DRIVE-IN: Walter Hills Driver

In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.

Drive-In-Original

DRIVER – Bundesstart 04.01.1979

Sie haben so stilvolle Namen wie Polizist, Spielerin, Verbindung, Zahn, oder Brille. Nur der Driver darf englisch bleiben, weil es sich natürlich cooler anhört. Zwei Jahre später wird Michael Mann den phänomenalen DER EINZELGÄNGER mit Jimmy Caan drehen. Und obwohl da die Protagonisten Namen tragen und der Film eine Handlung hat, kann man erahnen wo Mann die atmosphärischen Inspirationen Driver-1, Copyright 20th Century Foxfür den EINZELGÄNGER empfangen hat. Drei Jahre ließ sich Walter Hill nach seinem Regie-Debut EIN STAHLHARTER MANN Zeit, und erschuf 1979 nicht zwingend ein Meisterwerk, aber einen absolut einzigartigen Film. DRIVER. Mit Ryan O’Neal schien der Film zuerst unbeholfen fehlbesetzt. Das Drehbuch war auch für Steve McQueen geschrieben. Auch hier wird man viele Jahre später einen thematisch sehr ähnlichen, geradezu grandiosen Film von Nicolas Winding Refn sehen. Da wird der Zuschauer von einem gegen sein Image besetzten Ryan Gosling vollkommen überrascht. Lange zuvor hatte Walter Hill das selbe Gespür bei Ryan O’Neal, dessen fest mit LOVE STORY verbundenes Gesicht perfekt mit dem stoisch, gleichgültig wirkenden DRIVER einher geht.

Der Driver ist der beste Fluchtwagenfahrer der Stadt, niemand kann ihn stellen. Das bringt den Polizisten in Rage, und so spielt Bruce Dern ihn auch, mit manischem Eifer und dem Versprechen auch illegal zu handeln. Bei einem Überfall auf ein Kasino wird der Driver von der Spielerin beobachtet. Doch bei der Gegenüberstellung behauptet die Spielerin, dass der Driver nicht der Mann beim Kasino war. Die dreiundzwanzigjährige Isabelle Adjani mimt diese Spielerin mit einer kaltherzig wirkenden Unnahbarkeit, womit sie zum schwächsten Glied im Konstrukt des Filmes wird. Die Aussage der Spielerin ist zu viel für den Polizisten, der genau weiß, dass sie lügt. Für ihn wird es Zeit, nach seinen eigenen Regeln zu spielen. Er setzt die Vermittlerin unter Druck, den Driver mit einem fingierten Auftrag eine Falle zu stellen. Und der Plan scheint zuerst aufzugehen.

Wer DRIVER gesehen hat, der wird den Film als eine endlose Abfolge von Action-Szenen wiedergeben. Heulende Motoren, quietschende Reifen, und kalt berechnende Blicke. Tatsächlich hat DRIVER lediglich nur zwei Verfolgungsjagden, die aber derart grandios von Everett Creach koordiniert wurden, dass sie vollkommen ausreichend sind. Hinzu kommt im zweiten Drittel die Demontage eines Mercedes in einem Parkhaus, wo augenscheinliche Klienten den Driver auf seine Fahrkünste hin heraus fordern. Wie er das Auto Stück für Stück zerlegt, mit Brems- und Schleudermanöver, oder beim rückwärtsfahren immer mehr Teile von der Karosserie reißt, da bleibt einem der Mund fassungslos offen stehen. Ist die Action bei DRIVER grundsätzlich weit über dem zu seiner Zeit befindlichen Standard, ist die Parkhaus-Szene eine atemberaubende Einmaligkeit in dem Zusammenwirken von Choreografie und Inszenierung. Tina Hirsch und Robert K. Lambert haben DRIVER  geschnitten, und einen zu dieser Zeit ebenfalls noch ungewöhnlich schnellen Schnitt gewählt. Kuppelnde Hände, Füße am Gaspedal, qualmende Reifen. Hirsch und Lambert visualisieren mit ihren Schnittfolgen die Reaktionen der Fahrer, und setzen den Zuschauer regelrecht in das Geschehen. Was sie allerdings nicht tun, ist den Zuschauer bei den Stunts zu betrügen, in dem sie so schneiden, als würden die Fahrzeuge etwas machen, was deren Fahrer nie machen mussten. DRIVER zeigt, was der Adrenalin-Freund sehen will. Aufwendige, realistische, und tatsächlich umgesetzte Stunt-Arbeit.

Kühle Neonbeleuchtung untermauert die kalte Atmosphäre. In DRIVER scheint jeder nur sein eigenes Ziel im Auge zu haben, aber nicht alles ist möglich, denn Ryan O’Neal ist einfach zu cool, als das er einmal falsch kuppeln könnte. Leider ist Isabelle Adjani zu blass, zu teilnahmslos, als das sie wirklich in diese Dreiecksgeschichte passen würde. Aber das ist eine wirkliche Schwäche von Walter Hill, der auch in seinen nachfolgenden Filmen nicht wirklich viel mit Frauen anzufangen weiß. Will man tatsächlich ein modernes Äquivalent zum Spätwestern herstellen, dann kommt als Film DRIVER dem am nächsten. Und Hill wird dies immer weiter verfolgen und vertiefen, wenn er die klassischen Western-Motive für seine Inszenierungen nutzt. Aber mit DRIVER hat er das geschaffen, was wirklich der Grundstock für seine folgende Karriere sein wird. Dabei wird aber nie mehr so radikal, auf das Gröbste herunter gebrochen, erzählen.

Driver-2, Copyright 20th Century Fox

Darsteller: Ryan O’Neal, Bruce Dern, Matt Clark, Ronee Blakley, Isabelle Adjani, Felice Orlandi u.a.
Drehbuch & Regie: Walter Hill
Kamera: Philip Lathrop
Bildschnitt: Tina Hirsch, Robert K. Lambert
Stunt-Koordinator: Everett Creach
Musik: Michael Small
Produktionsdesign: Harry Horner
USA – Großbritannien / 1978

Bildrechte: 20th Century Fox
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar