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Da Vinci Code a.k.a. Sakrileg
Deja Vu  
Diary of the Dead
Dinosaurier Dinosaur
The Dish  
District 9  
Dogma  
Doomsday
Doppelmord Double Jeopardy
Dr. Dolittle 2  

Dr. T and the Women

 
Dreamcatcher  

Dreamgirls

 

Driven

 
Durchgeknallt Girls, Interrupted

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The Da Vinci Code – Sakrileg

Darsteller: Tom Hanks, Audrey Tautou, Ian McKellen, Jean Reno, Paul Bettany, Alfred Molina, Jürgen Prochnow u.a.

Regie: Ron Howard; Drehbuch: Akiva Goldsman nach dem Roman von Dan Brown; Kamera: Salvatore Totino; Bildschnitt: Dan Henley, Mike Hill; Musik: Hans Zimmer

USA / 2006; circa 148 Minuten


Die große Angst scheint verflogen. In Deutschland beginnen Vertreter der römisch/katholischen Kirche bereits, dem geneigten Zuschauer einen Besuch der sehr umstrittenen Verfilmung von Dan Browns kontroversen Roman ‚Sakrileg’ sogar zu empfehlen. Viel heiße Luft also, für nichts, oder zumindest für sehr wenig. Haben im Vorfeld alle selbsternannten Interessenvertreter, Kritiker und Befürworter dem Film zu unglaublicher Aufmerksamkeit verholfen, können sich fundamentale Christen beruhigt zurück lehnen. Während für Regisseur Ron Howard und Drehbuchschreiber Akiva Goldsman die Aufregung erst anfängt.

Der Symbolologe Dr. Robert Langdon wird während eines Gast-Vortrages in Paris von der Polizei an den Tatort eines Verbrechens im Louvre gebeten. Kurator Jacques Sauniere, Leiter des berühmtesten Museums der Welt, wurde in einer bizarr entstellten Position, ermordet aufgefunden. Gerade fünf Minuten in den Film hinein, geht es ohne Unterlass auf Spurensuche und Rätsel Lösung. Mit viel Respekt wurde eines der meist gelesenen Bücher der Neuzeit für die Leinwand adaptiert. Autor Goldsman zeigt sogar soviel Respekt, das er nicht wagt auch nur ein winziges Detail aus der über 600 Seiten starken Vorlage aus zu lassen. Über soviel Eifer hätte sich bisher so mancher Leser bei Verfilmungen anderer Stoffe nur freuen können.

Es scheint wie ein Paradoxon, das man ausgerechnet an einer Romanadaption scheitert, wo die Buchvorlage selbst sehr ausgeprägte filmische Züge birgt und wie ein perfekter Leinwandthriller funktioniert. Akiva Goldsman konnte ganz offensichtlich nicht loslassen und versagte auf der gesamten Länge der 150 Seiten Drehbuch. Schlimmer noch, Regisseur Ron Howard rennt diesem Aberwitz an endlosen Dialogen hinterher, wie der Zuschauer den Protagonisten. Howard, sonst eher bildgewaltiger Erzähler und Verfechter optischer, statt sprachlastiger Szenen, schafft es gerade seine zwei Hauptfiguren von Handlungsort zu Handlungsort zu hetzen, um sie dort wieder dem Zuschauer ein entschlüsseltes Rätsel mitteilen zu lassen. Selbst die ständig bewegte Kamera um Hanks und Tautou kann nicht darüber hinweg täuschen, das der Film weder dynamisch, noch spannend ist. Hanks und Tautou bekommen einfach nichts zu tun, können auch gar nichts tun, da sie nur damit beschäftigt sind, bereits von den ersten Minuten an das Publikum an der Hand zu nehmen und es regelrecht hinter sich her zu zerren.

So kann kein Film funktionieren, wo es dem Zuschauer versagt bleibt mitzudenken, vielleicht sogar einmal den Protagonisten einen Schritt voraus zu sein. Hier wird der Zuschauer um diese Möglichkeiten komplett beraubt. Er bekommt ständig nur vor gesetzt, ohne an den Auflösungen der diversen Codes und Rätsel teil zu haben. Die Handlung ist dabei derart komprimiert, das nicht einmal Zeit bleibt, sich den Figuren anzunähern, oder eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Weltklasse-Schauspieler werden hier zu reinen Dialog-Statisten. Selbst mit dem Auftauchen von Ian McKellens Figur nach 60 Minuten, beginnt es zwar ein bisschen zu menscheln, aber fein gesäter Humor reduziert sich dann auch nur auf endlosen Informationsfluss.

Nach hart erkämpften 130 Minuten, wagt es der Film leicht von der Romanvorlage abzuweichen, will den Schauspielern etwas zu tun geben und leitet den tatsächlich so kontrovers diskutierten Part der Geschichte ein. Hier kommt auch wieder guten Gewissens die Kirche ins Spiel, mit ihrer Empfehlung, sich den Film ruhig anzusehen, denn wo plötzlich große Schauspielkunst zum tragen kommen soll, wo man sich den Charakteren ihrer persönlichen Note annehmen müsste, wo das ganze Ausmaß einer Welt verändernden Offenbarung bewusst werden sollte, wird der ‚Da Vinci Code’ geradewegs lächerlich. Das ist kein großes Kino, hier sprechen keine subtilen Töne, hier versagt die Regie vollkommen. Eine 2000 Jahre alte Lüge, welche die moderne Zivilisation geprägt haben soll, verläuft sich in einer einzigen Peinlichkeit.

Es ist doch nur ein Buch, wollte man hinausschreien. Und wie sich Gegner dieser wunderbar konstruierten Verschwörungstheorie zusammen rafften, um einer Verfilmung entgegen zu wirken, da wollte man denen ins Gesicht schlagen und sie anbrüllen, „es ist nur ein Film!“ Tja, das ist es tatsächlich auch geworden. Nichts weiter als ‚nur ein Film’, der weder bewegt, noch nachdenklich stimmt, keine Tiefe besitzt und in der Festigung seiner eigentlichen Aussage jeden Bezug verliert. Wo Dan Brown ein, wenn auch sehr willkürlich zusammen gewürfeltes, Szenario geschaffen hat, das durch seine Beharrlichkeit eben Glaubwürdigkeit vermittelt, braucht sich die Christenheit nicht über einen bevorstehenden Erschütterung in den Grundfesten Sorgen machen, den anfänglich eine Verfilmung auszulösen drohte.

Die übereifrigen Medien, Medienvertreter, Vertreter sämtlicher obskuren Vereinigungen haben es wieder einmal geschafft einen Film soviel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie es keine Werbekampagne zustande bringen würde. Der finanzielle Erfolg des Filmes dürfte dank religiöser Eiferer und blinder Moralapostel gesichert sein. Ein Erfolg der nicht gerechtfertigt ist. Schadensbegrenzung ist nur noch schwer durchführbar. Autor und Regisseur werden ihre mit leichter Hand erworbenen Reputationen, mit harten Bandagen zurück erkämpfen müssen. Kirchenvertreter motivieren Zuschauer zum Kinobesuch, um zu beweisen, das ‚der größte Betrug an der Menschheit’ mit so einem Film gar nicht ernst gemeint sein kann. Es ist ein Jammer.

Und es ist ein Jammer, dass in den allerletzten vier Minuten, der Film auf einmal mit einer Inszenierung aufwartet, die wirklich packt und den Zuschauer aufrütteln. Hier zeigt sich, wo die Qualitäten eines Ron Howard wirklich liegen. Das sind die vier Minuten, die zeigen, dass der Film eine Chance hatte, die 144 Minuten vorher weg geworfen wurde.

mainstream

 


 

Deja Vu

Darsteller: Denzel Washington, Paula Patton, Val Kilmer, Jim Caviezel, Adam Goldberg, Elden Henson, Erika Alexander, Bruce Greenwood u.a.

Regie: Tony Scott; Drehbuch: Bill Marsilii & Terry Rossio; Kamera: Paul Cameron; Musik: Harry Gregson-Williams; Bildschnitt: Chris Lebenzon & Jason Hellmann

USA / 2006; circa 126 Minuten


Eine Verfolgungsjagd. Immer auf Sichtweite. Stossstange an Stossstange. Gegenverkehr und Adrenalin pur. Der Gejagte bricht bei Tag über die Strassen, der Jäger hetzt bei Nacht mit Blickkontakt hinter her. Bei einem Schleudermanöver sehen sie sich schließlich sogar direkt in die Augen. Der Abstand zwischen beiden beträgt vier Tage.

Schon diese Sequenz allein ist jeden Cent des Eintrittsgeldes wert. Regisseur Tony Scott bewegt sich in diesem Science Fiction Thriller auf zwei Zeitebenen, als wäre es technisch das Natürlichste was das Action-Kino zu bieten hat. Das dritte Abenteuer welches Scott und Denzel Washington nach ‚Crimson Tide‘ und Man of Fire‘ zusammen bestreiten, wäre in anderen Händen ein wirres, absurdes und unansehnliches Opfer von Erzählstruktur geworden. Scott beweist eine absolut sichere Hand für Rhythmus, Inszenierung und Schauspielführung. Bei Washington überzeugt erneut das überwältigende Gespür für Situationen und das gerechtfertigte Vertrauen in seinen Regisseur.

Was als fesselnder Krimi nach einem Terroranschlag beginnt, wandelt sich während der Ermittlungen nach 40 Minuten in einen packenden Science Fiction Thriller, der selbst ein Publikum mit zu reißen versteht, das dem Thema Zeitreisen sonst ablehnend gegenüber steht. Oberflächlich gesehen, ist ‚Deja Vu‘ eine in Ton und Bild typische Jerry Bruckheimer Produktion. Doch das Team Tony Scott und Denzel Washington machen daraus etwas wirklich Besonderes, in dem sie dem Begriff Zeitreisen von technischer Seite aus sehr wenig Gewicht beimessen und sich mit aller Kraft der Inszenierung und Darstellung, auf die menschliche Ebene konzentrieren.

Wie gut der Film funktioniert und inszeniert ist, merkt man an der unglaublichen Chemie zwischen Washington und Paula Patton, in den Szenen wo er sie zuerst selbst nur über einen Bildschirm beobachten kann. Von da an würde der Zuschauer auch wirklich jede Implausibilität schlucken. Aber so einfach machen es sich die Schreiber Marsillii und Rossion doch nicht. Ohne die Komplexität des Zeitreisethemas zu überdrehen, zaubern sie unablässig Überraschungen und Wendungen aus ihrem Drehbuch. Die reichlichen und spannungsgeladenen Actionsequenzen vermischen sich wohltuend mit den glaubwürdigen und ehrlichen Emotionen zweier Menschen die sich auf zwei verschiedenen Zeitebenen bewegen.

Es ist äußerst selten, dass ein geladener Actionfilm so gelassen auf Gefühle eingeht, es aber auch versteht thematische Schwierigkeiten so sicher zu umgehen, ohne die Intelligenz seiner Zuschauer zu ignorieren. Von allen Jerry Bruckheimer Filmen ist gerade diese Science Fiction Geschichte die Glaubwürdigste. Ohne Zweifel der Verdienst der zwei Frontmänner vor und hinter der Kamera, die Unterstützung finden in einer Crew und bei Darstellern die allesamt ohne Makel überzeugen. In diesen Zeiten ist es sehr selten, dass ein Film scheinbar mühelos einen Brückenschlag zwischen jugendlichen Blockbuster-Publikum und reifen, anspruchsvollerem Zuschauern schafft.

bandit

 


 

George A. Romeros Diary of the Dead

Darsteller: Michelle Morgan, Josh Close, Shawn Roberts, Amy Lalonde, Joe Dinicol, Scott Wentworth, Philip Riccio, Chris Violette und Tatiana Maslany

Regie und Drehbuch: George A. Romero; Kamera: Adam Swica; Bildschnitt: Michael Doherty; Musik: Norman Orenstein

USA /  2007; circa 95 Minuten

Dieser Film hat noch keinen deutschen Verleih

            Was bitte schön, hat denn ein 68 Jahre alter  Mann einem jungen Publikum noch zu geben? Nur weil er Filmemacher ist und als solcher vielleicht vom Nasskleben doch schon auf AVID-Schnitt umgestiegen ist? Das macht ihn auch nicht jünger. Junge Filmemacher sind gefragt, welche ihr Publikum verstehen, und dieses auch angemessen unterhalten können. Menschen die sich einfühlen können, Grenzen überschreiten möchten und sich dem Willen des nach Neuen dürstenden Abnehmers unterwerfen. Filme müssen gemacht werden, die mit einer Altersfreigabe von 18 den eigentlich sechzehnjährigen Zuschauer richtig bei den Eiern packt.

