. Das Drehbuch der vier Autoren ist ein einziger Pott von genialen Einfällen. Wobei Disney die meisten, aber auch gelungensten Treffer abbekommt. Auch wenn man Jeffrey Katzenberg, ausführender Produzent bei DreamWorks, der mit Zorn von Disney schied, mit diesem Film immer Rache gegen das Maus Haus vorwirft, in Wirklichkeit kommt man in keiner gelungenen Parodien und derart ausgeklügelten Hommage an die Kindheit an Disney vorbei. Disney hat selbst all die Grimmschen Märchen, bekannten Kinderbücher und Legenden soweit ausgebeutet, mit seinem Themenparks die jüngeren Generationen beeinflusst, das sich alles Zwangsläufig ergibt. So ist Lord Farquaads Schloß unübersehbar ein Computer generiertes Abbild von Disneyland, mit Eingangsdrehkreuzen und den Merchandising Shops.

Lediglich ein kleiner Versuch Matrix Material mit in die Geschichte einzuschleusen wirkt leicht fehl am Platz, ansonsten darf man schon sagen, das mit Shrek die makellose Verbindung von Kindergeschichte und Erwachsenen-Satire gelungen ist. Im atemberaubenden Ping-Pong-Verfahren bekommt das junge Publikum etwas zu lachen und staunen und werden schon im nächsten Moment die Alten gefordert. Clever inszeniert, kommt bei niemanden Langweile auf. Die Regie von Adamson und Jenson lässt wenig Verschnaufpause und weiss jeden Hänger zu vermeiden. Es dürften mit Sicherheit in diesem Sommer die kürzesten 90 Minuten sein, die der Zuschauer empfinden wird.

Das PDI Team unter der Leitung von Supervising Animator Raman Hui hat die aussergwöhnlichsten Bilder geliefert, die derzeit für die Leinwand überhaupt machbar sein dürften. Ob simulierte Kamerafahrten, oder prächtige Landschaftsaufnahmen. Esels behaartes Fehl, oder Fionas Gesichtszüge. Die Technik aus dem Computer ist hier nur selten von realistischen Bildern zu unterscheiden.

Viel Charme, köstliche Dialoge, hinreissende Zitate, stimmige Musik und verwendete Songs, atemberaubendes Tempo und tatsächlich greifbare Charakteren machen Shrek nicht nur zu einem Glanzstück des Kinos, sondern schon jetzt zu einem Film der in nicht allzulanger Zeit den Titel Klassiker tragen wird.

 


 

Shrek der Dritte – Shrek the Third

Stimmen: Shrek – Mike Meyers (Sascha Hehn), Esel – Eddie Murphy (Dennis Schmidt-Voß), Kater – Antonio Banderas (Benno Fürmann), Fiona – Cameron Diaz (Esther Schweins), Königin – Julie Andrews (Marie Luise-Marjan), Froschkönig – John Cleese (Thomas Danneberg), Artie – Justin Timberlake (Robin Kahnmeyer), Prinz Charming – Rupert Everett (Thomas Vogt), Merlin – Eric Idle (Wolfgang Spier)

Regie: Chris Miller; Drehbuch: Jeffrey Price, Peter S. Seaman, Chris Miller, Aaron Warner; Geschichte: Andrew Adamson; Bildschnitt: Michael Andrews; Musik: Harry Gregson-Williams; Verantwortlich Character-Animation: Tim Cheung; Verantwortlich Layout: Nick Walker

USA / 2007; circa 92 Minuten

Nach dem eher bitteren Genuss von ‘Shrek dem Dritten’ bleibt der schale Geschmack, einen guten Freund verloren zu haben. Einer der sagt was er denkt, tut was er will und isst wie ihm beliebt. ‚Shrek’lich, aber so liebenswert. Wo ist dieser Ogre bloß hin. Regisseur Chris Miller, der bei den ersten beiden Shreks zusätzliche Stimmen lieferte und die Story mit konzipierte, hat mit Andrew Adamson die Rollen getauscht. Letzterer tobt sich lieber in den fernen Ländern von Narnia aus, gab seinem Nachfolger eine grobe Story mit auf dem Weg und sieht sich nun mit der Abdankung eines großen Sumpfbewohners konfrontiert.

Die Computer Animationen haben bei der Shrek-Mannschaft in den vergangenen drei Jahren wenig Fortschritte gemacht. Eine Art Photorealismus ist in nur sehr wenigen Einstellungen gelungen, zum Beispiel bei Wasserbewegungen und aufbäumende Pferden. Die Menschen staksen noch immer sehr ungelenk und die sich ständig bewegenden Haare der Figuren wirken sehr gewollt und aufdringlich. Dafür hat die Entwicklung der Charakteren einen großen Schritt getan, zurück. Wie weggeblasen sind die wunderbaren, unkorrekten Äußerungen, das ekelhafte Verhalten der Titelfigur. Das grüne Monstrum aus dem Sumpf, welches sich so erfrischend von der politischen Korrektheit anderer Animationshelden abhob, wurde hier zum Neutrum in den Gefilden des Kinderfilmes degradiert. Und wer auf hintersinnigen Erwachsenen-Humor hofft, der einst die grandiose Gratwanderung zwischen beiden Publikumsschichten schaffte, wird vollends enttäuscht.

Wer auch noch ein klein wenig über das Gesehene nachdenkt, wird leicht feststellen, das die Handlung auch noch einen derart gigantischen Logikfehler aufweist, das sich die Geschichte eigentlich selbst hinfällig machen müsste. Soweit kann es also kommen, mit einem dieser Überraschungserfolge, die sich mit sehr viel Charme und anarchischen Witz vom Althergebrachten kongenial abgehoben hat. In der dritten Auflage reicht es gerade für eine Aneinanderreihung von wenigen Standards als eine Art ‚Best of’. Da ist der traurige Blick vom gestiefelten Kater. Der hustende Drachen, der dabei einen Tisch entzündet. Es kommt zu fröhlichem Rülpsen und Furzen. Mit dabei sind auch wieder Matrix-erprobte Kampfszenen. 

Wer die Hoffnung nicht aufgibt, darf sich wenigstens auf einen Monolog von Pinocchio freuen, der tatsächlich Seinesgleichen sucht. Traurig wenn man sagen muss: Aber das war es dann auch schon gewesen.

bandit

 


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The Sixth Day

Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Tony Goldwyn, Michael Rapaport, Robert Duvall, Wendy Crewson, Michael Rooker, Sarah Wynter u.v.a.

Regie: Roger Spottiswoode; Drehbuch: Cormac & Marianne Wibberley; Kamera: Pierre Mignot; Filmschnitt: Mark Conte, Dominique Fortin, Michel Arcand; Musik: Trevor Rabin

USA / 2000, circa 124 Minuten

Jeder sollte zugeben, er hätte es wissen müssen. Was bietet ein Schwarzenegger Film ? Was diese schon immer bieten und nichts Neues dazu. Wer sich vom Thema über die Problematik des Klonens locken lässt, sollte lieber zuhause den Fernseher anschalten und sich das Geld sparen. Aber selbst hartgesortene Arnold Freunde dürfte mit '6th Day' ihre Schwierigkeiten haben. Am Anfang war das Klon-Schaf Dolly und dabei hätte es bleiben sollen, es ist knuffiger und macht eine wesentlich bessere Figur als der Österreicher. Schwarzenegger ist so sehr darauf bemüht gut zu schauspielern, das er tatsächlich gestikuliert und eine Mimik an den Tag legt wie ein Akteur aus der chinesischen Oper den man ins französische synchronisiert hat. Und wer mir jetzt unterstellt, ich würde aus Gehässigkeit übertreiben, der soll sich '6th Day' nur antun und wird sich bei mir entschuldigen müssen.

Da wird auf Teufel komm raus geklont, obwohl von Gesetzes wegen verboten. Es wird in der wirren Handlung die moralische Schiene ausgefahren, das man geneigt sein wird, etwas völlig anderes zu erwarten. Etwas mit Anspruch vielleicht. Aber es ist immer noch ein Schwarzenegger-Film und bleibt darin gnadenlos bis zum Ende. Und wenn Adam Gibson dann noch auf sein genetisches Abziehbild stößt (kein Spoiler, kennt man bereits aus dem Trailer), dann wird es entgültig der Sache zuviel.

Das Thema ist sicherlich verlockend. Kontrovers hatte Richard Fleischer in den 70ern mit 'Coma' in der Organ-Transplantations-Wunde gestochert. Es war reisserisch und dennoch mit Anspruch erzählt. Was Cormac und Marianne Wibberley in ihrem '6th Day' Drehbuch verfassten, ist nichts weiter als eine lose Aneinanderreihung von Unwahrscheinlichkeiten, damit der Action-Betrieb am laufen bleibt. Und für Action wird reichlich gesorgt, da kommt allerdings wieder Roger Spottiswoode in die Quere, der schon in 'Tommorrow Never Dies' geradlinig bewiesen hat, das man aufwendige Stunt-Shows auch vollkommen aus der Bahn dirigieren kann. Was dem Regisseur abgeht, ist ein Gespür für Kontinuität und Einfallsreichtum. Konventionell ist die Geschichte und konventionell ist sie erzählt. Manchmal darf der amerikanische Österreicher in lose eingeflochtenen Sequenzen sein eigenes Image auf die Schippe nehmen. Das kommt durchaus gut an und sogar der Minimal-Mime versteht es, soetwas an den mann zu bringen.

Überraschend in dieser schwarz-weiß Zeichnung von Bösewichtern und guten Helden ist Robert Duvall mit seiner Filmfrau Wanda Cannon, die für etwas emotionale Stimmung sorgen dürfen und dies hevorragend umsetzen. Allerdings wirkt es dann gleich fehl am Platz, weil Tiefgang alles ist, was der Regisseur versucht zu vermeiden. Wie der biedere Familienvater Schwarzenegger plötzlich zur emotionslosen Tötungsmaschine wird, entbehrt schon jeder Logik und ist eines der endlosen Indizien, das weder Schreiber, noch Regisseur mit dem eigentlichen Thema etwas anzufangen wußten. Es ist eben ein Schwarzenegger-Film, das hat schon 'End of Days' das Kino-Leben gekostet und wird mit '6thday' noch überzeichnet.

Es gibt ab und an wirklich anspruchsvolle Action-Filme, aus dem Grund, da sie keine Ansprüche stellen. Die Ambitionen für diesen Film lagen jenseits des Machbaren. Sogar Pierre Mignots Kamerabilder, hauptsächlich spielt der Film Abends und Nachts, zeigen die selbe Routine, wie die gesamte Produktion. Risikofreude und frische Ideen zeigt niemand. Das moralische Dilemma über das Klonen wird oberflächlich in den Vordergrund gedrängt und im entscheidenten Moment zugunsten uninspirierter Sequenzen wieder verworfen. Mit diesem dritten, für den Namen Schwarzenegger eigentlichen Misserfolg in Reihe (Eraser, End of Days), kann es passieren, das sich der Marktwert des Muskelpaketes langsam aber stetig nach unten kämpft.

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Sleepy Hollow

Darsteller: Johnny Depp, Christina Ricci, Miranda Richardson, Michael Gambon, Casper Van Dien, Jeffrey Jones, Christopher Lee, Richard Griffiths u.v.a.;

Ausstattung: John Dexter, Ken Court, Andrew Nicholson; Set-Bauten: Peter Young; Kostüme: Colleen Atwood; Drehbuch: Andrew Kevin Walker nach der Erzählung ‚Die Legende Von Sleepy Hollow' von Washington Irving; Kamera: Emanual Lubezki; Schnitt: Chris Lebezon; Musik: Danny Elfman; Regie: Tim Burton

circa 105 Minuten

Ganz treu seinem eigenen Geschmack nach dem etwas Anderen, überwältigt Tim Burton nach der außerirdischen Invasion von 'Mars Attacks' die irdischen Gefilde, und dies über den Tod hinaus. Der alte Hesse hat es ihm angetan, jener furchtlose Söldner der versuchte im unstillbaren Blutdurst Befriedigung zu finden und dabei seine Kopf verlor, wortwörtlich. Aber das hält das germanische Streitross nicht ab, fröhlich weiter sein Unwesen zu treiben, dann eben ohne Kopf. Und wenn Burton seinen kopflosen Protagonisten durch die Bodennebel verschleierten und düsteren Baumbestände Neu Englands galoppieren läßt, dann hat das beim Meister des extrovertierten Kinos einiges zu bedeuten. Da gibt es mächtig etwas auf Augen und Ohren, da beweist sich, das Tim Burton für das Kino geboren ist und das Kino für ihn erfunden wurde. Und das die Geschichte 1799 spielt, nutzt das Drehbuch sogleich für ein paar treffende Seitenhiebe auf jene Hysterie, welche uns beim fälschlichen Jahrtausendwechsel überkam. "Die Aufregung vor dem neuen Jahrhundert war über all zu spüren," beginnt der Hauptakteure Ichabod Crane (Depp) bei einer überwältigenden Kamerafahrt über das neue, aber nicht mehr unschuldige New York. "Die Aufregung vor dem was auf uns zukommen würde und die Änderungen, welche das mit sich bringt." Hexen werden noch verbrannt und Gefangene im Kerker vergessen, Frauen sind noch reine Dienerschaft und der Aberglaube regiert. Da ist Ichabod ein Spiegelbild der Zukunft, von etwas, das noch Gelächter hervor bringt. Sein ganzes Interesse gilt der forensischen Medizin und Kriminalanalyse und die stecken zu dieser Zeit noch nicht einmal in den Kinderschuhen. So wird der Kriminaler zwei Tagesreisen in den Norden geschickt, um die Morde an vier Menschen aufzuklären, die enthauptet wurden. Und schnell wird einiges über den Charakter, über diese außergewöhnliche Figur klar, Ichabod Crane ist kein heldenhafter Streiter der Gerechtigkeit. Im verschlafenen Nest Sleepy Hollow zeigt sich für den Zuschauer schnell seine Abscheu bei toten Körpern und die Angst vor der gespenstischen Seite der Natur, denn der Ältesten-Rat des Städtchens zeigt sich überzeugt, das der kopflose Reiter sein Unwesen treibt. Mit kriminalistischen Spürsinn stellt sich Ichabod dieser Behauptung und nach einer persönlichen Begegnung mit dem Schwert schwingenden Hessen, diesem selbst entgegen.

