I & J

 

 

I Am Legend
Ice Age 2: Jetzt Tauts Ice Age: The meltdown
Ice Age 3 - Dinosaurier sind los Ice Age: Dawn of the Dinosaurs
Illuminati Angels & Demons
Im Bann des Jade-Skorpion Curse of the Jade-Scorpion
Im Juli  
Im Tal von Elah In the valley of Elah
In den Shuhen meiner Schwester In Her Shoes
Indiana Jones - Kristallschädel Indiana Jones - Crystal Skull
Inglourious Basterds  
The Insider  
The Inside Man  
The Invasion  
James Bond: Ein Quantum Trost

James Bond - Quantum of Solace

Johnny English  
Jurassic Park III  

 

Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars

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I AM LEGEND

Darsteller: Denzel Washington, Abby und Kona als Sam, Alice Braga, Charlie Tahan, Salli Richardson, Willow Smith, Dash Mihok

Regie: Francis Lawrence; Drehbuch: Mark Protosevich, Akiva Goldsman; Kamera: Andrew Lesnie; Bildschnitt: Wayne Wahrman; Musik: James Newton-Howard

USA / 2007; circa 100 Minuten


Das Team Akiva Goldsman und Will Smith haben es augenscheinlich auf die Klassiker der Science-Fiction Literatur abgesehen. Dank des Budget orientierten Scheiterns von Ridley Scott und Frontmann Schwarzenegger, wurde der Weg zum Ende der Zivilisation frei. Nach dem künstlerisch so la-la, aber finanziell extrem erfolgreichen ‚I, Robot‘, warfen sie sich die Erstgenannten mit viel Enthusiasmus dem nächsten Prestige Objekt an den Hals. Will Smith ist noch einige Nuancen entfernt von einem Tom Hanks, um die wirklich perfekte Ein-Mann-Show zu bieten, dafür hat Smith mit Sam einen eindrucksvolleren Weggefährten als Hanks mit dem Ball Wilson.

Das Gespann Smith mit Schäferhündin Abbey bringt zum ersten Mal durchweg überzeugend die Beziehung zwischen Hund und Mensch auf die Leinwand. Ihre Interaktionen sind harmonisch und die Hündin scheint vollkommen unbeeindruckt vom triebhaften Umfeld außerhalb des Kamerablickwinkels. Das vermittelt ein wirkliches Verhältnis, wo in anderen Filmen die offensichtlichen Blicke der Tiere zum Trainer hinter der Kamera, immer die Illusion entlarven. Als vermeintlich letzter Mensch auf Erden kann Smith aber, trotz des Vergleiches mit Hanks, durchaus Glaubwürdigkeit vermitteln. Doch Will Smith als Robert Neville, ist wahrlich nicht allein. Ein unglaubliches Repertoire an New Yorker Drehorten und deren Verfall nach der dreijährigen Abstinenz menschlicher Zivilisation, ist sein ständiger Begleiter. Und was man dabei von den bekannten Stadtansichten zu sehen bekommt, ist schlichtweg atemberaubend. 

Fast schon meditativ folgt der Film in der ersten Hälfte Doktor Robert Nevilles routinierten Tagesabläufen, Hündin Sam stets an seiner Seite. Andrew Lesnies Kamera zeigt ab und an nervende Handkamera, das hält sich aber erfreulich in Grenzen. Beeindruckender ist die Konzession an klare, farbgesättigte Einstellungen. Lesnie hat mit der ‚Ring‘ Trilogie bewiesen, das er auch brillant in düsteren und verwaschenen Bildern sein kann. Hier zeigt er mit einem perfekten Set-Design und Ausstattung, dass die Welt auch ohne Menschen im vollen Glanz erstrahlen kann. Eher zurückhaltend, aber äußerst effektiv lässt Regisseur Lawrence dazu die eigentliche Bedrohung einfließen. Erst sind es nur Geräusche in der Nacht, schließlich Nevilles Verhalten in Situationen, die seinen Tagesroutine stören und dann die erste Konfrontation mit den durch einen Virus geschaffenen Vampiren. Bis zirka 30 Minuten in den Film hinein, bleiben die Geschehnisse und ihre Auswirkungen vage und Goldsman, nicht nur Produzent, sondern auch wieder Drehbuchautor, folgt damit ziemlich genau der Stimmung und dem Aufbau des Buches. 

Die Rückblenden, welche die Evakuierung Manhattans zeigen, sind offensichtliche Zugeständnisse an die Trickabteilungen und die Erwartungen eines anspruchsloseren Publikums. Doch sie integrieren sich zumindest fließend in den stets steigenden Spannungsbogen. Die größte Leistung an ‚I Am Legend‘ ist ohnehin der langsam anschwellende Rhythmus, der das Tempo mehr und mehr anzieht. Regisseur Lawrence und Cutter Wayne Wahrman zeigen hier ein selten gewordenes Zusammenspiel, wo beide Talente nahtlos und sehr beeindruckend zum Vorteil des Filmes ineinander greifen und sich vervollkommnen. Und dies macht aus einem, in manchen Teilen schlecht umgesetzten, einen doch sehr guten Film. Die Vampire sind teilweise lächerlich schlecht animiert, das mit weit aufgerissenen Mund direkt in die Kamera fauchendes Gehabe, nervt bereits nach dem dritten Mal und der Showdown ist nicht von großer Logik durchsetzt. Zudem sind in regelmäßigen Abständen Schockeffekte eingeflochten, bei denen immer irgendetwas uninspiriert mit kreischenden Tonelementen seitlich ins Bild springt Aber bei einem Film, der durch eine fehlgeleitete Studio-Politik ausschließlich für ein Publikum zwischen 16 und 25 Jahren konzipiert wird, muss es scheinbar diese Zugeständnisse geben, wenngleich sie einen annähernd perfekten, zu einem lediglich guten Film degradieren. 

Doch es gibt genügt andere Momente, welche sich intensiv als positive Erinnerung manifestieren. Und das ist vor allem will Smith‘ Präsenz zu verdanken, der Einsamkeit, Frustration, Trauer, aber auch den Rest oberflächlicher Lebensfreude sehr greifbar und glaubwürdig macht. Es geht hier nicht darum, was die Wissenschaft unserer Welt antut, sondern was dazu nötig ist, in einer solchen Welt überleben zu können. Nicht zur physisch, sondern vor allen Dingen psychisch. Am Ende gibt es eine Chance für die Menschheit, weil sich jemand ganz und gar dem Willen Gottes unterworfen hat und Gottes vermeintlichen Weg auch folgt. Das hat etwas Schlichtes und dürfte als endgültige Aussage sehr unbefriedigend sein. Gäbe es nicht diesen kleinen, unscheinbaren Kniff, das letztlich nur durch das Streben der Wissenschaft, die religiöse Bestimmung ihre Rechtfertigung findet. Auch das ist ‚I Am Legend‘. Ein wesentlich besserer Film, als man glauben möchte und ansprechend emotional, für ein Action angereichertes Endzeit-Spektakel. Keinesfalls perfekt, aber absolut sehenswert umgesetzt.

bandit


 

Ice Age 2

Original Stimmen: John Leguizamo (Sid), Ray Romano (Manny), Denis Leary (Diego), Quenn Latifah (Ellie) u.a.


Regie: Carlos Saldanha; Drehbuch: Peter Gaulke, Gerry Swallow, Jim Hecht ; Musik: John Powell; Bildschnitt: Harry Hitner; Charakter-Design: Peter de Seve


USA / 2006; circa. 90 Minuten

Schluss ist mit der Eiszeit. Beschwerliche Zeiten brechen für die Urzeit-Tiere an, oder wie einer so schön sagt „diese Klimaerwärmung bringt mich noch um“. Ein Eisdamm wird durch die Erwärmung brechen und das ganze Tal, wo sich auch viele bereits lieb gewonnene Figuren tummeln, überfluten. Die Helden von Teil Eins überzeugen alle anderen und ab geht die Odyssee, entlang des bereits grünen Tales, zu einer bereit stehenden Arche (!). Mit diesem Anfang, beginnen auch die ersten Logiklöcher, die aber kaum ins Gewicht fallen, weil man kaum Zeit zur Verfügung hat, sich darum zu kümmern.

‚Ice Age 2’ ist ein Opfer des mittlerweile gar nicht mehr so üblichen Mehr ist Mehr. Schneller muss alles gehen, mehr Charaktere müssen eingeführt werden, aufregender ist es gestaltet. Das bringt auch ein Oposum Pärchen mit sich, welches starke Nerven abverlangt, sollte man bereits vom Faultier Sid überfordert sein. Dazu gesellen sich zwei Musik-Nummern, die schon stark aufgesetzt wirken und den Anschein vermitteln, man wollte Zeit gewinnen, notfalls aber auch ohne Verluste schneiden können. Zumindest mit einem Charakter haben die Drehbuchschreiber richtig gelegen und haben dem keiner Art zuordenbaren Scrat mehr zu tun gegeben, ihn sogar in den Handlungsverlauf integriert und eine besondere Sprechrolle gegeben.

Manny, das mürrische Mammut, ist weiterhin der besonnene Anführer, das Faultier Sid geht wie gewohnt jedem auf die ‚Nüsse’ und Säbelzahntiger Diego…? Nun, Diego war in Teil eins ein besonderer Charakter, weil er ein falschen Spiel trieb. Jetzt ist er geliebter Teil der Herde und verkommt somit vom fiesen Scheinheiligen zum bloßen Stichwortgeber und letztlich absehbaren, aber aufgezwungenen Helden.

‚Ice Age 2’ ist ein dennoch kurzweiliger Film, der sich im graphischen Design und seiner technischen Machbarkeit vollends an Teil Eins orientiert. Aber er ist lange keine so runde Sache mehr, die den Vorgänger so auszeichnete. Etwas holprig in der Inszenierung, nicht so ausgewogen für Kinder und Erwachsene und leicht überfrachtet. Doch es gibt in diesem Genre weit unoriginellere Filme und als erster von in diesem Jahr anlaufenden vierzehn (!) Computer animierten Zeichentrickfilmen macht er garantiert nicht die schlechteste Figur. Schon allein für eine für Badeanstalten typische Ansage des Geiers: „Achtung Eltern: Lassen sie ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt. Unbeaufsichtigte Kinder werden gefressen.“

bandit

 


 

Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los - Ice Age - Dawn of the Dinosaurs

Also, ohne Übertreibung kann man sagen, dass ICE AGE 3 der beste Film der Welt ist. Jeder auf dieser Welt Welt sollte sich bemühen, diesen Film so schnell wie möglich, und auch so oft wie möglich zu besuchen. Wer in der glücklichen Lage ist zu wählen, sollte sich erst die zweidimensionale Version zu Gemüte führen, dann zu der 3-D-Brille greifen und das Spektakel in einer neuen Dimension bewundern. Dann muss unbedingt noch die englische Sprachfassung konsumiert werden.

Das kann überhaupt nicht langweilig werden, weil ICE AGE 3 so gut ist, dass jedermann sich bei Veröffentlichung umgehend die Blue-ray kaufen wird, auch wenn er keinen Player hat. Wenn man diesen Film gesehen hat, weiß man, dass man am Ziel angekommen ist, man spürt, dass es niemals besser werden kann.

Ähnlich euphorische Besprechungen hat auch TRANSFORMERS 2 erhalten. Diese dürfen selbstverständlich unter der Rubrik "absoluter Quatsch" abgelegt werden. Doch Lobpreis ist trotz allem allgegenwärtig und himmelhochjauchzend. Man kann getrost die negativen Kritiken vergessen, da die Einspielergebnisse ihre eigenen Argumente sprechen. Ein absurdes Rennen war für kurze Zeit am Laufen, das jetzt mit dem Einschreiten von HARRY POTTER neue Züge bekommen wird. Mit unvorstellbaren Vergleichen präsentieren Branchenblätter Zahlen und Ergebnisse, die von den Massenmedien nicht nur dankbar aufgenommen, sondern auch unkritisch weitergegeben werden.

Dass sich ICE AGE 3 inhaltlich und qualitativ nicht mit TRANSFORMERS 2 messen kann, wird schon während des Besuchs des Ersteren sehr deutlich. Regisseur Saldanha schaltet bei ICE AGE gegen jede Regeln eines dritten Teils merklich zurück. Das ist nicht nur überraschend, sondern auch erfrischend. Man hat fleißig abgespeckt in Sachen Kulturreferenzen, und scheint dabei SHREK 3 im Auge behalten zu haben, dessen Holzhammermethodik an Zitaten ihm auch das Genick gebrochen hat. Als Familienfilm nimmt ICE AGE diesmal die Familie in den Mittelpunkt. Die Mammuts erwarten Nachwuchs, der Säbelzahntiger glaubt alt und zahm zu werden, zwischen dem Rattenhörnchen und der Eichel tritt die Liebe, und das Faultier macht drei Dinosaurier-Eier zur eigenen Familie. Anstatt die Formel "höher, schneller, weiter" anzuwenden, konzentriert sich das Drehbuch auf die Gründe des Erfolgs und kehrt zu den Wurzeln zurück. Dass dabei die vielen Köche eben nicht den Brei verderben, mag verwundern, doch es funktioniert. Durchweg witzig und mit gekonnt ausgespielten Spannungsbögen lässt ICE AGE seine gesamte Laufzeit hindurch das Publikum nicht los und macht den Film extrem kurzweilig. Kein frenetisches Feuerwerk, dafür ein stimmungsvolles Beispiel, dass ein diesmal hauptsächlich auf Kinder zugeschnittenes Drehbuch auch für Erwachsene das richtige und zündende Humorpotenzial besitzt. Eine Schlittenfahrt und die Rettungsaktion auf einem Flugsaurier sind zwei Action-Sequenzen, von denen so mancher Blockbuster in diesem Kinosommer einiges lernen könnte.

TRANSFORMERS 2 setzt auf Nonstop-Action. Das muss auch irgendjemandem gefallen, denn was sonst sprechen denn die Zahlen. Kopf-an-Kopf-Rennen betitelten die Nachrichten das Ringen zwischen TRANSFORMERS und ICE AGE. Rekord um Rekord wurde gebrochen. Was mag da noch kommen? Das erinnert stark an Paramounts Kampagne von MISSION IMPOSSIBLE, bei der es plötzlich ein noch nie zuvor gehörtes "bestes Einspielergebnis der ersten sechs Tage für einen Paramountfilm" gab. Fast stündlich wurden die eigentümlichsten Ergebnisse zwischen TRANSFORMERS und ICE AGE nebeneinander gestellt. Und niemand störte sich daran, das TRANSFORMERS eigentlich eine volle Woche früher gestartet war.

Dabei gibt es doch die Rezession. Hollywood in seiner Gesamtheit als Industrie verkündete noch im Januar, dass die weltweite Krise nun auch das Filmgeschäft erreicht habe. Das mag durchaus sein, denn die finanziellen Strukturen dieses Systems sind vielschichtiger als das Innere des Bankensystems. Das liegt ganz einfach darin begründet, dass unter anderem die meisten Studios multinationalen Konzernen gehören. Dann sind da noch die unzähligen studioübergreifenden Produktionen in Finanzierung und Herstellung sowie wiederum veränderte Konstellationen bei Verleih und Auswertung. So ist das aber im richtigen Leben, nichts ist wirklich einfach. Und doch zeigt die Halbjahresbilanz bei Einspielergebnissen einen Zuwachs von elf Prozent gegenüber dem sehr guten Vorjahr. Da ist bisher weder POTTER dabei noch Tarantino und erst recht kein AVATAR.

Nun muss man das Augenmerk unbedingt auf zwei Faktoren richten. Da ist zum einen die 3-D Optik von ICE AGE, welche übrigens hervorragend umgesetzt wurde. Kein Ausschlachten von plumpen Effekten, die ins Gesicht des Zuschauers geschleudert werden. Wenngleich die Grafiken eher als schlicht gelten, erreichen die räumliche Tiefe und die Umgebungen tatsächlich eine natürliche Darstellung. Anstelle des puren Effekts wirkt das Bild für die Dramaturgie stets unaufdringlich unterstützend.
Zum anderen gibt es 150 Minuten von TRANSFORMERS 2. Viele Theater verlangen ab 120 oder 130 Minuten Überlängenzuschlag. Mit nur 93 Minuten kann von ICE AGE eine Vorstellung pro Tag mehr gespielt werden. Damit längst nicht genug, denn während bei einem Film Zuschlag für 3-D auf den Eintrittspreis kommt, werden in entsprechend ausgestatteten Kinos beide Streifen digital projiziert. Und digital, man ahnt es, bedeutet erneut einen separaten Aufschlag.