            George Andrew Romero ist bestimmt viel zu verdanken, wenn es um die Form des Horrorfilms der heutigen Tage geht. Das soll es aber gewesen sein, was zur Hölle (ein wunderbarer Spruch in diesem Zusammenhang) – was zur Hölle könnte so ein alter Kauz jetzt noch beitragen, wenn es darum geht Köpfe platzen zu lassen, Glieder abzureißen und Innereien durch die Gegend fliegen zu lassen.

            Wer heute Horrorfilme machen will, muss sich dafür kein Bein auszureißen, nur die Seele verkaufen. Man nennt die heutige Generation vielleicht Filmemacher, sie sind aber weit davon entfernt Filmemacher im eigentlichen Sinne zu sein. Sie unterliegen einem System, das ihnen eine Chance gibt, weil sie willig und gehorsam sind. Und es geht um die Blutleere, zum einen in betroffenen Filmen und zum anderen bei den Personen selbst. Schon um des Unterhaltungswertes willen, muss man diesen Folterspezialisten erwähnen, der seinen eigenen zwei Übernachtungshäusern mit Blutdusche im Zimmer, so etwas wie Gesellschaftskritik hin schwatzen möchte. Schenkel klopfen, bis die Hand abfällt. Oja, da steht aber einer wirklich hinter seinen Filmen und deren Absicht, einfach nur auffallen zu wollen.

            Als er noch prädestiniert dafür war, hat Romero einen Satz geprägt, der soviel Einfluss auf das Horrorgenre hatte, wie der Satz „Ich mache ihn ein Angebot, das er nicht abschlagen kann“, für den Gangster Film: „Nur weil man einen Menschen verstümmelt, heißt das noch lange nicht, dass man schwermütig werden und eine Botschaft hinein packen muss.“

            Hört sich einer das Geschwafel an. Wenn man ein Auge auf Romeros Anfänge wirft (bitte metaphorisch verstehen), war das noch eine Zeit wo der klassische Horrorfilm nur mit Aussage und Botschaft beim Publikum überstehen konnte. Ängste werden angesprochen, ausgelöst und verstärkt, wenn man Assoziationen weckt, die tiefer liegen als der Grund der Schöpfkelle. Es gibt innovative Horrorfilme die sich das Brimborium gespart haben und auf anderer Ebene, oder differenzierten Stilmitteln funktionieren, aber das ist ein ganz anderes Thema. Betrachtet man Romeros Erstling ‚Night of the living Dead‘ tut sich etwas Interessantes auf, und es ist nicht die Bauchdecke. Dieser sinnfreie Streifen entsteht als unspektakuläre Autokino-Produktion, läuft aber just zu einer Zeit an, in dem die Proteste gegen den Vietnamkrieg am höchsten schlagen. In der Nacht vor der Premiere, wird auch noch Martin Luther King ermordet. Zehn Jahre später ist es der aufkeimende Konsumterror, wieder acht Jahre weiter folgt die Reagan-Ära mit ihrem radikalen Konservatismus und letztlich wird nach 19 Jahren aus dem mittelständischen Amerika eine kaltherzige Zweiklassengesellschaft. Vier Filme für vier Entwicklungen in unserer Gesellschaft.

            Und dann spricht der neunmalkluge Alt-68er davon, dass Botschaften in bestimmten Filmen nicht gerade von Nöten sind. Warum tut er das, wenn er dennoch stets den Spiegel der Zeit vorhält. Da lacht man sich doch einen Magendurchbruch. Was treibt den eigentlichen, den funktionierenden Horrorfilm? Wenn er Ur-Ängste für kurze Zeit auf der Leinwand Wirklichkeit werden lässt. Wenn er dabei Grenzen überschreitet, oder einfach nur die Grenzen des Zuschauers auslotet. Dabei ist das Publikum immer Opfer. Erzielt der Film seine angedachte Wirkung, leidet der Zuschauer. Bei einem schlechten Film, fügt er sich selbst Bisswunden an empfindlichen Stellen zu, des verlorenen Geldes wegen. Immer Opfer. Und das ist der wunde Punkt, das Rezept hört sich einfach an, macht aber nur Sinn wenn man die Zutaten kennt. Die Zutaten allerdings sind auch von einer gewissen Zeit abhängig, die in ihrer sozialen Wichtigkeit erkannt werden müssen. In der Zeit des aufkommenden Atomzeitalters ließ man Rieseninsekten auf das kreischende Publikum los. Aber das stetige Opfer hat so etwas nie bestimmt, sondern ein findiger Produzent, der Blut daran geleckt hatte, die Opfer für sich einzunehmen und dann auszunehmen.

            Zu den unveränderlichen Voraussetzungen für einen gelungenen Film, gesellt sich noch die Variable durch den Wandel der Zeit: Man betrachte den Gruselstreifen von 1955 und die Schocker von 2005. Das zahlende Opfer von `55 nimmt etwas mit Nachhause, aber keine ansteckende Virus-Infektion. Nachhaltigkeit bestimmt den allgemeinen Kinobesuch eines guten Filmes. Wir reden hier nicht von Werken wie ‚Bikini Girls from Mars‘, sondern von einer ernsthaften, aber metaphorischen Auseinandersetzungen mit den sozialen und politischen Gegebenheiten des jeweiligen Landes. Fünfzig Jahre später darf es diese Nachhaltigkeit nicht mehr geben. Die schon lange von der Industrie gesteuerte Manipulation um Bedürfnisse beim Konsumenten zu wecken, ist einem sich immer schneller drehenden Durchschlag unterworfen. Das hat sich genauso auf das Kino ausgewirkt. Man muss sich vor das noch verbliebene Auge führen, dass dies die natürliche Konsequenz einer Politik von Global-Playern ist, die einen Industriezweig mit Haut und Haaren gefressen haben, in dem sie überhaupt nichts verloren haben, die Unterhaltungsindustrie. Die konstante Steigerung von Grenzerfahrungen ist gerade im Horrorbereich das beste Mittel gegen die Nachhaltigkeit von einzelnen Produkten. Dieser unmögliche Zustand ist nur durch die absurde Leidenschaftslosigkeit des ausgewählten, demografischen Publikums möglich geworden, welches aus einer Generation besteht, die sich nicht mehr entscheiden muss. Endloses konsumieren führt natürlich zu einer Fehleinschätzung der Grenzen, die Qualität von Quantität trennen. Zwischen das oftmals unkritische Publikum und den stets aufdringlichen Herstellern zwängt sich dann ungefragt ein George A. Romero, der anstatt in Würde zu ergrauen, frei von Studioeinflüssen Filme über Untote hinaus würgt. Vierzig Jahre nach ‚Nacht der lebenden Toten‘, aber dabei noch immer bewusst reflektierend.

            Michelle Morgan ist eine dieser bisher unbekannten, aber ansprechenden herben Schönheiten, die Romero immer so gerne in seinen Filmen besetzt. Sie stellt am Ende dieses zuletzt veröffentlichten Filmes diese aberwitzig, moralische Frage: „Sind wir es wert gerettet zu werden?“  Wichtig dabei ist das Bild, das dem Zuschauer zu diesen Worten geboten wird. Hut ab, Herr Oberlehrer, da will aber einer die ganz emotionale Schiene fahren.

            Bitte, wie neu ist das denn, einen Film darauf aufzubauen, das die Charaktere selbst die Ereignisse filmen und das geordnete Material als pseudo-dokumentarisch verkauft wird. Vor zehn Jahren haben das die im Wald verlorenen Hexenjäger wesentlich effektiver betrieben und die Yuppie-Gilde aus dem zerstörten New York war da um Längen professioneller, als sie 2008 ein Monster die Metropole auseinander legen ließen.

STOP! War nur ein Test, ob hier nur konsumiert, oder intensiv gelesen wird. Natürlich war ‚Diary of the Dead‘ schon abgedreht, bevor die Dreharbeiten zu dem ‚innovativen‘ Monsterfilm 2007 angefangen hatten. Nichts desto trotz ist diese Art der Umsetzung alles andere als neu. Während andere Filme dieser Machart durch Realismus in Spiel und Kameraführung zu überzeugen versuchen, kommen Romeros Aussagen in Dialog und Situation mitunter sehr plakativ.

            „Wenn es nicht gefilmt wurde, ist es, als ob es nie passiert wäre“. Handyfilme, Rohmaterial von Nachrichtensendungen, individuelle Neuinterpretationen. Wie funktioniert denn die heutige Nachrichtenwelt überhaupt? Das ist ein sehr spannender Ansatzpunkt, gewiss aber nicht für ein Gruselpaket um Menschfleisch verzehrende Rückkehrer. Oder doch? Ist der alte Mann aus Pittsburgh am Ende vielleicht doch eine Spur cleverer als man hinnehmen möchte. Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens einer jungen Generation sind mittlerweile Internet-Plattformen aller Art. Und die Schwelle von Glauben, Glaubwürdigkeit, von Wahn und Wirklichkeit wurde extrem schwankend.

            Es ist die ‚Nacht der lebenden Toten‘, dieselbe Nacht, die Romero mit einer anderen Geschichte schon vor fast vierzig Jahren beschrieben hat. Die Protagonistin klärt uns anfangs darüber auf, das nachfolgendes Material aus dramaturgischen Gründen geschnitten und teilweise Musik hinzugefügt wurde, um die emotionale Wirkung der Wahrheit zu verstärken. Die Figuren des Filmes tragen auch im Laufe der Ereignisse alles Material zusammen, das ihre Geschichte in einen fließenden Kontext bringen kann, von Überwachungskameras, bis hin zu herunter geladenen Filmchen aus dem Internet. Denn, wie es öfter im Film heißt, „wenn es nicht gefilmt wurde, ist es, als ob es nie passiert wäre“. Auf ihrer Reise von einem Splatter-Effekt zum Nächsten, stellt die Gruppe ihre gefilmten und zusammengetragenen Erfahrungen immer wieder aktualisiert ins WorldWideWeb. Die Antwort vom anderen Ende der Welt dauert nicht lange: „Euer verdammter Film passiert gerade mit uns“, wettert eine Japanerin. Da saß wohl ein kleiner Zyniker am Drehbuch, was.

            Der Umgang mit tatsächlichen Nachrichten, mit Annahmen, oder Vermutungen, der Einfluss von unreflektierten Informationen, das ist Bestandteil unserer Welt geworden. Die vernetzte Globalisierung hat neben ihren überragenden Vorteilen, auch nicht zu verschmerzende Nebenwirkung. „Euer verdammter Film passiert gerade mit uns“. Voyeurismus ist eben nur so lange etwas wunderbares, solange man der Beobachter ist. Und da sticht Romero genüsslich ins Fleisch, indem er seinen beabsichtigt plakativen Moralfragen Blut spritzende Effekte nie gesehenen Einfallsreichtums hinterher schickt. Laufend konterkariert er seinen eigenen Film, demontiert sich selbst, in dem er explizit zeigt, was er anprangert.  Netter Versuch, einen Hauch von ‚Nouvelle Vague‘ umher schwirren zu lassen, im zwanghaften Versuch etwas Besonderes zu machen.

            Das kann doch ein junges Publikum gar nicht interessieren. Die Zielgruppe lacht sowieso schon bis die Äderchen platzen. Es will Neues, nicht die Behäbigkeit von Romeros Inszenierungen. Es will die Heerscharen von schnellen Untoten, die sich mit aufgerissenen Mäulern auf das Objektiv zu stürzen, damit ein kreischender Soundeffekt die Zielgruppe aus dem Sitz heben kann. Da hat einer wie Romero nichts verloren. Schon lange nicht mehr. Es wird nach dem Zeitgemäßen gefragt, nein, es wird gefordert. Das Zeitgemäße hat nichts mit Logik, aber mit Tempo zu tun. Es ist eine endlose Kette von optischen Effekten, die nicht mit den grafischen Auswüchsen verwechselt werden dürfen. Es hat damit zu tun, die immer geringer werdende Aufmerksamkeitspanne zu überbrücken. Auch darüber macht sich Romero lustig. Seine Zombies, die er in keinem seiner Filme je so genannte hat, sind tot. Sie sind nicht degeneriert, nicht mutiert, haben alle Zeit der Welt und bestimmt kein Anliegen. Außer einer warmen Mahlzeit vielleicht. Sie sind tot und es macht keinen Sinn sie durch die Gegend hetzen zu lassen. Es läuft ihnen ja nichts davon. Außer die warme Mahlzeit, aber verhungert ist auch noch kein Zombie.

