SERENA

SERENA – Bundesstart 18.12.2014

Serena-1, Copyright StudioCanalWenn George das erste Mal Serena trifft, ist es Liebe auf den ersten Blick. Der erste Satz, den er zu ihr sagt ist, ich denke wir sollten heiraten. Und so wird es geschehen. Es ist 1929, und die Wirtschaftskrise hat die ländlichen Gebiete von Georgia noch nicht erreicht. Es herrscht noch die alte Zeit des amerikanischen Aufbruchs, wo jeder etwas werden kann, wenn er wirklich etwas erreichen will. Doch die Wirklichkeit der Zivilisation ist nicht weit. Ist Serena und George Pembertons Vermählung noch das Idyll, gerät alsbald das Holzgeschäft von George ins Visier der örtlichen Behörden. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, werden auch einmal gerne die Bücher näher begutachtet. Sowieso sind die Zeiten vorbei, wo man sich an Land nimmt, was man an Land braucht. Das gilt insbesondere auch für die Holzfäller. Kann die frisch eingeheiratete Serena tatsächlich noch etwas Schwung und Profit in Georges Firma blasen, tun sich auf der persönlichen Ebene immer mehr Stolpersteine auf. Georges engster Vertrauter Buchanan entwickelt eine Abneigung gegen Serena. Der Sheriff stellt immer wieder unangenehme Fragen. Dann ist da Georges kleiner Ausrutscher von früheren Tagen. Und mitten drin Serena, die als eigentlich starke Frau selbst dem größten Druck aus ihrem Umfeld, nicht lange stand halten wird.

Susanne Bier hatte wohl das ganz große Vorbild Douglas Sirk vor Augen, als sie Christopher Kyles Drehbuch nach dem Roman von Ron Rash inszenierte. Besonders WAS DER HIMMEL ERLAUBT wird einem da in Erinnerung gerufen, nicht etwa der Geschichte wegen, aber des Tones und der Widrigkeiten innerhalb der Handlung. Was SERENA verspricht, ist ein klare Verbeugung vor den wirklich zu Herzen gehenden Melodramen, die eben gerade Douglas Sirk so perfekt in Szene setzen konnte. Bei Douglas Sirk waren es allerdings die Figuren, die eindeutig im Vordergrund standen. Die Dänin Bier hingegen, richtet ihren Fokus all zu starr, auf das große Ganze. Weite, romantisierende Landschaften, und intensive innere Spannungen innerhalb einer eigentlich abgeschiedenen Gemeinschaft. Doch irgendwie geht beides nur schwer zusammen. Georges Firma fungiert wie ein in sich geschlossenes System, wo loyale Arbeiter noch an ihre persönliche Entlohnung glauben, weil sie den Schlüssel zum Glück in ihren eigenen Händen halten. Doch diese Welt ist sehr zerbrechlich. Der amerikanische Traum funktioniert natürlich nur, wenn man sich in erster Linie selbst im Auge behält. Letztendlich ist jede Figur in SERENA erst einmal auf sich selbst fixiert, auch wenn es dem Allgemeinwohl zu dienen scheint. Dazwischen nutzt Morten Søborg von ihm grandios photographierte Landschaften als Szenen-Trenner. So traumhaft und magisch diese Landschaften auch auf Film gebannt sein mögen, stehen sie eigentlich immer im Kontrast zu der unheilvollen Entwicklung innerhalb der Handlung. Das könnte natürlich als bewusst konterkarierendes Stilmittel gesehen werden, funktioniert allerdings in eine ganz andere Richtung, weil der Film erst sehr viel später zu verstehen gibt, worauf er hinaus laufen will.