Jede Menge an Taten, Fakten, Zahlen, und doch dieser schale Nachgeschmack. Es bleibt einzig nüchternen Analysten überlassen, damit für das interessierte Publikum brauchbare Werte zu ermitteln. Man könnte es sich natürlich einfacher machen. Zumindest ein klein wenig einfacher. Wie viele Zuschauer hatten eigentlich die Filme in vergleichbaren Zeiträumen? Das ist natürlich profan, denn gerade aus den heiligen Hallen der Glitzerwelt dringen selten und äußerst ungern die vergleichenden Werte von Zuschauern. Denn während hollywood.com bei den Halbjahreszahlen eine Steigerung von 11 Prozent bei den Einspielergebnissen bekannt gibt, gibt es nur 9 Prozent Zuwachs an Zuschauern.

Es wird also vermittelt, dass der Zuschauer nicht nur motiviert ins Kino gegangen ist, sondern bei diesen Ergebnissen auch absolut zufrieden gewesen sein muss. Schall und Rauch? Lug und Trug? Wie man es nimmt, jeder wird wohl irgendwo seine eigene Wahrheit finden. Dann wirft bloomberg.com kürzlich auch noch vollkommen unmotiviert die altbekannte Liste von inflationsbereinigten Einspielergebnissen unters Volk. Da bleibt in Amerika VOM WINDE VERWEHT gefolgt von STAR WARS unangefochten an der Spitze. Gott bewahre, inflationsbereinigt steht da TRANSFORMERS 2 noch auf Platz 100. Aber vielleicht ist da ja noch was zu machen, man sollte die Hoffnung nicht aufgeben. Inflationsbereinigung ist schon eine hervorragende Sache, sie verdeutlicht, dass die Welt doch nicht so schlecht ist. Aber diese Liste verrät wiederum nichts über Zuschauerzahlen. Es ist zum Haareraufen.

Dafür gibt es im Überangebot von teuren Filmen, neuester Technik, Fortsetzungen und Neuinterpretationen das ein oder andere Lichtlein am Ende des Tunnels. Ein spannender, durchweg lustiger und wundervoll Inszenierter dritter Teil von ICE AGE zum Beispiel. Es mag verstörend klingen, wenn man behauptet, dass dieser Film hält was er verspricht. Sicher hat er seine kleinen Macken, die sind aber nicht nur überschaubar, sondern auch leicht zu vertreten. Das er gegenüber seinen Vorgängern sogar einen kleinen Schritt zurück macht, wirkt sich letztlich auch positiv auf das Erlebnis aus. Ein in sich stimmiger Film, der besonders in 3-D seinen wundervollen kindlichen Zauber zu einem altersübergreifenden Abenteuer macht. Und mit all den Zuschlägen ist das doch ein sinnvoller Kampf gegen diese fürchterliche Rezession.

Ice Age: Dawn of the Dinosaurs - Die Dinosaurier sind los
Sprecher: Ray Romano, Denis Leary, John Leguizamo, Queen Latifah, Simon Pegg, Seann William Scott, Chris Wedge u.a.
Regie: Carlos Saldanha, Mike Thurmeier – Drehbuch: Michael Berg, Peter Ackerman, Mike Reiss, Yoni Brenner – Szenenbild: Mike Knapp - Bildschnitt: Harry Hitner – Musik: John Powell – Character-Design: Peter De Seve
USA / 2009 – ca. 93 Minuten

 


 
 
Illuminati – Angels & Demons
 
Wie sich die Geschichte doch wiederholt. Kaum hatte man die ersten Pressevorführungen hinter sich, verebbten plötzlich böse Widerworte, verstummten die peinlichen Anschuldigungen. Mit dem regulären Kinostart war auch der Hauch des Mystischen, des Verbotenen, des Skandales verraucht. Man könnte sogar sagen mit weißem Rauch. Das Konklave der Zuschauer hat gewählt. Ja, wir haben wieder einen Film. Genauso spektakulär, wie die Papstwahl im Film selbst. Zweifellos ist ILLUMINATI ein gewaltiger Film, einer, den man gerne als Großereignis benennt. Und ILLUMINATI ist um Längen raffinierter umgesetzt als sein finanziell erfolgreicher Vorgänger. Aber wie eben auch sein Vorgänger schafft es Ron Howard nicht, sein Publikum mitzunehmen. Der Zuschauer hechelt lediglich hinterher, stets bemüht, der erhaltenen Komplexität des in der deutschen Ausgabe über 700 Seiten umfassenden Romans zu folgen.
 
Durch die Bemühungen, Liebhaber und Fans des Buchs SAKRILEG – DA VINCI CODE nicht zu verärgern, legten sich Drehbuchautoren und Regisseur selbst filmische Stolpersteine in den Weg. In Absprache mit dem Schriftsteller Dan Brown sollte das nicht mehr passieren. Brown erschuf sich damit sogar einen Job als Ausführender Produzent bei dieser Produktion. Man straffte, strich und änderte. Das kommt der filmischen Umsetzung wirklich sehr zugute, macht die Geschichte aber noch lange nicht weniger komplex. Während ganze Handlungsstränge hinten runterfielen, erhielt man teilweise ganze Dialogpassagen aus dem Roman bei. Damit gelang, was in den letzten Jahren nur Peter Jackson beschienen war: Eine vollkommen zufriedenstellende Romanverfilmung.

Symbolologe Robert Langdon wird vom Vatikan gebeten, bei der Aufklärung eines Entführungsfalles zu helfen. Durch sein vorangegangenes Abenteuer hat er sich bei der katholischen Kirche keine Freunde gemacht, aber gewiss ihren Respekt erlangt. Es ist der Tag, an dem ein neuer Papst gewählt werden soll und die vier ‚bevorzugten‘ Kandidaten auf das Amt für den Heiligen Stuhl sind entführt worden. Zudem wurde aus den Laboratorien von CERN unter Anwendung unerbittlicher Methoden ein Behälter mit Antimaterie gestohlen, welcher scheinbar anschließend irgendwo im Vatikan versteckt wurde. Zu den Vorfällen bekennen sich die Illuminati, ein Jahrhunderte alter Geheimbund aus Wissenschaftlern wie zum Beispiel seinerzeit Galileo. Seit Jahrzehnten waren die Illuminaten nicht mehr aktiv gewesen, aber nun möchten sie grausame Rache an der kirchlichen Institution nehmen, von der sie dereinst grausam gejagt und teilweise hingerichtet wurden. Antimaterie in Staubkorngröße könnte den ganzen Vatikan zu Nichts verdampfen. Die Illuminati haben allerdings wesentlich mehr Antimaterie aus CERN entwendet. Und dabei bevölkern abertausende Gläubige die heilige Stadt in freudiger Erwartung auf einen neuen Papst. Der endgültige Sieg der Wissenschaft über die Religion könnte bevorstehen.

Ein Roman lässt sich leichter lesen als ein Film ansehen, der den Handlungsspielraum beibehält. Zur Ehrenrettung muss man auch sagen, dass selbst Dan Brown seinen Lesern nicht zugesteht, bei den komplizierten Aufgabenstellungen mitzurätseln, welche Robert Langdon lösen muss, um die Katastrophe zu verhindern. Im Buch wie im Film wird man gnadenlos mitgerissen. Doch zumindest schafft es Howard, einige ruhige Momente zu inszenieren, die nicht einfach nur Zeit zum Verschnaufen lassen, sondern den Darstellern Freiraum zum Spielen und Interagieren geben. Bei einer Auswahl wie Hanks, McGregor, Müller-Stahl und Skarsgard will man das aber auch haben, dass man diesen illustren Kreis auch mal in Ruhe beobachten kann. Dabei hält Howard wunderbar die Balance immer wieder im richtigen Augenblick anzuziehen, oder Fuß vom Gas zu nehmen. Etwas, das dem ersten Teil nicht beschienen war und als deutliches Manko zu sehen war, weil es ihn nicht spannender machte, sondern nur den Zuschauer atemlos zurückließ. Und mit Thure Lindhardt als Sicherheitsbeamten hat man ein relativ unbekanntes Gesicht gefunden, dem man besonders gerne  zusieht und der in dieser Riege großer Namen sehr positiv auffällt.

Die Veränderungen von Drehbuch zur Romanvorlage kommen allesamt der Geschichte zugute. Besonders die verschobene Charakterisierung des Killers dürfte einige Zuschauer überraschen, ist aber wirklich originell, weil glaubhaft umgesetzt. Weniger gelungen ist allerdings die Umsetzung in der letzten Viertelstunde, wo die Geschichte zu einem plausiblen, aber leider viel zu versöhnlichen Ende gebracht werden soll. Die Filmversion gesteht dem vermeintlichen Illuminatus nicht zu, in einer wenngleich verblendeten, aber im Grunde doch ehrenwerten Absicht zu handeln. Wo Brown aus dem sogenannten Bösewicht eine nachvollziehbare und im weiteren Sinne sogar verständliche Absicht herausholt, eine Absicht, die sich durchaus aus dem derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft ableitet, bleibt dieser im Film nur ein versponnener Eiferer. Zudem findet der Film nach dem gelungenen, atemberaubenden Showdown noch lange kein Ende, obwohl da die Spannung längst abgeklungen ist. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Macher konnten sich einfach nicht von ihrer Geschichte verabschieden. Zu sehr hat man sich da wieder ans Buch gehalten, wohingegen bekannt sein müsste, dass beim Lesen andere Mechanismen funktionieren.

Totinos Kameraarbeit lässt eigentlich keine Wünsche offen. Mit seinen Grau dominierenden Bildern passt sich die Stimmung einfach gut an die Thematik an und er weiß, wann man was und wie viel von der Szenerie zeigen muss, oder wann die Charakter in den Vordergrund müssen. Die Kamera verschmilzt unaufdringlich mit dem Rhythmus des Filmes, ohne die Bilder zu überfrachten, was sich eigentlich anhand der Massenszenen angeboten hätte. Doch anstatt der verlockenden Epik zu erliegen, werden die Geschehnisse stets über die Figuren abgehandelt. Nur Hanley und Hills Bildschnitt verfällt an wenigen Stellen in die moderne Auffassung von unübersichtlicher Bildführung. Doch im Groben ist gerade dieser Film ansich sehr puristisch geschnitten, fast schon konventionell langsam, was ihm aber nichts von seinem Spannungsaufbau nimmt. Musikalisch baut man dann auch noch auf Altbekanntes, in dem lediglich Joshua Bell mit seiner Violine Hans Zimmers ‚Chevaliers de Sangreal‘ etwas variieren kann. Der Einfluss der Musik auf einzelne Szenen ist aber längst nicht so markant wie beim Vorgängerfilm. Eigene, nur angelehnte Themen wären ILLUMINATI besser zu Gesicht gestanden.

Der technische Höhepunkt ist allerdings ohne jeden Zweifel die Rekonstruktion der verschiedenen römischen Drehorte, für die es anfänglich Drehgenehmigungen gegeben hatte, die allerdings unter dem Einfluss des Vatikans zurückgezogen wurden. Die Leistungen von Produktionsdesign, Ausstattung und Bühnenbau sind einfach überwältigend. Dabei kommt der Film mit wesentlich weniger computergenerierten Bildern aus, als es für eine Produktion dieser Größenordnung mittlerweile üblich wäre. Zu keinem Zeitpunkt macht irgendeine Kulisse den Eindruck, im Studio entstanden zu sein. Jede Kapelle, Kirche oder der Dom sind einfach überzeugend, genauso wie alle anderen Örtlichkeiten im Vatikan. Da Totinos Kamera diese Drehorte eher wie zufällig und dadurch sehr unaufdringlich in Szene setzt, verleiht das dem gesamten Film einen unglaublichen Realismus.

ILLUMINATI, als erster Robert-Langdon-Roman nun als zweiter verfilmt, ist in erster Linie eine erstklassige Romanverfilmung. Er ist eigenständig gesehen ein durch und durch respektabler Film geworden. Doch er ist noch lange kein perfekter Film. Vielleicht weil er gerade am Ende merklich an Fahrt verliert, oder die Musik sich nicht so besonders hervor tut. Aber er ist spannend, sehr gut gespielt und im obersten Bereich in all seinen technischen Aspekten. Er wird nie wirklich langweilig und ist teilweise auch mit unaufdringlichem Humor gespickt. Und er macht sich für seine im Vorfeld polternden Gegner unangreifbar, weil er sich einer eindeutigen Stellung gegenüber der katholischen Kirche und ihren Methoden entzieht. Und tatsächlich gehört eine befürchtete Kritik, die man anfänglich in dem Film vermutete, auch überhaupt nicht in eine Geschichte, der im weitesten Sinne eine Schnitzeljagd zugrunde liegt. Also bleibt der schwarze Rauch aus, der signalisieren soll, dass kein Ergebnis erzielt wurde. Weißer Rauch steigt empor und die Menge jubelt. Es gibt die Reibungspunkte, aber nichtsdestotrotz haben wir einen sehenswerten Film.


Illuminati – Angels & Demons
mit Tom Hanks, Ewan McGregor, Stellan Skarsgard, Ayelet Zurer, Nikolaj Lie Kaas, Pierfrancesco Favino, Thure Lindhardt, Armin Müller-Stahl u.a.
Regie: Ron Howard – Drehbuch: David Koepp, Akiva Goldsman – Kamera: Salvatore Totino – Bildschnitt: Dan Hanley, Mike Hill – Musik: Hans Zimmer, Joshua Bell – Produktion Designer: Allan Cameron – Ausstattung und Bühne: Keith Cunningham, Dawn Swiderski, Patte Strong-Lord, Jeff Markwith
USA / 2009 – circa 138 Minuten

 


 

Im Bann des Jade-Skorpion - The Curse Of The Jade-Scorpion

Darsteller: Woody Allen, Dan Aykroyd, Elizabeth Berkley, Helen Hunt, Charlize Theron, Brian Markinson, David Ogden Stiers u.a.

Regie & Drehbuch: Woody Allen; Kamera: Zhao Fei; Filmschnitt: Alisa Lepselter; Produktions Design: Santo Loquasto

USA / 2001 ; circa 103 Minuten

Einmal auf seine Affären und die damit verbundenen Gerichtsverhandlungen angesprochen, meinte Woody Allen: „Ich drehe jedes Jahr einen Film, wie sollte ich da Zeit für das haben, was man mir vorwirft.“ Woody Allen ist das kleine Chronometer im großen Kreislauf des Kinos. Pünktlich im September startet in Amerika ein neuer Streich des kleinen zauseligen Neurotikers. Deutschland zieht halbwegs pünktlich November/Dezember nach. Man kann sich auf Allen verlassen. Und auch ‚Im Bann des Jade-Skorpion’ ist eines dieser kleinen Meisterwerke der Mittelmäßigkeit aus der Woody seit seinem Jahresrhythmus nicht mehr heraus kommt. Immerhin ist es amüsante, unterhaltende Mittelmäßigkeit. Eine Mittelmäßigkeit die man nie bereut. In großen Lettern strahlt 1940 von der Leinwand. Der ganze Film ist wie die meisten seiner Werke eine Hommage an die Dinge, die der Darsteller, Regisseur und Autor so sehr schätzt. Die ‚Radio Days’ und Bullets over Broadway’ hat er schon gemacht. Jetzt ist also Bogart an der Reihe und die schwarze Serie. Keines von beiden zelebriert er in der Nachahmung, aber mit allen geschätzten Stilmitteln. Und natürlich der Jazz. Böse Zungen behaupten, Woody würde nur jedes Jahr einen Film machen, um seine Lieblingsmelodien von der Leinwand hören zu können. Die Vernünftigeren unter uns wissen längst, das diese Behauptung nur von Allen selbst stammen kann.

