WHILE WE’RE YOUNG – Bundesstart 30.07.2015
Cornelia und Josh sind Mitte Vierzig, und kinderlos. Sie sind glücklich, und stets auf Höhe der Zeit. Facebook, Smartphone, und der Rest. Seit acht Jahren versucht Josh einen Dokumentarfilm fertig zu stellen, und scheitert immer wieder an den eigenen Ansprüchen. Seine Frau unterstützt ihn aber, wie sie nur kann. Ihr Vater Leslie Breitbard ist selbst Dokumentarfilmer, sie kennt das Gewerke. Nur mit den besten Freunden Marina und Fletcher scheint es etwas zu haken. Deren Baby ist zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden, was gemeinschaftliche Treffen immer komplizierter gestaltet, so wie das Thema Baby bei Josh und Cornelia ohnehin wenig Interesse weckt. Zu ihrer eigenen Zufriedenheit, haben sie mit dieser Lebensfrage längst abgeschlossen. Das ist alles mit sehr leichter Hand inszeniert, kommt ohne platten Witz aus, und verzichtet zum Glück auf jede Übersteigerung. Cornelia und Josh sind eines dieser Paare, die jeder Zuschauer kennt.
Nach einem Vortrag, lernt Josh die Mittzwanziger Darby und Jamie kennen, die alles über ihn zu wissen scheinen. Jamie ist selbst Filmautor, und ein großer Bewunderer von Josh, was diesen natürlich zutiefst schmeichelt. Cornelia sieht die aufkeimende Beziehung zuerst etwas skeptisch, kann aber letztendlich dem Charme von Darby und Jamie nicht widerstehen. Junge Menschen die kein Smartphone brauchen, und auch keinen Facebook-Account haben. Jamie schreibt noch auf Schreibmaschine, und Musik gibt es nur von Schallplatte. Bald haben Darby und Jamie das Leben von Cornelia und Josh auf den Kopf gestellt. Sie lernt Hip-Hop-Dance, er unterstützt Jamie bei einer Doku. Selbst Cornelias Vater zeigt sich von Jamies Energie und Ehrgeiz beeindruckt.
Noah Baumbach hat schon so feinsinnige Filme geschrieben und inszeniert wie MARGOT AT THE WEDDING oder GREENBERG. Und auch hier bei GEFÜHLT MITTE ZWANZIG, liegt der Fokus eindeutig auf den Charakteren. Der Film ist in erster Linie schon Komödie, kann sich aber sehr gut zurück halten, wenn sich die Möglichkeit ergibt, über die Stränge zu schlagen. Der Humor besteht viel mehr aus leisen Tönen. Außer vielleicht die Schamanen-Sequenz, in der sich ordentlich übergeben wird, aber auf der anderen Seite gibt es solche Selbsterfahrungsseminare ja auch wirklich. Es ist ein Ben Stiller Film, der sehr an WALTER MITTY erinnert, und kaum an ZOOLANDER. Stiller fehlt noch das ganz große Drama, aber er beweist hier erneut, dass es er auch dies überzeugend verkörpern könnte. So gar nicht aus der Komödie kommt Naomi Watts, die sich dennoch mühelos behaupten kann. Schließlich geht es nicht um den Witz als solchen, sondern die missverständlichen Zwischentöne von real greifbaren Figuren. Dem viel zu wenig fürs Kino besetzten Charles Grodin fällt dabei als lebensweiser Filmikone, die ehrlichste und überraschendste Rolle zu.
Sehr geschickt und fast unmerklich, beginnt sich im zweiten der drei Akte die Geschichte zu verändern, und schlägt einen anderen Weg ein. Ohne allerdings die vorangegangene Handlung zunichte zu machen. Baumbach hat sehr feinfühlig den Hintergrund seiner Geschichte aufgebaut, und täuscht seinen Zuschauer genau in dem Sinne, wie er Josh und Cornelia in die Irre führt. Aber blickt man erst einmal hinter die eigentlichen Absichten der einzelnen Figuren, wird es eben nicht einfach schwarzweiß. Auch wenn Baumbach die Sympathien klar setzt, geht es eigentlich darum, dass ein gewisses Verständnis für alle Arten von menschlichen Irrungen und Wirrungen aufgebracht werden muss. Auf der einen Seite sind es schon Josh und Cornelia die sich zwar mit Smartphone und Facebook-Account der Moderne ergeben, aber auf der anderen Seite im eigenen moralischen Denken tatsächlich von einer veralteten Generation geprägt bleiben.
GEFÜHLT MITTE ZWANZIG ist eine leise Komödie, die mit ihren sehr guten Darstellern, und einer wunderbar ersonnen Geschichte überzeugt. Keine Schenkelklopfer Spaß, sondern Unterhaltung mit einem Dauergrinsen. Ein Ergebnis, das in erster Linie Autor und Regisseur Noah Baumbach zu verdanken ist, der Ton, Tempo und Humor genau richtig gesetzt hat.
Darsteller: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried, Charles Grodin, Maria Dizzia, Adam Horovitz u.a.
Regie & Drehbuch: Noah Baumbach
Kamera: Sam Levy
Bildschnitt: Jennifer Lame
Musik: James Murphy
Produktionsdesign: Adam Stockhausen
USA / 2015
97 Minuten