Sieht man von seiner visuellen Umsetzung ab, und betrachtet SERENA als das reine Melodram, als welches er sich präsentiert, dann kann der Film wieder wenige Prozentpunkte gut machen. Aber mit dem richtigen Schwung fährt da die Axt dennoch nicht ins Holz. Die Figuren verlieren durch die Inszenierung viel von ihrer Glaubwürdigkeit. Misstrauische Blicke hier, unheilvolle Gesten dort. Immer wieder warnen die Bildausschnitte, dass das Idyll nur oberflächlich ist. Das Auge des Zuschauers wird immer wieder auf eine eventuelle Bedrohung fokussiert. Der undurchsichtige Vorarbeiter Galloway, oder das Mädchen mit Vergangenheit Rachel. Georges eigentlich bester Freund Buchanan, der immer finsteren Blickes Serena beobachtet. Die Inszenierung ist viel zu sehr damit beschäftigt, ein eventuell nahendes Unheil, auch als ein solches zu transportieren. Das geht zum einen auf Kosten eines Spannungsbogens, weil zu viel vorweg genommen wird, zum andern limitiert es die Darsteller, weil sie keine Überraschungen mehr aus ihren Charakteren heraus interpretieren können. Und je öfter man Serena und George in der ersten halben Stunde beim leidenschaftlichen Sex zusehen muss, desto offensichtlicher wird der weitere Verlauf der Handlung.

Susanne Bier leistet sich zudem eine Form der Erzählstruktur, die klar an das europäische Kino angelehnt ist, anstelle der aus dem Mainstream kommende Erzählform. Bier führt nicht an eine Szene hin, baut nicht auf, sondern setzt immer mitten im Geschehen ein. Der Zuschauer wird immer wieder gefordert, sich zu orientieren, die Situationen neu einzuordnen. Das ergibt keinen stimmigen Fluss, wo sich die Dramaturgie stetig steigert. Susanne Bier hat sich nach Beendigung der Dreharbeiten 18 Monate für die Postproduktion Zeit genommen. Eine Zeit, die vielleicht doch nicht so gut investiert war, und viele gute Bauch-Entscheidungen zugunsten von verkopfter Kunst geopfert wurden. Immerhin ist da noch Morten Søborgs überwältigende Kameraarbeit, bei den Spielszenen, wie den Landschaftsaufnahmen. Selbst wenn diese auch nicht stimmig zueinander, zur jeweiligen Atmosphäre scheinen.

Das einzige, was das angedachte Melodram als solches funktionieren lässt, sind seine beiden Hauptdarsteller. Lawrence und Cooper hatten zuvor bei SILVER LININGS zusammen gearbeitet, und Lawrence bat ihren Filmpartner, das Drehbuch von SERENA für eine eventuell erneute Zusammenarbeit zu lesen. Man kann Befürchtungen mancher Zuschauer durchaus verstehen, dass SERENA vielleicht die gleichen exaltiert hysterischen Auswüchse seiner Darsteller mit sich bringt, die Cooper und Lawrence zuvor in SILVER LININGS und später in AMERICAN HUSTLE so unerträglich machten. Wenngleich Serenas mentaler Wandel in der zweiten Hälfte etwas zu überraschend kommt, sind Cooper und Lawrence zumindest in SERENA ein das Publikum bindendes Paar. Gerade in den emotionalsten Momenten, dürfen die beiden wesentlich mehr mit Geste und Mimik arbeiten, anstelle von gut gemeinten, aber vielleicht deplatzierten Dialogen. Und wie diese große Liebe droht, sich zu entzweien, mit allen einhergehenden Tragödien, da tragen allein Bradley Cooper und Jennifer Lawrence alle Sympathien. Man kann die Bemühungen von SERENA durchaus schätzen, aber der Film zeigt selbst all zu deutlich, dass inszenatorisch viel mehr möglich gewesen wäre.

Serena-2, Copyright StudioCanal

Darsteller: Jennifer Lawrence, Bradley Cooper, Rhys Ifans, Toby Jones, Sean Harris, Sam Reid, Kim Bodnia u.a.
Regie: Susanne Bier
Drehbuch: Christopher Kyle, nach dem Buch von Ron Rash
Kamera: Morten Søborg
Bildschnitt: Pernille Bech Christensen, Matthew Newman, Simon Webb
Musik: Johan Söderqvist
Produktionsdesign: Richard Bridgland
USA – Frankreich – Tschechien / 2014
109 Minuten

Bildrechte: StudioCanal
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