            Mit dieser Ignoranz gegenüber den bezahlenden Voyeuren, kann man sich kein Fleisch für die Suppe leisten. Oder vielleicht doch? Sollte dieser Pittsburgher Schlaumeier am Ende das Publikum, das ihn gerne als überholt und ausrangiert einschätzt, doch bei den Eiern gepackt haben? Als Spiegel ihrer Zeit, bezeichnet der Intellektuelle Beobachter die jeweiligen Untoten-Filme des links-liberalen Filmemachers. Der wiederum versucht es von Film zu Film immer als belanglos abzutun. Naja, Bescheidenheit sei doch mal gegönnt. Der Film innerhalb des Films soll den Betrachter wachrütteln, soll aber nicht informieren, sondern Angst machen, so das Credo der Protagonisten, denn Angst ist am wirkungsvollsten. In jeder Hinsicht. Eine eigenartige Logik die sich mit der Welt von YouTube und MySpace in unserem sozialen Umfeld gefestigt hat, ist nicht der Inhalt von Nachrichten, sondern die Nachricht als Unterhaltungsinstrument.

            Es fällt schwer, zugeben zu müssen, wie unterhaltsam ‚Diary of the Dead‘ tatsächlich ist. Erstaunlicherweise nicht nur auf einer gewissen intellektuellen Ebene. ‚Diary‘ als Film will nicht informieren, genauso wenig wie sein Alter Ego innerhalb der Geschichte. Doch er kann auch Angst machen. „Euer verdammter Film passiert gerade mit uns“. Angst ist berechtigt, wenn man bedenkt, wie Manipulation in vergangenen Jahren selbstverständlich geworden ist. Dieser Film passiert tatsächlich mit uns, unbeeindruckt von jeglicher Tageszeit, rund um die Uhr, auf sämtlichen Plattformen die es im Netz gibt. Man muss diesen User-Anteil auf eine sehr geringe Prozentzahl herunter brechen, doch das Phänomen ist nicht zu ignorieren. Und all die hier Angesprochenen, die in der Welt von YouTube gefangen sind, warten nur darauf  bestätigt zu bekommen, das nichts sein kann, wenn es nicht gefilmt wurde. Und diese Sub-Spezies wird es wohl wissen, sie haben schließlich selbst einen Film darüber ins Netz gestellt. Sollte das einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen? Umso ironischer, das ‚Diary of the Dead‘ ein zufriedenes Publikum ausgerechnet auch in einer Gruppe findet, die er eigentlich in Frage stellt.

Na und? Dann hat der graue Zausel mit der sonderlichen Brille eben noch einen Zufallstreffer gelandet. Nicht genau zwischen den Augen, aber immerhin. Soll ihm doch gegönnt sein, auf seine alten Tage. Damit hat sich das im Alter schwere erlernbare Schneiden auf dem AVID ein bisschen ausgezahlt. Und so gelungen der Film auch sein mag, so macht man heutzutage keine Horrorfilme mehr. Aussage und Botschaft, da kann man weit in der Zeit zurück gehen, dort mag es seinen angestammten Platz haben. Pointierter Witz und beißende Ironie mag sich für das Programmkino gut anhören, aber nicht für das für die Maßen taugliche Horrorvergnügen. Das Handwerk nicht nur ernst zu nehmen, sondern mit dem auch innovative Wege zu gehen, ist doch nun wirklich überbewerteter Idealismus. Sein Publikum an der Nase packen, diese aber nicht ab zu reißen, es mit dem Kopf auf etwas stoßen, ohne ihn aufplatzen zu lassen, das sind alles unschöne Tugenden, mit denen man nun wirklich schwer die schnelle Kasse macht. Nein, so werden heute einfach keine Horrorfilme mehr gemacht. Den Massengeschmack zu bedienen und dann noch eine besondere, eigene Note zu setzen, das hat doch etwas Fremdartiges.

Aber keine Sorge, was soll ein alter Mann, der seine besten Jahre gesehen hat, schon noch für Einflüsse haben. Was sollte er zu sagen haben? Wie sollte er uns noch bei den Eiern packen? Nein, so werden heute keine Horrorfilme mehr gemacht. Nur weil ‚Diary of the Dead‘ ein besonders gelungener Streifen, mit höchstem Unterhaltungswert ist, dazu noch tatsächlich am Puls der Zeit nagt und ein wenig zum Nachdenken animiert? Keine Sorge, sowas macht keine Schule. Pech gehabt, George Andrew, du wirst keinen Erfolg haben mit dieser Einstellung.

Wenn nur nicht dieses letzte Bild des Filmes wäre, mit der Frage, „sind wir es wert gerettet zu werden?“

Der Film hat noch keinen deutschen Verleih und wurde im Rahmen der Fantasy-Filmfest-Nights in sieben Städten in jeweils einer Vorstellung gezeigt.

mainstream  

 


 

Dinosaurier - DINOSAUR

Sprecher: D. B. Sweeney, Pascal Breuer: ALADAR; Julianna Margulies, Sophie von Kessel: NEERA; Samuel Wright, Hans Michael Rehberg: KRON; Peter Siragusa, Claus Theo Gärtner: BRUTON; Max Casella, Dieter Landuris: ZINI u.a.

Regie: Raplh Zondag, Eric Leighton; Drehbuch: John Harrison, Robert Nelson Jacobs und sieben weitere Schreiber an der Geschichte; Kamera: David Hardberger, S. Douglas Smith; Filmschnitt: H. Lee Peterson; Musik: James Newton Howard; Szenenbild: Walter P. Martishius; visuelle Effekte: The Secret Lab

USA / 2000, circa 85 Minuten

Handlung im dritten Absatz!

Alles ist gewaltig. Es wirkt nicht nur real, es ist es, für das Auge des Betrachters. Die einschmeichelnd, scheinbar vertraute Musik erhebt sich in ihren Farbklängen. Die Leinwand ist erfüllt vom Fantastischen, und doch scheint es greifbare Wirklichkeit. Und dann machen die Viecher das Maul auf.

Zwei Jahre war Disney alleine damit beschäftigt, das 'Secret Lab', Anfangs tatsächlich sehr geheim gehalten, aufzubauen und die Vorbereitungen für die 4 Jahre dauernde Produktion für 'Dinosaur' zu treffen. Zweifellos gab die Begeisterung um 'Jurassic Park' den Stein des Anstoßes, um die Bemühungen zu rechtfertigen, die Verstorbenen der Urzeit an die uns bekannteste Schwelle des Realismus zu zeigen. Offiziellen Studioangeben zufolge benötigten die Computer für den Dinosaurier-Streifen 3,2 Millionen Rechenstunden. Da müssen sicherlich einige Platinen verglüht sein und einigen Mäusen ist das Verbindungskabel abgefallen. 3,2 Millionen Stunden bedeuten 133 000 Tage, oder 19 000 Wochen, oder auch 365 Jahre. Der Aufwände hätte sich gelohnt, mit Sicherheit wären mit 'Dinosaur' erneute Rekorde gebrochen worden. Was nur, haben sich die Produzenten dabei gedacht eine derart aberwitzig, kitschige Kinderschnulze aus diesem Werk zu machen. Das Endergebnis ist pure Verhöhnung der grandiosen Leistungen aus dem 'Secret Lab'.

Ich werde hier keine artspezifische Namen für irgendwelche ausgestorbene gattung verwenden, denn erstens hab ich die nie gelernt und dann wären sie zweitens nur abgeschrieben. Es geht in erster Linie um den misratenen Film und nicht um die Prahlerei mit nicht angeeigneten Wissen. Das Ei, in dem der kleine Dinosaurier Aladar gerate ausgebrütet wird, kommt durch glückliche und gleichzeitig unglückliche Umstände auf eine abgeschiedene Insel. Diese fast zehn Minuten lange Eingangssequence ist ein Fest für die Augen, grandios in Szene und in Effekte gesetzt. Der Riese Aladar schlüpft und wächst schliesslich bei einer Lemuren-Familie auf (diese Gattung kenne ich zufällig). Von da an geht es im Disney Kitsch steil nach oben und mitder Laune des halbwegs erwachsenen Zuschauers schnell bergab. Durch einen Meteoriteneinschlag wird die vierköpfige Familie mit Findelkind Aladar von der sicheren Insel auf das bedrohliche Festland verschlagen, wo sie sich einer auf dem Weg zu den Brutstätten befindlichen Herde unterschiedlichster Saurier unter der Führung von Bruton und Kron anschliessen. Bruton und Kron sind hart und gefühllos in ihrem Führungsstil und wie es weiter gehen wird, bedarf keines großen Rätselratens.

Wer sich die Mühe macht, den Ton zu ignorieren, wird feststellen können, das die Geschichte überhaupt keine Dialoge benötigt. Bescheidene Änderungen hier und da, hätten ein Alter übergreifendes Abenteuer der besonderen Art ergeben. Was für ein Teufel reitet Drehbuchschreiber, die einer 65 Millionen Jahre alten Lebensform "raus aus den Federn, Jungs" in den Mund zu legen. Oder wie, bitte schön, kommt ein "er ist nur eine Fuselbürste" zustande? Da kommt ein "sie wollten zum Urknall geweckt werden" schon etwas besser. Harrsträubend vermenschlicht, vermiest sich der Film seinen eigenen Spaß. Aber es wäre nicht Disney, wollte man nicht mit einer moralischen Botschaft dem Ganzen die Krone aufsetzen. Da muß schon in grauer Vorzeit dem herrschenden Darwinismus mit dem scheinbar real existierenden Sozialismus entgegen getreten werden. Die letzte Bastion utopischer Menschlichkeit, die das Maus-Haus immer vertritt, macht deutlich, warum die Dinosaurier zum Aussterben verdammt waren: Zuviel Glückseeligkeit macht blind und weltfremd.

18 Monate hatte die Live-Action Crew in California, Australien, Hawaii, Tunesien und Venezuela die perfekten urzeitlichen, realen Hintergründea aufgespürt und gefilmt, in welche dann die CGIs der Urzeit-Giganten eingefügt wurden. Mit seinen gewaltigen Bildern und herausragenden Effekten wird der Film seinen eigenen Schlagzeilen von der Wiederauferstehung der vergangenen Welt gerecht. Und daher kann man eine Empfehlung als absolutes Muß für einen Kinogang ansehen. Auch wenn die Unerträglichkeit der wiederwärtigen heilen Welt ständig auf einen eingeprügelt wird. Wenn schon einer stirbt, dann im Heldentod nach der Erkenntnis seines eigenen Versagens. Nur gemeinsam sind sie stark und stürzt man das Böse über eine Klippe, wird alles besser. Wie gut muß die Welt damals gewesen sein. 'Dinosaurier' kann mit seiner Botschaft nicht einmal mehr zehn Jährige erreichen, aber für die ist so manche Szene viel zu brutal umgesetzt. Und wie man es auch drehen und wenden mag, die unsäglichen Qualitäten der peinlichen Geschichte stehen nicht in der geringsten Beziehung zu der visuellen Glanzleistung.

 


 

The Dish:

Darsteller: Sam Neill, Kevin Harrington, Tom Long, Patrick Warburton, Genevieve Mooy, Tayler Kane u.a.

Regie: Rob Sitch; Drehbuch: Rob Sitch, Santo Cilauro, Tom Gleisner, Jane Kennedy; Kamera: Graeme Wood; Filmschnitt: Jill Bilcock; Musik: Edmund Choi; Produktions-Design: Carrie Kennedy

Australien / 2001 ; circa 100 Minuten

Gerade wenn man denkt, die amerikanische Übermacht regiert uneingeschränkt über die europäischen Leinwände, tut sich immer ein kleines Juwel von Seiten auf, von denen man es weniger erwartet.

Was Regisseur Rob Sitch an Drehbuch mit drei weiteren Autoren ausgeheckt hat dürfte selbst ein Komödien verwöhntes Publikum überraschen. Je mehr sich die Grundlage eines der größten Menschheitsereignisse der Neuzeit heraus hebt, desto intensiver fokusiert sich die Inszenierung auf seine äusserst liebenswerten und herausragend geschriebenen und gespielten Charakteren.