Als alternder Versicherungsdetektiv CW Briggs nimmt sich Allen selbst kein bisschen mehr ernst, feuert eine Dialogzeile nach der anderen auf sein Äußeres und auf sein Alter ab. Dennoch versäumt er nicht, sich kräftige Küsse ins Drehbuch zu schreiben, hier mit Helen Hunt und Charlize Theron. Sei es ihm gegönnt, schließlich gehören zwei dazu und die anderen ziehen mit. Bereitwillig stellt Allen seine eigenen Rollen immer wieder zur Verfügung. Sollte ein Hanks, Pitt, oder Cruise nach der Hauptrolle fragen, würde er sich freuen. Woody Allen ist keiner der selbst nachfragt, denn er legt die Bedingungen fest und die heißt Mindestgage. Kenneth Brannagh ist einmal gekommen und hat in ‚Celebrity’ Woodys Part und dann sich selbst übernommen. So macht es nicht viel aus, das sich ein merklich in die Jahre gekommener Allen mit den flottesten und beliebtesten Frauen Hollywoods auf der Leinwand räkelt.

Unter dem Bann einer Hypnose klaut diese CW Briggs die Juwelen von Kunden der eigenen Firma, um sich anschließend an die eigenen Fersen zu heften. Das hätte sorgsamer ausgearbeitet ein vergnüglicher, aber dennoch exzellenter Thriller werden können. Film Noir eben, aber wie immer beugt sich der Autor dem Geschlechterkampf. Und in Helen Hunt hat Allen eine ebenbürtige Partnerin gefunden und wechselt von der schwarzen Serie lieber zum großen Vorbild George Cukor und lässt die wirklich funktionierende Screwball-Comedy wieder aufleben. Hunt spielt Betty Ann Fitzgerald. Es ist 1940 und ein neues Jahrzehnt bricht an. Das sorgt für Aufbruchstimmung, wie der Jahrtausendwechsel und Frauen drängen in die vordersten Reihen. Urgesteine wie CW fühlen sich nicht nur bedroht, sie sind es. Betty Ann soll die Firma auf Vordermann bzw. -frau bringen und als erstes wird die Firmeninterne Detektei als überflüssig betrachtet. Das sorgt für ordentliche Turbulenzen und lässt auch nicht Platz. Trotz der vielen perfekt ausgespielten Nebenrollen, konzentriert sich das Buch in energischer Konsequenz um CW und Betty Ann, nicht einmal der ideal besetzte Dan Aykroyd bekommt einen komischen Zweizeiler. Das verdrängt sogar an vielen Stellen die Handlung und führt an manchen Stellen dazu, das sich Helen Hunt, obwohl perfekt gespielt, zu wiederholen scheint.

Hätte Woody Allen seinen Jahreszyklus nur einmal unterbrochen um sich ein bisschen besser ums Buch zu kümmern, wäre aus dem ‚Bann des Jade-Skorpion’ einer der komischsten und dabei besten Ableger der schwarzen Serie geworden. Da ist selbst die Femme-Fatale-Rolle Charlize Therons nur hineingeschrieben, um das Klischee zu erfüllen. Was bleibt sind kurzweilige 100 Minuten und phantastische Schauspieler, die sich in teilweise aberwitzigen Dialogen sichtlich wohlfühlen.

 


 

Im Juli:

Darsteller: Mortitz Bleibtreu, Christiane Paul, Mehmet Kurtulus, Idil Üner, Branka Katic;

Regie & Drehbuch: Fatih Akin; Kamera: Pierre Aim; Musik: Ulrich Kodjo Wendt; Schnitt: Andrew Bird;

circa 100 Minuten

Handlung im zweiten Absatz!

Einen sogenannten 'Roadmovie' in Deutschland zu drehen kann durchaus mit Komplikationen bestückt sein. Kaum das man 8 Stunden von der österreichischen Grenze losgefahren ist, befindet man sich schon in Dänemark. Da bieten sich die halboffenen Grenzen Europas geradezu an. Allerdings müßte sich da schon einer ans Drehbuch setzen, der sein Wissen nicht nur aus dem Shell-Atlas kennt. Und genau dies war für den deutsch-türken Fatih Akin der Grundstock seiner zweiten Regiearbeit an einem Langfilm. Jahrelang legte er die Strecke Deutschland / Türkei auf dem Rücksitz des Wagens seiner Eltern zurück. In praller Sonne, im Stau und im Juli.

Im Juli ist auch Hauptreisezeit in Hamburg. Alle flüchten in fernere Gefilde, nur der angehende Lehrer Daniel (Bleibtreu) bleibt zuhause. Keine Freunde, keinen Plan und absolut spießig gibt sich Daniel seinem Schicksal hin, täuscht seinen Kollegen die Freuden von Balkonien vor und übersieht in seiner Tolpatschigkeit die Avanchen der Straßenverkäuferin Juli (Paul). Diese verspricht im beim Verkauf eines Ringes, das die Liebe seines Lebens seinen Weg kreuzen wird. Prompt stößt Daniel auf die Türkin Melek (Üner). Die redet geheimnisvoll von einem Treffen unter der Bosporusbrücke in Istanbul, setzt sich in den Flieger und ist Richtung Heimat verschwunden. Daniel bleiben 8 Tage um nach Istanbul zu kommen, besessen von dem Gedanken, Melek wäre jene Prophezeiung als Traumfrau.

Fatihs Drehbuch macht nicht die geringsten Anstalten, zu täuschen, oder auf verlogene falschen Fährten zu locken. Auf Daniels Reise setzt sich Juli hartnäckig an seine Seite und der verkappte Liebeskranke benötigt einige Zeit, seine wahren Gefühle frei zu lassen. So offensichtlich sich die Geschichte von Anfang an gibt, so unterhaltsam jongliert Akin seine Darsteller durch die Höhen und Tiefen der Reise, verzichtet gerne auf Althergebrachtes und bricht mit leichter Hand einige Regeln der Logik. Aber all diese scheinbaren Nachteile machen gerade den hervorragenden Unterhaltungswert von 'Im Juli' aus. Da fallen auch die außergewöhnlichen Bilder ins Auge, mit denen viele Konventionen gebrochen werden. Mit leichter Hand verzaubert der Regisseur sein Publikum und beweist, wie schon mit seinem Debüt 'Kurz und Schmerzlos', das niemand neidisch über den großen Teich blicken muß. Die Darsteller sind nicht einfach nur glaubhaft, sondern gehen mit prachialer Leichtigkeit in ihren Rollen auf. Besonders Moritz Bleibtreu vollzieht eine grandiose Wandlung vom mittelmaß Spießer zum draufgängerischen Abenteurer.

Da ist diese unvergeßliche Szene auf dem Donaudampfer mit dem Joint, die allein schon ein zweites mal ansehen verdient hat. Sie vereint alles was 'Im Juli' im Gesamten zu einem wundervollen Kinoerlebnis macht. Erstklassige Schauspieler, grandiose Regie und außergewöhnliche Kameraeinfälle. Dabei läßt sich auch Fatih Akin in einem selbst auf den Leib geschriebenen Kurzauftritt nicht zu kurz kommen, um letztendlich zu beweisen, das er nicht nur andere perfekt in Szene setzen kann, sondern ein Meister unaufdringlicher Selbstdarstellung ist. Wenn der Jungregisseur in seiner Karriere so weitermacht, werden wir noch auf einige herausragend, angenehme Überraschungen gefaßt sein müssen.

 


 

Im Tal von Elah – In the Valley of Elah

Darsteller: Tommy Lee Jones, Charlize Theron, Jason Patric, James Franco, Josh Brolin, Francis Fisher, Jonathan Tucker und Susan Sarandon

Regie und Drehbuch: Paul Haggis, nach einem Playboy-Artikel von Mark Boal; Kamera: Roger Deakins; Bildschnitt: Jo Francis; Musik: Mark Isham

USA / 2007; circa 121 Minuten

„Für sie war mein Sohn in diesem Drecksloch“,  wettert Hank Deerfield und er meint es ernst. Es geht nichts über den patriotischen Eifer eines Ehemaligen. Für Andere einen unverständlichen Krieg zu führen, ist alles was an Argumentation für Irak übrig geblieben ist. Paul Haggis Auseinandersetzung mit diesem Krieg, ist eine Auseinandersetzung mit Amerika selbst. Bestandsaufnahme. Paul Haggis hat nach einem auf wahren Begebenheiten beruhenden Artikel von Mark Boal, eine extrem plakative Bestandsaufnahme gemacht. An vielen Stellen wirken die dargestellten Handlungspunkt wie eine kindlich naive Vorstellung von einer links liberalen Sicht auf das heutige Amerika.

Wie in seinem sensationellen ‚Crash‘ balanciert Haggis extrem gefährlich nahe an der Lächerlichkeit mit seinen Aussagen zu Rassismus, Kommunikation, und hier eben einem Krieg den keiner mehr versteht. Doch Haggis balanciert geschickt. Was für das konservative Amerika wie Vaterlandsverrat wirken könnte, ist alles andere als ein tatsächliches Infrage stellen von Werten und Moral. Am Ende hängt die Flagge verkehrt am Mast, normalerweise ein Zeichen, das etwas vollkommen falsch läuft im Land. Man könnte sehr leicht vorwerfen, wie billig und absehbar diese letzte Einstellung ist. Aber es ist die Flagge von Hank Deerfields Sohn Mike. Ein Sohn, der den Vater stolz machen sollte. Ein Sohn, um den sich Mutter sorgen kann. Ein Sohn, der in einem fernen Land für die ehernen Werte kämpft. Es ist kitschig und vielleicht wirklich etwas billig. Denn in Wahrheit, dies weiß jeder, ist in Gods own Country etwas ganz gewaltig nicht in Ordnung.

Ist es wirklich so, dass ausgerechnet der Krieg im Irak perverse und moralisch abgestumpfte Soldaten hervorgebracht hat? Besitzen ausgerechnet die Veteranen aus Vietnam das Siegel von Werten und Ehre? Hier schneidet Haggis Drehbuch extrem tief ins Fleisch von Vorverurteilung und falschen Patriotismus. Der Ex-Soldat Hank Deerfield ist ein von Leben gezeichneter Mann, der trauriger nicht sein könnte. Fest gefahren in seinen Routinen, ist er Opfer eines ganz anderen Krieges. Hank Deerfield ist das Opfer vom Glauben in das eigene Land. Ein Land das ihm soviel gegeben hat, weil er alles dafür opfern musste. Der harte Kerl Tommy Lee Jones wird zum gebrochenen Selbst. Tommy Lee Jones ist der harte Kerl, der längst vergessen hat, warum er so hart sein muss. Pedantisch putzt er jeden Abend seine Schuhe, richtet im Motel selbst sein Bett nach militärischem Drill und muss lange überlegen, wann ein „Danke“ angebracht ist.

Der Irak hat aus Mike einen Sohn gemacht, den sein Vater nie für möglich gehalten hat. Eine schreckliche Wahrheit, die Hank nicht verstehen kann. Wie absurd, das Hank dies nicht verstehen kann, weil doch im Laufe seiner eigenen Militär-Karriere, andere Mechanismen aus ihm einen Menschen gemacht haben, den seinerseits keiner für möglich gehalten hat. In einer unscheinbaren Einstellung entfernen sich Vater und Mutter durch einen Gang vom Zimmer, wo die Überreste des toten Sohnes aufgebahrt liegen. Die Kamera verharrt und man sieht nur zwei gebrochene Personen den Gang hinuntergehen. Es ist der Haudrauf-Typ Jones und die stets attraktive Susan Sarandon. Zwei ins Alter gekommene Menschen, die alles abgelegt haben, wie man sie eigentlich kennt. Haggis zeigt sie als alte Menschen, die mit dieser Welt nichts mehr anfangen können.

Mit einem Mal ist der Film kein Film über den Krieg und kein Film, der moralisieren möchte. Es ist ein Film über Menschen, und sonst nichts. Ein Portrait von einem speziellen Charakter, der immer der Meinung war, alles im Griff zu haben. Ein penibler Pedant, der in einem Leben feststeckt, welches er nicht gewollt, aber das ihn geholt hat. Als hätte Tommy Lee Jones diese Rolle nie gespielt, sondern nur gelebt, lässt er einen für die geschlagenen 121 Minuten nicht aus seinem Bann. Gerade mit all seiner stoischen Gelassenheit und der apathisch wirkenden Ruhe, setzt Jones eine fesselnde Energie frei, die einen einfach nicht loslassen will. Trotz all der anderen, exzellenten Darsteller, beherrscht Jones die Leinwand selbst in Momenten, in denen er nicht auftritt. Das eigentliche Kriegsdrama wandelt sich umgehend in ein ergreifendes und mitreißendes Psychogram.

Der billige Effekt einer verkehrt aufgezogenen Flagge ist am Ende doch nur der Hilfeschrei eines Mannes, der erfahren hat, wie unbedeutend das eigene Leben werden kann. Wenn der Sohn seinem Vater die Flagge zukommen lässt, gibt er damit zu verstehen, das sein amoralisch gewordenes Leben ein Ende haben muss. Und wenn Hank sie letztlich falsch aufzieht, hat er leider erkennen müssen, das Mike ihm in Einsicht weit voraus war. Die jüngste Generation ist das Produkt einer etablierten Gesellschaft, die ihren Zöglingen mit überholten Moralvorstellungen und fragwürdigen Werten nichts beibringen konnte. Nicht der aktuelle Zustand des Landes ist mit der Flagge gemeint, sondern die Einflüsse eines Mannes wie Hank Deerfield auf die Welt.

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In den Schuhen meiner Schwester - In her Shoes

Darsteller: Toni Collette, Cameron Diaz, Shirley MacLaine, Mark Feuerstein, Ken Howard, Candice Azzara, Francine Beers u.a.
Regie: Curtis Hanson; Drehbuch: Susannah Grant nach dem Roman von Jennifer Weiner; Kamera: Terry Stacey; Bildschnitt: Craig Kitson; Musik: Mark Isham
USA / circa 129 Minuten


Als typische Vertreterin der Generation X, noch dazu als fabelhafte Beobachterin ihrer Umwelt, entwickelte sich Jennifer Weiner zu einer sehr erfolgreichen Kolumnistin. Erfolgreichen Kolumnistinnen bleibt es nicht erspart, irgendwann ihre Gabe in Buchform auszudrücken und sollte sich auch da der Erfolg einstellen, bleiben weitere Angebote nicht aus. Weiter Angebote soll heißen, mehr Bücher und schließlich der Film.

Rein autobiografisch ist Jennifer Weiners zweiter Roman nicht, aber mit viel Geist und Erfahrung verarbeitete sie eigene Episoden, wie zum Beispiel die Scheidung ihrer Eltern. ‚In her Shoes’ scheint wie geschaffen für die kalte Jahreszeit, wenn die Blockbuster aus den Kinosälen verschwunden sind. Geschaffen für die Zeit, wenn Frauen anfangen das Programm zu bestimmen, vor allen die Schicht Frauen im Alter über dem so wichtigen demografischen Durchschnitt des Publikums.

Zwei Schwestern, die nichts außer die selbe Schuhgröße gemeinsam haben, zerstreiten sich scheinbar hoffnungslos. Im Laufe dieser Zeit lernen sie unabhängig voneinander, wie viel ihnen wirklich aneinander liegt. Das ist sicherlich nicht neu und von originell ist es weit entfernt. Das obligatorische Happy-End ist zu erwarten und man wird nicht enttäuscht. Ein wirklich typischer Frauenfilm, ähnlich anspruchsvoll wie typische Männerfilme, wo Meteoren auf die Erde zurasen und nur ein Mann die Vernichtung der Erde aufhalten kann. So scheint es.

Auch Filme wie ‚L.A. Confidential’ hat es in den fünfziger Jahren wie Sand am Meer gegeben und der Underdog aus den Slums, der es mit singen zum Erfolg bringt ist weit von jeder Originalität entfernt. Wie entsteht also aus einer althergebrachten Geschichte, tatsächlich etwas Neues? Das kann zum einen mit Ehrlichkeit geschehen. Oder auch wenn sich in einem Cameron Diaz Film ganz einfach Toni Collette in den Mittelpunkt spielt. Oder man nimmt einen Regisseur, der wieder etwas ganz neues ausprobieren möchte, wie zum Beispiel Curtis Hanson.

