SOUTHPAW – Bundesstart 20.08.2015
Wenn man etwas positives über SOUTHPAW sagen möchte, dann sind es seine drei Hauptdarsteller. Jake Gyllenhaal als gestrauchelter Boxer, Oona Laurence als seine verletzte und enttäuschte Tochter, und Forest Whitaker als desillusionierter Trainer. Aber dann hört es bei Curtis ’50 Cent‘ Jackson schon wieder auf. Der Rapper hat einfach nicht das Potential, in einem derart dramatischen Umfeld überzeugend zu agieren. Regisseur Antoine Fuqua ist prädestiniert für düstere Geschichten, führte Denzel Washington in TRAINING DAY zu seinem zweiten Oscar, und konnte selbst dem Präsidenten-Actioner OLYMPUS HAS FALLEN eine Spur Realismus abgewinnen. SOUTHPAW hat eigentlich alles was ein Kerl wie Fuqua braucht. Eindringliche Darsteller, eine finstere Atmosphäre, und eine zweckmäßige Brutalität. Man könnte auch sagen, der Film hat eine sehr dramatische Geschichte. Aber die hat er eben nicht.
Als Boxer hat Billy Hope eine steile Karriere hinter sich, eine perfekte Familie, und mehr als genug Geld. Nur als er das Drängen des Boxers Miguel Escobar nach einer Chance im Ring ignoriert, kommt es zu einer Katastrophe. Billy verliert alles, und seine Wutausbrüche machen die Situation nur noch schlimmer. Das Haus wird gepfändet, er verliert das Sorgerecht für seine Tochter, und ihm wird seine Boxlizenz entzogen. Billy muss von ganz unten anfangen, um sich alles wieder zurück zu holen. Dafür muss er aber in erster Linie an seinem Charakter arbeiten.
Es ist erschreckend festzustellen, dass SOUTHPAW nicht einen Funken an neuer Idee in eine schon zigfach erzählte Geschichte bringen kann. Eine Handlung, die so gnadenlos vorhersehbar ist, dass man dahinter schon wieder einen tieferen Sinn entdecken möchte. Der bleibt dem Zuschauer allerdings vorenthalten. Mit der Figur des Hoppy reißen die Filmemacher eine interessante Nebenhandlung an, die allerdings beim Anriss bleibt, und einfach fallen gelassen wird. Zurück bleibt eine einfallslose Aneinanderreihung von so oft benutzten Fragmenten. Die Liebe von Billy zu seiner Frau ist derart perfekt, dass sich jede Frage über den weiteren Verlauf erübrigt. Wenn der Herausforderer Escobar, als Versursacher der Katastrophe, zuerst keine Chance bekommt, dann braucht man sich über den Showdown keine Gedanken mehr machen. Und wenn Tick Wills vehement ablehnt, Billy Hope zu trainieren, und Tick Wills ausgerechnet von Forest Whitaker gespielt wird, muss man nicht viel zusammen zählen, wer Billy Hope trainieren wird.
Das Gerüst der Handlung ist tatsächlich ein Ärgernis, welches dem Film auch einen weiter reichenden Erfolg verwehrt. Doch pauschal kann man SOUTHPAW deswegen nicht als schlechten Film bezeichnen. Da ist immerhin Jake Gyllenhaal, der seine Rolle mit soviel verstörender Energie und undurchschaubarem Temperament füllt, dass er in die Rolle hineingeboren scheint. Auch der Charakter des Trainers Tick, der Wasser predigt und Wein trinkt, ist eine sehr ehrliche, überzeugende Figur. Und wie Antoine Fuqua dies alles zusammen bringt, wie er ihre Wandlungen ganz behutsam vollzieht, mit langsamen Schritten diese Wandlungen unaufdringlich und ohne Pathos in Szene setzt, das spricht für Fuqua als großartigen Charakter-Regisseur. Fuqua kann sehr wohl, sehr gut Action, aber er braucht eben auch komplexe Figuren, aus denen er realistische und greifbare Menschen formen kann. Er weiß auch genau, wie er die noch sehr junge Oona Laurence inszenieren muss, damit diese neben Gyllenhaal eine ebenbürtige Tiefe erreichen kann. SOUTHPAW ist fantastisch gespieltes Kino. Es darf sich nur keiner wundern, wenn dennoch das Publikum ausbleibt, welches die Vorhersehbarkeit des Stoffes einfach abschrecken muss.
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Forest Whitaker, Oona Laurence, 50 Cent, Skylan Brooks, Naomie Harris, Rachel McAdams u.a.
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: Kurt Sutter
Kamera: Mauro Fiore
Bildschnitt: John Refoua
Musik: James Horner
Produktionsdesign: Derek R. Hill
USA / 2015
124 Minuten