Um einen reibungs- und übergangslosen Kontakt zum ersten bemannten Mondflug, mit anschliessendem Spaziergang, zu gewährleisten, bindet die NASA auf der entgegengesetzten Seite des Globus ein Radioteleskop in Australien mit in das Unternehmen ein. Parkes heisst das verschlafene Nest im Nirgendwo von Down Under und Teleskop-Leiter Cliff Buxton (Neill) hat mehr mit den Besonderheiten seiner beiden Mitstreiter Mitch (Harrington) und Glenn (Long) zu tun, als mit der amerikansichen Aufgabe. Zuerst. Hinzu gesellt sich noch ein Abgesandter der NASA, Al Burnett (Warburton), der mehr mit der australischen Ungezwungenheit zu kämpfen hat, als mit dem Kontakt zu Huston-Control. Der stolze Bürgermeister von Parkes sorgt ganz nebenbei auch noch für viel Wirbel mit seinen Einladungen für den amerikanischen Botschafter und den australischen Premier Minister. Das Team läuft zu verzweifelten Höchstform auf, als durch ein kleines Missgeschick die Verbindung zu Apollo 11 abbricht und Armstrong mit seinen Mannen für die Australier nicht mehr im All aufzuspüren sind. Aber mit fast schon naiver Unschuldigkeit wird das Problem genauso gelöst, wie die komplette Übertragung der Fernsehbilder des Mondspaziergange, als sich Armstrong dazu entschliesst früher als geplant aus dem Raumgefährt aus zu steigen und den Mannen aus Parkes unverhoffter Weise die Ehre und Aufgabe zu Teil wird, für die weltweite Bildübertragung zu sorgen.

Mit graziöser Gelassenheit zaubern die Machern ein wunderbares Zeitkollorit einer neuen Zeitrechnung. Kostüme, Ausstattung und Sets lassen keinen Zweifel daran, das sich das Team um Designerin Carrie Kennedy manisch in ihre Arbeit verbissen haben. Am Anfang nur spärlich eingesetzte Archivaufnahmen lassen die Ereignisse behutsam steigern und erzeugen mehr Raum für die Figuren und ihrer Motivationen und Empfindungen gegenüber des geschichtlichen Beitrages, den sie leisten. Ebenso geschickt, werden die realen Fernsehbilder zum Höhepunkt des Filmes dramaturgisch auf wirkungsvoll emotionaler Basis viel stärker eingebunden. Mit gesteigerter Intensität, auch durch die kauzig, glaubhaften Charakteren, wird jüngeren Zuschauer ein greifbares Gefühl für das vermittelt, was damals 600 Millionen Zuschauer an die Bildschirme bannte. Und denen, die 1969 alles Live erleben durften, wird ein durchdringender wolliger Schauer von Deja Vu durch Mark und Bein gehen.

Aber all das gelingt Rob Sitch nur mit einem ausgezeichneten Ensemble von weitgehend unbekannten Schauspielern. Von unaufdringlichen Gesten und perfektem Timing, bis zu genialen Dialogen und ausgewogenen Schwerpunkten überzeugt die Inszenierung von der ersten Minute an. Oft zuckersüß, aber niemals schmalzig, streift der Film gerne die Tiefen einer Mainstream-Komödie, ohne sich dieser jemals zu ergeben. Die wunderbaren Schauspieler scheinen sich der Grenzen von aufgesetztem Humor und differenzierten Untertönen durchaus bewußt gewesen sein. Mesit kauzig und naiv, wie die Figuren gezeichnet sind, verfallen sie niemals dem blossen Klamauk, oder der Lächerlichkeit für das Publikums.

Graeme Wood verwandelt in warmen Tönen die Leinwand zu einem Panoptikum faszinierender Aufnahmen und trägt sehr viel zu der gesamten Stimmung bei. Edmund Chois symphonische Klänge erinnern in weiten Teilen Horners Soundtrack zu Apollo 13, aber das könnte durchaus auch Methode sein. Wunderbar anzuhören ist es allemal.

Das kleine Juwel des Kinosommers kommt dieses mal aus Australien und verzückt das Publikum aus dem Thema des großen technischen Fortschrittes mit eindringlicher Menschlichkeit.

 


 

District 9

Wikus Van De Merwe ist genau der Typ, der gerne Ziel des Spotts wird. Und genau so inszeniert ihn Neill Blomkamp auch. Mit Pullunder über dem weißen Hemd und dem Tick, seine Nervosität hinter Zwischenfragen zu verbergen. Wikus hat allen Grund, nervös zu sein, denn ein Kamerateam wird ihn begleiten, wenn er im Dienste der MNU mit einem Trupp Soldaten ein Ghetto verlegt. Wikus ist alles andere als eine Führungspersönlichkeit, und dennoch liegt es in seinen Händen, für einen ordnungsgemäßen und reibungslosen Ablauf der Verlegung zu sorgen. Erschwerend kommt hinzu, dass Wikus diese ehrenvolle Aufgabe nur erhalten hat, weil sein Schwiegervater der Vorsitzende der MNU ist, dem Amt für Außerirdischenfragen. 

In der ersten, als Dokumentation angelegten Viertelstunde, schneidet der Film zwischen Interviewfetzen des linkisch agierenden Wikus vor den Ereignissen und den zutiefst betroffenen Zeugen und Kollegen nach den Ereignissen hin und her. Schon in den ersten Minuten wird der anfängliche Trottel zur tragischen Figur, ohne dass man wissen sollte, was kommt. Natürlich weiß man, was kommt. Zum einen hat der gewitzte Filmfan schon ALIVE IN JO’BURG gesehen und zum anderen kommt man nicht umhin, den überschwänglichen Reaktionen auf den Film zu entgehen. 

ALIVE IN JO’BURG ist der 2005 entstandene Kurzfilm von Neill Blomkamp, auf dem DISTRICT 9 basiert. Nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch hat Blomkamp nicht viel verändern lassen. Das Team ist weitgehend dasselbe geblieben, nur bei den Trickeffekten hat sich ein zusätzliches Schwergewicht eingeschlichen. Die überschwänglichen Kritiken sind das Ergebnis einer ohne Übertreibung weltweiten Begeisterung, weil ein derart kleiner Film alles an großen Hollywood-Blockbustern ausgestochen hat, was diesen Sommer auf den Tisch geworfen wurde. Dieser für nur 30 Millionen Dollar produzierte Film zählt für die meisten Kritiker als Beleg, dass intelligente Filme nur ohne Beteiligung der großen Studios aus Glitzerstadt inhaltlich und formell überzeugen können. Das ist oftmals sehr weit hergeholt, ja sogar übertrieben, hat aber einen begründeten Nährboden.

Sehr behutsam reduziert Neill Blomkamp den Charakter der Dokumentation, geht über in längere, nicht in die Kamera gesprochene Dialoge. Doch die sporadisch eingeworfenen Nachrichtenblöcke, wie die eines echten 24-Stunden-Nachrichtenkanals, erklären und ergänzen, lassen den Zuschauer tiefer blicken in eine Welt, die sich mit dem Erscheinen von Außerirdischen ergeben hat. Über Johannisburg ist ihr Raumschiff havariert und hängt dort seit Jahren wie eine düstere Warnung. Die über eineinhalb Millionen gestrandeter Bewohner einer anderen Welt hat man in einem Ghetto angesiedelt, direkt unter ihrem nutzlos gewordenen Raumschiff. Wenn es sich nicht mehr in der Luft halten kann, trifft es wenigstens die richtigen. 

Dies sind weder die Außerirdischen, die uns Spielberg mit E.T. gebracht hat, noch die Typen, die den KRIEG DER WELTEN entfacht haben. Es sind Überlebenskünstler, die sich sehr schnell an ihre Umgebung anpassen können. Sie saufen, rotten sich mit kriminellen Nigerianern zusammen, wühlen sich durch Müll, erbrechen ungeniert schwarzen Schleim, bezahlen für menschliche Frauen und betreiben mit ihren eigenen Waffen regen Handel, obwohl die Waffen nur durch lebendes Zellgewebe der Außerirdischen aktiviert werden können. Und für Katzenfutter würden sie sich selbst verkaufen. Solche will man nicht haben. Die Prawns sollen gehen, wohin auch immer. Prawns nennt man sie wegen ihrer Ähnlichkeit mit zwei Meter großen Krabben. Und die Prawns sind nicht willkommen. District 10 heißt das Ziel der Umsiedlung, 100 Kilometer außerhalb der Stadt. Dort wird es ihnen besser gehen, verspricht man. Dort wird es noch ‚unmenschlicher‘, weiß man. Die Schwarzen in den Elendsvierteln von Südafrika haben ihre eigenen Schwarzen bekommen. Bittere Ironie in einer Inszenierung, die der Film nicht formulieren muss. Gerade weil der Film sich vehement sträubt, die Vergleiche zur Apartheidpolitik herauszuarbeiten, funktioniert das Thema sehr glaubhaft. 

In diese Welt, in der sich selbst der Zuschauer zwischen Mitleid und Ablehnung hin- und hergeworfen sieht, hätte das Schicksal, oder besser gesagt das Drehbuch von Blomkamp und Terri Tatchell, keinen besseren als Wikus Van Der Merwe werfen können. Sein oftmals tölpelhaftes Benehmen macht ihn nicht lächerlich, sondern oft sogar sympathischer. Seine lockeren Sprüche sind ganz offensichtliche Fassade, um der eigenen gesellschaftlichen Umgebung zu gefallen. Er ist ein Mitläufer, der davon überzeugt ist dazuzugehören, wenn er genau das tut, was man von ihm erwartet. Und indem er ständig diesem irrigen Glauben hinterher rennt, eckt er nur an. Wikus ist dieses arme Würstchen, von dem der Zuschauer sofort weiß, dass von all seinen rassistischen Sprüchen keiner wirklich aus dem Mund dieses überforderten Vorgesetzten kommt.

Wikus ist ein fabelhafter Charakter, der von Sharlto Copley nicht nur glaubwürdig verkörpert wird, sondern von der Regie so natürlich geführt wird, dass das Publikum eine gute Vorstellung von seiner Gedankenwelt bekommt. Wenn das Schicksal mit Wikus seiner Wege geht, trifft der Schock der Erkenntnis ebenso den Zuschauer. Trotz einiger deftiger Action-Szenen und spektakulärer visuelle Effekte bleibt DISTRICT 9 ein Film, der auf zwei ganz anderen Ebenen funktioniert und damit überzeugt.

Zum einen ist da das Leben im Ghetto. Eine kaputte, ekelhafte Welt, mit der man nichts zu tun haben will und bei der man einfach nur wegsehen möchte. Man kennt diese Bilder, denn sie sind realen Ursprungs. Kopfschütteln ist programmiert, weil solche im Dreck wühlenden, betrunkenen Aliens nicht in unser Universalbild passen. Und doch werden die Verhältnisse verständlich, weil Neill Blompkamp dieses Verständnis schafft. Das ist kein Leben, das sie sich ausgesucht haben, sondern in welches die friedlichen Hilfesuchenden gedrängt wurden. Die Welt beweist sich wieder als ungesunder Ort.

Auf der zweiten Ebene ist DISRICT 9 das Profil eines armen Mitläufers, der dadurch aber auch zum Täter wird. Es ist wie der längst vergessene Status Quo des durchschnittlichen Bürgers. Sich anpassen, keine eigene Meinung kommunizieren, das eigene Umfeld als gegeben nehmen. Der augenscheinlich Action-orientierte Streifen weckt unweigerlich Assoziationen an Opas Kino der Fünfzigerjahre und seinen brillanten Science-Fiction-Klassikern. Ein verschleierter Blick auf den Zustand unserer Gesellschaft, unterschwellige Ängste, aber auch nicht formulierbare Hoffnungen. Dies ist bei DISTRICT 9 ebenso geschickt hinter der Fassade von purer Unterhaltung versteckt. Und es funktioniert, gerade weil es ihm ohne weiteres gelingt, nicht offensichtlich zu werden.

Neill Blomkamp hat seit geraumer Zeit den ersten Film gemacht der intellektuell überzeugt, obwohl er vordergründig daran überhaupt nicht interessiert ist. Mit einem etwas zu lange geratenen Showdown und einem allzu klischeebehafteten Bösewicht sind die Schwächen in der Inszenierung sehr schnell ersichtlich, werden aber durch den Gesamteindruck leicht hinfällig. Was bleibt, ist ein Gefühl des Besonderen, das im ersten Augenblick schwer greifbar ist.