Schon beim Titelvorspann läuten die Alarmglocken, wenn sich Ridley Scott als ausführender Produzent entpuppt. Menschen wie Scott, mit seinem Bruder Tony, zusammen mit einem Kaliber des Typs Curtis Hanson können allerlei Hoffnungen wecken. Man darf Susannah Grant nicht vergessen, das wichtigste und weibliche Verbindungsglied in dieser Kette. Namen sind Schall und Rauch, wer sollte also dem Namen Susannah Grant viel Bedeutung beimessen? Aber immerhin hat Grant aus der wirklich aberwitzig simplen, absehbaren und wahren Geschichte der ‚Erin Brockovich’ ein spannendes, mitreißendes Erfolgsdrama geschrieben.

Es ist tatsächlich die Ehrlichkeit, die aus ‚In her Shoes’ etwas Besonderes macht, wo den Figuren mehr Zeit für ihre Gefühlswelt zugestanden wird, als der eigentlichen Motivation ihres Handelns. Die Handlung ist einfach, das Thema absehbar und so macht Curtis Hanson eben das, was er perfekt versteht, nämlich den Charakteren soviel Freiraum zugestehen damit sie authentisch werden. Da erlebt man dann auch eine Shirley MacLaine, die so zurückhaltend überzeugend wirkt, wie seit dreißig Jahren nicht mehr und dabei Charme versprüht, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Doch Dreh- und Angelpunkt ist einfach Toni Collette, die aus einem Minimum von Anspruch eine maximale Dosis realer Gefühle zaubert. Die Leistung, für den Film 13 Kilo zuzunehmen und während der Dreharbeiten wieder zu verlieren, quittiert Regisseur Hanson zur Recht mit einem wundervollen ‚Rocky’ Zitat, an Ort und Stelle des Boxerfilmes. Eine oft kopierte Szene, die hier wirklich ihre Rechtfertigung findet.

Auffallend bei ‚In her Shoes’ ist das konsequente Auslassen fein geschliffener und hoch stilisierter Dialoge, was den Film schnell die Kritik der Oberflächlichkeit einbringen kann. Überhaupt sind die spannendsten Momente, besonders bei dieser Geschichte, überhaupt nicht vorhanden. Der Ausstieg von Collettes Figur aus dem ihr wichtigen Lebensrhythmus, oder was die Beziehung zu ihrem Ex-Kollegen so von anderen Beziehungen unterscheidet. Vieles kommt zu überraschend, wie das Lesen lernen von Diaz’ Charakter. Anderes bleibt einfach aus, zum Beispiel die eigentlich übliche Abrechnung mit der bösen Stiefmutter. Aber wer sich auf den Film einlässt, stellt schnell fest, dass alles zwischen den Zeilen des Drehbuches abläuft. Die Hintergründigkeit ist überraschend und vor allem, sie ist treffend. Als Fazit bleibt eben, auf der Ebene des Filmes ist es real und ehrlich.

‚Wonderboys’ von Curtis Hanson war ein Film über Männer und deren verschlungene Wege des Denkens und Seins, an dem auch Frauen ihre wahre Freude hatten. Nun hat Hanson mit ‚In her Shoes’ einen Frauenfilm gemacht, durch und durch. Und auch Männer können daran ihre wahre Freude haben.

Mainstream

 


 

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels

Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull

Darsteller: Harrison Ford, Cate Blanchett, Karen Allen, Shia LaBeouf, Ray Winston, John Hurt, Jim Broadbent, Igor Jijikone u.a.

Regie: Steven Spielberg; Drehbuch: David Koepp nach einer Geschichte von George Lucas und Jeff Nathanson; Kamera: Janusz Kaminski; Bildschnitt: Michael Kahn; Musik: John Williams

USA / 2008; circa 122 Minuten


Die Zeit des großen Abenteuerfilmes ist längst vorbei. Hat ihn wirklich jemand vermisst? Nicht wirklich, aber haben wir ihn gebraucht? Da ließe sich streiten, doch würde derartiges in haltlosen Debatten kein Ende finden. Wie jede Fortsetzung ist auch Indiana Jones ein Vehikel zum Geld verdienen. Und dabei geht es um sehr viel Geld. Die Intentionen der Macher mögen Dieselbigen nach außen hin anders darstellen, der gemeine Zuschauer hingegen, und der Enttäuschte umso mehr, schreit dann schnell mal nach Gerechtigkeit. Das Genre des großen Abenteuerfilmes existiert eben nicht mehr. 

Man darf dabei allerdings nicht argumentieren, warum bei einer Atomexplosion einzig und allein ein bestimmter Kühlschrank aus dem Detonationsbereich geschleudert wird, anstelle des gesamten Dorfes. Warum nicht Willie Scotts Kleid in der Lavagruppe Feuer gefangen hat, war bei ‚Temple of Doom‘ auch nie zur Debatte gestanden. Und überhaupt diese Höhle mit diesen albern überdimensionierten Käfern, nicht zu vergessen das berüchtigte Dinner zu Hofe, mit Kuhaugen und Affenhirn. Oder erinnert sich noch jemand an die grauenhaften Blue-Screen Effekte beim ‚Letzten Kreuzzug‘? Nicht zu vergessen das unsägliche Autogramm des berühmten Österreichers. Die comichafte Absurdität des Überzogenen war fortlaufend ein Bestandteil dieser Wiederbelebung des klassischen Abenteuerfilmes. Ja, natürlich macht es keinen Sinn, das Indy und seine Konsorten plötzlich von der Person verfolgt werden, die in der Szene zuvor den Helden den ‚Kristallschädel‘ abluchste und erfolgreich entwischt war. Aber auf der Suche und dem Ausschlachten von Logikfehlern sollte man ganz vorne anfangen, nämlich bei den ‚Jägern‘ und man würde viel Zeit brauchen, bis man sich zum ‚Kristallschädel‘ vorgearbeitet hat. Oder wie kommen die unzähligen Taranteln auf Henry Jones Juniors Rücken? Doch wer will diese Diskussion denn wirklich, es sei denn, er möchte dringend um Aufmerksamkeit haschen.

Es gibt genau zwei Fehler, die diesen Film als Makel anhängen. Da ist zum einen die große Lüge des George Lucas und zum anderen hat der immense Zeitraum von fast neunzehn Jahren zu einer Fortsetzung bei einer derart beliebten Filmfigur unerfüllbare Erwartungshaltungen aufgebaut. Beides darf man aber nicht dem Film als solches als Kritikpunkt anhaften. ‚Pate III‘ und ‚John Rambo‘ waren Filme die ihr Publikum ebenso lange warten ließen, ‚Psycho 2‘ warb sogar mit der Schlagzeile „it’s 22 years later and Norman Bates is coming home‘. Keinen dieser Filme hat diese Zeitspanne Vorteile verschafft. Im Gegenteil. Aber keines der Beispiele war tatsächlich so schlecht, wie gerne getönt wird. Nur Publikum und Sehgewohnheiten hatten und haben sich soweit verändert, dass ein nahtloser Übergang gar nicht möglich war. Und ein nahtloser Übergang ist auch für Doctor Jones nicht möglich gewesen. Aber dies scheinen ihm nur wenige zu zugestehen. Die aufflammenden Reaktionen nach der Premiere in Cannes zeugen bei den meisten Journalisten nicht nur von Unkenntnis, sondern vom Scheitern in ihrer Profession. 

Und hätte George Lucas nicht so groß verkündet, und er ist nicht müde geworden, dies zu betonen, alle Stunt-Arbeit wäre so weit möglich in der guten, alten Tradition entstanden, dann hätte sich vielleicht mancher Purist versöhnlicher gezeigt. Gerade mit Shia LaBeouf gibt es zwei Szenen, die wären vor zwanzig Jahren niemals am Computer gemacht worden, selbst wenn die technische Voraussetzung damals gegeben gewesen wäre. Davon abgesehen, das ein vernünftiger Regisseur die Tarzan Reminiszenz in einer dieser zwei Szenen gar nicht erst inszeniert hätte, aber das nur so nebenbei. Doch Hand aufs Herz, was die vornehmlichen Macher Spielberg und Lucas mit dem Einzug des Computers bei Indiana Jones anstellen lassen, hat auch seine wirklich vorteilhaften Seiten. Der geprügelte Held im Vordergrund eines Atompilzes. Willkommen in einem neuen Zeitalter, Doctor Jones. Die politische Schnörkellosigkeit der Vorkriegsjahre ist vorbei. Der Russe steht nicht nur vor der Tür, sondern McCarthy wütet auch im Inneren des Landes.

Auffallendstes Merkmal einer neuen Ära ist Spielbergs Inszenierung des ‚Kristallschädels‘ als ein durchgängiges, sich steigerndes Spektakel, welches nach dem furiosen Start nur zögerlich zurück auf die Rennbahn findet, sich aber auf der Distanz trotz aller Unkenrufe als unschlagbarer Champion behauptet. Die Vorgänger waren wie viele kleine eigenständige Cliffhanger-Folgen zu einem großen, zusammenhängenden Abenteuer geschnitten. Doch will man auf Biegen und Brechen die Vergleiche heranziehen, geht der jüngste Teil lange nicht als letzter ins Ziel. Und dies mit einer Formel, die für jeden anderen Film der verdiente Todesstoß sein sollte. Der neueste Film ist ein ganz anderer Indiana Jones und sich dennoch in allen Phasen treu geblieben. Es ist unerheblich, das einem als Zuschauer die Auflösung um den jungen Nebenakteur längst angesprungen hat, bevor die Überraschung bekanntgegeben wird. Wichtig ist doch jedem nur die Reaktion der Hauptdarsteller. Es spielt auch keine Rolle, dass Plausibilität in dieser, wie in den vorangegangenen Geschichten ganz fremd ist. Jeder möchte den Helden einfach nur noch viel weniger plausible Dinge machen sehen, mit denen er seine Haut rettet. Und auch hier, wie schon zuvor, schießen die Herren Spielberg und Lucas an manchen Stellen weit über das Ziel hinaus. Aber wen interessiert es, wenn der nächste Aha-Effekt schon im nächsten Filmmeter wartet.

Indiana Jones ist zurück. Und er ist so gut wie immer. Er ist genauso, wie jeder seiner Vorgängerfilme. Vieles könnte besser sein. Aber vieles könnte gar nicht besser sein. Trotz massivsten CGI Einsatz, besticht er in seiner selbst auferlegten Tradition. Und diese Tradition beinhaltet insbesondere, niemals besser sein zu wollen als die anderen aus der Familie, aber mindestens genauso unterhaltsam. Wäre der ‚Kristallschädel‘ in der für Fortsetzungen üblichen Zeit nach dem ‚Letzten Kreuzzug‘ entstanden, wären der Jubel und die Beifallsbekundungen einhellig und fortwährend positiv ausgefallen. Das war dem Film eben jetzt nicht vergönnt, weil er einfach zulange auf sich warten ließ. Doch Harrison Ford ist in bester körperlicher Verfassung, ohne jemals jünger wirken zu wollen, als es seinem wirklichen Alter entsprechen würde. Spielbergs Lust an der Inszenierung rasanter Sequenzen ist ungebrochen und stets spürbar. Mit Urgestein Karen Allen und der zum verrückt werden ansprechenden Cate Blanchett erstrahlt die Leinwand. Sind die verschiedenen Cliffhanger-Sequenzen auch unterschiedlich gelungen, erfreut man sich doch ihrer Originalität. Letztendlich war Indiana Jones doch niemals Inbegriff greifbarer Logik, oder authentischem Realismus, sondern ein Mann mit Hut, der ständig oben auf war, obwohl er ständig die Schnauze poliert bekam. Und es ist das Vermögen, präzise und perfekte Schauspielkunst einer wagemutig absurden Handlungsabfolge entgegen zu stellen, ohne dass sich diese gegenseitig sperren. So war es damals und so ist es mit dem ‚Königreich des Kristallschädels‘.

Die Zeit des großen Abenteuerfilmes ist längst vorbei, denn Dank der Popularität von Indiana Jones und seinen scheinbar widersprüchlichen Maßstäben hat er die Chancen für Gleichgesinnte und Nachahmer im selbst wiederbelebten Genre sofort im Keim erstickt. Haben wir ihn vermisst? Haben wir ihn gebraucht? Darüber sollen andere lamentieren. Der Mann mit dem Hut ist jedenfalls zurück, wenn nicht besser, so zumindest genauso gut wie früher.

bandit

 


Inglourious Basterds - Im von Nazis besetzten Frankreich


Kapitel Eins – ONCE UPON A TIME…

Es gibt keinen Regisseur, der das moderne Kino so geprägt hat wie Quentin Tarantino. Wenn man nun die Filmographie dieses Regisseurs und Drehbuchschreibers in Personalunion betrachtet, sollte man sich allerdings fragen, woher dieser Einfluss rührt. Es gibt sehr radikale Filme und durchaus innovative Erzählstrukturen, die diesem Mann verdiente Achtung einbrachten. Gerade mit seinem zweiten und dritten Film gab er dem Kino der Neunzigerjahre das, was auch das sogenannte Neue Hollywood Anfang der Siebziger als Frischzellenkur in die Kinokultur einbrachte – das geschickte Verweben von brutal geradlinigen Trivialfilmen mit der Erzählweise des kunstgeschwängerten Programmkinos. 

Es gibt keine Werbekampagne, die mit „ein Film im Stil von Steven Spielberg“ wirbt oder schreibt: „Ganz in der Tradition von Titanic“. Die Verehrung dieses Mannes hat zu Auswüchsen geführt, die in keinem Bezug mehr zu seinen wirklichen Leistungen stehen, denn Tarantino hat sich so schnell selbst überholt, dass sein Ruf sich eigentlich schon in Frage stellt. Waren zu Beginn von Tarantinos Karriere seine Filme eine eigen- und bodenständige Hommage an das Kino, zitiert er seit einigen Filmen nur noch sein Faible für das Zitat an sich. Tarantino-Filme sind nicht nur grafisch explizit, sondern auch brutal in ihren Versatzstücken. Dieser Mann polarisiert, und das weiß er auch. Die seit zehn Jahre in der Entstehung befindliche Geschichte des „Bären-Juden“, nimmt eine politische Komponente hinzu, die nicht unumstritten sein wird. Und das ist doch schon die halbe Miete für die allgemeine Aufmerksamkeit.


Kapitel Zwei – INGLOURIOUS BASTERDS

Aufgeteilt in fünf Kapitel, ist dies ein Märchen, das so banal und unerschrocken in seinem Ansinnen ist, dass es schon wieder richtig Freude macht. Ein Trupp amerikanischer und österreichischer Soldaten jüdischer Herkunft und ein deutscher Deserteur versetzen in Frankreich mit ihren Gräueltaten die deutschen Besatzer in Angst und Schrecken. Die Losung ist einfach, denn die Deutschen müssen endlich einmal genau so viel Angst vor den Juden bekommen, wie bisher umgekehrt. Wie schon des Öfteren ist sich die deutsche Synchronisation nicht zu blöd, aus der in den Dialogen allgemein gehaltenen Abwertung ‚Germans‘ einfach mal ‚Nazis‘ zu machen. Geschichtsverfälschung in einem Geschichte verfälschenden Film, das nennt man doch Ironie. 

INGLOURIOUS BASTERDS ist ohne Zweifel ein Rachestück, eine Abrechnung mit dem bisher nicht Greifbaren. Aber er ist in einer weiteren Ebene doch viel mehr. Das Morden und Wüten der BASTERDS genannten Truppe nimmt einen wesentlich geringeren Teil ein, als man vermuten möchte, das Potential an blutigen Exzessen ist deswegen keinesfalls geringer. Doch der wirkliche Schrecken formt sich aus den extrem langen Dialogpassagen, die den Judenjäger Oberst Hans Landa in den Vordergrund rücken. Landa ist es auch, der alle Handlungsstränge und Figuren zu einem grandiosen Finale zusammenführt. Da sind die BASTERDS und eine französische Kinobesitzerin. Da gibt es Joseph Goebbels Anbiederungen beim Führer und Oberst Landas eigenes, ganz persönliches Ansinnen. Und am Ende entblößt jede Figur ihren wahren Charakter, der vorher so nicht wahrnehmbar war. Der Autor wandelt dabei die vorherige Entwicklung seiner Personen zu einer neuen Ebene in der Geschichte. Ist der von Brad Pitt verschroben gespielte Aldo Raine nicht sogar der Regisseur selbst, wenn er nach dem Schnitzen eines Hakenkreuzes in die Kamera sagt: „Ich glaube, das ist mein Meisterwerk“.