Wie in Francis Ford Coppolas (hier ausführender Produzent) 'Dracula', findet Burton Gefallen daran, das altertümliche Übernatürliche und die rationale Moderne gegeneinander zu stellen. Und die Rechnung geht bestens auf, weil dadurch der Charakter von Ichabod Crane erst voll zum tragen kommt, der so bravourös von Johnny Depp verkörpert wird. Sogar Christina Ricci und Miranda Richardson fallen hier schnell in den Hintergrund, weil Depp mit aller Konsequenz die Szene neben den visuellen Eindrücken dominiert. Und Visuelles gibt es reichlich. Burton scheint einen damit erschlagen zu wollen. Konzeptionell bildet der Film eine ungeschlagene Einheit mit Ausstattung, den Kulissen und Kamera, vervollkommnet durch eine perfekte Farbstimmung. Bewußt verzichtet dieser Film auf reale Außenaufnahme und erhöht die fremden Stimmungen und das Gefühl des Übernatürlichen. Und darüber hinaus gibt es von Selbstzitaten bis zweideutigen Wortgefechten, von fliegenden Extremitäten bis zum feinen Grusel immer wieder diesen einmaligen bitteren, schwarzen Humor. Ein unglaubliches und funktionierendes Spiel, den Spaß im eigentlichen Grauen zu finden.

Tim Burton hat also wieder zugeschlagen, hauptsächlich mit Schwertern auf Hälse, und kann sich mit einem wirklich rundherum stimmigen Film behaupten. Eben nicht nur ein Film für Genre-Freunde, zeigt er ebenso ausgereifte künstlerische Qualitäten, welche wohlgemerkt Ihresgleichen suchen, bis hin zum reinen Unterhaltungswert. Natürlich ist der Gruselfilm an sich nicht für jedes Publikum akzeptabel, aber die Qualität der Arbeit beweist, das Tim Burton in 'Batman' und 'Edward Scissorhand' hierfür noch geübt hat.

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S O L A R I S

Darsteller: George Clooney, Natascha McElhone, Jeremy Davies, Viola Davies & Ulrich Tukur

Regie: Steven Soderbergh; Kamera: Peter Andrews (Soderbergh); Drehbuch: Steven Soderbergh nach dem Roman von Stanislaw Lem; Bildschnitt: Mary Ann Bernard; Musik: Cliff Martinez

USA / 2002 ; circa 98 Minuten

Der gute Herr Lem beschrieb den Planeten Solaris, oder zumindest die Oberfläche des Himmelskörpers, als Gedankenmeer. Ein Meer von Plasma, welches imitiert was immer in den Gedanken desjenigen vorgeht, der in die Nähe kommt. Aber in seinem Roman gibt es keine Auflösung, keine zufrieden stellende Erklärung. Solaris bleibt uns fremd, trotz Lems ausschweifender Er- und Aufzählungen. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb man in manchen Kreisen Stanislaw Lems ‚Solaris’ als einen der besten Science-Fiction Romane aller Zeiten in den sternenklaren Himmel preist. Was also ist dieses Gedankenmeer, welches Solaris überzieht? Imitiert es nur unsere Gedanken, oder ist es eine Art Kommunikation, welche wir nicht begreifen? Das Lem keine Auflösung bietet, gibt dem Roman am Ende etwas mystisches, oder hatte der Autor sogar etwas ‚göttliches’ im Sinn. ‚Solaris’ als Roman ist eine zähe Brühe von Einfällen und Gedankenspielen die sicherlich nicht zu den Höhepunkten literarischen Ausdünstungen gehört, aber eine gewisse Faszination die von der Geschichte ausgeht ist nicht zu bestreiten. ‚Solaris’ ist nicht einfach nur Science-Fiction, sondern auch Liebesgeschichte und philosophische Abhandlung zu gleichen Teilen. Und wenn man dies ummünzen möchte, kann ‚Solaris’ ebenso Autorenfilm wie auch großes Popcorn-Kino werden. In Zeiten der großen Einspielergebnisse müsste die Richtung eigentlich feststehen.

 

Steven Soderbergh war das am schnellsten verschwundene Wunderkind nach seiner Sensation ‚Sex, Lügen, Video’. Das Problem war eben, dass der Autor, Regisseur und Kameramann in Personalunion nicht auf seinen Erfolg aufbaute, sondern einfach an seinen Vorstellungen festhielt. Für die großen Studios war so etwas zu gefährlich, größere Werbekampagnen nicht weniger ein riskantes Spiel. Wer hat schon den genial einfühlsamen ‚King of the Hill’ gesehen, oder einen der besten Rache-Thriller überhaupt, ‚The Limey’? Da wird es einem nicht leichter gemacht, wenn man mit ‚Erin Brokovich’ und ‚Traffic’ hintereinander zwei durchschlagende Erfolge hat. Nonkonformisten haben es eben schwer, und manchmal kann es auch einen das Genick brechen. Das bezieht sich nicht unbedingt auf das Unterfangen ‚Solaris’, sondern vielmehr auf den unglücklichen Umstand, das Soderbergh ausgerechnet sein Video-Experimentierstück ‚Full Frontal’ nur ein halbes Jahr vor ‚Solaris’ auf den Markt warf. ‚Full Frontal’ hat weder Kritiker, noch Publikum, noch Soderbergh Anhänger begeistert. Es folgte ein Stück für das sich ausgerechnet James Cameron, die Urgewalt des egomanischen Megakinos, interessiert hatte und produzierte. Und der Zuschauer in seiner der Werbung verbundenen Einfältigkeit erwartete großes Kino welches nie zu erwarten war.

 

Der Psychiater Chris Kelvin (Clooney) wird von seinem Freund Gibarian (Tukur) eindringlich gebeten, auf die Raumstation Prometheus zu kommen, welche den Planeten Solaris umkreist und erforscht. Als Kelvin Prometheus erreicht ist Gibarian tot und die beiden übrigen Besatzungsmitglieder Snow (Davies) und Dr. Gordon (Viola Davis) ergehen sich nur in unverständliche Aussagen, „bevor es nicht bei ihnen anfängt, gibt es nichts zu bereden“. Die merkwürdige Atmosphäre auf der Station klärt sich schon in der ersten Nacht, als Kelvin nach einem Traum über seine tote Frau Rheya (McElhone) erwacht und diese lebendig neben ihn liegt. In panischer Angst tötet Kelvin das Abbild seiner Frau, nur um festzustellen, das sie am nächsten Tag unverändert wieder vor ihm steht. Das dieses Phänomen mit Solaris zu tun hat bleibt unbestritten. Auch Gordon und Snow hatten ‚Besucher’, doch was, oder wer diese Ausgabe von Rheya ist bleibt für alle ein Rätsel. Selbst Rheya bemerkt, das sie zwar Erinnerung an ihre Liebe und die gemeinsame Zeit mit Chris Kelvin hat, aber nie das Gefühl wirklich dabei gewesen zu sein. Ohne eine wirkliche Erklärung für das eigentliche Phänomen zu bekommen, findet Dr. Gordon wenigstens eine Möglichkeit, die ‚Besucher’ zu beseitigen. Da hat aber Kelvin längst eine Chance gewittert, die gescheiterte Beziehung zu seiner verstorbenen Frau dieses mal in die richtige Richtung zu bringen.

 

Soderbergh hat genau das getan, was man generell mit einer Romanverfilmung tun sollte: Die Essenz der Geschichte heraus zu filtern. Und Soderbergh hat sehr essentiell gefiltert. Alles was der Beziehung zwischen Chris und Rheya an Handlung im Weg stand wurde stark ausgedünnt, wenn nicht sogar radikal gestrichen. Soderbergh ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und reduzierte alle Science-Fiction Elemente auf ein Minimum. Raumstation und Planet sind selbstverständlich erhalten geblieben, aber zur großen Überraschung der sowieso wenigen Zuschauer,  dient das Element der Zukunft lediglich als extravagante Kulisse die sich in keiner Szene in den Vordergrund drängen darf. Übrig bleibt ein psychologisches Kammerspiel, in dem George Clooney eine seiner sehr wenigen Gelegenheiten bekommt, als wirklicher Charakter-Darsteller zu brillieren. Dabei hat Soderbergh seine Stilmittel noch um einiges verfeinert. Die Rückblenden sind in warmen Brauntönen gehalten, während sich die Handlung auf der Station meist in starken Schatten und kalten Blau getaucht sieht. Selbst der Fokus richtet sich hauptsächlich auf Clooney, während seine Mitspieler oft in den Unschärfebereich fallen. Erst als Chris Kelvin glaubt zu wissen, wie sich die Erscheinung von Rheya erklären lässt, gewinnt sie an gleichberechtigter Fokussierung. Soderbergh lässt die Geschichte also nicht nur durch die starke Darstellung der Schauspieler erleben, sondern manipuliert auch geschickt und sehr unaufdringlich mit seiner bewährten Bildauflösung.

 

Das Drehbuch als Essenz des Romans ist eine Geschichte über Schuld, Sühne und die wahre Liebe. Aber ‚Solaris’ ist an keiner Stelle eine seichte Geschichte über Menschen die füreinander bestimmt sind, sondern die ungeschönt tief greifende Erkenntnis das Liebe längst nicht die Bestimmung für das Miteinander beinhaltet. So wandelt sich eine Science-Fiction Erzählung in ein Stück der Novelle Vague, mit dem der Regisseur provozierend die Erwartungen des Publikums ignoriert. In der Tat funktioniert ‚Solaris’ wie eine perfekte Neubelebung des französischen Kinos der sechziger Jahre, mit einem nicht unerheblichen Schuss der Filme von Ingmar Bergman. Am Ende von ‚Solaris’ wandeln sich die Bilder wieder in versöhnliche Brauntöne und Soderbergh entlässt seine Zuschauer mit einem Ende, das endgültig jede Sympathie über den Haufen wirft. Doch muss man feststellen, dass jede Sympathie aus den Erwartungen des Zuschauers heraus entsteht und dieser sich einer Enttäuschung gegenüber sieht, die von ihm selbst provoziert wurde. Denn aus der zähen Geschichte eines Stanislaw Lem, wurde ein komplexer, stimmiger Film der überzeugt, angelegt in einem Zukunftsszenario welches durchweg realistisch bleibt. Und das eben, weil sich Steven Soderbergh einfach nicht an die Regeln halten will und erst recht keine Erwartungen erfüllen möchte, sondern einfach seine eigenen Vorstellungen treu bleibt.

 


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Spider-Man

Darsteller: Tobey Maguire, Kirsten Dunst, Willem Dafoe, James Franco, Cliff Robertson, Rosemary Harris u.v.a.

Regie: Sam Raimi; Musik: Danny Elfman; Drehbuch: David Koepp nach den Comics von Stan Lee; Kamera: Don Burgess; Filmschnitt: Bob Murawski, Arthur Coburn

USA / 2002 ; circa 122 Minuten

Der Regen weicht alles ein, durchweicht Kleidung, lässt die Haare am Körper kleben und der Regen zaubert diffuses Licht in die dunkle Gasse. Die Bösewichter sind erledigt. Ihr Retter ist immer um sie besorgt, immer in ihrer Nähe. Sie weiss es und er weiss dass sie es weiss. Die menschliche Spinne lässt sich kopfüber an seinen Fäden herab und bleibt auf Mary Jane's Höhe. Vorsichtig zieht sie ihm die Maske über den Mund, wohlwissentlich nicht sein Gesicht enthüllend. Die Spinne kann sich auf Mary Jane verlassen, der Mann hinter der Maske weiss das der Reiz des Rätselhaften seine Anonymität schützt und das hinter dieser Anonymität noch viel mehr verborgen liegt als blosse Heldenverehrung. Aber auch Mary Jane fühlt weitaus mehr als die Oberflächlichkeit von spontaner Dankbarkeit. Ihre gegenseitige Beziehung verdichtet sich auf das Wesentliche. Und wenn sich ihre Lippen gegeneinander pressen verschwindet auch jeder noch so gut gemeinte Sinn von Realität.

Natürlich ist 'Spider-Man' ein Special-Effects Abenteuer, auf das Regisseur Sam Raimi allerdings nicht halb soviel Wert auf Special Effects gelegt hat, wie auf Charakter. Peter Parker erzählt Anfangs aus dem Off, das dies eine ganz normale Geschichte von einem Jungen und einem Mädchen wäre. Und wenn sich die Spinne, sprich der schüchterne Held Peter Parker und seine seit Kindesbeinen an geliebte Mary Jane das erste mal küssen hängt Spider-Man nicht ohne Grund mit dem Kopf nach unten. Denn hier verdreht sich die Welt vollkommen und das Bild symbolisiert sich zur Essenz. Worauf es ankommt, ist das gegenseitige Verständnis, die emotionale Bindung, die Liebe. Da kann die Welt ruhig Kopf stehen. Das Action-Abenteuer ist eine ganz normale Geschichte über einen Jungen und ein Mädchen.

