In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.
CAR WASH – Bundesstart 03.06.1977
Ein verkappter Maoist, der nur untätig in der Waschstraße herum hängen kann, weil Daddy der Besitzer ist. Floyd und Loyd üben mit dem Dampfstrahler den ganzen Tag ihre Tanz-Choreografien. T.C. versucht lieber bei einer Radioverlosung teilzunehmen, als seiner Arbeit nachzugehen. Lindy ist ein Kerl, der glaubt die bessere Frau zu sein. Der konvertierte Abdullah möchte endlich als Moslem anerkannt und akzeptiert werden. Justin muss die Zukunft mit seiner Freundin in die Wege leiten. Goodie und Toughie führen ständig witzig gemeinte Grabenkämpfe. Und Marsha an der Kasse, glaubt an diesem Ort ihren Traummann kennen zu lernen. Und ständig taucht ein Taxifahrer in Person von George Carlin auf, der nach einer Prostituierten fragt, die ihn um sein Fahrgeld geprellt hat. Hippo ist der dümmliche Dicke, der besagte Prostituierte anhimmelt. Und das sind noch nicht alle, und das alles in einer einzigen zehn Stunden Schicht im Dee Luxe Car Wash.
Als man in den Achtzigern CAR WASH auf Video heraus brachte, warb man mit den Slogan, es wäre der erste in der Reihe von Disco-Krachern gewesen. War Funk und Soul auch aus den Diskotheken nicht weg zu denken, hat CAR WASH keine typischen Disco-Klänge oder Versatzstücke eines üblichen Tanzfilmes, sondern man wollte nur noch einmal etwas vom Rahm abschöpfen, den später SATURDAY NIGHT FEVER nach CAR WASH im Kino produziert hatte. Die Betonung liegt auf typisch und üblich, den Regisseur Michael Schultz ließ bewusst die Songs des Soundtrack vor Drehbeginn aufnehmen, dass die Schauspieler die Lieder schon während der Aufnahmen hören konnten, um sie ins Spiel zu integrieren und darauf zu reagieren. Das war aber nicht die einzige Besonderheit. George Carlin, Komödiant und Amerikas schärfster Sozialkritiker, musste seine Dialoge des unablässigen Taxifahrers improvisieren.
Aber genauso ausgeflippt, wie das Personal, ist die Kundschaft des Dee Luxe Car Wash. Der Film wirkt wie eine Nonstop-Nummern-Revue an absurden, oft überzeichneten, stets alberner Szenen. Am Ende wird sich dennoch der Kreis schließen, und CAR WASH geschichtlich abrunden, wenn der Ex-Knacki Lonnie zu Feierabend eine gar nicht so witzige Stellung beziehen muss. Aber in erster Linie will CAR WASH einfach nur Spaß machen und den Zuschauer mit ordentlich Soul und Funk in die Ohren gehen. Was er auch tut. Der Soundtrack wurde besonders durch Rose Royce‘ Titelsong ‚Car Wash‘ ein Welterfolg. Und der Drehort Figueroa Car Wash in Westlake mauserte sich zu einer Touristen-Attraktion, wo bis zum Abriss Ende der Achtziger mit dem Film geworben wurde.
CAR WASH ist laut, oftmals böse, aber auch sehr oft albern. Vieles ist witzig, manches nur dumm, es gibt Obszönitäten und Hintersinniges. Aber das ist eben das Ding. In Windeseile zieht Regisseur Schultz die 97 Minuten herunter, dass so manches auch verschmerzt werden kann. In Würde ist CAR WASH allerdings nicht gealtert. So wirkt aus heutiger Sicht Franklyn Ajayes ausladender Afro-Look einfach nur falsch, während die Frauen sich dann doch gerne als unterwürfige Püppchen präsentieren. Geschrieben hat das Buch kein geringerer als Joel Schumacher selbst, der erst später wirklich gute Filme machte. In der deutschen Synchronfassung ist CAR WASH eine einzige Katastrophe. Als wären die Übersetzer von Terence Hill und Bud Spencer Filmen im Rausch über den Film hergefallen. Da hagelt es reihenweise Kalauer, die in keinster Weise etwas mit dem Sinn der Original-Szene zu tun haben können, oder man legt Darstellern Absonderlichkeiten in den Mund, obwohl diese offensichtlich gar nicht reden. CAR WASH ist zumindest ein nostalgischer Rückblick, der mehr durch die Erinnerung gefällt, als durch das filmische Produkt selbst.
Darsteller: Franklyn Ajaye, Bill Duke, George Carlin, Irwin Corey, Ivan Dixon, Antonio Fargas, Jack Kehoe, Richard Pryor, The Pointer Sisters u.a.
Regie: Michael Schultz
Drehbuch: Joel Schumacher
Kamera: Frank Stanley
Bildschnitt Christopher Holmes
Musik: Norman Whitfield
USA / 1976
97 Minuten