Kapitel Drei – EINE DEUTSCHE NACHT IN PARIS

Ganz in der Tradition der vielen Vorbilder, die Quentin Tarantino in seinem Film zitieren will, besetzte er seine Rollen mit Schauspielern der entsprechenden Muttersprachen. Mit Michael Fassbender wird sogar ein deutschstämmiger Ire seiner Kunstfigur am nächsten besetzt. Die sonst darstellerisch eher unterforderte Diane Kruger, die sich wie alle anderen Deutschen in diesem in Englisch gedrehten Film selbst synchronisierte, beeindruckt mit einer klar akzentfreien Stimme, die in ihrem Ausdruck durchaus wohlwollende Erinnerungen an die deutschen Schauspiellegenden der Dreißigerjahre wecken. Doch ungeschlagen ist Christoph Waltz, der sich schon mit einer unverschämten Leichtigkeit über alle anderen Darsteller hinweg hebt. Sogar in seinem selbst gesprochenen Französisch und Italienisch bringt er seine fiese, unterschwellige und manipulative Art des als Gespräch getarnten Verhörs zur Vollendung. Waltz ist dieser hassenswerte Charakter, der einen kompletten Film nicht nur trägt, sondern ohne den der Film kaum funktionieren würde. 

Die weiteren Darsteller erfüllen mehr oder weniger ihren Zweck. Das Drehbuch schafft es nur selten, die Figuren über ein normales Level zu heben. Vielleicht Sylvester Groth als Goebbels dürfte nach Waltz tiefer in Erinnerung bleiben. Die deutsche Synchronisation hat aus Brad Pitts schwer akzentbetonten Abziehbild eines über allem erhabenen Amerikaners eine nur bedingt ernstzunehmende Figur gemacht. Til Schweiger mit exakt der Charakterisierung zu belegen, die ihm von bösen Zungen als Mangel an Schauspieltalent nachgesagt wird, würde gut zu Tarantinos Spiel mit den Klischees passen, ist im Gesamten aber eher unglücklich gewählt. 


Kapitel Vier – OPERATION KINO

Wie in seinen fünf vorangegangenen Filmen erschließt sich auch INGLOURIOUS BASTERDS in seiner Gesamtheit erst durch seinen pointierten Zitatenschatz. Die Geschichte um Rache, Angst und Gewalt ist in ihrem Kern eine Liebeserklärung an das Kino als solches. Tarantino beweist, dass er seine große Liebe kennt, dass er sie beherrschen kann, und dass diese große Liebe einfach zu übermächtig für ihn ist. Er überfrachtet jedes einzelne Kapitel mit Anspielungen, Querverweisen, Kopien und Zitaten. Nicht nur ist dieser Film ein sehr loses Remake eines gleichnamigen (aber richtig geschriebenen) Zweiten-Weltkrieg-Krachers der Siebzigerjahre, sondern er bedient sich reichlich aus sämtlichen ähnlich gelagerten Actionfilmen, die das Thema um diesen Weltkrieg nicht zum Drama erhoben haben. 

Der Titelvorspann beginnt schon mit fünf verschiedene Schrifttypen, die seinen Vorbildern entliehen sind. Nicht zu vergessen das dem Film selbst das Siebzigerjahre-Logo von UNIVERSAL vorangestellt ist. Was der Film sich als eigenständiges Gesicht aneignen möchte, verkommt zum cineastischen Supergau. Ab der Hälfte seiner Laufzeit verschiebt sich der Fokus mehr und mehr auf das Kino als Propaganda-Instrument des Dritten Reichs. Der Showdown in einem Filmtheater schließlich impliziert die Reinigung von allem Übel, welche dieser Kunstform angetan wurde. Bis dahin ist der Bogen aber längst überspannt, weil die Inszenierung alles ins Gefecht schickt, worin man andere Filme, verschiedene Erzählformen und markante Bilder der Filmgeschichte wiedererkennen könnte.

Im Dialog wird zum Beispiel der Vergleich Goebbels mit Studiogründer Louis B. Mayer verworfen, weil der Propagandaminister eher Filmmogul David O. Selznick gleiche. Oder ein kurzer, unscheinbarer Satz über Lilian Harvey, der die Situation zwischen dem vor den Nazis geflohenen Filmstar und der damaligen deutschen Führung kommentiert. Tarantino erwartet offensichtlich, dass man sich mit seinem Film tiefgründiger auseinandersetzt, dass man ihn in seiner Gesamtheit begreift. Dadurch möchte er aber die reine Form der Unterhaltung zur bedeutungsschwangeren Kunst erheben.

Der Autor und Regisseur will es als intellektuelle Form verstanden wissen, dass jedes der fünf Kapitel leicht differenziert inszeniert wurde. Er möchte auch bewusst die Straßenkulissen dem expressionistischen Kino der Zwanziger zugeordnet wissen. Und er versucht Fritz Lang stolz zu machen, wenn er das Gesicht seiner Protagonisten übermenschlich auf eine Rauchwolke projiziert. Es ist ein riesiges, verwobenes Netz von Kunst und Kultur, von Verehrung und Demut, aber auch von Arroganz und Überheblichkeit des sich übermächtig fühlenden Quentin Tarantino. Wie ist es anders zu erklären, dass Rod Taylor als großer Star und Idol vergangener Tage mit Mike Myers als Vertreter der verflachten Massenware in einer gemeinsamen Szene nicht nur räumlich weit getrennt sind, sondern auch nicht im Geringsten miteinander agieren. 


Kapitel Fünf – DIE RACHE DES RIESENGESICHTS

Dass der Film nicht wirklich funktioniert, bedeutet noch lange nicht, dass er keinen Unterhaltungswert besitzt. Wo er an einigen Stellen zum Ärgernis verkommt, tut er sich in anderen Szenen als strahlendes Juwel hervor. Ob beabsichtigte Satire oder Farce, erschließt sich nicht wirklich, weil die Inszenierung nicht richtig zusammenbringt, was homogen zusammenlaufen müsste. Die Stärken liegen ganz eindeutig in den teilweise bizarren aber auch fesselnden Dialogen, die in ihrer Dauer unglaublichen Raum einnehmen, dabei jedoch extrem spannend umgesetzt und gespielt sind. Dass der Regisseur dabei auf irgendwelche visuellen Querverweise verzichtet, zeigt sein Vertrauen nicht nur in sein eigenes Buch, sondern auch in seine exzellenten Darsteller, allen voran Christoph Waltz. Die Intensität von Spiel und Text kann schließlich auch nur immer wieder von absurd anmutenden Schießereien unterbrochen werden. 

Der Rhythmus von extrem langen Dialogsequenzen und handlungsorientierten Szenen ist erstaunlich gelungen und greift sehr fließend ineinander. Unstimmig bleibt der Film dann allerdings in seinen Aussagen. Das der Zweite Weltkrieg durch eine Bande marodierender Skalpjäger frühzeitig beendet wird scheint reizvoll. Das mit dem Auslöschen der Führungsspitze alles Übel mit vertilgt wird, hebt das Ganze tatsächlich ins märchenhafte, was der Film in erster Linie auch vorgibt zu sein, doch dabei vermisst man dieses Körnchen letzter Konsequenz, welches so schwer zu greifen und definieren ist. Der Regisseur Tarantino hat dieses Körnchen jedenfalls nicht heraus kitzeln können, während der Autor Tarantino sich diesem Kern annähern konnte.

Man mag versucht sein, Tarantinos überschwänglichen Gebrauch geliehener Ideen als eigenen Stil anzuerkennen. Je weiter sich dieser Stil fortsetzt desto schneller läuft die ohnehin uninspirierte Anhängerschaft dieses Regisseurs ins Leere, weil schon jetzt dieses Markenzeichen totgelaufen hat. Die Halbseidenheit von INGLOURIOUS BASTARDS rührt vom Versagen, auf das eigene Können vollends zu vertrauen. Quentin Tarantino als Regisseur hängt irgendwo zwischen den Kinowelten, ohne sich ein eigenes, ohne sich ein wirkliches Profil erarbeitet zu haben. Und das, während sich die Darsteller mit Texten des Autoren Tarantino zu höchster und mit Begeisterung aufgenommener Schauspielkunst aufschwingen.
 


Darsteller: Christoph Waltz, Brad Pitt, Melanie Laurent, Eli Roth, Daniel Brühl, Diane Kruger, Til Schweiger, Gedeon Burkhard, Michael Fassbender u.v.a.

Regie & Drehbuch: Quentin Tarantino – Kamera: Robert Richardson – Bildschnitt: Sally Menke – Music-Supervisor: Mary Ramos – Produktionsdesign: David Wasco

USA / 2009 – circa 153 Minuten

 


 

The Inside Man

Darsteller: Denzel Washington, Clive Owen, Chiwetel Ejiofor, Willem Dafoe, Christopher Plummer und Jodie Foster u.a.


Regie: Spike Lee; Drehbuch: Russell Gewirtz; Kamera: Matthew Libatique; Bildschnitt: Barry Alexander Brown; Musik: Terence Blanchard


USA / 2005; circa 128 Minuten

In seinem zweiten Film nach den Anschlägen in New York, setzt sich Spike Lee erneut mit dem Dilemma auseinander, welches der Einsturz der Zwillingstürme nicht bei den Opfern, aber der Bevölkerung nach sich zog. War der Hintergrund von ‚25th Hour’ noch die Angst und Ratlosigkeit eines erschütterten New York, ist beim ‚Inside Man’ eine gespannte Routine mit seinen verdrehten Auswirkungen eingekehrt. Vordergründig ist dieser Thriller Lees kommerziellste Regiearbeit und entfaltet sich als Verwirrspiel für alle Altersschichten und Ansprüche. Ebenso vordergründig ist ‚Inside Man’ ein typischer Vertreter des Bankraub-Thrillers, in dem wieder einmal der perfekte Plan umgesetzt werden soll. Vordergründig ist dieser Film einer der Besten seiner Art.

Dalton Russell (Owen) überfällt mit vier Komplizen eine Bank, nimmt Geiseln und gibt vor damit den perfekten Bankraub auszuführen. Als Verhandlungsführer kommt Keith Frazier (Washington) an den Tatort, der von sich behauptet die Geiselnehmer vollkommen zu durchschauen. Es entwickelt sich ein Katz- und Mausspiel, in dem sich heraus stellt, das die Gangster der Polizei immer einen Schritt voraus sind. Hinzu kommt auch noch die undurchsichtige Madeline White (Foster), die im Auftrag des Bürgermeisters jede Art von Unterstützung erhalten soll, um auf eigene Faust mit Russell verhandeln zu können. In diesem Labyrinth von gegenseitigem Misstrauen, Machtgehabe und persönlichen Problemen außerhalb und der sich zuspitzenden Lage innerhalb der Bank, wird allmählich klar, das jeder der Kontrahenten nicht nur sein eigenes Ziel verfolgt, sondern auch noch etwas anderes als Ziel vor Augen hat, wie man zuerst anzunehmen glaubt.

Aus dem Actionfilm wird ein Thriller, der Thriller entwickelt sich zum Politikum, aus dem Politikum schält sich ein raffiniert konstruiertes Kunstwerk. Das überraschende an diesem geschickten Konstrukt, sind die verschiedenen Hinweise auf eine mögliche Auflösung der Geschichte während des Filmes, welche sich letztlich alle in eine ganz andere Richtung öffnen. So sind schon während der Geiselnahme Verhöre zwischen geschnitten, die in der Reihenfolge erst nach dem Beenden des Geiseldramas stattfinden. So legt das Drehbuch Fährten und Hinweise, die genauso auch eintreffen, aber doch anders als erwartet.

Kameramann Matthew Libatique entwickelte zudem den Kniff, jeder Erzählebene und den drei Hauptcharakteren eigene Lichtgestaltung und separate Kameraführungen zu geben. Doch trotz aller technischer Raffinessen, liegt die eigentliche Substanz von Spike Lees Regie im Subtext der Geschehnisse. Trotz aller funktionierender Vordergründigkeiten, ist der Spiegel der Gesellschaft allgegenwärtig. Angefangen bei den Zuständigkeits-Gerangel zwischen Verhandlungsführer und Einsatzleiter, die Festnahme eines Inders, ein ultra-brutales Videospiel, oder die Behandlung der Geisel und deren Guantanamo ähnlichen Verkleidung. Und nicht zu vergessen die Auflösung von Christopher Plummers Part in der Geschichte, als unmissverständlicher Fingerzeig in Richtung der Bush Familie (nach dem Genuss des Filmes leicht im Internet zu recherchieren).

Das Drehbuch vergisst auch nicht, während der Ereignisse aller sozialen Schichten mit einzubeziehen und zu Wort kommen zu lassen. Spike Lee hat vordergründig einen der besten Filme über Banküberfälle auf die Leinwand gebracht, spannend, unterhaltend und technisch brillant. Aber Spike Lee hat mit diesem bisher kommerziellsten Film seiner Karriere auch eine fabelhafte Bestandsaufnahme über den Zustand eines angekratzten Amerikas gebracht. Interessant intelligentes Kino, das den Vergleich mit der Radikalität des Action-Kinos der siebziger Jahre nicht scheuen muss.

mainstream

 


 

The Insider:

Darsteller: RUSSELL CROWE, AL PACINO, CHRISTOPHERPLUMMER, DIANE VENORA, PHILIP BAKER HALL, LINDSAY CROUSE, DEBI MAZAR u.v.a.; Drehbuch: ERIC ROTH, MICHAEL MANN nach dem Artikel von Marie Brenner aus Vanity Fair 'Der Mann der zuviel wußte'; Kamera: DANTE SPINOTTI; Musik: LISA GERRARD, PIETER BOURKE und GRAEME REVELL; Regie: MICHAEL MANN; 157 Minuten

Niemand kann abstreiten, er wüßte nicht um die Gefahren des Rauchens. Jene von uns, die der Volkssucht verfallen sind, werden es nicht abstreiten können. Noch weniger Gegenrede wird man bei jenen finden, die noch nie Lippen an den Glimmstengel legten. Das wußte Eric Roth genauso, wie Michael Mann. Wo liegt also der Reiz, eine Geschichte über einen Singvogel zu machen, der nichts anderes getan hat, als über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durchs Rauchen zu schwätzen? Auch das wußten Roth und Mann. Viel schockierender ist die Manipulation, die Politik und die schlichte Feigheit.

Jeffrey Wigand wurde vom dritt größten Zigarettenhersteller Brown & Williamson gefeuert. Der Grund war einfach: Als Chef der Abteilung für Forschung und Entwicklung äußerte er immer wieder Zweifel an den Praktiken der Konzernspitze. Wigands Frustration war und ist verständlich, aber es gab keinen Grund zu tun, in was die Sache endete, schließlich behielt nicht nur seine Altersvorsorgeanspruch, sondern auch die über die Grundversorgung hinausgehende Krankenversicherung für die gesamte Familie. Dies ist nicht nur verlockend, sondern in Amerika meist die wichtigste Voraussetzung für ein geregelten Lebensstandart. Wigand hatte also weder die Absicht, noch das ideologische Verlangen, das zu tun, was ihn nicht nur berühmt, sondern auch zur Zielscheibe machte.

25 Jahre war Lowell Bergman als journalistischer Reporter und Produzent einer der angesehensten seines Faches, wenngleich die Öffentlichkeit ihn nie richtig wahrnahm. Aber ganz Amerika kennt '60 Minutes', nicht nur ein hochgepriesenes, wöchentliches TV-Magazin, sondern auch stets Gesprächsstoffquelle Nummer eins. Was '60 Minutes' sendete war am folgenden Tag das Thema im ganzen Lande. Und das '60 Minutes' keine Boulevard-Reportagen lieferte, war eben Lowell Bergmans Verdienst. Und dann flatterten interne Papiere von Amerikas Zigarettenhersteller Nummer eins, Phillip Morris, bei Bergmann auf den Schreibtisch. Papiere, die für Laien unverständlich waren, aber doch gewisse Brisanz andeuteten. Wenn also jemand diese Papiere übersetzen konnte, dann jemand aus der Branche, aber hackt eine Krähe der anderen die Zigarette aus dem Mundwinkel? Aber da gab es ja noch jemanden, den eben jene Zielbranche gerade vor die Tür gesetzt hatte. Und alles mündete in einer juristischen und politischen Lawine die losgetreten worden war.