Raimi führt auch das Scheitern der meisten Comic Verfilmungen vor Augen, indem er seinen Charakteren zugesteht menschliche Tiefen zu besitzen. Ob 'X-Men's Wolverine, oder Keatons 'Batman', der Erfolg ist, wenn auch unterschwellig, einer ehrlichen Charakterisierung zuzusprechen. Peter Parker und seine Mary Jane finden sich bereits in der Hälfte des Filmes, aber dieser Kuss wirkt nach, er wirkt lange, bis zu einem bitteren Ende, welches eine logische Konsequenz der irrationalen Leidenschaften darstellt. Sam Raimi hat bereits mit der Liebe experimentiert ('For Love of the Game'), aber ihre Endgültigkeit erst in den Griff bekommen, als diese gar nicht der Notwendigkeit entsprach.

Für den Schauspieler Tobey Maguire war das Kopf über drehen im Regen eine Tortur. Wasser lief ihm in die Nase, atmen mußte er durch den Mund von Kirsten Dunst. Doch was schert es das Publikum in einer der schönsten Sequenzen in diesem Kinojahr, wenn man einen Superhelden begreifen lernt, wenn es einen Fleisch gewordenen Marvel-Comic zu entdecken gibt. 1983 hatte Richard Gere den Silver Surfer in seiner verstörenden Sehnsucht nach Liebe bekleidet, hat der Silver Surfer dem Anti-Helden aus 'Breathless' Charakter verliehen. Jetzt ist diese Sehnsucht, das tiefe Verlangen und die reinigende Erfüllung nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren. Die Wiedersprüchlichkeiten der eigentlichen Genres sind in Maguire und Dunst unzertrennlich geworden. Der Film ist das aufregend geschnittene, hervorragend fotografierte Special-Effects-Abenteuer 'Spider-Man', eine ganz normale Geschichte von einem Jungen und einem Mädchen.

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Spider-Man 3

Darsteller: Tobey Maguire, Kirsten Dunst, James Franco, Thomas Haden Church, Topher Grace, Rosemary Harris, J. K. Simmons, Bryce Dallas Howard, James Cromwell, Theresa Russell & Bruce Campbell u.v.a.

Regie: Sam Raimi; Drehbuch: Sam und Ivan Raimi, Alvin Sargent; Kamera: Bill Pope; Bildschnitt: Bob Murawski; Musik: Christopher Young nach Motiven von Danny Elfman

USA / 2007; circa 139 Minuten


‚Spider-Man 3‘ ist ein sehr guter Film. Er hat Humor, es gibt sehr gute Bösewichtel, es wird nicht an emotionalen Tiefgang gespart, zahlreiche Actionsequenzen werden vielen Fans die Herzen höher schlagen lassen und es sind alle Schauspieler wieder dabei, die man über die ersten beiden Teile kennen und lieben gelernt hat. Ach, und man hat das ständige Gefühl alles schon einmal erlebt zu haben.

Wie eine teuere Patchwork-Decke breitet sich der Film auf der Leinwand aus. Viele kleine Geschichten, die auf der einen Seite mühelos zusammen finden, aber kein Gesamtbild ergeben. Natürlich halten die allesamt sympathischen Schauspieler die 140 Minuten leicht zusammen und gelangweilt wird garantiert niemand aus dem Kino gehen. Nun, vielleicht mag dies auch nicht ganz richtig sein. Denn gegenüber seinen zwei Vorgängern, setzt ‚Spider-Man 3‘ konsequent auf zwischenmenschliche Beziehungen. Dies sagt einem jugendlichen Publikum weniger zu, welches eher aufregende Kämpfe in den Häuserschluchten erwartet. 

Die Pros und Contras dieses mit hohen Erwartungen gestarteten Werkes sind schwer zu definieren. Zweifellos ereilt jetzt Teil Nummer 2 der Status, dem schon ‚Imperium schlägt zurück‘ und ‚Pate 2‘ anheim wurden, er ist in Ausführung, Geschichte und Entwicklung der Beste der Trilogie. Der Unterhaltungswert von ‚Spider-Man 3‘ ist nicht minder gering, aber weit entfernt von einer kongenialen Weiterentwicklung. Die steile Vorlage von Teil 2 hat diese Nummer sogar in ein Dilemma gedrängt aus dem die Autoren schlichtweg nicht heraus kommen können. Andersherum gesagt, ist das Ende von Teil 3 eine ganz logische Auflösung, die konsequent gehalten werden muss. Peter Parkers große Liebe Mary Jane, wird sich also in alle Ewigkeit den Aufgaben, Gefahren und der Popularität des Spider-Man unterordnen müssen. Im Vorgängerfilm tat Mary Jane dies aus freien Stücken und mit Überzeugung. Am Ende von Teil 3 ist sie an die Wand gedrängt und ihr bleibt gar nichts anderes übrig, wenn sie auch nur die geringsten Empfindungen für den privaten Peter Parker hegt. 

Psychologisch gesehen ist das Hervorheben von Kirsten Dunsts Charakter ein wunderbarer Aspekt, der richtig Ausgespielt tatsächlich sehr interessante, neue Aspekte angerissen hätte. Doch Regisseur und Autor Raimi lässt Dunst lediglich die vollkommene Opferrolle zukommen und hält sie erstaunlich passiv und lethargisch. Mit dem Charakter des Peter Parker verhält es sich ähnlich. Ihm darf sich nur durch den Einfluss einer fremden Macht seine dunkle Seite offenbaren, dafür verkümmert er in anderen Szenen ungewollt zur egozentrischen Dumpfbacke. Das Paar besteht eine erneute Feuerprobe, aber die Probleme sind bei weitem nicht gelöst. Sie dürfen gar nicht gelöst werden, weil sonst entweder die Beziehung auseinander gehen, oder Spider-Mans Anzug in der Mottenkiste verschwinden müßte. 

Von allen Comic-Verfilmungen ist die Spider-Man Trilogie zweifellos nie Nummer eins, wenn es um charakterlichen Tiefgang und psychologischer Betrachtungen seiner Figuren geht. Raimi schuf bewußt eine Beziehungsgeschichte mit fantastischen Elementen, anstelle einer Comic-Verfilmung in der loses Liebesgeplänkel unterbracht wurde. Das war zum einen der sogenannte Schlüssel zum Erfolg, ist aber auch die Schwäche von ‚Spider-Man 3‘. Durch die finanzielle Logik, war es unvermeidlich, von allen Zutaten einfach etwas mehr in den Topf zu schütten. Darsteller wie James Cromwell und die wieder auferstandene Theresa Russell reduzieren sich bloßen Stichwortgebern. Selbst Bryce Dallas Howard erscheint nur, um in der spektakulärsten Actionsequenz dieses Filmes gerettet zu werden und damit einen Konflikt herauf zu beschwören, der mit ihrem Charakter tatsächlich wenig zu tun hat. Nur J.K. Simmons als cholerisch, fieser Chefredakteur darf in wenigen Szenen jedem Mitspieler die Schau stehlen. Und Bruce Campbell absolviert seinen obligatorischen Chameo-Auftritt mit nachhaltigem Erfolg. Als Sandman hätte die Wahl keinen Besseren als Thomas Haden Church treffen können, der allerdings genau wie Topher Grace in seiner Rolle als Venom, nur dann in Erscheinung treten darf, wenn es die Geschichte gerade erfordert.

Nach wie vor, sind eben Peter Parker und Mary Jane die tragenden Figuren, um deren Beziehung sich alles dreht. Das ist alles sehr schön anzusehen und sie sind sympathisch wie zu Anfangs, doch genau deshalb zerfällt das ‚mehr‘ an Action und ‚mehr‘ an Charakteren in loses Stückwerk, zu dem sehr viele und nicht plausible Zufälle nötig sind, das Ganze zusammen zu halten. Was aber nie ein in sich geschlossenes Ganzes bildet. Sehr viele und sehr nicht plausible Zufälle sind nötig Unbestritten ist ‚Spider-Man 3‘ ein guter Film, mit viel Humor, sehr viel Tiefgang, sehr guten Darstellern und reichlich Action. Aber man hat immer das Gefühl alles schon einmal gesehen zu haben, und dies besser in derselben Filmreihe.

bandit 

 


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Spy Kids

Darsteller: Alexa Vega, Daryl Sabara, Antonio Banderas, Carla Gugino, Cheech Marin, Alan Cumming, Tony Shaloub u.a.

Regie, Drehbuch, Filmschnitt: Robert Rodriguez; Kamera: Guillermo Navarro; Musik: Danny Elfman u.a.

USA / 2001, circa 88 Minuten

'Spy Kids' den James Bond unter den Kinderfilmen zu nennen, verdient kein ähnlicher Film mehr als dieser. Auf der anderen Seite wird dieser Vergleich diesem furiosen Rodriguez Feuerwerk gar nicht so gerecht. Mit einer grandiosen Lust an verschwenderischen Gimmicks und atemlosen Stunt-Tricks setzt Robert Rodriguez mit Regie, Drehbuch und Filmschnitt fast im Alleingang um, was selbst für 'Desperado', oder 'From Dusk til Dawn' zuviel gewesen wäre.

Die Familie Cortez ( leben ein sehr gutes, dafür aber scheinbar langweiliges Leben. Sohn Juni (Sebara) ist sowieso einer der etwas ängstlichen Sorte und Tochter Carmen (Vega) lässt sich als Ausflucht von Mutter Ingrid (Gugino) aufregende Agentegeschichten erzählen. Vater Gregorio (Banderas) ist auch einer der jedem Streit aus dem Weg geht. Die langweilige Familienidylle wird erst aufgelockert, als plötzlich beide Elternteile entführt werden und die Kinder feststellen, das ihre angeblichen Stubenhocker Top-Agenten unterschiedlicher Nationen sind. Flucks schlüpft der Nachwuchs durch Hintertürchen und versteckte Gänge in die Fußstapfen der Großen, rüsten sich mit Waffen und Technik-Schnick-Schnack der nur Staunen auslöst und begeben sich auf die einzig vorhandene Spur. Diese Spur führt in das phantasiegebildete Schloss von Fegan Floop (Cumming) der eigentlich nur eine erfolgreiche Kindersendung moderieren möchte. Die wirklichen Fäden hält allerdings Floops Assistent Minion in der Hand, und der möchte mit einer Armee von Kinderrobotern nichts weiter als die Welt unterdrücken. Wie sollte es anders sein, haben die Bösen nicht mit den Cortez-Kindern gerechnet.

So Genre typisch Rodriguez die Macho-Masche in 'Desperado' gefahren ist, so spielend findet er sich auch in den zarten Gefilden den Kinderfilmes zurecht und schafft es mit leichter Hand sogar nicht nur die Jungen, sondern auch die Jung gebliebenen zu amüsieren. Rodriguez verzichtet genauso auf irgend einen Toten, wie überdrehte Erwachsenen Komponenten. Der Film hat sich vollkommen seinem jungen Publikum verschrieben und kann dieses mit bildgewaltigen optischen Einfällen, grandiosen Spezial Effekten und wunderbar choreographierten Action-Sequenzen fesseln. Herrlich übertrieben versucht Rodriguez erst gar nicht irgendwo ernstzunehmende Szenen ein zu bauen. Spass soll es machen und den scheint auch jeder gehabt zu haben. Doch was 'Spy Kids' wirklich funktionieren lässt, ist das Anliegen, die Kleinen genauso mit Respekt zu behandeln, wie ein verwöhntes älteres Publikum. Guillermo Navarro gestaltete selbst für das Action-Genre überdurchschnittliche Bilder und Rodriguez selbst hält sich mir wirren Schnittfolgen soweit zurück, um nicht zu überfordern. Dennoch bringt der Schnitt einen herausragenden Fluss in die Geschichte.

Man sollte als Erwachsener genügend Abstand zu herkömmlichen Agenten-Streifen schaffen, um die 'Spy Kids' in ihrer verspielten Verrücktheit geniessen zu können. Der Plot ist eher naiv, aber nur leidlich von Interesse. Worauf es ankommt liefert diese, auch augenzwinkernde Farce nonstop: Technische Spielereien mit kindlichem Sinn und Verstand zu einem für Kinder überwältigenden Augenschmaus zusammen zu brauen. Und mit einer passablen Länge von 88 Minuten gerät der Film auch nie in verwässerte Seichtigkeiten, oder störrenden Moralpredigten. Ausser vielleicht zum Schluss, wo dem Zusammenhalt der Familie gehuldigt wird. Aber dies wird mit einem überraschend gelungenen Kurzaufritt einer Filmpersönlichkeit wunderbar überspielt. Das kann also dabei herauskommen, wenn man sein Publikum wirklich ernst nimmt, selbst wenn es unter 12 Jahren ist.

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Das Streben nach Glück – The Pursuit of Happyness

Darsteller: Will Smith, Thandie Newton, Jaden Christopher Syre Smith, Brian Howe, James Karen u.a.

