In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.
DAMNATION ALLEY – Bundesstart 24.08.1978
Gerade als die Toningenieure von KAMPFSTERN GALACTICA die Vorzüge von Sensurround mit wirklich innovativen Tonmischungen heraushoben, war Schluss mit lustig, und dem Angriff auf den Herzschrittmacher. Viel zu aufwendig, viel zu kontrovers, viel zu limitiert in der Anwendung. Aber die Idee befand man in der Filmindustrie durchaus als nachahmenswert. Obwohl sich der Lichtton längst etabliert hatte, besann sich die 20th Century Fox auf den guten alten Mehrkanal-Magnetton, um ein neues, eigenes Tonsystem zu entwickeln. Lichtton hatte sich zurecht durchgesetzt, weil er kaum anfällig war, was man über die Magnettonspur nicht sagen konnte, aber es ließ sich damit wesentlich mehr anfangen. Eine Spur war für die Mitte der Leinwand gedacht, über die ganz normal die Dialoge liefen. Der linke und rechte Kanal versorgten größere Vollfrequenzboxen an der Seite. Und der Effektkanal war direkt hinter den Zuschauern angebracht. Eigentlich nichts, was das Kino nicht schon vorher erlebt hätte, nur dass Magnetton im Zusammenhang mit den Vollfrequenzboxen eine wesentlich dynamischere Bandbreite gegenüber den vorangegangenen Systemen bot. Und drei der vier Kanäle nur mit Effekte belegt wurden, die akribisch abgemischt wurden, um die Übergänge möglichst fließend von einem auf den anderen Kanal zu bringen.
Während das herzerschütternde Sensurround nur mit Niederfrequenztönen die Zuschauer attackierte, umschloss das neue System von Cent-Fox förmlich den Zuschauer. Basshaltige Raketenstarts konnten es sogar mit Sensurround aufnehmen, darüber hinaus sorgten aber auch rauschende Wassermassen, oder fauchende Kakerlaken für ein unglaubliches „Mittendrin-Gefühl“. Der Film hieß STRASSE DER VERDAMMNIS, das Tonsystem „Sound 360°“. Diese technischen Innovationen machten den Autokinos immer mehr zu schaffen, die leicht bei der Bildgröße mithalten konnten, aber im Ton weit hinten lagen. Schließlich dauerte es noch einige Zeit, bis man über UKW-Frequenzen den Filmton wenigstens in einfachem Stereo hören konnte, sofern man bereits über ein Stereo-Radio verfügte.
Zwei Jahre nach dem dritten Weltkrieg gibt es nur wenige Überlebende. Die Erdachse hat sich verschoben, und so wird der Himmel mit bizarren Lichtspielen illuminiert. Nachdem eine Explosion ihre Station zerstört, machen sich vier Soldaten mit ihren zwei speziell angefertigten Amphibienfahrzeugen auf die Reise nach Albany, wo ein Funkspruch weitere Überlebende vermuten lässt. Riesenskorpione, Erdbeben, Killer-Kakerlaken, Sandstürme und Springfluten erwarten die Kundschafter auf ihrem Weg über die STRASSE DER VERDAMMNIS. Was als Effekte-Fest für die Augen angedacht war scheiterte bisweilen am unfreiwillig komischen, denn viele der optischen Spezial-Effekte sind selbst für die damalige Zeit echte Brüller. So sieht man in vielen Einstellungen, dass die Masse der verfolgenden Kakerlaken nur starre Gummiattrappen sind, die auf einem beweglichen Unterbau durchs Bild gezogen werden. Wenngleich es auch reichlich echte Exemplare von der harmlosen, aber größten Spezies, der Fauchschabe, gab.