Seinen Sinn und Verstand für das Medium Film bewies Michael Mann mit seiner stilvollen Neuinszenierung des 'letzten Mohikaners' und dem mörderischen Katz und Maus Spiel 'Heat'. Das es nicht um eine Wahrheit ging, die nicht nur Raucher längst begriffen haben, ließ Mann die Rechte an Marie Brenners Artikel 'Der Mann der zuviel wußte' das Blattes Vanity Fair erwerben. Brenners Artikel beschäftigte sich mit Jeffrey Wigand, seinen Schritten an die Öffentlichkeit und seiner panischen Angst, die Angst der Konsequenzen die einem schlechten Film entsprungen sein könnten.

Lowell Bergman: "Ich sagte zu Michael Mann, was ist das? Und er antwortete, das es sich nicht um eine Dokumentation handeln würde. Es ist eine Dramatisierung der Ereignisse. Und es ist meiner Meinung nach, ein sehr effektives Mittel um die emotionalen, besonders die emotionalen, und psychologischen Aspekte aufzuzeigen, um diese Arbeit überhaupt zumachen und wie es jemanden in einer solchen Situation ergehen kann. Hätte man es als Dokumentation gedreht, bezweifle ich, das es jemanden interessieren würde."

Nach einer Stunde der 160 Minuten, kommt es zum entscheidenden Interview, welches Mike Wallace, hochangesehener Reporter für '60 Minutes', mit Jeffrey Wigand führte. Aufgeregt verfolgt Produzent Bergman hinter den Kameras die Kulisse. Was Jeffrey Wigand aussagt ist schockierend, trotz unseres vorherigen Wissens. Und Michael Mann hat es verstanden diesen Augenblick so emotional zu gestalten, so mitreißend zu inszenieren, weil er uns schon im Vorfeld keine Geschichte präsentiert hat, sondern die gespannte Situation im aufgewühlten menschlichen Wesen.

Jeffrey Wigand: "Da gibt es viele Wege es zu tun (Zigaretten mit Suchtmittel zu versetzen). In den Staaten machen sie es mit chemischen Zusätzen wie Amoniak. Andere Möglichkeiten besteht in der Auswahl bestimmter Pflanzen-Aromen, oder verschiedener Blätter, die verschiedene Konzentrationen von Nikotin enthalten. Die Industrie verbreitet den Glauben das eine Zigarette nichts anderes ist, als ein Naturprodukt. Auf Erdboden gewachsen, geerntet und in Papier gewickelt. So ist es nicht. Es ist ein gewissenhaft entwickeltes Designerprodukt."

Jeffrey Wigands Kampf ergibt sich im Privaten. Seine ehemaligen Vorgesetzten üben emotionalen Druck aus. Die Frau droht ihn zu verlassen. Irgendwoher kommen Todesdrohungen. Und eine drohende Klage von Brown & Williamson könnte ihn finanziell vernichten und ins Gefängnis bringen, schließlich obliegt er einer von der Firma nahegelegten Schweigepflicht. Wigand befürwortete Michael Manns Bemühungen um eine Verfilmung, "nur müßt ihr meine Kinder heraus halten und keiner darf im Film rauchen." Das war des Regisseurs geringstes Problem. Russell Crowe ist nicht nur vom Äußeren die perfekte Wahl des Jeffrey Wigand. Er trägt sichtlich, angespannt die Bürde im Kampf für und gegen sein Gewissen. Dante Spinotti hält seine Kamera drauf, er seziert Crowe/Wigand, er fängt die Angst und die Widersprüchlichkeit seines Verhaltens ein. Weder Crowe, noch sein Regisseur lassen eine Spur von Heldentum durch scheinen. Sie zeigen gnadenlos offen einen Menschen, dem keine Wahl mehr bleibt und durch die widrigen Umstände ständig nach vorne getrieben wird. Aber sie begehen auch nie den Fehler, eine bemitleidenswerte Figur zu zeigen.

Lowell Bergman wird gegen eine unbezwingbare Politik des Schein und Seins an die Front gehen. Al Pacino ist dramaturgisch und persönlich kein Ebenbild des '60 Minutes'-Reporters, aber er verinnerlicht sich die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen und schmeißt sie Wigand, Wallace, dem Sender CBS und dem Zuschauer mit seinem bitteren Charisma um die Ohren. Bergman muß einen Weg finden um Wigand von seinem Stillschweige-Abkommen zu befreien und der führt über festgefahrene Gesetze. Bergmann zeichnet eine Sendung auf, die von CBS zurück gezogen wird. Bergmann muß die Glaubwürdigkeit seines Schützlings und damit seiner Sendung wahren. Bergmans Schrei nach der Wahrheit wird letztendlich zum Kampf um seine eigene Glaubwürdigkeit. Sein langjähriger Vetrauter und Freund Mike Wallace (Christopher Plummer) fällt ihm dabei in den Rücken. Und irgendwann hatte Wigand die Schnauze voll, er sprach mit dem 'Wall Street Journal'.

Lowell Bergman: "Die Wahrheit in diesem Geschäft - besonders im Fernseh-Nachrichten-Geschäft der großen Sender - es unterliegt fast alles einer Selbstzensur. Wenn aus unserem Vorteil die Aussicht besteht, daraus könnte ein Nachteil entstehen, wird es zensiert. Und das passiert, wenn es hauptsächlich um Storys geht die gleichgroße, oder größere Institutionen betrifft. Private Einrichtungen, öffentliche Einrichtungen, die Regierung, Geheimdienste, mit denen können wir es aufnehmen. Aber in einer Welt von multinationalen Megakonzernen, sind diese die neuen und wachsenden Großmächte. Erwarten sie da nicht soviel kritische Auseinandersetzung durch die Fernsehsender."

Bei den persönlichen Problemen gesellte sich hinzu, das andere findige Reporter nicht nur Wind von Jeffrey Wigands aufgezeichneter, aber nicht gesendeter '60 Minutes' Folge erfuhren. Es wurde bekannt, das Wigand ein Alkoholproblem und seine Ex-Frau geschlagen hatte. Alles, was nicht nur die Glaubwürdigkeit einer von CBS entschärften Sendung (ohne Wigands Interview) in Frage stellte, sondern der Tabakindustrie neuen Stoff lieferte, um Wigand noch weiter zu diskreditieren. Die Kritik an System und Politik von Großkonzernen läßt Mann unterschwellig laut werden, obwohl es als vordergründiges Thema scheint. Wie Bergman bemerkt hat, kannte Mann die Schwierigkeiten, sich auf so ein Thema gemessen ein zu lassen. Und so konzentriert er sich auf zwei Personen in einem Stück das von vielen mehr gelenkt wurde. Bewußt verzichtet er auf Faktentreue, ohne die Geschichte allerdings zu verfälschen. Roth' Drehbuch faßt zusammen, streicht hier und da, und behält lediglich die Zeitspanne. Was die unglaubliche Kraft der Erzählung verstärkt ist Spinottis Kameraarbeit, der in allen Dialogen immer alle beide Gesprächspartner im Bild hat. Die Intimität zwischen den Charakteren, mit ihren eigenen Gefühlen, im Umgang mit den Problemen ist allgegenwärtig und niemals bloßstellend. Und der Film erlaubt sich auch, die Hauptpersonen und ihre Motivation einmal in Frage zu stellen. Es macht 'Insider' zu einem der wichtigsten Filme seit langem, weil er das eigentliche, aber oberflächliche Thema nicht erzieherisch in den Vordergrund stellt und dennoch mit aller Kraft der filmischen Mittel kein aufkommendes Tabu umgeht. Und es scheint am Ende sogar als kleines Wunder, das Mann den Film nicht nur machen konnte, sondern überhaupt in den Vertrieb bringen konnte. Allein die Fusion von Time Warner und AOL macht deutlich, das die Mächte der bestimmenden Politik nicht mehr in den Kapitolen sitzen. Aber es wird auch mit einer anderen filmischen Standarte gebrochen: Es gibt eigentlich keine Helden, nur die Gesellschaft formt sich ihre Idole und fordert das Bewußtsein ihrer auserwählten Opfer, um über sich hinaus zu wachsen. Nicht wegen eines vorhandenen Kodex, aber aus der innerlichen Kraft, einfach überleben zu wollen, einfach nur wieder Mensch zu sein.

Lowell Bergman: "Ich denke nicht, das ich dies als tiefschürfende politische Kritik bezeichnen würde. Es ist nicht dokumentarisch, und auch nicht polemisch. Aber die Strukturen, die Michael Mann wählte um die Geschichte zu erzählen - welche tatsächlich um zwei Personen geht - diese Konzepte sind das beherrschende Thema. Michael versuchte keine Pseudo-Dokumentation. Er schielt niemals darauf, dir komplexe Stücke an Informationen um die Ohren zu hauen. Einige Kritiker bemängelten das Fehlen verschiedener Teile. Aber es ist eine Geschichte, es ist ein Film. Jeder wird da zustimmen, er erweckt bei einem ein psychologisch, emotional ungutes Gefühl, aufgrund des hohen Grades der Spannung die durchweg gehalten wird."

 


 

The Invasion

Darsteller: Nicole Kidman, Daniel Craig, Jeremy Northam, Jackson Bond, Jeffrey Wright, Veronica Cartwright, Josef Sommer, Celia Weston, Roger Rees u.a.

Regie: Oliver Hirschbiegel (James McTeigue); Drehbuch: David Kajganich (Andy Wachowski, Larry Wachowski); Kamera: Rainer Klausmann; Bildschnitt: Joel Negron, Hans Funck; Musik: John Ottman

USA / 2005-2007; circa 95 Minuten

Als Oliver Hirschbiegel 2005 mit den Dreharbeiten zu seinem Amerika-Debüt ‚The Visiting’ begann, da hatte er bestimmt eine sehr interessante und tatsächlich aktualisierte Fassung von ‚Invasion of the Body Snatchers’ im Sinn. Man wird es kaum erfahren, aber vielleicht hatte er diese Fassung wirklich fertig umgesetzt. Als 2006 Nicole Kidman wegen eines geringfügigen Unfalls bei Aufnahmen, zur Untersuchung in ein Hospital gebracht wurde, kam Eigenartiges an die Öffentlichkeit: Kidman war für 17 Tage bei einem Nachdreh. Hirschbiegels ‚Invasion’ Remake bekam einen neuen Anstrich in Form des geschriebenen Wortes durch Larry und Andy Wachowski und dem Aufnahme-Verantwortlichen James Teigue. Wie gut, oder schlecht die ursprüngliche Version nun gewesen war, könnte nur eine DVD-Veröffentlichung zeigen, die Anzugträger bei Warner Bros. jedenfalls zeigten sich wenig beeindruckt. Aber es muss gleich mit dem Gerücht aufgeräumt werden, Hirschbiegel wäre ausgebootet worden. Wegen Terminprobleme musste er zwecks weiterer Arbeiten an ‚The Visting’ zurückstecken. Aber er hat sich noch intensiv mit den beiden Wachowskis auseinandergesetzt und, gibt er zumindest an, war mit ihren Verbesserungsvorschlägen sehr zufrieden. Der Zuschauer ist es sicherlich nicht.

Auf einer Messe stolperten die ‚Matrix’-Brüder über ein achtminütiges Video, welches per Computersimulation bildlich die Arbeit eines weißen Blutkörperchens erklärte. Sie waren begeistert und fragten an, ob so ein Video für ihren nächsten Film möglich sei. Wären beide nur nie auf diese Messe gegangen. Der Fehlversuch einer Re-Animation des ‚Body Snatcher’ Themas ist eine endlose Kette solcher kleiner Details, die anstatt den Film aufzuwerten, in die Niederungen des sinnentleerten Mainstream drückten. 

Außerirdische Sporen verwandeln die befallenen Personen innerhalb eines Schlafzyklus in emotionslose Hüllen dessen, was sie einmal als Mensch ausgemacht hat. Psychiaterin Carol Bennell (Kidman) fällt die Veränderung in ihrer Umgebung sofort auf und sie beginnt nach zuforschen. Ihr zur Seite steht Ben Driscoll (Craig), der glücklicherweise als Doktor gleich die ersten Sporen untersuchen lassen kann, welche am Körper gewachsen, zu den Veränderungen führen. Während Driscoll mit Doktor Galeano (Wright) umgehend die Ursachen und Wirkungen der Sporen aufdeckt, muss Carol Bennell ihren Sohn Oliver (Bond) aus den Fängen des Ex-Ehemanns Tucker Kaufman befreien und in Sicherheit bringen. Kaufman hat sich als Anführer der bereits gewandelten menschlichen Hüllen etabliert und hat mit seinem Sohn Besonderes vor, da dieser scheinbar immun gegen das sich schnell ausbreitende Virus ist.

Mit Jackson Bond und Daniel Craig hat der Film, der nun unter dem Titel ‚The Invasion’ fertig gestellt wurde, sehr attraktive, weil glaubwürdige und sympathische Darsteller. Dazu gesellt sich Veronica Cartwright, die als besonderes Cameo darstellerisch auf die Kaufmann Verfilmung von 1978 zurückgreifen kann. Und dann ist da natürlich eine umwerfende Nicole Kidman, die scheinbar irgendetwas Verbotenes tun muss, um von Film zu Film so unverschämt besser auf der Leinwand zu wirken. Die Interaktionen der Darsteller erinnern auch vielmehr an ein packendes Kammerspiel als an einen zweitrangigen Horrorfilm. Mit dem Hintergrundwissen um die zusätzlichen Dreharbeiten, ist unschwer zu erkennen, wo Teigue und die Wachowskis versucht haben den Film des Europäers Hirschbiegel den vorgegebenen amerikanischen Zwängen zu unterwerfen, Zwänge die nur eingebildet sind und jeder Grundlage entbehren. Der renommierte Deutsche ist ein starker Schauspieler-Regisseur, was er nach ‚Der Untergang’ und ‚Das Experiment’ längst bewiesen und mit ‚Mein Letzter Film’ zur Spitze getrieben hat. 

Die Freude am ergreifenden, intensiven Spiel der Darsteller währt nie sehr lange und wird allzu oft unterbrochen von fadenscheinigen Handlungsabläufen und stilistischer Optik, welche entweder unlogisch, aus dem Sinn gerissen, oder einfach nur dumm wirken. Nachfolge-Regisseur James Teigue hat es nicht fertig gebracht die visuelle Kühle von Rainer Klausmanns Bildern zu übernehmen, die eine Atmosphäre der Unsicherheit und einen fast dokumentarischen Stil erzeugten. Es ist nicht zu erfahren, ob Rainer Klausmann auch die Nachdrehs bebilderte. Der endgültige Showdown schließlich, hat in Inszenierung, Optik und Atmosphäre gar nichts mehr mit dem zu tun, was dem Zuschauer Anfangs versprochen wurde. Was dazu divers eingestreute Flashbacks und wahllose Flashforwards in diesem Film verloren haben, bleibt ein nicht zu erklärendes Mysterium, weil diese weder die Spannung erhöhen, noch einen Sinn im weiteren Handlungsverlauf haben und schon gar nicht als künstlerisches Stilmittel funktionieren. Hinzu kommt die Auffälligkeit, dass die ‚ausgewechselten’ Menschen immer wieder sehr unsinnige Dinge tun müssen, damit sie den ‚Überlebenden’ schlimme Dinge antun können und somit als das Böse manifestiert bleiben. 