Regie: Gabriele Muccino; Drehbuch: Steven Conrad; Kamera: Phedon Papamichael; Bildschnitt: Hughes Winborne; Musik: Andrea Guerra

USA / 2006; circa 117 Minuten

Jeder kann es schaffen, wenn man nur will. Man kann noch so tief fallen, wenn man den Glauben an sich selbst nicht aufgibt, dann kommt man wieder ganz oben an. Chris Gardner ist heute Multimillionär. Will Smith verkörpert diesen Chris Gardner der mit perfekten 80er Outfit und Friseur erschreckend authentisch alte Zeit aufleben lässt. Nur alles um Chris Gardner herum scheint sich bereits viel weiter entwickelt zu haben. In seinem Hollywood-Debüt lässt Regisseur Gabriele Muccino so viel an Ambiente und Atmosphäre vermissen, das der Fall und Aufstieg von Gardner zeitlos und damit unnahbar wird. Die einsetzende Ära um die Regierung von Ronald Reagan hat soviel mehr Umwälzungen in Amerika gebracht, als das die Geschichte um Gardner dies greifbar machen könnte und genau da liegt das Versäumnis im sowieso einfach gestrickten Drehbuch von Steven Conrad.

Ohne Zweifel ist dies Will Smith’ Film, der den Ansprüchen mehr als gerecht wird und mit Sicherheit die einfühlsamste Charakterstudie seiner Karriere zeigt. Smith lebt seinen Optimismus, seinen Lebensmut, aber auch seine Verzweiflung und die Tränen. Es ist ein Film, der nur mit Smith eben so funktionieren zu scheint und darauf lässt man sich allzu gerne ein. Das Zusammenspiel mit seinem wirklichen Sohn Christopher ist ausgezeichnet, was daran liegt, das der Regisseur dem jungen Smith gerade soviel zu tun gibt, das seine ohne Zweifel wunderbare Darstellung den größtmöglichen Realismus erzielt, ohne ihn dabei an die Grenzen und damit zur zweifelhaften Glaubwürdigkeit bringt. 

Der deutsche Verleihtitel ist irreführend, da der Charakter Gardner in seine Off-Erzählungen stets vom Streben nach der Glückseeligkeit spricht. Aber genau das scheint immer wieder entgegen Gardners eigentlichen Handlungen zu stehen, der bewusst nach höheren Zielen, und damit nach höherer finanzieller Absicherung strebt, als nur nach der von im so oft proklamierten Glückseeligkeit. In den Ansätzen erzählt der Film durchaus von einem Mann der sich erfolgreich aus der eigenen Misslage befreit. Doch alles darum herum fühlt sich in der Inszenierung nicht richtig an. Mitunter unterlaufen dem Charakter derart dumme Fehler, dass man an seinem Intellekt zweifeln möchte, oder an der Professionalität des Autors, der jeden noch so billigen Einfall nutzt, um die Geschichte zu dramatisieren. 

‚Das Streben nach Glück’ zeichnet sich allein durch hervorragende Darstellung aus, mit ein paar wenigen guten Dialogen. Doch die Geschichte erweist sich als zu ernsthaft an die eigenen Ansprüche klammernd, als das sie frischen, unbelasteten Wind zum atmen erhält. Eine weitere Erfolgsgeschichte, die in ihrer Ausführung erfolglos bleibt. Da der wirkliche Gardner seine Millionen an der Börse machte, könnte dies durchaus bedeuten, dass durch ihn andere Menschen in den finanziellen Ruin getrieben wurden und ganz unten angelangt sind. Aber die dürfen eben niemals das Streben nach ihrem Glück aufgeben.

bandit

 


 

Superman Returns

Darsteller: Brandon Routh, Kate Bosworth, Kevin Spacey, James Marsden, Frank Langella, Sam Huntington, Eva Marie Saint und Tristan Lake Leabu u.a.
Regie: Bryan Singer; Drehbuch: Michael Dougherty, Dan Harris nach der Geschichte von Singer, Dougherty, Harris; Kamera: Newton Thomas Sigel: Musik und Schnitt: John Ottman, Superman-Thema von John Williams
USA / 2006 ; circa 154 Minuten

Die lang überfällige Rückkehr des Mannes aus Stahl. Was für ein Comeback. Im überfüllten Kinohimmel der Blockbuster, könnte man getrost Lois Lanes Pulitzer Preis gekürten Artikel unterstützen, ‚warum die Welt keinen Superman braucht‘. Im Film, als auch nach absolviertem Kinobesuch dreht sich diese Feststellung allerdings erwartungsgemäß ins Gegenteil. Erwartungsgemäß? Vielleicht ging diesem Film zuviel Presse voran, als das man wirklich noch auf ein wirklich gelungenes Comeback hoffen durfte. Selbstverständlich muß einem Projekt wie diesem Schlagzeilen folgen, doch wurde zuviel geschoben, angeheuert, gefeuert, überlegt, zu oft auf Eis gelegt und dann doch zum Abschluss gedrängt. Dem geneigten Fan erging es wie dem im Film zurückkehrenden Edelhelden, es fiel schwer, die Orientierung zu behalten.

Nach der überaus erfolgreichen Belebung der ‚X-Men‘ hätte man sich doch wieder einmal einen Film von Bryan Singer gewünscht, der sich mehr im Rahmen seiner genialen ‚Ususal Suspects‘, oder ‚Der Musterschüler‘ bewegen würde. Letztendlich war seine Verpflichtung für Warners Superman-Projekt nicht nur die letzte Chance, sondern auch eine Weise Entscheidung. Aus dem anfänglichen Remake, wurde ein grandioser Spagat von Fortsetzung und eben Wiederverfilmung, mit einer ordentlichen Brise Retro-Look. Ein wunderbares Kunststück das nicht jedem beschienen ist, vollbracht zu werden.

Noch bevor sein Flug über den Ozean nach Europa beendet ist, erreichen das Festland schlimme Nachrichten von katastrophalen Einspielergebnissen, von einer vehementen Distanzierung des Kinogängers gegenüber dem stählernen Helden, vom Fehlstart einer sicheren Geldquelle. Weit gefehlt, wer glaubt, dass der Zuschauer wieder einmal mit Bombast und viel Werbung für eine Nullnummer in die Kinos gelockt werden soll. Nach einer leidlichen und zwei peinlichen Fortsetzungen seit Richard Donners 1979er Filmversion, wird Bryan Singer einem schweren Erbe in jeder Hinsicht gerecht. Er neigt sein Haupt vor dem Original und beschert diesen einen würdigen Nachfolger.

Spurlos und ohne Abschied war der Mann aus Stahl verschwunden. Nach fünf Jahren ergebnisloser Suche nach Überresten seines Heimatplaneten Krypton, kehrt der fast vergessene Held zurück und stolpert schon in die nächste Sinnkrise. Seine von ihm heimlich verehrte Lois Lane ist mittlerweile anderweitig liiert, hat sogar einen Sohn und gewann sogar den Pulitzer-Preis, mit besagtem Stück ‚Warum die Welt keinen Superman braucht‘. Neben vielen aufwendig inszenierten und tadellos umgesetzten Action-Sequenzen, geht es in dieser Geschichte als logische Fortführung des locker, ironischen Einstandes von Christopher Reeve 1979, um den Außenseiter, der endlich seinen festen Platz bei den Menschen sucht. Vor allem in der ersten Hälfte des Filmes, arbeitet Kameramann Newton Thomas Sigel mit verschobenen Perspektiven und täuschenden Spiegelungen und Reflexionen, um Supermans Dilemma deutlich zu machen. Ganz im Sinne moderner Comic-Verfilmungen, wird hier das seelische Empfinden des Heldencharakters in den Vordergrund gestellt.

Doch in erster Linie ist ‚Superman Returns‘ eine Augenweite an aufregender Action und überwältigenden Bildern. Lex Luthor ist als Erzrivale zurück, diesmal mit den besten Absichten, den Helden nicht nur zu zerstören, sondern durch dessen Vergangenheit auch noch die Welt zu verändern. Da ist Kraft, Geschwindigkeit und Röntgenblick öfter und mehr als gefragt. Zwischendurch wird des Helden Seelenleid noch mehr auf die Probe gestellt, entpuppt sich doch der Verlobte von Lois und augenscheinliche Vater ihres Sohnes als netter Typ, der es versteht, auch ohne Superkräfte durch zu greifen.

Bis auf eine zähe und viel zu ausgiebig inszenierte letzte viertel Stunde, entsteht bei ‚Superman Returns‘ trotz seiner Laufzeit keinerlei Leerlauf. Singer versteht es als Regisseur die richtigen Akzente zu setzen und einen steten Erzählrhythmus zu halten. Aber dieser Superheld zeichnet sich auch durch eine ungewöhnliche Eleganz aus, die man bei anderen Action-Abenteuern vergeblich erhofft, dass nämlich auf frenetisches Schnitttempo genauso verzichtet wird, wie auf unübersichtliche Aneinanderreihungen von Naheinstellungen. John Ottman, nicht nur Singers Haus- und Hofkomponist, sondern auch Standart-Cutter, lässt den Zuschauer tatsächlich teilhaben, auch wenn sich Superman schneller bewegt, als für das menschliche Auge eigentlich wahrnehmbar. Mit einem Hauch von Nebensächlichkeit durchzieht diesen Film zudem eine komplexe visuelle Struktur von kraftvollen Bildern und Eindrücken, welche die Rückkehr des Superman wie ein bombastischen Gemälde wirken lassen. So einnehmend dieses visuelle Konzept auch scheinen mag, es ist nie den Charakteren im Weg und stört auch nicht den Fluss der Handlung. Und wenn in einer Szene tatsächlich Spider-Mans Freundin Kirsten Dunst zu erkennen sein soll, würde dies nicht wundern.

Wer das Glück hatte, Richard Donners ‚Superman‘ 1979 im Kino zu sehen, den erwartet ein Feuerwerk von bekannten Eindrücken, die liebevoller nicht gestaltet sein könnten. John Ottman verwendet musikalisch ausschließlich John Williams bekannte Themen, bei denen man sich augenblicklich heimisch fühlt. Der Titelvorspann ist ein exaktes Replika des ersten Filmes und auch der Auftritt von Supermans Vater bleibt dem bereits verstorbenen Marlon Brando überlassen. Das Kostüm des stählernen Mannes hat sich zugunsten etwas weniger grellen Farben eingedunkelt, aber dafür ist die Ähnlichkeit von Leinwand-Neuling Brandon Routh zu dem großen Vorbild Christopher Reeve umso erstaunlicher. Und auch wie Reeve, kann sich Routh mühelos gegen die ihn umgebenden großen und bekannten Namen behaupten. Ihm wahrsten Sinne des Wortes, trägt Brandon Routh diesen Film, der dank der gut konstruierten und geschriebenen Geschichte niemals Szenen, oder Situationen seines Vorgängers wiederholt. Zwischen all den wunderbar besetzten Nebendarstellern, tut sich besonders Kevin Spacey hervor, der wohl ganz im Geiste Gene Hackmans ersten Lex Luthor agiert, aber sich eine vollkommen eigenständige Note erhalten hat. Lediglich Kate Bosworth als Lois Lane mangelt es an notwendiger Glaubwürdigkeit. Weder Mutterrolle, noch harte Journalistin kann sie wirklich vermitteln, was wohl auch daran liegt, dass Bosworth schlichtweg zu jung für so einen Karriereweg inklusive fünfjährigen Sohn ist.

„Du kannst dich ihnen anpassen, aber du wirst nie einer von ihnen sein“, versucht Jor-El seinem Sohn Kal-El bei zu bringen. Tatsächlich kann Kal-El nur als trotteliger Clark Kent seinen Platz zwischen den Menschen finden. Bryan Singer hat einen überzeugenden Weg gefunden, dies filmisch umzusetzen. Singer hat es aber ebenso verstanden, den an seinem Dasein zweifelnden Helden über sich hinaus wachsen zu lassen, sei es in der Geschichte, sei es mit überzeugenden Darstellern, oder mit den phänomenalen Trickeffekten. ‚Warum die Welt keinen Superman braucht‘, liegt daran, dass der Zuschauer ohnehin zuviel an Effekte überladenen Filmen vorgesetzt bekommt. ‚Warum wir Superman brauchen‘, liegt einfach daran, das dieser Film einer der ganz wenigen ist, die mehr bieten, als sie versprechen.

Bandit


Der Sternenwanderer – Stardust

Darsteller: Claire Danes, Michelle Pfeiffer, Robert De Niro, Charlie Cox, Sienna Miller, Ricky Gervais, Rupert Everett, Peter O’Toole u.a.

Regie: Matthew Vaughn; Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman, nach dem Roman von Neil Gaiman; Kamera: Ben Davies; Bildschnitt: Jon Harris; Musik: Ilan Eshkeri 

USA / 2007; circa 125 Minuten

Nichts Neues scheint vom Fantasy-Himmel auf uns herab. Was an Standards Regie-Neuling Matthew Vaughn für den Gangsterfilm in seinem Erstling ‚Layer Cake’ geschickt zu variieren wusste, vermisst man schrecklich in seinem Nachfolgefilm ‚Stardust’. Gefangen zwischen den Welten von sieben Teilen ‚Narnia’ und drei Filmen ‚Dark Material – Goldener Kompass’, muss ‚Stardust’ für wesentlich weniger Geld unheimlich viel aus dem Hut zaubern. Von vielen Fantasyfilmen die im Moment auf die Leinwände fluten, darunter schon klare Verlieren wenn man Poster, oder Darsteller ansieht, war ‚Stardust’ als einer der wenigen Favoriten angetreten, als einer der wirklich eine Chance gehabt hätte.

Jetzt kann man lamentieren, dass fliegende Schiffe und diverse Hintergrundprojektionen schon wesentlich beeindruckender gezeigt wurden. Und zugegeben sind den Horizont übersteigende Computer-Effekt durchaus attraktiv und zu einem gewissen Grad auch finanzielles Zugpferd. Mit einem offiziellen Budget unter 70 Millionen Dollar ist ‚Stardust’ heutzutage ein derart finanzielles Leichtgewicht, dass die Produzenten froh sein können, überhaupt Special-Effects im Film zu haben. Tatsache ist allerdings, das es ganz gewiss nicht die viel kritisierten Effekte sind, die ‚Stardust’ vom ganzen Kerl zu einer Maus verzaubern. Der Film macht durchweg den Eindruck, als ob die Produzenten, genauso wie die Drehbuchschreiber einfach nicht loslassen konnten.

