AMERICAN ULTRA

American-Ultra-1, Copyright  Concorde FilmverleihAMERICAN ULTRA – Bundesstart 15.10.2015

Schnell noch ein Bier und eine Tüte Popcorn am Erfrischungsstand, und schon kann es los gehen. Den Verstand baumeln lassen, und ordentliches Action-Kino genießen. Es ist schon wieder sechs Jahre her, dass man Jesse Eisenberg und Kirsten Stewart zum ersten Mal als Kinopärchen in ADVENTURELAND bewundern konnte. Die Chemie hat gestimmt, und in sechs Jahren ist viel geschehen, was die beiden nur noch weiter nach vorne gebracht hat. Die Chemie stimmt noch immer, was einer durchgeknallten Kiffer-Action-Komödie nur entgegen kommen kann. Regie führte Nima Nourizadeh, der in seinem Erstling PROJECT X eine aus jedem Rahmen laufende Party inszenierte. Und das Drehbuch verfasste Max Landis, der von seinem Vater John einiges an Humor mit auf den Weg bekommen haben muss. Da heißt es nur noch Vorhang auf, lasst den Spaß beginnen.

Mike Howell ist ein auf Dauer bekiffter Angestellter in einem kleinen Supermarkt, wo sich nie ein Kunde hin verirrt. Mike wohnt in einem kleinen Kaff in West Virginia mit seiner Freundin Phoebe, die ebenfalls einem Joint nie abgeneigt ist. Das Leben könnte so schön sein, wollte Mike nicht mit Phoebe nach Hawaii, nicht nur wegen Urlaub, sondern in erster Linie um ihr endlich einen Heiratsantrag zu machen. Damit löst er etwas aus, von dem Mike nicht die Spur eine Ahnung hatte. Denn die Panikattacke, welche beide ihren Flug verpassen lässt, kommt nicht von ungefähr. Und die blonde Frau, die plötzlich vor ihm am Tresen steht, und scheinbar wirre Wort-Kombinationen aufsagt, hat auch eine schützende Funktion. Als dann auf einmal zwei Soldaten versuchen Mike umzubringen, tötet er diese mit heißer Suppe und einem Löffel. Mike war dereinst im Ultra-Programm der CIA zu einer Killermaschine ausgebildet worden, und Erinnerungen daran werden durch Konditionierung ein- oder ausgeschalten. Und jetzt soll das Programm in aller Endgültigkeit beendet werden.

Das hat natürlich sehr vielversprechendes, wenn ein Kerl von Typ Jesse Eisenberg zur unaufhaltsamen Killermaschine wird. Und der Film geizt auch nicht an Schauwerten, sollte es einmal blutig zur Sache gehen. Aber alles in allem ist AMERICAN ULTRA nicht der Film der er sein könnte, und augenscheinlich auch sein wollte. Allein der Einstieg ist ein zäher Mix von Eindrücken aus Mike und Phoebes Leben, bis zur ersten Action-Einlage, welche dann wiederrum sehr viel verspricht. Aber Regisseur Nima Nourizadeh kann das Versprechen nicht halten. Immer wieder bricht die Struktur auseinander, das Tempo variiert zu stark. Zudem tun sich Konflikte auf, wo keine sein müssten. Dann kämpft die Handlung mit einem der kritischsten Punkte, die einem Thriller oder Action-Film wiederfahren können. Eine ganz Armee jagt einen Menschen um ihn zu töten, und als sich gefahrlos die Gelegenheit dazu ergibt, wird der Auftrag einfach nicht ausgeführt. Das stößt bitter auf bei einem Film, der Mühe hatte in die Gänge zu kommen, um nach dem ersten Höhepunkt sofort wieder Fahrt zu verlieren.

AMERICAN ULTRA leidet ebenso unter den wenig ausgegorenen Charakterzeichnungen, die sich zum einen nicht stimmig in den Film einfügen, und zudem zueinander keine wirkliche Verbindung finden. Abgesehen von Eisenberg und Stewart, denen man umgehend ein besseres Buch und eine geschicktere Inszenierung wünscht. Connie Brittons Agentin ist einfach viel zu ernst und undifferenziert. Topher Grace hingegen ist viel zu aufgedreht und übertrieben, eine Figur, deren Führungsanspruch man überhaupt nicht ernst nehmen kann. Und dann Walter Goggins als Elite-Lakai, der von der ersten Sekunde an mit seinem Gehabe einfach nur nervt, diese Attitüden aber auch zu keinem Zeitpunkt ablegt. Hier bewegen sich Eisenberg und Stewart in keiner guten Gesellschaft.

AMERICAN ULTRA hat diese Momente die Spaß machen, die mitunter auch sehr originell sind. Wenn Mike an der Schrifttafel für aktuelle Angebote lediglich den Tagesnamen austauscht, oder wenn sich das Paar in einem mit Schwarzlicht beleuchteten Raum aufhält. Es gibt immer wieder diese erhellende Momente, welche ganz feinsinnige Humoresken darbieten, besonders in den leider viel zu wenigen Action-Sequenzen. Wenn Mike zum Beispiel eine nach im geworfene Handgranate einfach wieder zurück wirft, oder seine Auswahl an Waffen im Showdown. Der Film hat alle Zutaten, um ein herrlich verschrobenes, überdrehtes, aber vor allem amüsantes Abenteuer zu sein. Erschreckenderweise erinnert AMERICAN ULTRA in Ansätzen oftmals an die Filme des Vaters des Drehbuchautoren. Wie INTO THE NIGHT oder AMERICAN WEREWOLF, wo sich Witz, Horror und Spannung die Waage hielten, und eine ausgeglichene Atmosphäre bildeten. AMERICAN ULTRA möchte einer dieser Filme sein. Und vieles davon spürt man. Es ist kein misslungener Film, weil er immer wieder mit seinen originellen Einfällen durchaus Laune bereitet. Aber genau diese führen auch direkt vor Augen, um wie viel besser der Film sein könnte.

american-Ultra-2, Copyright  Concorde Filmverleih

Darsteller: Kirsten Stewart, Jesse Eisenberg, Topher Grace, Connie Britton, John Leguizamo, Walton Goggins u.a.
Regie: Nima Nourizadeh
Drehbuch: Max Landis
Kamera: Michael Bonvillain
Bildschnitt: Andrew Marcus, Bill Pankow
Musik: Marcelo Zarvos
Produktionsdesign: Richard Bridgland
USA – Schweiz / 2015
96 Minuten

Bildrechte: Concorde Filmverleih
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