Das Team das ALIVE IN JO’BURG schon zu einer Besonderheit machte, vollendet hier grandios seine düstere, aber glaubhafte Vision. Mit dem Schwergewicht WETA hat sich die optische Dimension dieser Vision wesentlich gesteigert. Das Trickfilmstudio hat die Prawns überwältigend umgesetzt, nicht nur mit ihrem photorealistischen Aussehen, sondern vor allem durch das makellose Einfügen in die gegebenen Szenerien. Die gemeinsame Vergangenheit von WETA und Produzent Peter Jackson könnte durchaus auch für das enorm niedrige Budget von nur 30 Millionen Dollar verantwortlich sein. Denn orientiert an ähnlichen Produktionen dieser Größenordnung, sieht Gezeigtes nach wesentlich mehr aus. Doch solange die Budget-Frage in den Augen der meisten Kritiker mit dem Grad des Anspruchs einhergeht, darf dies ruhig Spekulation bleiben.

Der Film ist nicht gut, weil er ein geringes Budget hatte oder alle Kritiker dieser Welt ihn preisen. Er ist nicht deswegen gut weil er den Vergleichen zu Opas Kino standhält oder WETA die Prawns animiert hat. DISTRICT 9 ist deswegen so gut, weil er spürbar mit Herzblut gemacht wurde und keine Absicht hat, den Zuschauer mit plumper Art zu hintergehen.



DISTRICT 9

Darsteller: Sharlto Copley, Jason Cope, David James, Vanessa Haywood, Mandla Gaduka, Kenneth Nkosi, Eugene Khumbayiwa, Louis Minnaar, William Allen Young u.a.

Regie: Neill Blomkamp – Drehbuch: Neill Blomkamp, Terri Tatchell – Kamera: Trent Opaloch – Bildschnitt: Julian Clarke – Musik: Clinton Shorter – Produktionsdesign: Philip Ivey

Neuseeland / 2009 – circa 111 Minuten

 


 

Dogma:

Darsteller: BEN AFFLECK, GEORGE CARLIN, MATT DAMON, LINDA FIORENTINO, SELMAHAYEK, JASON LEE, JASON MEWES, ALAN RICKMAN, CHRIS ROCK, KEVIN SMITH; 

Musik: HOWARD SHORE; Kamera: ROBERT YEOMAN; Drehbuch & Regie: KEVIN SMITH, 135 Minuten

Handlung wird nur im zweiten Absatz besprochen!

Kevin Smith erreichte sein Publikum mit seinem ersten und dritten Film (Clerks, Chasing Amy), fiel mit seinem zweiten aber direkt auf den Bauch. Die geraden Zahlen seiner Filme scheinen ihn also nicht sehr mit Glück behaftet. Alle Komödie laufen sich an einem bestimmten Punkt seiner Laufzeit einfach tot, und Smith' 'Dogma' leidet merklich an seiner Länge und seinen Intentionen mehr ausdrücken zu wollen, als der Zuschauer wirklich wissen möchte. Und eine Komödie sollte es sein, wenn auch besonders in seiner zweiten Hälfte, der Gedanke aufkommen kann, Kevin Smith möchte der weltumspannenden Glaubensgemeinschaft ein Denkmal setzen. Dabei verbeißt sich der Schreiber und Regisseur zusehr in den Römisch-Katholischen Glauben, anstatt eine allgemeinen Blick auf die Religionen überhaupt zu wagen.

Die nach Wisconsin aus dem Paradies verstoßenen Racheengel Bartleby und Loki (Affleck und Damon) sehen eine neue Chance, endlich 'Nachhause' zurück zu kehren und um sich bei Gott gleich wieder beliebt zu machen, metzeln sie auf ihrem Weg nach New Jersey gleich ein paar Todsünder dahin. Auf dem selben Weg befindet sich die in der Glaubenskrise befindliche Bathany (Fiorentino), die von den zwei sex-süchtigen Verlieren Jay und Silent-Bob (Mewes und Smith) begleitet wird. Zu ihnen fällt aus dem Himmel Rufus (Rock) der dreizehnte Apostel, unerwähnt weil schwarz, und die Muse Serendipity (Hayek). Wie sich in langen theologischen Diskussionen heraus stellt, dürfen Bartleby und Loki den Weg zurück ins Paradies gar nicht schaffen, sollte es ihnen gelingen, würden sie Gott der Fehlbarkeit preis geben und somit alle Existenz mit einem mal vernichten.

So wie alles beginnt, verspricht der Film ein Feuerwerk des herablassenden Humors und bitterbösen Witzes. Doch so richtig wohl scheint sich Smith dabei nicht zu fühlen. Schon zu Beginn seiner Karriere war diese gemeinte Abrechnung mit den Kirchen ein Wunschprojekt. Und der klerikale Rummel im Vorfeld der Produktion ließ auf eine wirklich derbe Theologie Stunde hoffen, kannte man schließlich Smith geizlosen Umgang mit Sprache und dem krönenden Thema Sex. Und genau da macht sich der Regisseur selbst einen Strich durch die gemeine Abrechnung. In jedem seiner Dialoge, welche die Kirche in Frage stellen, oder Gott als Ganzes kritisieren, schickt er seine dogmatische Grundhaltung hinterher. Gerade als die Wege der Protagonisten und deren Aufgaben festgelegt sind und 'Dogma' eine spirituellere Grundstimmung annimmt, wird klar, das die Absicht des Filmemachers niemals in sakrilegen Auseinandersetzungen lag. Ihm war auch nie an einer Auseinandersetzung überhaupt gelegen. Dieses Wunschprojekt ist eine Komödie die fast schon radikal für den Glauben eintritt. Alle Proteste aus dem Vorfeld verpuffen schnellstens, auch wenn nach Chris Rock im Film Jesus schwarz gewesen sein soll und Sätze wie 'der Nigger schuldet mir noch 12 Mäuse' fallen. Was jedoch Smith als radikalen Schreiber seiner eigenen Filme auszeichnet, sind die Schlag auf Schlag folgenden Filmzitate von den späten Klassikern, zu den zu vergessenden Videoaufführungen. Da kennt der Macher seine Generation und sein Metier, nie aufdringlich und stets mit tiefgreifenderem Wissen ausgestattet, läßt er die Anspielungen auf Vorbilder und abschreckenden Beispielen ohne Unterlaß einfließen.

Dabei hätte alles so schön sein können. Angeführt von Damon und Affleck, hat Smith eine Heerschar überzeugender Schauspieler versammelt, die alle in ihren kleineren und größeren Rollen ein Maximum an Glaubwürdigkeit vermitteln können. Okay, mit Ausnahme von Selma Hayek die eigenartig farblos bleibt, selbst als Stripteasetänzerin, und Jason Lee der einen seltsam eindimensionalen Dämonen verkörpern soll. Mit Sicherheit hat allerdings Sängerin Alanis Morissette den bemerkenswertesten Auftritt in dieser Liga.

'Dogma' stellt die Religionen, besonders das erklärte Ziel der römisch-katholischen Kirche nie in Frage, und so merkwürdig es in unserer Zeit klingen mag, damit hat er sich seiner Chancen einfach selbst verwehrt. Man könnte nicht einmal sagen, der Film wäre am Thema vorbei inszeniert. Er war dem Thema schlichtweg, hoffnungslos ergeben. Aber Kevin Smith wird seinen wahren, bitterbösen Biss bestimmt nicht verloren haben. Zumindest sollte man den Glauben nicht verlieren.

 


 

Doomsday

Darsteller: Rhona Mitra, Bob Hoskins, Adrian Lester, Alexander Siddig, David O’Hara, Malcolm McDowell, Craig Conway u.a.

Regie und Drehbuch: Neil Marshall; Kamera: Sam McCurdy; Bildschnitt: Andrew MacRitchie, Neil Marshall; Musik: Tyler Bates; Produktionsdesign: Simon Bowles; Kostüme: John Norster

England-USA /  2008; circa 109 Minuten

            Neil Marshall hat sehr hochgesteckte Ambitionen, ein Werk dieser Größenordnung auf die Leinwand zu bringen. Die Konsequenz, mit der er von einem Vorbild zum nächsten wandelt ist bewundernswert. Doch erstaunlicher ist sein Gespür auf der richtigen Seite der unsteten Linie zwischen Hommage und peinlichem Plagiat zu bleiben. Die ersten anerkennenden Lacher kommen schon am Anfang, bei dem sich die Eröffnungssequenz von ‚Die Klapperschlange – Escape from New York‘ wiederholt. Unverkennbar und doch auf dem neuesten Stand der Technik. Regisseur und gleichzeitiger Autor Marshall verführt seinen Kameramann Sam McCurdy sogar zu Kamerafahrten, identisch mit dem John Carpenters Original, wie das Bild von einem Wachsoldaten entlang hoch über die Mauer mit dem sich öffneten Blick in das abgeriegelte Gebiet. Marshall weiß was er tut und er tut es gut.

            Die Begriffe Kultfilm und Klassiker sind längst aufgebrauchte Worte, die schon vor Jahren ihre Wertigkeit verloren haben. Doch ‚Escape from New York‘ und die ‚Mad Max‘ Filme haben diesen Status noch ehrlich verdient und kann ihnen auch nicht mehr streitig gemacht werden. Das zwei Nebendarsteller des Öfteren in einem Satz mit Carpenter und Miller, wie ‚Max‘-Macher George Miller, angesprochen werden, dürfte nicht unbedingt Zufall sein. Etwas mehr Vorsicht mit den Worten Kult und Klassiker muss man da bei ‚28 Days Later‘ und seinem Nachfolger walten lassen, aber Marshall klaut nur bei den Besten und dazu gehört Danny Boyles zweiteilige Zombie Variation allemal.

            In Glasgow bricht ein nicht unter Kontrolle zu bringender Virus aus, der jeden infizierten innerhalb kürzester Zeit elend sterben lässt. Der Norden Englands wird hermetisch abgeriegelt, mit einer Mauer umsäumt und eine einfache Regeln aufgestellt  – richtig: Einmal drin kommst du nie wieder raus. Dreißig Jahre später taucht der Virus im Zentrum Londons wieder auf. Eine Spezialeinheit unter Führung der unwiderstehlichen, aber knallharten Eden Sinclair wird in den abgeschotteten Norden geschickt, denn in dem ehemals kontaminierten Gebiet gibt es sehr wohl noch Überlebende. Aus politischen Gründen wurde das Wissen um Überlebende der Katastrophe verschwiegen, aber nun könnte mit Hilfe der Immunen des Nordens ein Gegenmittel gefunden werden. Und niemand anders, als eine Frau mit so einem Namen wie Eden Sinclair könnte diese Aufgabe bewältigen. Das Team hat 48 Stunden. Werden sie es schaffen?

            Trotz aller Plagiate, sollte man sich vorsichtig sein, denn ob Eden Sinclair ihren Auftrag so richtig erfüllen kann, muss nicht sein. Oder vielleicht doch. Da sollte man sich überraschen lassen. Neil Marshall hat einen Film geschaffen, der einfach nicht ernst genommen werden darf, wenn er funktionieren soll. Die Ankündigung, es wäre ein sogenannter „Party-Film“ trifft es dabei ziemlich genau. Wenn dieses Zitatenwerk vom ‚Resident Evil‘ Modus zuerst auf ‚Mad Max beyond Thunderdome‘ hochschaltet und dann mit brachialer Gewalt ‚The Road Warrior‘ wie ein abgenutztes Bobby-Car aussehen lässt, dann ist tatsächlich Party-Stimmung angesagt.

            Zweifellos gibt es sehr bedauerliche Fehlentscheidungen von Seiten der Inszenierung. Die Mörder-Brut um den, nur für seine Anhänger charismatischen, Sol (Graig Conway) sind in ihrem Punk-Outfit vollkommen überholt und selbst als Referenz nur noch extrem nervig. Die, den Handlungsverlauf entscheidende, Mittelalter Sequenz schließlich, verlangt sehr viel Toleranz, um den einnehmenden Streifen nicht kippen zu lassen. Sehr auffällig ist auch die, wann immer benötigte, Unfähigkeit von Soldaten in Sinclairs Team, damit eine schnelle und Effekte beladene Dezimierung stattfinden kann. Doch zu zugegeben bleibt, dass jeder teuer produzierte A-Klasse Film aus dem Studiosystem meist weit schlimmere inhaltliche Fehler begeht.

            Technisch ist ‚Doomsday‘ auf dem höchsten Stand. Die Arbeit der Stuntleute ist atemberaubend und zur Freude des sogar verwöhnten Cineasten sieht und erlebt man die menschlichen Leistungen, die ohne Computereffekte auskommen.  Bilder, Schnitt, Ton und Musikauswahl sind eine sich wirklich ergänzende Einheit. Dass für diesen Film ein Budget von nur 30 Millionen Dollar zur Verfügung gestanden haben soll, will man während und nach den sehr kurzweiligen 109 Minuten wirklich nicht glauben. Rhona Mitra gehört jetzt wahrlich nicht zur Krone der schauspielernden Schöpfung, doch in ihrer stets hauteng anliegenden Kleidungswahl, kann sie sich durchaus sehen lassen. Serienjunkies dürfte die attraktive Brünette aus ‚The Practice‘, dessen Spin-Off ‚Boston Legal‘ und ‚Nip/Tuck‘ längst den Kopf verdreht haben. Leider fällt in entscheidenden Mensch gegen Mensch Begegnungen auf, das sie ihre Kampftechnik nicht so beherrscht, wie sie man ihrem Aussehen nach vermuten möchte. Doch Andrew MacRitchie, mit Unterstützung von Neil Marshall selbst, fängt das mit schnelleren Schnitten und Shutter-Effekten locker auf.

            Trotz der durchweg positiven Eigenschaften und  Qualitäten, darf man nicht vergessen, das ‚Doomsday‘ ein strikter B-Movie ist, der gerade mit Stilmittel kokettiert, die viele andere Filme so schlecht macht. Er ist kein glatt geleckter Streifen, der jedem gefallen will, sondern ausschließlich für Kinogänger gemacht ist, die vollkommen loslassen können. Truffaut und Coppola verwöhnte Popcorn-Verweigerer könnten Neil Marshalls Film innerhalb kürzester Zeit in Schimpf und Schande zerreißen. Das hätte er aber nicht unbedingt verdient.

Wie sollte es auch anders sein, auch dieser Film hält es sich sehr, sehr offen, ob er noch einmal seine Helden und sein Thema für eine Zweitverwertung aufgreifen möchte. Absehbar, das dann soviel Budget im Spiel sein wird, das der Nachfolger wahrscheinlich das Flair verlieren wird, welches ‚Doomsday‘ zwecks seiner teils schrägen Mangelhaftigkeit so sympathisch gemacht hat.

Der Film wurde im Rahmen des Fantasy-Filmfest-Weekend in sieben Städten mit jeweils nur einer Vorstellung gezeigt. Der offizielle Starttermin ist voraussichtlich 12.06.2008.

mainstream   


 

Dr. Dolittle 2:

Darsteller: Eddie Murphy, Tank der Bär, Kristen Wilson, Kevin Pollack, Jeffrey Jones, Raven-Symone, Lil' Zane u.a.

Regie: Steve Carr; Drehbuch: Larry Levin nach den Dr. Dolittle Geschichten von Hugh Lofting; Kamera: Daryn Okada; Filmschnitt: Craig Herring; Musik: David Newman; F/X: Animated Engineering, Rhythm & Hues

USA / 2001 ; circa 87 Minuten

Der Doktor ist also wieder auf Hausbesuch. Die Schlagzeile ist schon zweimal falsch. Zum einen ist der Doktor im Kino und zum Zweiten empfängt er Tiere nur in seiner Praxis. Okay, man sollte zugeben, das er eine einzige Ausnahme macht. Das ist für den 'Biber'. Der alte Mafioso des Waldes sieht nämlich durch eine Holzfirma 'sein' Viertel in Gefahr und so macht er dem, der mit den Tieren sprechen kann, ein Angebot, das er nicht zurück weisen kann.

Aber diesesmal hat Eddie Murphy viel mehr zu tun, als nur einem Tiger den Tumor zu entfernen. Davon profitiert nicht nur Murphy, sondern auch das Vergnügen des Zuschauers. Das ist schon einmal das große Plus zu dem eher orientierungslosen ersten Teil. Auch wenn es in erster Linie um die kindlich, naive Umsetzung zur Rettung eines Stückes Wald geht, kreist die geschichte im wesentlichen um die Interaktion des Doktors zu einem Western-Pacific Bären. Der Bär heißt Archie und dem geht es im Zirkus prächtig. Aber auf freier Wildbahn in besagtem Wald lebt auch Ava, eine wundervolle Western-Pacific Bärin, die einfach einen ausgewilderten Bären gleicher rasse benötigt, damit der Wald zum Naturschutzgebiet erklärt wird und das Fällen von Bäumen untersagt wird.

Viel weiter auf die Geschichte ein zu gehen, wäre ein überflüssiges Unterfangen. Auch Teil nummer Zwei zielt geradewegs auf ein durchweg junges Publikum unter 12. Das Ganze tut dem Vergnügen für Erwachsene nicht unbedingt einen Abbruch, wenn man über das, notwendigerweise, naive Abhandeln der Geschichte hinweg sehen kann. Eher erleichtert kann man zur Kenntnis nehmen, das 'Dolittle 2' nicht krampfhaft versucht allen Altersgruppen gerecht zu werden. Das ist vielleicht auf der einen Seite zu bedauern, aber soetwas kann sehr schnell daneben schlagen. Viele Beispiele dieser Art sind derzeit noch in den Kinos zu begähnen.

Geradlinig und ohne verwirrende Schnörkel kann sich der Doktor auf das wesentliche konzentrieren. Dabei haben die Effektemacher von Animated Engineering und Rythm & Hues ganze Arbeit geleistet. Wenn das Rendering der Computer-animierten Mund- und Körperbewegungen auch nicht so perfekt gelungen ist, wie zum Beispiel bei 'Stuart Little', so ist das Zusammenspiel, hauptsächlich Eddie Murphys, mit den Tieren schon ein gelungener Großteil des Spaßes.

David Newman legt einen allseits bekannten, aber der Dramaturgie dennoch sehr zuträglichen Soundtrack auf die Tonspur. Leider bleibt Kameramnn Daryn Okada bei den hauptsächlich im Studio entstandenen 'Aussenaufnahmen' sehr einfallslos. Aufdringliches Orange als Sonnen-Ersatz ist eben nicht immer dienlich.

Das die deutsche Synchronisation unbedingt mit einem Auftritt der sogenannten Komödianten Stefan und Erkan aufwarten muß, trübt kurzfristig das Vergnügen. Ansonsten funktioniert der künstlich erzeugte Dialog-Ablauf hervorragend. Und der ein, oder andere Erwachsene wird nicht umhin kommen, zugeben zu müßen, das er einen tatsächlich unterhaltsamen Film gesehen hat. Auf alle ausgewogener und kinderfreundlicher als sein Vorgänger.

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Doppelmord - DOUBLE JEOPARDY

DARSTELLER: Ashley Judd, Tommy Lee Jones, Bruce Greenwood, Roma Maffia, Annabeth Gish; 

DREHBUCH: David Weisberg, Douglas S. Cook; REGIE: Bruce Beresford; 

CIRCA105 MINUTEN

Es läßt sich nicht leugnen, das 'Double Jeopardy' ein wirklich interessanter Thriller ist, der vor allem durch seine überzeugenden Stars Ashley Judd und Tommy Lee Jones richtig in die Gänge kommt. Und es läßt sich nicht leugnen, das 'Double Jeopardy' ein Thriller ist, der keine großartigen Spuren hinterlassen wird. Sein überwältigender Erfolg in Übersee ist sehr einfach zu definieren. Bruce Beresford setzt der eher simplen Grundidee komplexe Charakteren entgegen und gibt ihnen gerade soviel wirksamen Freiraum, das die Handlung weder aufgehalten, noch abgelenkt wird. Genau diese sonst fehlende Komponente macht viele Fernsehthriller eben nur tauglich für T.V.. 'Double Jeopardy ' bietet vom Handlungsrahmen her, nicht sehr viel mehr. Obwohl Libby Parsons (Judd) ein zufriedenes, gesegnetes Leben führt und Gatten Nick (Greenwood), sowie ihren Sohn abgöttisch liebt, dauert es nicht lange, bis sie wegen Mordes ins Kittchen wandert. Von der Situation her nicht sehr neu, aber dann taucht Tommy Lee Jones auf und alles wird gut. Das soll nicht heißen, das Ashley Judd ihre Rolle als Mörderin Verurteilte nicht hervorragend ausfüllen würde, aber ihre Emotionen und der eigentliche Charakter bleibt vorhersehbar und ohne Überraschungen. Hingegen gehören, wie in meist all seinen Filmen, Tommy Lee Jones die besten Zeilen und ihm gebührt der freizügigste Handlungsraum. Ohne besondere Höhepunkte, bleibt der Thrillerbogen gleichmäßig bis zum Schluß auf angenehmer Spannung. Lediglich im letzten Drittel irritiert eine seltsame Entgleisung mit der Auflösung eines eigentlichen Mordes. Aber David Weisberg's Drehbuch läßt den Zuschauer nie wissen, was die verschiedenen Wendungen bringen werden, so bleiben alle Vorhersehbarkeiten schön ausgeschalten. Dies und Tommy Lee Jones' spröde Ironie heben diesen eher Charakter-bezogenen Thriller über ein gewisses Maß, ohne mehr vor zu geben, als er letztendlich halten kann. Selbst bei allen technischen Aspekten ist lediglich die Kamera etwas ausgefallener, ansonsten alles auf mittelmäßiger Route. Aber vielleicht ist das auch insgeheim der Erfolg von 'Double Jeopardy', das er nie versucht mit übertriebenen Wendungen und spektakulären Unwahrscheinlichkeiten einen zum scheitern verurteilten neumodischen Impuls zu folgen, in dem nur Versuche unternommen werden den Zuschauer in ein komatöses Stakkato zu katapultieren. Ein sehr netter, ein bißchen ehrfürchtig, altmodischer Thriller der es ausnahmsweise ehrlich mit dem Zuschauer meint und schon damit über dem Durchschnitt wächst.

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Dr. T and the Women:

Darsteller: Richard Gere, Helen Hunt, Laura Dern, Tara Reid, Kate Hudson, Farah Fawcett, Shelley Long, Liv Tyler, Janine Turner u.a.

Regie: Robert Altman; Drehbuch: Anne Rapp; Kamera: Jan Kiesser; Filmschnitt: Geraldine Pironi; Musik: Lyle Lovett

USA / 2000, circa 121 Minuten

Ohne Übertreibung kann man sagen, das Dr. T mit Abstand der witzigste von Robert Altmans Filmen der letzten Jahre ist. Aber noch lange nicht so amüsant wie der Vorgänger Cookies Fortune, oder aberwitzig wie The Player. Man ist geneigt zu sagen, das Altman seinen Biss nicht gefunden hat. Mag es an Anne Rapps Drehbuch liegen, oder an der undurchsichtigen Regie. Mal schwelgt der Regisseur in bildhafter Poesie, dann wieder in frenetischem Wahnsinn, mal in zuckersüßen Hintersinn. Und das alles so uninspiriert zusammengesetzt, das Dr. T nur leidlich amüsante Unterhaltung, dafür episodenhafte Charakterstudien bieten kann. Dr. Travis ist eine zentrale Figur, die nur am Rande das eigene Recht zugesprochen bekommt. Es geht um die Probleme seiner psychatrisch eingelagerten Frau, um deren alkoholkranke Schwester. Es handelt von einer aufopfernden Krankenhelferin ohne eigenes Leben und einer Tochter mit Doppelleben. Altman zeigt uns hypochontrische Patientinnen und einen Seitensprung zur Selbstverwirklichung. Um dieses Chaos zusammen zu halten, bedarf es einer Figur, die wie die Sonne das Gestirn zusammen hält. Und welche Lichtgestalt wäre nicht besser geeignet, dem weiblichen Wahnsinn etwas Göttliches ab zu gewinnen, als euere Eminenz Richard Gere. Und tatsächlich bewegt sich Gere in diesem Reigen der Gefühle und Wallungen wie die personifizierte Erkennung vom Sinn des Lebens. "Frauen sind etwas göttliches", beschwört er seinen Jagdkumpels," und so sollte man sie behandeln". Das macht er mit einer beindruckend charismatischen Vollkommenheit, das Dr. Travis bisher Geres ausergewöhnlichste, aber auch beeindruckenste Vorstellung ist. Zurück genommen und denen Platz machend, die ihn verdienen. Das Drehbuch hat aber anderes mit ihm vor und daran scheitert letztendlich der gesamte Film, um als jenes komplexes Werk zu gelten, welche vorher Altman zu dem gemacht haben, was er in Hollywood und in der Filmwelt heute bedeutet. Ausgerechnet die Hauptfigur, und in diesem Fall ist es keine Sünde, das bei all den Frauen-Figuren ein Mann die Hauptrolle spielt, bleibt am Ende doch nur die Statistenrolle. Wie seinerzeit George Cukor beherrscht Altman seine Frauen, efroscht sie, umgarnt sie und holt alles aus ihnen heraus. Den Vergleich mit Cukor braucht er nicht zu scheuen, aber den Vorwurf muß er sich gefallen lassen, das er die Geschichte aus den Augen verloren hat, während er soviel Verständniss für das weibliche Geschlecht aufbringen wollte. Von allem das Beste und am Ende passt es doch nicht so zusammen. Hätte sich der Regisseur nicht Helen Hunt eingefangen, könnten sich einige männliche Zuschauer in ihren Meinungen über die Partnerinnen bekräftigt sehen. Das mit den Frauen ist eben so eine Sache. Und wenn Dr. T and the Women auch sehr angenehme Unterhaltung bringt, kann er dem Thema doch nie so wirklich gerecht werden. Und schuld daran ist oftmals eben die zerfahrene Regie.