Produzent ist unter anderem Autor der Vorlage, Neil Gaiman, und am Drehbuch waren Regisseur Vaughn keine günstigen Sterne beschienen. Beide hatten sich gesucht und gefunden. Der eine wollte seinem Kinde treu bleiben und der andere wollte Ersterem die Ehre erweisen. Egal was für Einwände man bringt und zum Teufel mit allen Argumenten, es ist nicht möglich eine literarische Vorlage in ihrer spezifischen Weise auf die Leinwand zu übertragen. Und gerade im Bereich der Fantasy-Epen sollte man das endlich in die Köpfe bekommen. Weder Autoren, noch das erzürnte Publikum kann daran etwas ändern, auch wenn die Formel noch zu einfach erscheint: Ein Film kann keiner Vorlage in allen Punkten gerecht werden.

Da ist ein sichtlich vergnügter Robert De Niro, eine fabelhafte mit ihrem Image spielende Michelle Pfeifer, die überwältigende Claire Danes und ein durchaus überzeugender Charlie Cox. Dazu gesellen sich herrliche Dialoge, hintergründig und auch nicht abgedroschen, launisch und überaus unterhaltsam. Doch während in einigen Szenen das Timing perfekt ist, verlieren sich andere Sequenzen in ihrer Selbstverliebtheit. Man könnte dem offensichtlich auf ein erwachsenes Publikum zugeschnittenen Film unterstellen, mit aller Gewalt auch ein junges Publikum binden zu wollen. Der Zauber gelingt aber nicht. Für Erwachsene sind viele Stellen einfach zu plump und uninspiriert umgesetzt, ohne wirklich mit dem Klischee zu spielen, oder es gekonnt zu überziehen. Hier kommen alle Klischees zum tragen, aber nicht erträglich. Zu konventionell aufgeblasen ist die Romanze und schier endlos zieht sich der Showdown hin, ohne sich mit etwas Neuem zu rechtfertigen.

Für Kinder hingegen sind ‚Stardust’s Tier bezogene Hexenkünste und brüderliche Moritaten doch schwer verdauliche Kost. Aufregend für das junge Publikum sind eher die immer und immer wieder losreitenden wütenden Prinzen und verzweifelte Retter ihrem nächsten Ziel entgegen, die unter Ilan Eshkeris aufpeitschender Musik schon drohen zusammen zu brechen. Nonstop haut der musikalische Soundtrack auf die Boxen und verspricht schon von der Lautstärke her viel mehr, als die Handlung überhaupt hergeben kann.

Doch was nützen Seitenweise Betrachtungen, Analysen und, wenn auch gerechtfertigte, negative Kritiken, wenn ‚Stardust’ letztendlich ein Film ist, der durchaus Vergnügen bereitet. Jawohl, es macht Spaß dem bunten Treiben und den wilden Einfällen auf der Leinwand zu folgen. Und man genießt all die wunderbaren Darsteller, die mit offensichtlicher Freude über die Leinwand fegen. Ja, der Film nimmt sich teilweise selbst zu wichtig und es ist auch richtig, das er an vielen Stellen unausgegoren wirkt, aber niemand wird ihm vorwerfen können dass man sich gelangweilt hätte. In den Analen der filmischen Fantasy wird er sicherlich weit zurückfallen, aber zumindest hat man beim ersten mal anschauen herzhaft gelacht und durchaus auch hier und da gestaunt. Durchaus ein Dilemma, sich an so vielen Punkten zu reiben und letztlich doch so viel vergnügen gehabt zu haben. Vielleicht, aber nur vielleicht, sollte man sich bei einer ernsthaften Rezension nicht so wichtig nehmen und sich einmal den philosophischen Fragen von ‚Stardust’ zuwenden: Schauen wir Filme weil wir Menschen sind, oder sind wir Menschen, weil wir Filme schauen. Und schauen Filme auf uns zurück? 

bandit


 

 

Start Up

ANTITRUST

Darsteller: Ryan Phillippe, Rachael Leigh Cook, Claire Forlani, Tim Robbins, Douglas McFerran Tygh Runyan u.a.

Regie: Peter Howitt; Drehbuch: Howard Franklin; Kamera: John Bailey; Musik: Don Davis; Filmschnitt: Zach Staenberg

USA / 2001 , circa 110 Minuten

Dem einfallslosen deutschen Titel nach, sollte niemand dieses Werk mit der genialen Pseudo-Doku startup.com verwechseln.

Antitrust ist die eigentliche Antithese zu einem Thriller, obwohl er soviel Wert darauf legt, als solcher inszeniert zu sein. New-Economy-Thriller wird das jetzt genannt. Und alles was man an der Tücke des Objektes so verteufelt, kann nur durch jenes aufgelöst werden. Was in seinem Drehbuch Autor Howard Franklin als spannend beschreibt, bleibt absehbar und ohne den Hauch von Individualität. Da hilft kein All-American-Boy wie Ryan Phillippe, keine Augenweite wie Claire Forlani und auch nicht das Appeal von Rachael Leigh Cook. Nur Tim Robbins kann den Zuschauer aus der Lethargie des Altherrgebrachten lösen. Die offensichtliche Anspielung seines Charakters auf Microsoft-König Bill Gates ist mit soviel gnadenlos, lösgelöster Freude gespielt, das man sofort merkt, das Robbins seine Rolle von Anfang an nicht ernst nehmen konnte.

Milo Hoffmann (Phillipe) heisst der Computer-Crack, der mit seinen Kumpels eine Firma in einer Garage aufbauen möchte. Das Klischee schlechthin, das es schon wieder unfreiwillig komisch wirkt. Doch da wird Milo von Marktführer und Herrscher der Computerwelt Gary Winston ( Robbins) angeheuert, um an der Software-Entwicklung eines Satelliten gesteuerten Kommunikationssystemes zu arbeiten. Das es in der Firma nicht ganz astrein zugeht, merkt der geschmeichelte Held erst sehr spät. Der Zuschauer fühlt sich die ersten 30 Minuten, eingelullt vom gar nicht so realitätsfremden Handlungsfaden, in Gewässern, die beinahe schon etwas Neues auf der Leinwand versprechen. Aber dann kommt Milos bester Freund auf unerklärte Weise ums Leben und der Thriller beginnt. jedenfalls das, was der Regisseur und Autor für einen solchen halten.

Man vermutet ja schon immer Unmengen von Dreck an Bill Gates Fingern, aber so dämlich wie Winston im Film würde sich kein Mensch anstellen, der 5 Millionen Dollar am Tag verdient. Das führt in der Einfallslosigkeit des Drehbuches sogar soweit, das die kleinsten und belastensten Beweise mit dem richtigen Codewort auf jeden Tümpel-PC abgerufen werden können. Aber nur wenn man Milo Hoffmann heisst und das angehende Supergenie ist. Darum geht es ja schliesslich.

Auf ziemlich unsentimentale Weise versucht deer Film eine gewisse Stimmung und Vorsicht gegen das Problem der "New Economy" auf zu bauen, kommt aber nicht im geringsten ohne dieses neue, bereits abgenutzte Schlagwort aus. Zum Thema globaler Vernetzung, der Autorität der Technik und dem Verfall einer immer schneller lebenden Generation hat Antitrust weder etwas Neues, geschweige denn überhaupt etwas bei zu tragen. Dabei entwickelt sich die ganze Geschichte auch noch so haarsträubend geradlinig, das selbst der Versuch einer überraschenden Wendung schlichtweg im Datenrausch verloren geht.

Was die Topriege von Jungdarstellern wie Phillipe, Forlani und Cook zu diesem Film getrieben hat bleibt fragwürdig. Ihre Fähigkeiten werden nicht annähernd ausgereizt, oder überhaupt in irgend einer Weise beansprucht. Nur Tim Robbins sticht mit geradezu beängstigender Freude aus dem Ensemble heraus.

Die Set-Designer haben alles getan, um die Programmier-Farm, in der GaryWinston seine jungen Freaks um sich scharrt, aussehen zu lassen, als müsste den wildesten James-Bond Phantastereien genüge getan werden. Soviel Pomp und Extravaganz kann keinem Film gut tun, der sich so ambitioniert gibt und letztendlich genau daran scheitert.

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Star Trek Nemesis

Darsteller: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner, Tom Hardy, Ron Perlman, Shannon Cochran, Dina Meyer, Michael Dorn, Marina Sirtis u.v.a.

Regie: Stuart Baird; Drehbuch: John Logan nach einer Geschichte von Logan, Rick Berman, Brent Spiner; Kamera: Jeffrey L. Kimball; Bildschnitt: Dallas Puett; Musik: Jerry Goldsmith

USA / 2002 ; circa 117 Minuten

Es mutet vielleicht etwas seltsam an, das die Crew der Enterprise für ihre persönlichen Belange mit dem Föderationsraumschiff unterwegs ist, doch so was kommt nicht von ungefähr. So ist die heldenhafte Besatzung das nächste Schiff zur neutralen Zone, welche die ehrwürdige Föderation vom Reich der undurchsichtigen Romulaner trennt. Sehr überraschend boten die Romulaner nämlich Friedensverhandlungen an und noch viel überraschender ist der neue Prätor des romulanischen Reiches ein Mensch. Wie sich herausstellt, ist der neue Herrscher Shinzon (Hardy), ein Klon Captain Picard’s (Stewart). Eigentlich hatten die Romulaner geplant, Shinzon als Picard-Kopie in die Föderation einzuschleusen, um zu infiltrieren. Doch als sich die ersten Gedanken an Frieden im Reich ankündigten, verbannte man Shinzon und hoffte ihn nicht wieder zu sehen. Ein Umsturz mit Hilfe der unterdrückten Remaner machte die Übernahme der Regierung durch Shinzon möglich. Und wie die Besatzung der Enterprise bald erkennen muß, hat der Picard-Klon gar nicht vor, den Friedensgedanken der vorangegangenen Regierung tatsächlich in die Tat umzusetzen.

Groß angekündigt, könnte es sich wirklich um das letzte Kinoabenteuer der seit 1979 andauernden Reihe handeln. Und dementsprechend erwartet der unbedarfte Zuschauer, sowie der begierige Fan, einen Maßstäbe setzenden Knaller, ähnlich dem Serien-Ende der ‚nächsten Generation’, welche unbestritten zu der besten TV-Folge jener Ableger-Serie zählt. Es beginnt viel versprechend. Die Schauspieler wirken sehr gelöst und sind mit offensichtlicher Freude wieder bei der Arbeit. Das die deutsche Synchronisation immer noch auf ein ‚Sie’ bei der Anrede zwischen den langjährigen Freunden besteht, ist auf Dummheit zurück zu führen und kann dem Film nicht angekreidet werden, wenngleich es ungemein störend wirkt.

Die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Klon, die Vergleiche und die moralische Verantwortung wirft sehr viele gute und auch intelligente Fragen auf. Zeitgleich trifft der Android Data (Spiner), der seine Existenzspanne schon immer damit verbrachte mehr und mehr dem Menschen ähnlicher zu werden, auf einen Prototypen seiner selbst. B4, wie dieser Prototyp genannt wird, ist bei weitem nicht so weit entwickelt wie Data und so entspinnt sich auch ein eher loses Gedankenspiel um die Existenzberechtigung nicht humanoider Lebensformen. Allerdings wird der geneigte Fan der Serie, aller Star Trek Serien überhaupt, schnell feststellen, dass diese Themen bereits zuhauf in diversen TV-Epsioden behandelt wurden. Und wie dem unbedarften Zuschauer vielleicht verborgen bleibt, sind viele dieser Episoden wesentlich komplexer und interessanter umgesetzt. Denn ‚Star Trek Nemesis’ ist eigentlich eine große Mogelpackung. Viele Grundgedanken des Filmes dienen nur als Plattform vordergründiger Action-Sequenzen die nicht ohne Reiz bleiben, aber der Sache nicht im Geringsten gerecht werden.

Nach zwei Dritteln des um einige Minuten zu langen ‚Nemesis’, ist philosophisches und moralisches Gedankengut über Bord geworfen und es dominiert ein geradliniger Showdown, der ganz offensichtlich versucht das Ende von ‚Wrath of Khan’ zu kopieren, einer der besten Filme aus der Star Trek Kinoreihe. Oder sollte damit hintergründig eine weitere Diskussion um das Klonen angeregt werden? Wenn gleich die exzellent umgesetzten Action-Sequenzen auch in Tempo und Bildästhetik überzeugen, macht das wenigste davon wirklich Sinn. Eine vom ‚Road Warrior’ abgekupferte Verfolgungsjagd mit Automobilen durch die Wüste, trägt außer zum reinen Selbstzweck, nichts zur Geschichte bei. Ebenso unverständlich entwickelt sich der eher bemitleidenswerte Shinzon, mit seinen feinen Nuancen und differenzierten Zügen, zum puren Klischee-Bösewicht ohne besondere Tiefen. Tom Hardy, tatsächlich ein jugendhaftes Abbild von Captain Picard, trifft das harte Los, die anfängliche Stärke in seiner Charakterzeichnung, für die Legitimation für eine belanglose Raumschlacht zu opfern. Warum sich Picard dem Gegner letztendlich von Mann zu Mann alleine stellen muss, obwohl ein ganzer Trupp bewaffneter Föderierter wesentlich effektiver und weniger Material verschleißend gearbeitet hätte, bleibt ebenso unverständlich, wie Shinzons Haltung unbedingt die Erde zerstören zu wollen, obwohl eine menschliche Annäherung zu Picard seinen persönlichen Zielen viel näher gekommen wäre. John Logans Drehbuch, welches er aus einer gemeinsamen Idee mit Brent Spiner und Rick Berman entwickelte, fehlt jedes Gespür zu einer gewissen Logik im Handlungsablauf. Ein kleines Studium des ebenfalls mit der ‚nächsten Generation’ besetzten ‚Der erste Kontakt’, wäre seiner Reputation und dem Gefallen des Publikums sehr dienlich gewesen.