In sehr lieblos, teilweise sogar unfreiwillig komisch gestalteten Szenerien wird sogar der Versuch unternommen, den Einfluss der durch die Sporen verwandelten Menschen als etwas Positives auszugeben. Nach nur wenigen Tagen des Wirkens ist schon der letzte amerikanische Soldat aus dem Irak abgezogen, oder gibt es schon einen Friedensvertrag zwischen Pakistan und Indien. Die Logik dieser Nachrichtenblöcke, die während des Filmes immer wieder im Hintergrund laufen, sind auf dem Niveau unbedarfter Kinderfilme. Doch viel schmerzlicher ist eigentlich, das dies genau der aktuelle Zeitbezug wäre, der diese ‚Body Snatcher’ Variante zu etwas Speziellen machen würde, wie jeder seiner vier Vorgänger Zeitgeist und aktuell politische Stimmungen im Thema verarbeitete. Sogar Robert Rodriguez’ ‚Faculty’, der sich am wenigsten an Jack Finneys Buchvorlage orientierte, hat dessen eigentliche Aussage geschickt in das 1998 betrachtete soziale Umfeld hinein gearbeitet, wo oberflächlich gesehen nur ein kleiner, feiner Horrorfilm sein sollte. In dieser fertig gestellten Fassung von ‚The Invasion’, schafft es der Film nicht einen Moment den Zuschauer Denkanstösse zu vermitteln, geschweige denn ihn dafür zu interessieren, unter dem eigentlichen Thriller mehr zu entdecken, oder über den Tellerrand des Gezeigten hinaus zu blicken. Hier hat das gesamte Projekt, als direkte Variante von Finneys Roman, jede Berechtigung verloren.

Sehr gute Darsteller, eine teilweise funktionierende, bedrückende Atmosphäre und ein gut anhaltendes Tempo. ‚The Invasion’ ist ein, gesamt gesehen, ansehnlicher Film der Horror dankenswerterweise nicht mit dem üblichen Blutvergießen verwechselt. Schade nur, dass man schon während seiner Laufzeit immer und immer gezeigt bekommt, welche Fehler die Inszenierung machte und welche Möglichkeiten dabei verschenkt wurden.

mainstream

 


 

James Bond: Ein Quantum Trost – Quantum of Solace


(Uwe und Andrew treffen sich einmal die Woche zu einem Kinoabend und haben dann die schlechte Angewohnheit, den gesehenen Film in der Länge seiner Laufzeit auch totzuquatschen. Diese Woche war ein lang erwarteter Film an der Reihe, bei dem Uwe wie immer den nervtötenden, überkandidelten Kritiker gab, während Andrew als beinharter, langjähriger Fan mit seiner Vorfreude vor Aufregung beinahe seinen Sitz bewässert hätte.)


Als begnadeter und fast schon allwissender Cineast kann ich aus dem Stegreif sagen, was ein Bond-Film ist. Wir reden hier von Bond, James Bond. Und die alte Schindmähre unter den Kinoreihen besticht durch eine einzigartige Formel, die man ohne nachzudenken herunterbeten kann: Der Teaser, mit einer flotten Action-Sequenz, die nichts oder nur selten etwas mit der eigentlichen Handlung des Films zu tun hat. Der animierte Titelvorspann, mit cooler Musik meist aktueller Interpreten. Ein charmanter Bösewicht, mit einem extrem fiesen Helfershelfer. Der Plan, sehr viel Schaden in der Welt anzurichten. Eine extrem schöne Frau, meist Gespielin des Bösewichts, die Bond irgendwann gegen Ende zu Hilfe kommt.

Der Held bestellt sich einen Wodka-Martini, geschüttelt und nicht gerührt. Der Showdown, bei dem nur Sekunden entscheiden. Der Bösewicht stirbt einen schrecklichen Tod und noch einmal kommt der Helfershelfer zum Einsatz, der einen noch schrecklicheren Tod erleidet. Der Abschluss garniert sich natürlich mit dem Geheimagenten, der die schöne Frau umarmen darf. Und was dann wirklich geschieht, hat man bisher, wenn ich mich recht entsinne, nur in ‚Moonraker‘ gesehen.
Mit Daniel Craig ist alles anders geworden. Und das war für den Cineasten sehr spannend und auch spaßig. Wie er zu seinem Aston Martin kommt, wer ihm die Auswahl feiner Zwirne ans Herz gelegt hat, wie er sich seinen Doppelnull-Status erarbeitete, warum er Frauen eigentlich nur kaltherzig benutzt. Das war wirklich was Neues und aufsehenerregend. Aber jetzt? Wie soll das denn weitergehen? Ich könnte mit meinem zweifelsfrei grandiosen Verstand Referate darüber halten, wollte aber doch einen Experten hinzuziehen. Und wer könnte besserer Experte sein, als ein eingefleischter Fan:

„Ganz klar plant man mit Craig nicht einfach nur von Film zu Film, sondern möchte eine Entwicklung haben. Ich gehe daher davon aus, dass der Film bewusst ein Übergangsfilm ist, als solcher konzipiert und gedreht. Nicht unbedingt der 2. Teil einer Trilogie, sondern vielmehr eine Evolutionsstation für Daniel Craig auf dem Weg zu seinem perfekten Bond. Man sucht sozusagen nach der besten Form und geht dazu extreme Wege. Produzent Michael Wilson macht hier im Grunde dasselbe, was er schon mit ‚Lizenz zum Töten - Licence to kill‘ gemacht hat. Auch der 2. Film von Timothy Dalton war härter, humorloser, bond-ferner. Die direkte Entwicklung wurde damals leider unterbrochen. Mit ‚GoldenEye‘ ging es dann wieder in gewohnte Richtung.“


Das war ja dann wohl eine Zeit, als die Marke James Bond weniger Gewicht hatte als der Name Pierce Brosnan. Alles war schön anzuschauen, aber es fehlte der besondere Kick. Ich erinnere mich, dass früher ein Bond-Film immer mit spektakulären Stunts auf sich aufmerksam machte. Bei ‚In tödlicher Mission - For your eyes only‘ auf besonders tragische Weise. Mit Einzug des Computers wurden die letzten Filme vielleicht optisch spektakulärer, aber uninteressanter. Mit ‚Casino Royale‘ habe ich den Verdacht, dass man plötzlich einem Trend von harten, riskanten und ehrlichen Stunts hinterher rennt, den andere Filmreihen schon für sich entdeckt haben.


„Man nutzt aus, dass Craig noch jung genug ist, um einen reinen Actionfilm durchzustehen. Ruhigere Filme kann man mit ihm später immer noch drehen. Denn wenn man in die Action-Richtung gehen will, dann jetzt. Außerdem wird der Film sicherlich eine zweite Schicht haben. Es geht um ein Umweltthema. Und daher wurden die Action-Szenen bewusst nach den vier Elementen gewählt: Erde, Feuer, Wasser und Luft. Allein das finde ich schon erstaunlich. Bisher hieß es nur: Wann hatten wir das letzte Mal eine Autoverfolgung? Jetzt gibt es sinnvollere Kriterien für die Auswahl. Das hebt den Film schon von vielen anderen Actionfilmen ab. Insofern sind zwei Dinge wichtig: Spielt der Film genügend ein? Wie wirkt er in der Retrospektive, wenn Craig vier oder fünf Bond-Filme gedreht hat? Am Ende wird es die Organisation Quantum sein, die Craigs Bond-Filme zusammenhält und deren Bekämpfung eine durchgehende Linie darstellt.“

 
Ich frage mich allerdings, was ein ‚Bond-Film’ ist. Reicht es einfach, alle Klischees zusammenzuwürfeln und dann einfach auf Film zu bannen? Diese für Bond typischen Faktoren werden angeblich in ‚QoS‘ gar nicht berücksichtigt. Ich habe Angst, dass ich einen sehr spannenden Film sehen werde, aufregend und technisch super gefertigt, aber ohne die Nachhaltigkeit, die jetzt wichtig wäre, um eine Unterscheidung zu anderen Action-Filmen herzustellen.
 

"Wir haben immer das Problem, dass eigentlich zwei Bond-Charakter bestehen: Der Bond der Filme und der Bond der Bücher. Vieles, was man von den Filmen her gewohnt ist, ist in den Büchern entweder nicht vorhanden oder in anderer Ausprägung. Der Bond der Bücher hat eine ernstzunehmende Vorgeschichte, man weiß etwas über seine Eltern, was in den Filmen nie angesprochen wurde. Schon öfter wurde davon gesprochen, man wolle mit dem Film-Bond wieder mehr in Richtung Fleming. Was heißt das für den Kinogänger? Erkennt er dann seinen Bond nicht wieder? Wird er dann austauschbarer? Ich glaube nicht. Aber das weiß man eben auch noch nicht nach dem Anschauen des jetzigen Films. Da es der zweite Teil einer Mini-Reihe innerhalb der Bondfilme sein wird, die erst aufhört, wenn Craig aufhört. Man macht mit ihm eine Entwicklung durch, hin zu den Bestandteilen des Filmbonds, die man heute als Klischees kennt. Man wird versuchen, diese Klischees aus der Entwicklung heraus zu erklären und ihnen einen neuen, realistischeren Sinn geben. Am markantesten handelt es sich dabei natürlich um Moneypenny und Q, die im Gegensatz zu M am meisten unter den Filmen gelitten haben, am Ende beinahe nur noch eine Karikatur ihrer selbst waren. M wurde bereits neu erfunden. Nachhaltig ist Quantum dann, wenn man sich nach dem Anschauen fragt, wie wohl der nächste Film aussieht."
 

Nach den ersten Eindrücken, die ich mir angelesen und angesehen habe, „befürchte“ ich, sehr gut unterhalten zu werden. Aber es werden keine neuen Wege beschritten, geschweige denn die Laufbahn des James Bond in irgendwelche markante Bahnen gelenkt. Der zweite Teil einer Trilogie, vielleicht das zukünftige Konzept, hinterlässt immer einen bitteren Nachgeschmack. Der kann nur verlieren, egal wie sauber er handwerklich gemacht ist. Was macht einen Bond grundsätzlich aus, und wie sähe das für die Zukunft aus?
 

„Ich erwarte einen etwas anderen Bond-Film, schnell, fast zu schnell, hart, ehrlich, mit einem beeindruckenden Hauptdarsteller. Ansonsten hat es Bond schwer. Wenn er sich entwickelt, geht er automatisch weg von vertrauten Elementen. Die reine Variation dieser Themen würde als Fortentwicklung noch nicht reichen. Ich erwarte einen Film, der mich als Fan testet, ob er nicht zu weit von der Formel weggegangen ist. Und von dem ich am Ende sagen werde, dass er vielleicht nicht der beste ist, dass er aber echt gut ist, verdammt unterhaltsam, und dass ich ihn mir immer wieder gern anschauen kann.“




Ein Quantum Trost - Quantum of Solace


Darsteller: Daniel Craig, Mathieu Amalric, Judi Dench, Olga Kurylenko, Giancarlo Giannini, Jeffrey Wright, Jesper Christensen u.a.
Regie: Marc Forster; Drehbuch: Paul Haggis, Neal Purvis, Robert Wade; Kamera: Roberto Schaefer; Bildschnitt: Matt Chesse, Richard Pearson; Musik: David Arnold; Stunt-Coordinator: Gary Powell
ca. 106 min. / England / 2008
 
"Die Presse ist nicht immer gut mit dem neuen Bond umgegangen. Einige finden ihn atemlos und beeindruckend, andere bezeichnen ihn als verworren und zu schnell. Manche loben seine Charaktere, manche beschimpfen ihn als seelenlos. Einig ist sich die Presse vor allem aber in einem: Craig ist einsame Spitze! Ob er der beste Bond aller Zeiten ist, kann ich nicht beurteilen. Dazu bin ich zu jung, um zu wissen, wie man es in den 60er Jahren empfunden hat. Wie damals Sean Connery gewirkt hat. Ich vermute mal, sehr ähnlich wie Daniel Craig heute. Connery hat das Bond-Franchise ins Leben gerufen, Craig hat ihm neues Leben eingehaucht. Die Leistung beider ist vermutlich vergleichbar."

Man muss zugeben, dass der zweiundzwanzigste Bond zu überraschen versteht. Ohne Zweifel. Wenn man von Presse und ausführenden Organen im Vorfeld immer zu hören bekommt, wie viel anders der neue Film sein soll, dann ist es erfrischend und durchaus sehr beruhigend, trotz aller Unkenrufe einen Bond-Film in Leib und Seele zu sehen. Und er bedient sogar die Klischees, jene klassische Formel die sich über zwanzig Filme zum Standard entwickelte. 'Casino' zählt mit seinem „Neuauflage"-Charakter ja nicht.

„Das hat mich am meisten an Quantum beeindruckt: Dass er es schafft, die Bond-Formel auf so subtile Weise zu beleben. Leider ist das so subtil, dass es die Presse nicht bemerkt. Sie sieht die vielen feinen Anspielungen nicht. Wenn es nicht um Wodka-Martinis und „Bond, James Bond“-Rituale geht, ist sie ahnungslos. Und recherchieren ist heute anscheinend nicht mehr modern. Der Fan erfreut sich daran, dass beispielsweise „Der Spion, der mich liebte“ zitiert wird, wenn Bond in Bregenz einen Gegenspieler vom Dach fallen lässt. Und welchen Film zitiert er, wenn er Camille nach der Bootsfahrt bewusstlos weiterreicht? Man könnte ein Quiz daraus machen. Das Problem ist der „gewöhnliche“ Kinogänger. Auch er sieht diese Dinge nicht. Marc Forster hat gesagt, dass er den Bond gedreht hat, den er immer schon sehen wollte. Aber will auch der gewöhnliche Kinogänger ihn sehen?“

Die stilistischen Einfälle, mit denen Marc Forster seinen Film aufwertet, sind überzeugend. Den ganzen Film über hat man das Gefühl eines künstlerischen Flusses, der nicht im Geringsten künstlich herbeigeführt wirkt. Mich überzeugte der Establishing-Shot zu Filmbeginn, das Spiel mit den Tonebenen und Wahrnehmung, die sich bis zum Ende durchziehen. Aber schon mit dem Einstieg in die erste von fünf großen Action-Sequenzen war klar, was man optisch zu erwarten hatte. Vollkommen frenetisch zerschnittene Stunt-Arbeiten, die dem Aufwand und der Gefährlichkeit der wirklichen Dreharbeiten überhaupt nicht gerecht werden. Das wirkt wie zwei verschiedene Filme. In den Handlungs- und Dialogszenen hat Roberto Schaefer (Marc Forsters Standard-Kameramann) zusammen mit dem Regisseur eine so schöne Bildsprache gefunden, die durch jede Einlage mit Action wieder aufgehoben wird.

"Die Leistung des Films ist es, Craig als Bond gut darzustellen. Dem ordnet sich letztendlich alles unter. Die Atmosphäre des Films will einen ruhelosen und realistischen Bond zeigen. Wenn dazu schnelle Schnitte nötig sind, die man so extrem noch nicht von Bond kennt, dann sind sie eben nötig. Wenn die schnellen Schnitte manchmal die exzellente Stuntarbeit überlagern, dann ist das nun mal so. Der Zuschauer begleitet Bond schließlich hautnah, da verliert man nun mal hin und wieder den Überblick. Bond verliert ihn ja manchmal auch. Hat es sich dann trotzdem gelohnt, alles real und sehr oft auch mit Daniel Craig zu drehen? Bestimmt. Auch wenn man vieles nicht deutlich sieht oder nur flüchtig wahrnimmt, so hat man doch immer ein Gefühl von Authentizität. Das hätte man anders nicht erreichen können. Craig ist wieder sehr beeindruckend in der Rolle, übertrifft sogar noch ,Casino Royale'. Das ist das größte Plus des Films, das macht ihn sehr attraktiv für das breite Publikum."

Technisch gesehen, ist ‚QoS‘ ein perfekter Film, da gibt es keinen Zweifel. Und plötzlich offenbart sich, womit keiner wirklich gerechnet hat, was dem Film in vielen Besprechungen sogar aberkannt wird. Er verfügt über diese geheimnisvolle Formel, die sich seit ‚Liebesgrüße aus Moskau – From Russia with Love‘‘ bewährt hat. Die Pretitle-Sequenz, das schöne Mädchen, der despotische Bösewicht, viele exotische Schauplätze, der Sprücheklopfer Bond, Verführung und Verrat, der spektakuläre Tod des Schurken… Und dennoch bleibt alles in der Schwebe. Felix Leiter: Freund oder Feind? Wen belügt er denn nun wirklich, Bond oder seinen FBI-Kollegen? Welchen Nutzen zieht er aus welchen Verbindungen? Das macht durchaus Spaß und wissend, das die Macher um den nächsten Film nicht herumkommen, können die Geheimnisse ruhig etwas liegen und reifen. Da ging eine Rechnung auf, bei der ich fälschlicherweise vorher schon versucht habe, immer wieder nachzurechnen. Der Bond für das Einundzwanzigste Jahrhundert ist zweifellos existent und jetzt schon etabliert, wirkt aber vielfach wie ein Zugeständnis an die Bedürfnisse des heutigen Kinos.