An vielen Stellen wird sehr deutlich, wie man mit diesem Film nur viele Effekte verkaufen wollte. Die Regie lässt in den meisten Szenen die Schauspieler vollkommen im Stich, und alles erinnert eher an billige Fernsehgeschichten aus demselben Zeitraum. Gerade wegen des damals stolzen Budgets von fast 17 Millionen Dollar hätte man sich mehr ins Zeug legen müssen. Schließlich war es das Vorzeigeprojekt für die 20th Century Fox, die im gleichen Jahr ein anderes Projekt hinten anstellte, welches mit nur 11 Millionen Dollar finanziert wurde, nämlich KRIEG DER STERNE. Doch mangelt es STRASSE DER VERDAMMNIS nicht nur an schauspielerischen Qualitäten. Das Auftauchen des Fahrzeugs aus den Fluten ist erstaunlich offensichtlich ein kleines Modell. Viele Rückprojektionen und einkopierte Effekte sind eher peinlich berührend statt überwältigend. Jeder freie Blick auf Himmel wurde mit farbigen Nebel- und Lasereffekten nachbearbeitet, um die verschobene Erdachse zu demonstrieren. Die vergrößerten und einkopierten Skorpione erschrecken nur, wegen der schlechten Qualität der Effekte. Mit der großen Springflut am Ende, richtet sich die Erde wieder korrekt aus, und umgehend gibt es strahlend blauen Himmel mit wunderbaren Wolkenbildern. Selbst kleinste Ansätze von wissenschaftlicher Logik, sind bei diesem Film komplett außer Kraft gesetzt.
Der Hingucker bei STRASSE DER VERDAMMNIS war natürlich der voll funktionsfähige Landmaster, dass für diesen Film entworfene Amphibienfahrzeug. Selbst seine trinären Achsen erfüllten nicht nur einen optischen Zweck, sondern können tatsächlich größere Unwegsamkeiten überwinden. Das Stahlmonster kann wirklich im Wasser manövrieren, und würde selbst halb mit Wasser gefüllt noch schwimmen. Autoschrauber Dean Jeffries baute den Landmaster für 350.000 Dollar, und achtete bei der Konstruktion darauf, dass sich das spezielle Gefährt über jeden normalen Schrottplatz in den USA mit Ersatzteilen versorgen ließ. Der Landmaster wurde zwar nur einmal gebaut, aber im Film so aufgenommen, dass es nach zwei Exemplaren aussah. Heute ist er im Besitz eines Sammlers.
STRASSE DER VERDAMMNIS hat zweifellos einen Eindruck hinterlassen. zumindest bei jedem Zwölfjährigen. Episodenhaft zieht sich der Film dahin, interessiert sich nur für die eigenen Schauwerte, und enttäuscht in seinem eigentlichen Anliegen. Geblieben ist nicht einmal „Sound 360°“. Bei 20th Century Fox wollte man DAMIEN: OMEN 2 noch auf Vierkanal Magnetton mischen, verzichtete allerdings darauf, weil sich kaum Kinos die, wenngleich geringfügigen, Umbauten für „Sound 360°“ antun wollten. Mit Walter Hills DRIVER starb das neue Soundsystem endgültig, der Film wurde schließlich nur in Mono aufgenommen. Wäre es den Autokinos in irgend einer Form möglich gewesen, sich an die neuen Techniken anpassen können, hätten selbst sie diesen Film nicht retten können. Das Ereignis-Kino war zu wenig Ereignis, als dass es die Massen bewegen konnte. Und hat sich dabei selbst zu ernst genommen, um ernst genommen zu werden.
Zwei Jahre nach erscheinen einer ersten Fassung dieses beim Zauberspiegel-Online, veröffentlichte John Kenneth Muir auf seiner Homepage eine Besprechung über STRASSE DER VERDAMMNIS, die sich witzigerweise in weiten Teilen mit der oben veröffentlichten Rezension deckt.
DAMNATION ALLEY – Bundesstart 24.08.1978
Darsteller: George Peppard, Jan-Michael Vincent, Dominique Sanda, Paul Winfield und Jackie Earley Haley u.a.
Regie: Jack Smight
Drehbuch: Alan Sharp, Lucas Heller nach dem Roman von Roger Zelazny
Kamera: Harry Stradling Jr.
Bildschnitt: Frank J. Urioste
Musik: Jerry Goldsmith
USA / 1977
circa 91 Minuten