Serien, wie auch die Kinofilme der Star Trek Reihe lösten sich stets vom Allgemeingut des Science-Fiction Genres durch intelligentes Verknüpfen von philosophischen Betrachtungen und Genre üblichen Versatzstücken. So war ‚Star Trek II’ eine sehr simple Variante eines Western in der Zukunft, doch mit den Einflüssen über Freundschaft, des Älter werden und den Werten der Familie, wurde der Film zu einem Paradebeispiel, wie dem gemeinen Star Trek Fan und gleichzeitig dem einfachen Publikum intelligentes Kino ohne Verzicht auf die kommerziellen Absichten geboten werden konnte. Dieser Versuch bei ‚Nemesis’ scheitert schon im Ansatz. Was übrig bleibt sind grandiose visuelle Effekte, welche niemanden enttäuschen dürften. Hingegen misslingt der selbst auferzwungene Hang zum großen, sprich epischen Kino. Jede Szene die mit überzeugenden, bildgewaltigen Außenaufnahmen beginnt, führt sich in offensichtlichen Kulissen fort, aus dem keine Szene auszubrechen vermag. Sei es ein Hochzeitsempfang, der nicht deutlicher als Studio zu erkennen sein könnte, als auch die Räumlichkeiten des romulanischen Senates, die mehr den Charme mittelmäßiger Kulissen versprühen. Was der Zuschauer zu sehen bekommt, konnte er des öfteren und oftmals besser in der Serie bewundern.

Stuart Bairds Regie versteht es sehr gut mit den Interaktionen der schon lange zusammen arbeitenden Darsteller eine glaubhafte Atmosphäre zu schaffen. Ebenso kann er ein überzeugendes Timing innerhalb der Action umsetzen. Ein strukturierteres ineinander greifen der verschiedenen Erzähl- und Handlungsebenen lässt der Regisseur allerdings vermissen. Sollte dies tatsächlich die letzte Reise dieser Generation gewesen sein, würde man ihr mit diesem Film nicht gerecht werden. Sicherlich ist ‚Nemesis’ bis zu einem gewissen Grad sehr unterhaltsames Kino. Das Niveau allerdings ist nicht sehr hoch gesteckt. Es gab exzellente Star Trek Drehbücher und die Darsteller, allen voran ein mehr als souveräner Patrick Stewart, können weit mehr, als das man Kino-Serie und Crew mit diesem schwachen Abgang in die unendlichen Weiten entlassen sollte.

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Star Wars Episode II - Angriff der Klonkrieger:

STAR WARS EPISODE II - ATTACK OF THE CLONES

Darsteller: Ewan McGregor, Natali Portman, Hayden Christensen, Samuel L. Jackson, Christopher Lee, Frank Oz, Ian McDiarmid, Temuera Morrison, Jimmy Smits und Anthony Daniels & Kenny Baker u.a.

Regie: George Lucas; Drehbuch: George Lucas, Jonathan Hales; Kamera: David Tattersall; Musik: John Williams; Filmschnitt: Ben Burtt; Produktions Design: Gevain Bocquet

USA / 2002 ; circa 143 Minuten

Es war einmal vor langer Zeit in einer Galaxie weit, weit entfernt...

Es ist wirklich lange her und das mit der fernen Galaxie scheint auch nicht soweit her geholt. Aus dem Freundeskreis von Scorsese, Spielberg, Coppola und Lucas bricht Letzterer aus, um, noch unwissend, die Welt zu verändern. Hollywood unterwarf sich dem größten Umbruch seit seiner Verselbstständigung. Coppola sammelte Oscars mit Filmen die laut Studios eigentlich keiner sehen wollte und Spielberg bescherte der Kinowelt den schockierensten Streifen bis dato, während Scorsese das schohnungslose Leben zelebriert . George Lucas lag da mit seinem 'American Graffiti' gar nicht schlecht im Rennen, erwies sich als sensibler Geschichtenerzähler und feinfühliger Regisseur. Noch ehe seine Kumpels die Glitzerstadt vollkommen übernahmen, riss er während der unsteten siebziger Jahre erneut das Steuer herum. Franchising und Merchandising wurde geboren, 'Star Wars' eroberte Kinos, Publikum und sogar die Kritiker. 'Star Wars' war genau die Art des sagenhaften Umbruchs, der Coppola dazu veranlasste seinem Freund Lucas die Regie von 'Apocalypse Now' aufzuschwatzen. Zu aller Vorteil lehnte Lucas ab. Da war er schon zu sehr gefangen im Rausch der Macht (in beiderlei Sinne), des Geldes und seiner umtriebenen Welt von Gut und Böse. Das war vor langer Zeit und weder Fans noch George Lucas selbst gaben die Hoffnung nicht auf, das es lange nicht alles war, was uns die erfolgreichste Trilogie aller Zeiten zu bescheren hatte.

Warum Lucas heute schon beharrlich ein Entstehen von Episode 7, 8 und 9 verneint, liegt auf der Hand. Der Mann mit der größten Anhängerschaft nach Elvis, kann seinem eigenen Erbe nicht gerecht werden. Er verzettelt sich im Größenwahn und digitalem Rausch. Auf Anfrage nach den Schwächen seiner 'Episode I' weiß er nichts anderes als mit Einspielergebnissen zu kontern, wohlwissend das dies nie ein Zeichen von Qualität sei. Großspurig kündigt er schon im Vorfeld der zweiten Episode an, das Nummer drei nur in Theatern mit digital Projektion laufen werde. Der Vorsatz das Kino auf der Welle der natürlichen Evolution voran zu treiben, entpuppt sich als natürliches, und erneutes Versagen bei 'Episode II'. Der Digitaltransfer auf 35mm Filmmaterial ist flach und ohne bildliche Tiefe, ausserdem entpuppt er sich als äusserst farbschwach. Die von Sony entworfene Digitalkamera, mit welcher der Regisseur voller Stolz seinen Film komplett drehte, wird Filmmaterial weder in Stimmung, noch optischer Qualität gerecht. Und das ist längst nicht das einzige Mango an einer überfrachteten Saga, welche gegen sich selbst antreten muss.

Spiegel Online zitierte die Versuche in 'Epsiode II' Anleihen von 'Blade Runner', 'Fifth Element' und 'Gladiator' zu verwursten. Alles Filme die selbst schon größer als die Wirklichkeit erschienen. George Lucas hat sich das Problem selbst aufgeladen nie kleiner zu sein als andere und was dabei herauskommt sind überfrachtete Zitate die dem Zuschauer jeder Gelegenheit berauben, sich auf das Fantastische einzulassen. Größer, besser und teuerer sollte alles sein, oder zumindest wirken. Stattdessen wird der Zuschauer erschlagen von einer Bilderflut, die er in seiner Gänze überhaupt nicht mehr wahrnehmen kann. Der Zauber erstirbt in Farben und Formen. Das trifft den Nerv einer Generation die es sich leistet, gänzlich auf Inhalte zu verzichten. 'Star Wars' war nie einfach nur Kino, wenn es auch als solches erschaffen wurde. Vom Mitmach-Kino der ersten Trilogie, destillierte der Alleinherrscher pure Megaplex Unterhaltung, die weder zum träumen, noch zum mitfiebern anregt. Die Generation X wurde abgelöst von einem Publikum welches sich selbst zu wichtig ist, um sich auf etwas Anderes tiefer einzulassen. Das Spektakel als Generationen übergreifendes Epos hat in seinen Grundsätzen versagt.

Bemitleidenswert stolpern die sonst herausragenden Protagonisten durch eine kümmerliche Regie, mit noch bedauernswerteren Dialogen und aberwitzig dümmlicheren Frisuren als in der Grund-Trilogie. Was George Lucas dazu bewogen haben mag, bleibt schleierhaft wie seine unübersichtlichen Bilder. Da mag ein ausgeklügeltes Farbkonzept für die Charakteren vorgelegen haben und nett gedachte Gimmicks versteckt sein (wo ist 'THX 1128' hier zu finden), doch eine Struktur im Gesamtkonzept ist, wenn vorhanden, nie erkennbar. Die Schwächen welche in 'Episode I' auftraten, sollten behoben sein, aber in einem wirren Hin und Her von undurchschaubaren Handlungssträngen und überlagerten Action-Sequenzen bleibt selbst dies ein Mysterium, welches schwer zu ergründen bleibt.

Das größte Versagen dieser Nachfolger-, sprich Prequel-Trilogie liegt in der Inkompetenz des Machers, eigene Fehler einzuräumen und sich mit immer treisterer Verlogenheit der eigenen Verantwortung zu entziehen. Eine Verantwortung die Lucas eingegangen war, als er Fans und denen die neugierig wurden, die Weiterführung eines fantastischen Traumes im Geiste zu tragen und diesen Traum in die obersten Sphären zu katapultieren. 'Episode II' wird unglaubliche Summen einspielen, das finanzielle Imperium von Lucasfilm weiter stärken und dabei die meisten der Zuschauer enttäuschen. Leider kann George Lucas auf ein Publikum zurückgreifen, dass die Quantität einer gewissen filmischen Qualität vorzieht.

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Stirb an einem anderen Tag

DIE ANOTHER DAY

Darsteller: Pierce Borsnan, Halle Berry, Judi Dench, John Gleese,Toby Stephens, Rosamund Pike, Rick Yune,Samatha Bond, Michael Madsen u.a.

Regie: Lee Tamahori; Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade; Kamera: David Tattersall; Filmschnitt: Christian Wagner; Musik: David Arnold

England / 2002 ; circa 132 Minuten

James Bond wird bei einem spektakulären Einsatz in Nordkorea festgenommen und erst nach vierzehn Monaten Folter, Gehirnwäsche und Einzelhaft im Austausch freigelassen. In dieser Zeit sind der nordkoreanischen Führung Namen zu Ohren gekommen, von denen diese nichts wissen sollte und somit fällt der Verdacht natürlich auf den edelsten aller Geheimdienstler, so teilt die Chefin M ihrem ehemaligen Besten mit, das er nun nicht mehr von Nutzen für ihre Majestät wäre und wird kalt fallen gelassen. Das kann ein Bond natürlich nicht auf sich sitzenlassen und geht seinen eigenen Weg auf dem er zuerst auf die bezaubernde Jinx trifft und mit der schließlich auf die Fährte des egomanischen Milliardärs Gustav Graves kommt. Von Kuba geht die Reise zuerst nach London, damit der Doppel-Null Agent seine Lizenz zum Töten wiederbekommt und dann weiter nach Island, wo Graves der Welt einen Satelliten präsentiert, der in der Lage ist, als zweite Sonne zu fungieren. Allerdings sind auch einige nordkoreanische Generale im fantastische Eispalast den Milliardärs anwesend, was bei Bond die naheliegende Vermutung aufkommen läßt, das jener Satellit Ikarus zu weit mehr fähig ist, als sein Schöpfer Graves der Welt wissen lassen möchte. Und schon stehen, ohne ersichtlichen Grund, amerikanische und britische Truppen in Südkorea an der Grenze, bereit in Nordkorea zu intervenieren. Prompt sendet Ikarus seine tödlichen Sonnenstrahlen und noch viel prompter retten Bond und Jinx den Tag und die Welt.

Im Allgemeinen zeigte man sich mit dem letzten Streifen der Spionen-Reihe ‚Die Welt ist nicht genug’ sehr unzufrieden. Warum, bleibt nicht nach zu vollziehen, hatte jener Vorgänger interessantere Action-Sequenzen, glaubhaftere Charakteren und eine wesentlich realistischere Handlung (soweit dies für 007 zutreffen kann) als viele Bond-Filme zuvor. Ein Wandel sollte also vollzogen werden und man glaubte diesen auch mit der Verpflichtung des Neuseeländers Lee Tamahori für den Regiestuhl in der Tasche zu haben. In der ersten Stunde möchte man diesem Wandel auch gerne Glauben und Vertrauen schenken. Zum ersten mal bindet sich die Handlung sichtbar in den Titelvorspann ein und dem Menschen Bond wird wesentlich mehr Zeit eingeräumt als üblich. Leider kommt dabei wesentlich weniger heraus als bei dem schon aufgeführten Vorgänger ’Die Welt ist nicht genug’. Der Charakter Bond bleibt schlicht und ergreifend ein gestählter Agent ohne merklichen Tiefgang. Was am Ende die große Frage aufwirft, warum er um alles in der Welt die ihm zur Seite stehende Jinx retten will, anstatt sich auf seinen Auftrag zu konzentrieren.

