Die Besprechung wurde bereits im Rahmen des Fantasy Filmfestes veröffentlicht
STUNG – Bundessstart 29.10.2015
Deutschland und seine Genre-Filme. Mit großem Budget werden sie in Deutschland erst gar nicht produziert. Aber das muss es auch gar nicht, wenn man eine gute Idee hat. Wie Adam Aresty, der seinen Geist sprühen ließ, als das Fantasy Filmfest einen Schreibwettbewerb auslobte. RatPack Entertainment und XYZ Films nahmen sich des Drehbuchs an, und produzierten. Und was will man sagen, außer dass aufregende und überzeugende Genre-Film auch in Deutschland produziert werden können. Nur darf man sie danach nicht stiefmütterlich behandeln. MARA UND DER FEUERBRINGER war jüngst ein Opfer einer verfehlten Verleihpolitik. Wie es nun mit STUNG laufen wird, bleibt spannend. Denn der Film kursiert seit einem Jahr über ein paar Festivals, wo er wohlwollend aufgenommen wurde. Vom Fantasy Filmfest bis zum bisherigen Filmstart sind es mehr als zwei Monate. Also noch keine Zeit, nervös zu werden. Aber ob Splendid, oder RatPack und XYZ sich wirklich ins Zeug legen, um diesen Fun-Splatter angemessen zu vermarkten, bleibt abzuwarten.
Julia hat einen kleinen Catering-Service. Sehr klein, ihr einziger Angestellter ist Paul, der den Job augenscheinlich nur hat, um Julia näher zu kommen. An diesem Abend lädt Mrs. Perch zu einem kleinen Gartenfest, welches Julia ausrichtet. Doch es kommen auch ungebetene Gäste. Erdwespen verärgern die Gesellschaft, und sehr schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um eine sehr spezielle Gattung handelt. Auch das kommt nicht von ungefähr, hat Mrs. Perchs verflossener Gatte sein Vermögen mit der Produktion von Pestiziden gemacht. Der faule, trottelige Paul bekommt nun viele Gelegenheiten sich gegenüber seiner abweisenden Arbeitgeberin zu beweisen. Denn mit jedem neuen Wirt, erwächst eine immer größere Wespe.
Adam Aresty hat sein Drehbuch klassisch in drei Akte aufgeteilt. Und Regisseur Benni Diez hat jedem dieser Teile eine eigene Atmosphäre angedeihen lassen. Der erste Akt konzentriert auf die Exposition und den Ausbruch der Gewalt, hat leichte Screwball Ansätze und ist das grafisch blutigste Drittel. Akt Zwei folgt mehr einem Spannungsmuster, in welchem die Figuren, verbarrikadiert im Keller, versuchen eine Überlebensstrategie zu entwickeln. Und im letzten Akt bieten Aresty und Diez alles auf, was zu einem ordentlichen Showdown gehört, mit viel Blutanteil, absurdem Witz und sehr viel Spannung. Und zu guter letzt ein Ende das dem geneigten Genre-Freund ein Lächeln auf die Lieben zaubert.
Was zuerst ins Auge sticht (Wortwitz beabsichtigt), ist die exzellent atmosphärische Ausleuchtung der Sets. Stephan Burchardts Kamerabilder verfallen dabei nicht den typischen Spielereien, denen unabhängig produzierte Filme sonst verfallen, sondern konzentrieren sich immer auf das Wesentliche. Dies und Benni Diez‘ stringente Inszenierung machen STUNG zu einem Filmerlebnis, welches um einige Millionen Euro teurer aussieht, als er mit vermuteten 2,5 Millionen tatsächlich kostete. Aber viel von seinem einnehmenden Charme zieht STUNG auch von seinen ausgezeichnet ausgewählten Darstellern. Matt O’Leary ist genauso der perfekte Tölpel, wie über sich hinauswachsende Held. Über Aussehen braucht man nicht streiten, darüber hinaus ist Jessica Cook eine sehr glaubhafte spröde Schönheit, die ihr Geschäft als Schutzschild gegen zwischenmenschliche Beziehungen nutzt. Eine Überraschung ist der Coup, Genre-Legende Lance Henriksen für das Projekt gewonnen zu haben. Sein Charakter ist der mysteriöse Großkopf, mit dem innerhalb des Handlungsstranges alles passieren könnte.
Für alle Freunde des gepflegten Horrors kann man nur hoffen, dass STUNG tatsächlich genügend Spielstätten finden wird, um breitgefächert sein Zielpublikum zu erreichen. Denn Tier- und Mutanten-Horror gibt es genügend. Aber selten hat in den vergangenen Jahren einer dieser Filme so viel Spaß bereitet, wie das Werk der Spielfilm-Debütanten Adam Aresty und Benno Diez.
Darsteller: Matt O’Leary, Jessica Cook, Daniele Rizzo, Lance Henriksen, David Masterson, Clifton Collins Jr., Cecilia Pillado, u.a.
Regie: Benni Diez
Drehbuch: Adam Aresty
Kamera: Stephan Burchardt
Bildschnitt: Dominik Kattwinkel
Musik: Antonio Gambale, David Menke
USA – Deutschland / 2014
90 Minuten