"Wichtig ist, dass der Film seine eigene Atmosphäre findet. Und das tut er. Noch nie war soviel Action in einem Film, noch nie hat sie sich so gut eingefügt in die Handlung. Wenn Roger Moore bei ,In tödlicher Mission - For your eyes only' aus dem Bob-Kanal den Häschern entkommt und im nächsten Augenblick schon von Eishockey-Spielern angegriffen wird, dann wirkt das aneinandergeklebt. Wenn Pierce Brosnan in ,Die Welt ist nicht genug - The world is not enough' mal eben von propeller-getriebenen Schneefahrzeugen attackiert wird, dann wirkt das sehr unmotiviert und geschieht nur der Action wegen. Nicht so bei ,Quantum'. Hier ist alles im Fluss. Hier hören die Actionszenen nicht einfach auf und sind sofort vergessen, hier „glühen sie nach“: Man sieht Bond nach diesen Szenen reflektierend und regenerierend Luft holen. So wie er es auch (dem aktuellen Bond-Girl) Camille rät: Adrenalin ausgleichen, durchatmen. Überhaupt, wann hat Bond schon mal über die Action geredet? Wann hatte man bei ihm das Gefühl, dass das Entkommen nicht uneingeschränkter Triumph ist, sondern dass ein gewonnener Kampf immer auch ein Stück Seele kostet? Hätte man die Action so klar und deutlich gezeigt wie in den bisherigen Filmen, wäre dieser Effekt nicht möglich gewesen. Dann wäre da ein Bruch gewesen zwischen der Action und den realistischen Dialogszenen."


Mir hat die Idee gefallen, mit den Elementen Erde, Wind, Wasser und Feuer eine Einheit in der Abfolge der Handlung zu bringen. So richtig funktioniert hat das aber nicht, denn da steht immer noch die Pretitle-Sequenz als herrenloses, fünftes Element. ,QoS' ist ja einer der wenigen Bond-Filme, bei denen die Action vor dem Titelvorspann in direktem Zusammenhang mit dem Rest des Filmes steht. Trotz allem ist 'QoS' wider anderer Behauptungen ein sehr klassischer Bond, mit sehr viel eigenständigem Charakter. Doch er scheint immer hinter etwas herzulaufen, das man nicht genau definieren kann. Der überraschende Schluss und das Ende mit jenem sehr berühmten Standard anderer Filme impliziert, dass die Entwicklung von Bond bereits abgeschlossen ist. Craigs kommender dritter Anlauf könnte also schon der Film sein, den unverbesserliche Bond-Liebhaber von Anfang an sehen wollten, aber im Nachhinein niemand vermisst hat. Dann wird es aber Zeit für 'geschüttelt, nicht gerührt' und dass Q seinen Neustart erfährt.


"Die Pretitle-Sequenz ist stets eigenständig gewesen. Hier ist sie das Bindeglied zwischen ,Casino' und ,Quantum'. Daher ist sie auch nicht der 4-Elemente-Struktur des Films verpflichtet. Und dass die Verbindung mit dem Auto geschieht, bedeutet symbolisch, dass man so schnell wie möglich in den neuen Film „hineinfährt“. Kaum hat man diese Szene hinter sich, ist man in der Foltersequenz und damit in der ersten echten Quantum-Sequenz. Ab hier stimmen dann die 4 Elemente. Den Schuss durch den Pistolenlauf ans Ende des Filmes zu setzen, schließt für mich lediglich die Handlung um Vesper Lynd (Bonds Freundin in ,Casino') ab. Die eigentliche Entwicklung des Bond-Charakters geht hoffentlich weiter, sonst wird es langweilig. Ob als nächstes der Film folgt, den der unverbesserliche Bond-Liebhaber sehen will oder ob es vielmehr der Film ist, den der gewöhnliche Kinogänger und die Presse sehen wollen, sei dahingestellt. Auf jeden Fall kann es ein in sich runder und abgeschlossener Film werden. Und das ist gut so."



In Klammern gesetzte Worte wurden zum besseren Verständnis für den Leser nachträglich in das E-Mail-Gespräch eingefügt.

 


 

Johnny English:

Darsteller: Rowan Atkinson, Natalie Imbruglia, John Malkovich, Ben Miller, Douglas McFerran, Tim Pigott-Smith, Kevin McNally u.a.

Regie: Peter Howitt; Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade, William Davies; Kamera: Remi Adefarasin; Musik: Edward Sheamur; Bildschnitt: Robin Sales

England / 2003 ; circa 86 Minuten

Hat die Welt, nach bereits unzähligen Versuchen, wirklich noch eine James Bond Persiflage gebraucht? Eigentlich nicht, und 'Johnny English' ist auch nicht der Film, der eingefleischte Bond-Fans jubeln lässt. Wirkliches Lob kann in dieser Beziehung wirklich nur dem genial, bizarren 'Casino Royale' zukommen. Ausgerechnet 'Casino', der James Bond näher steht, wie kein anderer Film, zählt zu den am meisten Ignorierten.

Ist ein Film wie 'Johnny English' also wirklich noch nötig. Nicht im geringsten, aber dieses Rowan Atkinson Vehikel trägt genug eigenes Flair und Charakteristika, um sich sehr wohl als eigenständiger Film tragen zu können. Und das macht 'Johnny English', mit Vorbehalten, schon wieder sehenswert. Denn entgegen sonstiger Parodien, Persiflagen und Hommagen, entwickelt 'English' seine eigene Geschichte, samt eigenständigen Charakter. In der schon gewohnten Routine, weiß Atkinson, was und wie es sein Publikum von ihm sehen will. Entwickelt nach einem Charakter den Atkinson für eine Werbekampgane entwarf, ist dieser Johnny English einer der unfähigsten Menschen, den sich der britische Geheimdienst überhaupt nicht leisten könnte. Wie er sein Versagen und seine Fehltritte immer wieder zu verschleiern, oder auf andere abzuwälzen weiß, ist ein ganz großes Plus im Buch des dreier Gespannes Purvis-Wade-Davies.

Die verschiedensten Stilmittel aus 100 Jahren Kino-Komik geben sich die linke in die Hand und decken überraschend das bereiteste, denkbare Spektrum an Zuschauer ab. Wobei sehr löblich hervor gehoben werden sollte, dass dieser Agenten Klamauk auf jegliche Art von Fäkal-Humor verzichtet und auch nicht nötig hätte. Etwas störend sind die Standart-Situationen, in denen der Witz daraus erzielt werden soll, dass genau das Gegenteil von dem eintritt, was der Johnny English gerade auf der Leinwand behauptet. Aber auch das gehört eben dazu und muß in Kauf genommen werden, will man einen Film für die ganze Familie ansehen. Und für die ganze Familie ist 'Johnny English' allemal

Aber auch die Insider-Witze kommen nicht zu kurz, ohne den Handlungsfluss unnötig zu stören. Edward Sheamur hat einen vortrefflichen Soundtrack geschrieben, in bester Tradition zu dem neuen Bond-Komponisten David Arnold. Und Robbie Williams liess es sich nicht nehmen ein sehr eingehendes Titellied zu schreiben, mit hohem Wiedererkennungsfaktor. Dabei hätte man ja auch auf Natalie Imbruglia zurückgreifen können, die hier als mysteriöse Agentin in Erscheinung tritt, aber die meiste Zeit nur gut aussieht, als durch Schauspielerei zu glänzen. Auch John Malkovich als Oberschurke könnte um einiges besser sein, ist aber nicht langweilig.

'Johnny English' ist ein technisch brillant umgesetzter Film, der seinen Ansprüchen genüge tut. Kein Highlight des Kinojahres, aber er kann unterhalten und für Kurzweil sorgen. Nein, eine weitere Agentparodie a la James Bond ist wirklich nicht notwendig gewesen, aber wenn dann schon in dieser Form. Da hat die ganze Famile was davon.

 


 

Jurassic Park III:

Darsteller: Sam Neill, William H. Macy, Téa Leoni, Alessandro Nivola, Trevor Morgan, Michael Jeter, John Diehl u.e.a.

Regie: Joe Johnston; Drehbuch: Peter Buchman, Alexander Payne, Jim Taylor u.a.; Filmschnitt: Robert Dalva; Kamera: Shelley Johnson; Musik: Don Davies nach John Williams Original-Themen; Computer-Animationen: ILM; Animatronik: Stan Winston Studio

USA / 2001 ; circa 91 Minuten

Das ist der Film, wie ihn eigentlich Roger Corman inszeniert hätte. Schnell, ohne Sinn und Verstand, dafür mit soviel kalkulierter Naivität, das einem das Cineasten-Herz zerspringt. Aber soviel Geld hätte Roger Corman nicht ausgegeben, Spielberg hingegen tat es. Die Brüder im Herzen und Freunde im Leben könnten nicht unterschiedlicher sein und sind sich doch so ähnlich. Auch Corman stellte seine Regisseure voran, drückte aber jedem sein unverkennbares Siegel auf.

Was hätte Spielberg denn schon Neues bringen können? Unvermeidlich hält der DreamWorker an den Regeln der Trilogie fest, die ein Jahr zuvor sarkastischer Bestandteil des dritten 'Scream' war. Teil zwei muß immer höher, schneller, weiter sein und Nummer drei muß sich komplett abheben. Wie hätte sich der größte Mainstream Regisseur der Geschichte sich selbst gerecht werden können, würde sein Name hinter dem Regietitel stehen? Eine Pause in der erfolgreichen Jura-Reihe würde ihm und dem Publikum gut tun. Bruhigt könnte er das Versagen jeglicher Charakterisierung und Fehlen jedweder Logik auf andere abwälzen, am besten auf den Regisseur. Gelächter erfüllte Kritiker wie Kinofreunde, als das Hollywood-Wunderkind beteuerte, den zweiten Jura Park wollte er einzig wegen der Geschichte erzählen. Erzählt hat er nichts, nur das Spektakel um des Spektakels Willen aufgeblasen. Und zwar zu dem, was die Leute wirklich sehen wollten: Mehr und mehr photo-realistische Dinosaurier.

Was konnte man in Jura Park Nummer drei schon bringen, was der Zuschauer nicht längst gesehen hätte? Disney gab Universal den größten Vorwand, den Schrecken der Urzeit wieder über die Leinwand zu jagen. Mit bis dato unerreichten Effekten zauberte Disney 90 Minuten nonstop Dinosaurier auf reale, urzeitlich wirkende Landschaftsaufnahmen. Bis die blöden Viecher das Maul aufmachten. 'Dinosaur' war ein Erfolg, weil die Effekte das Publikum lockten. Aber niedliche Urzeitler die auch noch sprachen, brachten selbst Kinder zum gähnen. Die Spielberg-Maschinerie war gefragt. Es galt also keine Filmkunst auf die Leinwand zu bannen, sondern die Gier der Massen zu befriedigen, und zwar mit dem was angesagt war, dem blanken Action-Urzeit-Schrecken.

Es war allen eine Freude, das Spektakel in derLuft zu zerreissen, fast so, als habe man sich zuviel von den Raptoren abgekuckt. Das man eher eine Fragmentsammlung, als einen kompletten Film zu sehen bekommt, dürfte schnell auffallen. Aber gerade da liegt die Neuerung und, man mag es nicht glauben, auch der Reiz. Der T-Rex hat ausgedient, jetzt geht es größer, härter und penetranter mit einem Spinosaurus. Nur kurz unterbrochen von tatsächlich lähmenden Dialogsequenzen, kommt Nummer drei schnell zum Kern der Sache, nämlich zurück auf die Insel Sorna, Schauplatz von 'Lost World: Jurassic Park' und Zuchtinsel des auf Isla Nublar errichteten Jurrasic Parks. Von Hammonds Firma InGen ist kaum mehr die Rede, Jeff Goldblum ist draussen, dafür wiederholt Sam Neill seine Rolle aus Teil eins, Laura Dern in einem überflüssigen Cameo-Auftritt. Die Wiederholung mußte auf ein Mindestmaß reduziert werden, aber heimeliches Feeling erhalten bleiben. Neues heißt nicht gleich Neu im Jurassic Park. Da ist das siebengescheide Kind ebenso vorhanden, wie das getrennte Pärchen, welches sich wieder findet. Natürlich gibt es den unfreiwilligen Helden und eine wunderbare Anspielung auf Spielbergs großen Flop 'Hook'. Sobald die Insel betreten wurde, geht die Jagd los. Durch den Dschungel, durch verlassene Zuchtstationen, über Berg und Tal. Das sich die Charakteren dabei meistens schützend in irgendwelche Käfige und hinter Schutzgattern flüchten müßen, die eigentlich mal für geklonte Dinosaurier gedacht waren, ist dabei eine gelungene Beigabe besonderer Art. Es wird gerannt und geschrien und in nur zwei kurzen Sequenzen erreicht der Film die magischen Momente der majestätischen Erhabenheit der realistischen Giganten.

Die ganze Inszenierung glänzt mit Logik- und Anschlußfehlern, oftmals scheinen ganze Passagen der Handlung zu fehlen. Doch was den Kritiker auf die Palme bringt, lässt den Zuschauer jubeln. Niemand soll Zeit zum nachdenken haben. Warum Flugsaurier in Teil zwei frei flogen und nun eingesperrt leben, wie sich drei versprengte Gruppen auf der riesigen Insel leichthin finden, wie in der selben Zeitzone im selben Augenblick Tag und auch Nacht sein kann, wie der Held auf einmal mit den Raptoren kommunizieren kann. Eine endlose Liste die 'Jurassic Park III' im Gesamten gesehen zu einem wirklich schlechten Film machen. Da gibt gute Ansätze von Humor in den Dialogen, von Charakterisierung ist das ganze Werk weit, weit entfernt, Unterhaltungen reduzieren sich auf hanebüchene Sätze. Aber ob all dies dem Kritiker, dem Cineasten, dem Realisten zum Trotz wirklich wichtig ist, bleibt fraglich. Dem zuschauer wird geboten, was der Zuschauer erwartet. Nonstop fleischfressendes Urgetier, böse, böser, noch bösartiger. Riesige Herden, oder verstreute Sehenswürdigkeiten. Ein Heidenspaß mit passenden Schockwirkungen. 'Jurassic Park III' reduziert nicht nur seine Handlung, sondern das Publikum in seinen Ansprüchen. Und das Publikum lässt es sich gerne gefallen. Warum auch nicht, denn es war bereits alles erzählt, was es an Geschichte zu erzählen gab.

Steven Spielberg hätte diesen Film nie machen können. Ein Mann der mit 'A.I.' über sich hinausgewachsen ist, durfte sich gar nicht auf dieses Experiment des erzählerischen Minimalismuses einlassen. Joe Johnston hatte seien Freude am zerstörerischen Unfug bereits erfolgreich zum Beispiel mit 'Jumanji' unter Beweis gestellt. Und der dritte Jura Park übertrifft natürlich seine bisherigen Arbeiten bei weitem. Dies wiederrum hat weniger mit seinem handwerklichen Geschick zu tun, als vielmehr mit dem beispiellosen Einsatz von animatronischen und Computer generierten Figuren. Noch nie zuvor war die Interaktion von realistischen Schauspielern mit künstlichen Figuren so vortrefflich umgesetzt worden. Während die Fallschirm-Sequenzen im Film tricktechnisch geradezu lächerlich anmuten, gibt es bei den Urzeit-Giganten einfach und schlichtweg gar nichts auszusetzten.

Noch vor der Premiere dieses Teiles, kündigte Spielberg mit einem Schmunzeln an, das er eventuell einen großartigen EInfall für Teil Nummer vier hätte, würde dieser geplant werden. Vielleicht ist dann Autor Michael Crichton wieder mit an Bord, denn greifbare Substanz wird dann wieder dringend erforderlich sein. Aber vorerst hat das Team von Nummer drei das Klassenziel erreicht. Sinnentleerte, dafür pausenlose Action mit erhöhtem Unterhaltungsfaktor.

 

 

 

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