Nach und nach kippt der Film in ein löchriges Handlungsgestrüpp und verkommt dann zu einer unübersichtlichen Action-Abhandlung mit nicht nach zu vollziehenden Science-Fiction Einschlag. Was läuft falsch im neusten Bond Abenteuer? So ziemlich alles, was man neu gestalten, und beim Bewährten lassen wollte. 40 Jahr ist der Edelspion mit den wenig zimperlichen Manieren geworden, 20 Abenteuer hat er bestanden und 2 inoffizielle Auftritte gehabt. Und bis auf den Ausrutscher ‚Moonraker’ ist die Doppelnull nie weit über das Ziel hinausgeschossen. Mittlerweile könnte man sogar aus technischer Sicht die Weltraum-Eskapade von ‚Moonraker’ als Möglichkeit akzeptieren. Später einmal werden auch die trolligen Experimente von ‚Stirb an einem anderen Tag’, wie Gen-Transplantation, oder unsichtbaren Automobilen, die wirkliche Welt erfreuen. Vielleicht. War ‚Moonraker’ seinerzeit ein Riesenspaß, nimmt sich die vorerst letzte Ausgabe von 007 allzu ernst. Humor findet man allenthalben in zottigen Sprüchen, die zumindest in der deutschen Synchronisation ihrer Zeit um Jahre hinterher hinken.

Was ist los mit dem Charakter des Agenten selbst? Gerade ein Mann wie Lee Tamahori, der mit seinem ultra-realistischen ‚Once were Warriors’ soviel Aufsehen erregt hat, müsste etwas mehr mit einer 40 Jahre alten Figur anstellen können. Sicherlich ist Tamahori nicht für das Drehbuch verantwortlich, aber wer sich oben genannten Film oder auch den vollkommen unterschätzen ‚The Edge’ ansieht, weiß um die Gabe des Regisseurs viel mehr aus den Akteuren heraus arbeiten zu können als nur sitzende Dialogzeilen. Purvis’ und Wade’s Drehbuch lassen Pierce Brosnan weit in den tiefen einer verflachten Persönlichkeit. Selbst wenn der völlig verwahrloste Bond eines der besten Hotels aufsucht, wird nicht der Zwiespalt zwischen der gebrochenen Figur und dem über allem erhabenen Agenten deutlich, sondern soll nur als Lachnummer dienen, die eben deswegen nicht funktioniert. Am Ende steigert sich der Film in ein Durcheinander von wenig plausiblen Action-Sequenzen, denen das gewisse Etwas der 19 Vorgänger fehlt. Wenig macht Sinn und vieles bleibt hanebüchen, wie zum Beispiel das schmelzende Eis-Hotel in dem seltsamerweise nur ein einziges Zimmer mit Schmelzwasser überflutet wird, nämlich das in welchem sich Jinx befindet. Ebenso unlogisch bleibt, warum Bond Jinx unbedingt aus der misslichen Situation befreien will, anstatt sich darauf zu konzentrieren die Welt zu retten.

Das Dumme ist nur, das dieser Bond trotz der wirklich enttäuschenden Umsetzung noch viel mehr Klasse besitzt, als die ganzen plumpen Möchtegern-Nachfolger, angefangen bei dem wenig inspirierten ‚XXX’. Da ist diese Fecht-Szene zwischen Brosnan und seinem Widersacher Toby Stephens, die sich in eine atemberaubende, physischen Intensität steigert, dass man leicht zum Szenen-Applaus hingerissen wird. Hier wird nur all zu deutlich, was Bond Nummer 20 hätte werden können, und wie sich der Film im Anschluss selbst abwertet. Aber es bleibt immer die Hoffnung auf den nächsten Film und die Hoffnung dass die Produzenten sich wieder um Traditionen bemühen und um die Millionen Schar eines erwartungsfreudigen Publikums.

 


 

Stirb Langsam 4.0 – Live Free or Die Hard

Darsteller: Bruce Willis, Justin Long, Timothy Olyphant, Cliff Curtis, Maggie Q, Mary Elizabeth Winstead Kevin Smith, Yancey Arias u.a.

Regie: Len Wiseman; Drehbuch: Mark Bomback nach dem Artikel von John Carlin; Musik: Marco Beltrami; Kamera: Simon Duggan; Bildschnitt: Nicolas de Toth; Stunt-Coordinator: Brad Martin

USA / 2007; circa 129 Minuten


Wer John Carlins Artikel ‚A Farewell To Arms‘ im Wired gelesen hat, bekommt nur eine ungefähre Vorstellung davon, wie verletzlich die sogenannte Freie Welt dank internationaler Vernetzungen tatsächlich geworden ist. Wer Len Wisemans Film ‚Live Free Or Die Hard‘ gesehen hat, der bekommt eine ganz konkrete Vorstellung davon, wie die sogenannte Freie Welt nie gerettet werden wird.

Mit seinem schon spektakulär zu bezeichnenden Hintergrund, ist der vierte ‚Stirb Langsam‘ Teil ein Aberwitz von visuellem und sinnfreiem Overkill. Das wirklich absurde an diesem Film ist aber, das er trotz des kompletten Verzichtes auf Logik, unheimlich viel Spaß macht. Konkret ist dieser Spaßfaktor in erster Linie natürlich Bruce Willis und Charakter John McClane zu verdanken.

Was von so etwas wie einer Geschichte übrig ist, sieht an bestimmt nicht zum ersten mal. Terroristen gegen Amerika, der gebrochene Einzelgänger, der alles entscheidende Countdown, das involvieren von Familienmitgliedern, der persönliche Showdown und natürlich den nach Ohrfeigen schreiende Computerfreak. Doch Len Wiseman inszeniert das Spektakel derart geschickt und mit gleichbleibendem Tempo, das an zu stellende Fragen erst hinterher gedacht werden kann. Und hinterher ist man sicherlich auf alles fixiert, nur nicht auf die absolut nicht vorhandene Logik.

Warum ein pickliger und unbedeutender Hacker ausgerechnet mit komplizierten elektronischen Mechanismen um die Ecke gebracht werden soll, macht genauso wenig Sinn, wie die Garagenauffahrt direkt neben einer hoch sensiblen Computerzentrale. Aber so geht es auch mit dem Abfangjäger, der sich unter eine einstürzende Brücke begibt, obwohl sein Auftrag lautet, nicht sich selbst, sondern McClane auszuschalten. Keiner der brillanten Stunts und Action-Sequenzen wäre hier möglich, wenn man sich an die Realität und die Logik gehalten hätte. Weit gefehlt, wer glaubt, dass dies dem Film abträglich sein müsste. 

Seine greifbaren und überzeugenden Qualitäten holt sich der Film aus zwei anderen Szenarien. Zum einen ist es, wie es ein bekannter Kritiker nannte, die virtuelle Isolation des Einzelkämpfers McClane, ein wesentlicher Bestandteil des eigentlichen ‚Die Hard‘ Elementes, das im dritten Teil kaum vorhanden war. Len Wiseman vermittelt glaubhaft und fast schon spürbar das sein Charakter im allgemeinen Chaos und in der aufkommenden Panik auf sich ganz alleine gestellt ist, selbst als er sich mit seinem Schützling schon in einem Polizeirevier befindet. McClane kann weder Hilfe rufen, noch könnte die Hilfe zu ihm durchdringen. An anderer Stelle sind es die Inszenierungen der Massenszenen und der Beginn der einhergehenden Verwirrungen, als die Terroristen anfangen die Wall Street abzuschalten, die Verkehrsleitsysteme lahm zu legen und in allen staatlichen Behörden Nervengas-Alarm auslösen. Hier sind es nicht ein paar Statisten die Dramaturgie spielen, sondern der Film investiert viel Geld und Aufwand für erschreckend realistische Aufnahmen, die glaubhaft das Szenario manifestieren. 

Doch nichts desto trotz, ist das A und O dieses Filmes die perfekt choreographierten Schießereien, Explosionen, Verfolgungsjagden, Schlägereien und atemberaubenden Stunts. Das Auge isst ja bekanntlich mit und ‚Live Free Or Die Hard‘ macht hiermit satt bis der Magen kracht. Das Team um Stunt-Coordinator Brad Martin hat außergewöhnliches geleistet und egal wie sehr die Glaubwürdigkeit dabei strapaziert wird, man muss es einfach sehen, um es glauben zu können. Obwohl Bruce Willis selber in Angriff nahm, soweit es die Versicherung zuließ, musste sich Willis‘ Stunt Double Larry Rippenkroeger (!) für mehrere Wochen wegen etlicher Knochenbrüche ins Krankenhaus legen. Das nennt man eben Einsatz, aber Einsatz der sich zum allgemeinen Vergnügen und festkrallen am Kinositz gelohnt hat und seinesgleichen sucht.

Man gewöhnt sich nur schwer an Simon Duggans blasse und grobkörnige Bilder, die sich leider einem unsinnigen Zeitgeist unterworfen haben und als zusätzlicher Faktor zur düsteren Stimmung darstellen sollen. Man vermisst die kräftigen Farben und somit klareren Konturen der Vorgänger-Filme, die so mehr mit der Stimmung von Licht und Schatten spielen konnten. Auch einige Action-Sequenzen machen den Eindruck, als hätte sich Nicolas de Toth in Tempo und Auflösung verschnitten. Was aber auch damit zu tun haben könnte, das man schon während der Produktion zwei Versionen von den so beliebten ‚Die Hard‘ Todesszenen drehte, um im Kino zuerst eine gewinnbringendere, niedrigere Altersfreigabe zu erreichen. Dank dieser Freigabe muss sich der englischsprachige Fan mit einem kaum verständlich gemurmelten „Yippee Ki Yay, Motherfucker“ begnügen, um das letzte Wort weitgehend unhörbar zu machen. Allerdings ist eine Version ab 16 Jahren von 20th Century Fox noch nicht bestätigt. 

Todgesagte sterben eben nur sehr langsam und Len Wiseman hat Bruce Willis durch einen Film geführt, der fasst schon nach einem fünften Teil schreit, wo schon eine vierte Auflage kaum vorstellbar gewesen war. Bruce Willis ist zurück in geliebter Form und das Action-Kino hat einen neuen Standart an dem einfallslose Nachahmer wieder jämmerlich zu Grunde gehen. Wie 1988, als Teil Eins das Genre umkrempelte.

bandit

 


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Stuart Little

Darsteller: GENNA DAVIS, HUGH LAURIE, JONATHAN LIPNICKI; Drehbuch: M. NIGHT SHYAMALAN nach dem Buch von E. B. WHITE; Musik: ALAN SILVESTRI; Kamera: GUILLERMO NAVARRO; Visuelle Effekte: JOHN DYKSTRA; Regie: ROB MINKOFF; 92 Minuten

Es wird nur die Grundhandlung angerissen.

Ohne viel Zeit zu vergeuden, geht die Maus direkt in die Animations-Offensive. Mit der Grundlage von E.B. Whites Buch, einer Maus adoptiert von einer New Yorker Familie, setzt M. Night Shyamalan (Sixth Sense) genau die richtigen Punkte für eine direkte, abenteuerlustige und perfekt akzentuierte Geschichte. Selbst aus dem entsprechenden Alter entwachsene Zuschauer finden umgehend Spaß an dieser schon merkwürdig tadellosen Unterhaltung. Entgegen dem Trend im Windschatten von 'Toy Story', schielen Autor und Regisseur Minkoff niemals auf jenen wilden Mix von Erwachsenen-Humor und Kinder-Kalauern.

'Stuart Little' ist ein geradliniges Märchen ohne überstrapazierende Schnörkel, mit wohldurchdachtem Konzept und einer unkonventionellen Dramaturgie. Da bleiben die Kleinen schon wie angebunden sitzen und die Erwachsenen sitzen staunend daneben. Rob Minkoff hat in seiner Inszenierung fertig gebracht, die Strukturen wundervoll im Griff zu haben. Da wird nichts zum erbrechen ausgespielt, oder ein Punkt der Langweile überlassen. Alle Handlungselemente sind haarscharf auf ein Minimum an Leerlauf und ein Maximum an kraftvollen Geschichtenerzählen getrimmt.

Und selbstverständlich ist ja da noch der Star an sich. Spielen Davis und Laurie noch mit exzentrischem Charme, spielt Jonathan Lipnicki glaubwürdig akzentuiert, spielt Stuart Little alle an die Wand. John Dykstra hat mit seinen Computer-Animationen eine Figur erschaffen, die der '45 Novelle von White erst wieder richtiges Leben einhaucht. Es ist zweifellos der sehenswerte ultimative Schritt in der Mischung von Animation und Live-Action. Und an diesem Punkt versagt wieder einmal das deutsche Know-How. Sind die Tiere in der original Version mit den Stimmen von Michael J. Fox, Chazz Palminteri, Nathan Lane, oder auch Bruno Kirby prominent und stimmlich stimmig besetzt, sträubt sich bei der deutschen Synchronisation wieder einmal das Nackenfell.

Wer bereit ist, sich in ein kindgerechtes Abenteuer erster Güte fallen zu lassen, wird diese äußerst kurzweiligen 92 Minuten nicht bereuen.

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- a spike lee joint -

SUMMER OF SAM:

Darsteller: John Leguizamo, Adrien Brody, Mira Sorvino, Jennifer Esposito, Anthony LaPaglia, Bebe Neuwirth; Drehbuch:Victor Colicchio, Michael Imperioli, Spike Lee; Musik: Terence Blanchard; Regie: Spike Lee; circa 142 Minuten

Anders als bei seinem zweiten Werk 'Do The Right Thing', verliert Spike Lee mit reichlich Überlänge hier die intensive Steigerung von Spannung aus der Situation heraus aus den Augen. Bewußt scheint er auch die Kontroverse des benannten Vorgängers zu meiden, auch wenn es im Grunde einzig um Gewalt und Sex als zentrale Themen geht.