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Dreamcatcher:

Darsteller: Thomas Jane, Jason Lee, Damian Lewis, Timothy Olyphant, Morgan Freeman, Tom Sizemore, Donnie Wahlberg u.a.

Regie: Lawrence Kasdan; Drehbuch: William Goldman, Lawrence Kasdan nach dem Buch von Stephen King; Kamera: John Seale; Bildschnitt: Carol Littleton, Raul Davalos; Musik: James Newton Howard

USA / 2003 ; circa 131 Minuten

Schreiber William Goldman hat sich schon einmal Stephen King vorgeknöpft. Das war bei ‚Misery’ (in Deutsch als ‚Sie’ erschienen), der Geschichte einer wahnsinnigen Krankenschwester, die ihrem Lieblingsschriftsteller das Leben rettet und gesund (!?!) pflegt. ‚Misery’ war ein Kammerspiel im wahrsten Sinne des Wortes, selbst auf den geschriebenen Seiten, wo sich 80 Prozent der Geschichte in Gedanken der zwei Protagonisten ergeben. Rob Reiner hat mit einem phantastischen Drehbuch eine der besten King Verfilmungen überhaupt auf die Leinwand gebracht. Goldman hat aber auch ‚Hearts of Atlantis’ für die Leinwand adaptiert, eine einfühlsame und eindringliche Studie über drei Jahrzehnte amerikanischer Gesellschaftswandlungen. Aus ‚Hearts…’ wollte Goldman so etwas wie ‚Stand by me’ machen, eine der erfolgreicheren King-Verfilmungen, und filterte an den falschen Stellen und hob die unwichtigen Dinge hervor, ‚Hearts…’ scheiterte am verpatzten Drehbuch. Vielleicht lag darin der Hund begraben, so etwas sollte nicht noch einmal passieren. Handlung und Dialog genau setzte Goldman nun den King Roman ‚Dreamcatcher-Duddits’ für Regisseur Lawrence Kasdan um, und so ist ‚Dreamcatcher’ eine original getreue Verfilmung geworden.

So getreu und original wie sich ‚Dreamcatcher’ adaptiert gibt, umso schlimmer ist der Wermutstropfen. Die Vorlage ist kein besonders gutes Buch, in dem der Autor mehrfach uninspiriert den Tenor wechselt. Der Anfang ist eine schöne Mischung aus ‚Stand by me’ mit Erwachsenen und eine Auffrischung von ‚Es’. In der verschneiten Abgeschiedenheit der Wälder Neu Englands mischt sich auch ein nicht unerheblicher Teil von ’Shining’, sei es die Atmosphäre, oder ebenso geschickt die Kamera. Vier Freunde, keiner wirklich vom Glück begünstigt, verbringen ihr alljährliches Jagdwochenende zusammen. Kasdan, mehr Gefühlsregisseur, als Horrormeister, kann sehr gut ein vertrautes Gefühl unter den Freunden aufbauen, seine Charaktere leben und geben einem das Gefühl des Bekannten. Umso unheimlicher ist das Auftauchen eines fremden Jägers, dem nach einigem Hin und Her ein so genanntes Kackwiesel aus seinen Innereien entfleucht. Das Eindringen (oder Ausdringen?) der außerirdischen Lebensform in die abgeschiedene Gemeinschaft der Freunde erzeugt bis dahin ein wirklich eindrucksvolles Horror-Szenario. Doch dann dreht sich der Film, genau wie die Romanvorlage, entgegen seiner bisherigen gelungenen Atmosphäre. Das Militär kommt ins Spiel, eine Außerirdischen Hatz beginnt, Menschen werden interniert, ein Gefühl von Kings ‚The Stand’ macht sich breit. Aber da hat der Film längst verloren, hat die intime Abgeschiedenheit verlassen und ein übliches, längst überholtes Schwarz/Weiß Szenario aufgebaut. Ab und an werden im Militär-Camp noch ethische Fragen aufgeworfen, die sind aber längst zu einem gequälten Versuch geworden, aus Nichts etwas Besseres zu machen. Zum Showdown wechselt die Struktur noch einmal und beschert eine hanebüchene Verfolgungsjagd, die mehr und mehr Fragen aufwirft, ohne die Rätsel des zweiten Aktes überhaupt noch in Erwägung einer Auflösung zu ziehen.

‚Dreamcatcher’ kann durchaus einen gewissen Unterhaltungswert aufweisen, aber ist weit davon entfernt ein guter Film zu sein. Das Horror-Szenario beschränkt sich auf den ersten Teil und Überraschungen gibt es bis zum Ende gar keine mehr. Da sind also drei Figuren zusammen gekommen, King-Goldman-Kasdan, die sehr viel von ihrem jeweiligen Fach verstehen, aber in diesem Fall nichts miteinander anzufangen wussten. Aber Stephen King war in seiner Karriere ja nicht faul, es gibt noch viele unverfilmte Romane und es wird noch viel mehr Stoff für die Leinwand hinzukommen. ‚Misery’, ‚Cujo’, Shawshank Redemption’, oder ‚Green Mile’ sind perfekte Beispiele, das es Harmonie zwischen Autor und Drehbuchschreiber gibt. Und das Regisseure zwischen den Zeilen der Vorlage lesen können. Kasdan konnte es bei ‚Dreamcatcher’ nicht.

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Dreamgirls

Darsteller: Jennifer Hudson, Beyonce Knowles, Jamie Foxx, Eddie Murphy, Anika Noni Rose, Danny Clover u.a.

Regie & Drehbuch: Bill Condon, nach dem Broadway-Musical von Tom Eyen; Kamera: Tobias Schliessler; Bildschnitt: Virginia Katz; Musik: Henry Krieger; Lied-Produzenten: The Underdoggs;

USA / 2006; circa 130 Minuten


Ob Beyonce, Jamie Foxx, oder Eddie Murphy, sie stehen ganz oben auf dem Plakat. Sie geben den richtigen Glamour zu der Geschichte um den Aufstieg in den Glamour. Aber die Aufmerksamkeit zieht doch Jennifer Hudson auf sich. Ohne Zweifel ist mit ‚Dreamgirls’ Eddie Murphys bester und intensivster Auftritt seit Jahren gelungen. Seine Mischung von extravagante Mischung aller Soul und Funk-Größen der 60er und 70er und dennoch der typische Eddie Murphy zu bleiben, ist herausragend und nebenbei kann er sich endlich wieder überzeugend als Sänger profilieren, was im nach seinem Debütalbum vor einigen Jahren nie richtig gelungen war.

Aber über all dem schwebt immer noch Leinwandneuling Jennifer Hudson, ehemalige Finalistin der amerikanischen Ausgabe von ‚Deutschland sucht den Superstar’. Die kräftige Sängerin sprengt mit ihrem Organ mühelos die Kapazitäten einer guten Soundanlage und beweist Schauspieltalent in einem Genre, wo es nie so richtig überzeugt, dass die Figuren plötzlich in Gesang ausbrechen. Die füllige Afro-Amerikanerin hat an Körperfülle sogar noch etwas drauf gepackt, um der mit der Rolle der Effie am Broadway triumphierenden Jennifer Holliday Tribut zu zollen. Bill Condons Regie hat ihr deutliche Anleihen an Aretha Franklin gegeben, so ist der Figur der Effie im Film eine großartige Karriere beschienen. Ihr wahres Vorbild, die ‚Dreamgirls’ sind eine sehr lose Anlehnung an die Karriere der Surpremes, ist völlig verarmt gestorben. 

Eingängige Musik, ein Streifzug durch die Musik, ein Hauch von Motown. In ‚Dreamgirls’ kann man sie alle finden, die Bedeutung mit, oder durch die Musik erlangten. Rhythm and Blues, Funk, Soul, oder die aufkeimende Disco-Ära. Aber der Film spiegelt auch wieder, in welcher Zeit sich die Musik entwickelt hat, der Einfluss Martin Luther Kings und Rassenkrawalle. Anfang der sechziger Jahre, da heißen die Dreamgirls noch Dreamettes, ist es verwunderlich, das sie überhaupt vor einem weißen Publikum auftreten dürfen. Mitte der Siebziger, am Höhepunkt ihrer Karriere, hat sich die Musik zu einer Mischform gewandelt, ohne die ein weißes Publikum gar nicht mehr sein könnte. 

Der Film hat viel Potential, spielt es auch voll aus und kommt dennoch nicht voll in die Gänge. Anders als das losgelöste und unkomplizierte ‚Chicago’, mit dem man eine Rückkehr des Musicals ankündigte, will Bill Condon mit ‚Dreamgirls’ einfach zu viel. Selbst der narrative Stil bricht sich immer wieder. Zuerst liegen musikalische Bühnenauftritte über den bildlichen Erzählungen. Später greift Condon auf die klassische Art des Musicals zurück und lässt die Songs als Dialogform vortragen. Und letztlich erklären sich Handlungsstränge über Clip-Montagen mit Lieduntermalung. Diese Mischform mag ein gutgemeinter Kunstgriff sein, aber er verliert jede Art von erzählerischem Rhythmus. Immer wieder verliert der Film an Schwung, den er sich eigentlich sicher aufbaut, und zwingt den Zuschauer sich neu einzustellen. 

Mit über 1500 Vorstellungen begeisterte ‚Dreamgirls’ am Broadway sein Publikum. Auf der Leinwand gelingt der Aufbau dieser Begeisterung nur bedingt. Mit der Ausnahme von zwei herausragenden Darstellern, fehlt dem Rest der Besetzung eine gewisse Art von überspringendem Feuer. Bei Jamie Foxx spürt man förmlich den Wiederwillen zu singen und Beyonce Knowles kann schauspielerisch nur mit MakeUp und einer gewissen Ähnlichkeit zu Diana Ross über das notwendigste hinweg helfen. Auf der großen Leinwand hingegen sind Kamerabilder, Kostüme und Dekoration das Hohe C der Unterhaltung. Es wäre natürlich falsch zu behaupten, ‚Dreamgirls’ wäre als Verfilmung fehlgeschlagen. Durchaus versteht er zu unterhalten, macht Spaß zu beobachten und über die Anleihen zu rätseln, die Musik zu genießen und sich von großartigen Bildern berauschen zu lassen. Aber da hätte mehr sein können, viel mehr, und das fühlt man auch. Als wenn zwischendrin einer einmal nicht den richtigen Ton trifft.

bandit

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Driven:

Darsteller: Sylvester Stallone, Burt Reynolds, Kip Pardue, Til Schweiger, Stacy Edwards, Gina Gershon, Estelle Warren, Robert Sean Leonard u.v.a.