Es ist der legendäre Sommer von 1977, der heißeste Sommer den New York je erlebt hat. Der Sommer mit dem katastrophalen, mehrstündigen Stromausfall. Und der Sommer des 'Sohnes von Sam', der des Nachts bevorzugt brünette Mädchen in der Bronx erschießt. Der notorische Fremdgänger Vinnie (Leguizamo) leitet unter dem Treiben des Serienkillers, genauso wie seine ebenfalls brünette Frau Dionna (Sorvino).Vinnie glaubt von dem Killer bei einem Seitensprung beobachtet worden zu sein. Dionna erfährt durch die Panik ihres Mannes von seinen außerehelichen Aktivitäten. Zeitgleich erscheint Ritchie, ein alter Freund der Italo-Latino-Clique als einer der ersten Punks auf der Bildfläche. Und Punk ist etwas, mit dem die Bronx in dieser Zeit der Anspannung und Gereiztheit, am wenigsten zurecht kommt. Das vermehrte Polizeiaufgebot im Viertel, treibt auch die lokale italienische 'Familie' auf die Palme. Die Polizei auf der einen, die 'Familie' auf der anderen Seite, glauben die Schlinge um den Mörder enger ziehen zu können. Verdächtigungen und Mißtrauen vermehren sich unter den Freunden, während 'Son Of Sam' unerkannt weiter mordet. Zählen schon Italiener, sowie Latinos als Außenseiter, suchen diese wiederum ihr eigenes Heil im aufspüren exotischerer Außenseiter, nicht nur um den Täter endlich ausfindig zu machen, sondern auch ihre eigenen Ängste davor zu bekämpfen.

Ambition war schon immer ein Wort, das mit Spike Lees Werken einher ging. Er zeichnet ein buntes und detailgetreues Revival der Disco gedrängten siebziger Jahre, setzt kontrapunktiv die Platten-Klassiker der Zeit zu den Geschehnissen und verzichtet generell auf irgendwelche schwarzweiß Zeichnungen. Zwar steigert sich die Angst und Panik nicht zu einem frenetischen Höhepunkt, wie man es vielleicht erwartet hätte, aber Lee hält das Drehbuch von Colicchio, Imperioli und sich selbst in einem gleichmäßigen Fluß des Erzählens. Und die Charakteren sind bei weitem komplexer ausgearbeitet als in ähnlich gelagerten Filmen. Und mit dem auffallenden Verzicht auf 'schwarze Rollen' bei den Hauptprotagonisten, kommt Spike Lee mit Rollen und Erzählung den Qualitäten eines Scorseses bestechend nahe. Dies zeichnet sich auch in der beeindruckenden Kamerarbeit aus, welche die Geschichte zu einem visuellen Ereignis aufwertet. Wie eine Collage verbinden sich die verschiedenen Handlungsebenen, ohne von der Intensität zu lassen. Mit einer wohl überlegten Straffung der Geschichte, hätte dieser Spike-Lee-Joint nach den letzten Enttäuschungen wieder eines seiner kleinen Meisterwerke werden können.

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Sweet and Lowdown

Darsteller: SEAN PENN, SAMANTHA MORTON, UMA THURMAN u.a.; Drehbuch & Regie: WOODY ALLEN; 95 Minuten

Die selbstauferlegte Bürde Woody Allens, jedes Jahr pünktlich im Herbst einen neuen Film auf den Markt zu bringen (bei uns ebenso pünktlich, aber erst im Frühjahr), scheint langsam Schatten auf die Qualitäten des Stadtneurotikers zu werfen. Keine Frage, das Allen weiterhin in Inszenierung und hinterhältigem Wortwitz genauso brilliert, wie in bitterer Tragödie und ehrlicher Menschlichkeit, aber es scheint eben nur zu kleinen Kostbarkeiten des Programmkinos zu reichen. Der geniale Wurf der ‚Mighty Aphrodite' bleibt weiter aus. ‚Everyone says I love you' versenkte sich im allzu Bewährten, hingegen war der gewöhnliche Zuschauer vom aberwitzigen Konstrukt des ‚Deconstructing Harry' schlichtweg überfordert, während die ‚Celebritys' einfach ihre Starquälitäten vermissen ließen.

Die fiktive Dokumentation des Emmet Ray (Penn), der vielleicht virtuoseste Gitarrist Amerikas, präsentiert nicht nur geniales Musikkino, sondern auch eine dramatische Geschichte eines schon liebenswerten Egozentrikers. Und dies alles in manchmal brüllend komischen Szenen. Wieder, und das an dieser Stelle fast genial, vermischt Woody Allen geschickt verschiedene Genre-Strukturen und präsentiert ein vergnügliches Panoptikum skurriler und poetischer Szenen, die einem die Geschichte eines Genies näher bringt.

Ebenso geschickt, wie sein struktureller Aufbau, macht Allen seine Liebe zu dem tatsächlichen Gitarren-Gott Django Reinhardt deutlich. Sein fiktiver Anti-Held akzeptiert neben sich nur seine Leidenschaft für eben jenen 'Zigeuner aus Frankreich', wie es immer wieder über Emmet Rays Lippen kommt. Es ist schon Allens dritter Ausflug ('Zelig' und 'Broadway Danny Rose'), eine Biographie über jemanden zu drehen, der niemals gelebt hat. Aber außer in den wenigen, nachgestellte und eingestreuten Interview Szenen mit realen Jazz-Kennern und -Kritikern, mit dem Regisseur selbst an der Spitze, ist 'Sweet and Lowdown' ein leider nur konventionell gefilmter Streifen. Nur mit Sean Penn und einer überragenden Samantha Morton kommt dieses Werk auf sein empfehlenswertes Niveau.

Wenn sich der technische Standart bei seinen Filmen auch nicht zu ändern scheint, hat Allen in seinem eigenen Drehbüchern immer noch sehr viel Gespür für außergewöhnliche, aber durchweg überzeugende Charakteren. Der selbstbezogene, oftmals verletzende Emmet Ray, der nicht in der Lage scheint, jemanden mehr Liebe zukommen zu lassen als seiner Gitarre, ist ein Paradebeispiel für die Funktionalität des reinen Schauspieler-Kinos. Und dadurch verdeutlicht der Film, das man durchaus einmal für 90 Minuten auf hämmerndes THX und schwindelerregende F/X verzichten sollte.

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Sweet November

Darsteller: Keanu Reeves, Charlize Theron, Jason Isaacs, Greg Germann, Liam Aiken, Lauren Graham u.a.

Regie: Pat O'Connor; Drehbuch: Kurt Voelker; Musik: Christopher Young; Kamera: Edward Lachman

USA / 2001 ; circa 119 Minuten

"Die Oper ist erst zuende, wenn die dicke Frau singt," meinte einmal Billy Crystal und Charlize Theron singt sehr spät in dieser dicken Oper unkontrollierter Gefühle. Als das Kino die Romanze für sich entdeckte, da war sicher, das soetwas nur funktionieren konnte, wenn all das Leid und die Freude, der Schmerz und das Gefühl das Leben weit übertreffen. Als sich das Melodram zu der Romanze hinzugesellte, mußte man annehmen, das die Tränendrüse ein evolutionärer Schritt erst seit der Erfindung des Kinos sein konnte. Kurt Voelker hat gut aufgepasst und dabei eines der schlimmsten Drehbücher geschrieben, die das romantisch angehauchte Melodram in letzten Jahren erleben mußte. Da wird jedes Klische ausgespielt und wieder gekäut, da wird gestritten, geliebt und gelitten.

Der Untergang des ernst zunehmenden Dramas wurde 1972 eingeläutet, als man 'Love Story' auf die Menschheit losliess. Gestritten, geliebt und gelitten. Und es wurde unheimlich melodramatisch gestorben. 'Love Story' war das Paradebeispiel für alle Filmemacher wie ihr Film garantiert nicht sein sollte. Der größte Teil davon war um Längen schlechter. 'Love Story' kennt noch heute jeder Kinogänger, an 'Sweet November' wird sich in drei Jahren keiner mehr erinnern. Der Grund dafür liegt offensichtlich auf der Leinwand, Pat O'Connor hat keinen ehrlichen Film gemacht. Hier wurde Versatzstück an Versatzstück gereiht, vielleicht einmal hier und da variiert, aber nie etwas neues probiert. Es ist wie der Legekasten für Vorschul-Filmemacher.

Natürlich ist es eine Wonne, Keanu Reeves endlich einmal in einer durch und durch wohlgemeinten Romanze zu erleben und Charlize Theron steht ihm dabei in nichts nach. Doch die selbst besten Schauspieler kommen nicht gegen das an, was dem Film grundsätzlich fehlt, Substanz. Dabei klingt alles so vielversprechend, von dem unbarmherzigen Yuppie, der von einer Art Späthippie an die Leine genommen wird, um innerhalb eines Monates zu lernen, das Leben ansich zu geniessen und den Augenblick zu schätzen wissen. Aber wie nicht anders zu erwarten, wird aus dem kurzzeitigen Spaß bitterer Ernst in Gefühl und Leidenschaft. Und dann kommen natürlich noch die Ereignisse, die man in einer Besprechung nie erwähnen darf, aber so absehbar bleiben, das selbst den schmachtensten Fans die Augen trocken bleiben.

Man darf den beiden Protagonisten keinerlei Vorwurf machen. Theron und Reeves gehen so fantastisch in ihren Rollen auf, das man über vielerlei Schwächen anfangs noch sehr gerne hinweg sieht. Aber anstatt dem Spiel freien Lauf zu lassen, werden beide in das Korsett der Unbarmherzigkeit gepresst und kämpfen fortan vehement gegen O'Connors vorhersehbare Regie und Voelkers uninspirierte Dialoge.

Es gibt viele Beispiele in denen Filme durch das verwässerte Klischee über sich hinaus wachsen. Dazu darf man aber nicht einfach nur die Bausteine aneinander legen, man muß auch mit ihnen spielen. 'Sweet November' scheint wie ein abgegriffener Klotz, während 'Love Story' immernoch seine Gültigkeit besitzt.

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Syriana

Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Jeffrey Wright, Chris Cooper, William Hurt, Mazhar Munir, Amanda Peet, Christopher Plummer, Alexander Siddig, Akbar Kurtha u.v.a.

Regie und Drehbuch: Stephen Gaghan; Kamera: Robert Elswit; Bildschnitt: Tim Squyres; Musik: Alexandre Desplat

USA / 2005; circa 128 Minuten

Syriana: Synonym für ein Land, das nach einer für die westlichen Regierungen optimal gestalteten Neuordnung im Nahen Osten steht.

Syriana: Ein Wagnis in der kommerziellen Kinowelt. Stephen Gaghan hat schon mit ‚Traffic’ einen verschlungenen, sehr dicht erzählten Thriller präsentiert. Der von George Clooney und Steven Soderberghs Produktionsfirma Section Eight produzierte Streifen, ist aber weit davon entfernt die Zusammenhänge globaler Missstände mit erzählerischen Geschichten zu verweben, wie es so fantastisch in ‚Traffic’ gelungen war. Gaghan geht mit ‚Syriana’ und dem dafür von ihm selbst verfassten Drehbuch einige Schritte weiter und wagt es ganz offensiv den Zuschauer heraus zu fordern, manchmal sogar zu überfordern.

Persönliche Hintergründe der Charaktere bleiben Randnotizen, hier geht es ums Öl und ums Öl ganz alleine. Wer nicht seine komplette Aufmerksamkeit auf Leinwand, Personen, Dialoge und selbst einzelne Wörter legt, hat schnell verloren. Wenn der Zuschauer es überhaupt schafft bei der Stange zu bleiben. Aber genau darin liegt der abstrakte Reiz von ‚Syriana’, dieser befremdenden Bekanntschaft mit einem undurchsichtigen Geschäft.

Mit so vielen Sprechrollen, wie kaum ein Ensemble-Stücke in dieser Zeit aufbringt, verfolgt dieser Thriller mit verschiedenen Handlungssträngen die umständlichen, komplizierten und verworrenen Gegebenheiten, welche das ganz normale globale Ölgeschäft mit sich bringt, und nach sich zieht. Angefangen beim niedersten pakistanischen Gastarbeiter, über die Nachfolgequerelen zweier Emir Söhne, hin zu weltweit operierenden Anwaltskanzleien, zurück zu den Geheimdiensten, bis hinauf zu den Regierungspitzen, ‚Syriana’ verbindet sie alle und schildert packend dieses Geflecht, ausgelöst von nur scheinbar harmlosen Entscheidungen.

Wie gut Stephen Gaghan seine Hausaufgaben gemacht hat, wird in fast jeder Szene deutlich, wo durch eine geniale Auswahl von überzeugenden Darstellern, selbst verwirrende, manchmal auch unverständliche Abläufe stetig an Spannung gewinnen. Man muss die gesamten, komplexen Vorgänge gar nicht verstehen, vielmehr steigt durch das bewusst geheimnisvolle nach das Interesse.

Mühelos springen die Handlungselemente zwischen Amerika, Beirut, Iran, oder Genf hin und her und geben unterbewusst ein Gefühl für den monumentalen Umfang, den die Kapital- und Machtgier auslöst und wie sie unsere so hochgelobte freie Welt beherrschen. Aber ‚Syriana’ ist alles andere als ein politischer Film. Er bleibt bei aller Spannung und trotz greifbarer Figuren, erstaunlich kühl und distanziert in seinen Aussagen. Er hat es gar nicht nötig Feinbilder auf zu bauen, oder schwarz/weiß zu zeichnen. Es gibt keine Anklagen und auch keine wehleidige Demonstration. Politische Ansichten spielen für Gaghans Film keine Rolle. Und hier ist der Zuschauer gefordert, denn so wird ‚Syriana’ zum politischsten Film seit Jahren.

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