Regie: Renny Harlin; Drehbuch: Sylvester Stallone nach einer Geschichte von Jan Skrentny & Neal Tabachnik; Kamera: Mauro Fiore; Filmschnitt: Stuart Levy, Steve Gilson; Musik: Brian Transeau; F/X-Supervisor: Brian M. Jennings

USA / 2001 ; circa 117 Minuten

Wenn sich Sylvester Stallone an seine Vergangenheit erinnert, dann wird er mit größter Wahrscheinlichkeit wehmütig seinem großen Oscar-Gewinner ‚Rocky’ nachhängen. Dies könnte vielleicht einer der Gründe sein, warum er für das Rennfahrer-Spektakel ‚Driven’ wieder einmal selbst als Autor tätig werden wollte. Auffallend dabei ist die Zurückhaltung, mit welcher er sich selbst in Szene setzt. Er lässt Newcomer Kip Pardue den Vortritt, verschafft Burt Reynolds einige fantastische dramatische Szenen und schrieb Til Schweiger die beste Rolle, die dieser im Traumziel Amerika bisher bekommen hat. Das hört sich alles gut an und könnte vielleicht auch gar nicht so schlecht werden, wäre nicht Renny Harlin mit in den Rennstahl gekommen.

Als ausgedienter Formel 1 Pilot wird Joe Tanto (Stallone) von Rennstahl Besitzer Carl Henry (Reynolds) reaktiviert, um der aufstrebenden Hoffnung Jimmy Bly (Pardue) Vernunft in Stil und Disziplin beizubringen. Blys größter Gegner ist Beau Brandenburg (Schweiger) aus Deutschland, ein mehr als offensichtlicher Schuhmacherverschnitt, der ausgerechnet Schuhmacherfans am meisten verärgern dürfte. Dazwischen hoppeln noch ein paar Rennhasen wie Gina Gershon, Estelle Warren, oder Stacy Edwards zwischen den rivalisierenden und unbeherrschten Formel 1 Piloten. Und dann ist da immer noch Regisseur Renny Harlin.

Wer einen Film im Milieu des Rennsportes dreht, spricht bestimmt nicht verträumte Romantiker als Zielpublikum an. Doch Regisseur Harlin muß sich gefallen lassen, daß gerade die Formel 1 Fanatiker mit einem Kopfschütteln oder sogar herzhaftem Gelächter auf dieses exzessive Werk reagieren. Immer mit dem Ziel, seinen vorangegangenen Film zu überbieten, packt Harlin alles hinein, was in 117 Minuten Platz hat. Und das sind vor allem fliegende und überschlagende Rennkisten, wie es die wirkliche Welt einfach noch nicht gesehen hat. Statt spannend oder mit einem Hauch Dramatik, inszeniert der Regisseur nur spektakulär und sehr laut. Sicherlich gibt es auch ein paar sehr gelungene Sequenzen, wie z.b. die Sicht der Piloten, wenn Regentropfen ihr Visier beschlagen. Aber dann folgt schon das nächste Schleudertrauma, die nächste Explosion, oder ein wahrhaft uninteressantes Beziehungsgeplänkel. Ja, der Geist von ‚Rocky’ ist allgegenwärtig und Renny Harlin der absolut falsche Mann im Cockpit. Die damals geniale Schlichtheit von Stallones Debüt wird in ‚Driven’ nur peinlich.

In all dem Dilemma ist Kip Pardue als eigentlicher Titelheld die unüberbrückbare Schikane. Seine Leistung im Film ist ehrlich gesagt nur als langweilig und im höchsten Maße uninteressant zu bezeichnen. Dafür wird Robert Sean Leonard als mieser Bruder des Helden in rasender Geschwindigkeit ohne jeglichen Charakter verschenkt. Stallone hingegen macht sich erstaunlich gut und mit der richtigen Inszenierung hätte er hier wieder zur Höhe des Hollywood-Olymps zurück gefunden. Der tatsächliche Knackpunkt bei allen Charakteren bleibt allerdings Til Schweiger, der, als eigentlicher Unsympath gedacht, die interessanteste und differenzierteste Figur bekommen hat. Widersprüchlich und doch nachvollziehbar hat Schweiger einen fantastischen Auftritt.

Während die amerikanischen und japanischen Renndiskurse eine grandiose Kulisse und auch Atmosphäre bieten, fällt der Showdown in Deutschland wieder einmal als halbgare Spinnerei aus. Es fehlte wieder einmal, wie des öfteren in amerikanischen Filmen, die Bereitschaft tatsächlich in Deutschland zu drehen. Da ist es aber schon längst zu spät. Der Zuschauer wurde bereits von Musik, Schnitt und teilweise kurios schlechten visuellen Effekten überfahren. Masse statt Klasse, fällt hier einem nur ein, dabei wäre doch gerade in der jetzigen Zeit der Formel 1 Begeisterung ein großer Film gerade richtig gekommen. Anstelle von Inhalt wird mit Übereifer substanzlose Aktion geboten. Das betrifft Brian Transeaus Musik genauso, wie Levy und Gilsons manischer Schnittfolge. Und dann muß man einfach noch einmal betonen, dass da immer noch Renny Harlin an der Pole-Position stand. Hätte er sich nur mal darauf besonnen, was seinen ‚Die Hard 2’ zum Erfolg machte.

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Durchgeknallt - GIRL INTERRUPTED

Darsteller: WINNONA RYDER, ANGELINA JOLIE, CLEA DUVALL, BRITTANY MURPHY, ELISABETH MOSS, JARED LETO, JEFFREY TAMBOR, VANESSA REDGRAVE, WHOOPI GOLDBERG, MARY KAY PLACE ; Drehbuch: JAMES MANGOLD, LISA LOOMER, ANNA HAMILTON PHELAN nach dem Buch von SUSANNA KAYSEN; Musik: MYCHAEL DANNA; Regie: JAMES MANGOLD; 127 Minuten

Handlung im zweiten Absatz!

Dank der hervorragenden Darstellungen von Ryder, ins besondere aber Angelina Jolie, funktioniert ‚Durchgeknallt‘ gerade so gut, das er sich den Vorwurf eines TV-Filmes nicht gefallen lassen muß. Die episodenhaften und nicht chronologisch geordneten Aufzeichnungen von Susanna Kaysen haben die drei Drehbuchschreiber, darunter Regisseur Mangold selbst, in eine flüssige und sich steigernde Geschichte verwandelt. So richtig zünden will das Drama um 12 Monate Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik am Ende aber dann doch nicht. In dem Eifer eine Leinwandtaugliche Linie in das Buch nach den eigenen Erlebnissen von Kaysen zu bringen, wurde der bitterböse, schwarze Humor gänzlich ausgespart. Mit 20 starken Musikstücken erhält sich ‚Durchgeknallt‘ sogar das Flair einer im Wandel befindlichen Generation, aber in der gesamten Inszenierung fehlt der Biß des Überraschenden, oder Innovativen.

Susanna Kaysen (Ryder) läßt sich 1968 mit 18 Jahren in die psychiatrischen Klinik nach Claymoore einweisen, nachdem sie wegen starker Kopfschmerzen eine ganze Packung Aspirin geschluckt und mit Vodka hinunter gespült hatte. Nachdem sie verunsichert und ängstlich nach und nach ihre ‚Mitbewohnerinnen‘ kennen lernt, allen voran die unbeherrschte und wirklich ‚durchgeknallte‘ Lisa (Jolie), begreift Susanna ihre Krankheit als selbst eingeredetes Leiden. In ihrer 12 monatigen Wandlung zur selbstsicheren und begreifenden Person, steht ihr Lisa als konträrer Charakter einer wirklich psychisch Kranken gegenüber, welche von sich behauptet, mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Während Susanna sich nur tot und ausgebrannt fühlt, ist die lebhafte, aber überdreht rebellische Lisa nur im ständigen Wechsel von Ausbruch, eingefangen werden und Klinik Aufenthalt lebensfähig.

Der stärkste Text in dem sonst eher absehbaren Drehbuch ist Kaysen/Ryders Frage an den behandelten Arzt, wie jemand überhaupt Promiskuität definieren kann, "wo fängt es bei einer Frau an? Bei 15 Männer, 10, oder schon 5? Wann gilt es bei einem Mann? 10, 20, oder erst 40?" Diese kritischen, auch selbstkritischen Aspekte hat Susanna Kaysen laufend in ihren Tagebuch ähnlichen Aufzeichnungen während der tatsächlichen Behandlung nieder geschrieben, im Film allerdings bleiben sie rar gestreut und nicht so fokusiert. Produzentin Winona Ryder hat phantastische Ansätze, ihrer Interpretation von Kaysen raffinierte Höhen und Tiefen zu verleihen. Die Angst vor sich selbst, ihre Furcht zur Wandlung zu sich selbst, läßt durchgehend in ihren Augen und ihrer unbeholfenen Gestik finden. Die Dreharbeiten bezeichnete sie selbst als ihre eindringlichsten Erfahrung in ihrer bisherigen Laufbahn und das Regisseur James Mangold dies zu nutzen wußte, geben dem Film den notwendigen Kick, um überhaupt zu funktionieren. In ihren Darstellungen geben sich Ryder und Angelina Jolie die Klinge in die Hand. Aufgedreht, bedrohlich und am Ende doch so verletzlich, beherrscht Jolie ihre Figur mit faszinierender Leichtigkeit. Oberflächlicher Härte und verdrängter Schmerz beherrschen ihre Szenen und wie ein Negativ der zurückgezogenen Kaysen, muß sie in allen Sequenzen eine genau entgegengesetzte Version von Ryders Vorlage geben, was Jolie mit Bravour auf die Leinwand bringt. Wie ein geöltes Ying und Yang schmeißen sie sich die Bälle von Gefühlen und Erkenntnissen zu und besitzen dennoch die Kraft sich genau deshalb immer gegensätzlich zu präsentieren, ohne diese Beziehung unglaubwürdig erscheinen zu lassen.

Mangold, der kräftig am Drehbuch mitmischte, vergißt leider dabei grundlegend seine anderen Charakteren. Die anderen Mitinsassen (Duvall, Murphy, Moss) sind gut sortiertes Beiwerk mit solidem, aber weniger tragendem Spiel. Anstatt diese Figuren in ein komplexeres Geschehen einzubinden, bleiben sie auf Stichwortgeber reduziert. Redgrave und Goldberg als alte Hasen im Geschäft können überzeugen, ohne einen wichtigen Anteil zu erhalten. Die Vielschichtigkeiten der jeweiligen Entwicklungsprozesse und deren Einflüsse auf Susanna und Lisa kommen dadurch bei der Inszenierung fast gar nicht zum Vorschein. Fast hat Mangold ein bißchen zuviel auf Forman's 'Kuckucksnest' geschielt, ohne die Zusammenhänge zwischen den zurückgesetzten Nebendarstellern und dem extrovertierten Nicholson richtig begriffen zu haben. Zwar gelingt ein emotionaler Einblick zu den verwirrten Gedanken der im Umbruch befindlichen 69er Generation, doch geht das Drehbuch nicht weit genug, die Vorlage von Kaysen in seiner gesamten Struktur zu nutzen. Zu formell, zu angestrengt behandelt der Regisseur die Umgebung, das Umfeld und die tieferen Erkenntnisse der beiden Hauptdarstellerinnen. Was er ihnen zugute kommen läßt und damit dem Film die Kraft verleiht, verschenkt er an den eigentlich wichtigen Themen und Umständen welche die Geschichte um ein wesentliches interessanter, aber auch packender machen würde. So erhält die Produktion den Titel des Buches, ohne ihn auch nur ansatzweise zu erklären. Das Gemälde von Vermeer trägt den entscheidenden Anteil für Susannas Desorientierung, aber auch für ihre später folgende Selbstfindung.

Scharfe und kontrastreiche Bilder, zusammen mit der stimmigen Musikauswahl verleihen ‚Durchgeknallt‘ mehr Gefühl von packendem Kino, als er im Endeffekt halten kann. In seiner Vorgänger-Arbeit 'Copland' spielte Mangold so überraschend elegant mit vielen und vielschichtigeren Charakteren, das selbst Stallone als Schauspieler überzeugen konnte. Dafür bekommt man Ryder und Jolie in mitreißenden Szenen zu sehen, die an Intensität wenig vermissen lassen. Aber das alleine macht eben noch kein wirklich rundes Kino, wenn man bedenkt, wie wenig Interesse überhaupt ein Film über lediglich zwei Frauen auf vornhemlich männliches Publikum hat, wenn nicht einmal richtiger Sex im Spiel ist.

 

 

 

 

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