EIN SOMMER IN DER PROVENCE

AVIS DE MISTRAL – Bundesstart 25.09.2014

Avis-De-Mistral-1, Copyright Concorde FilmverleihGrundlage der Besprechung ist die französische DVD-Fassung mit englischen Untertiteln

Der französische Film hat in den letzten Jahren an Gewichtung gewonnen, nicht nur im Action-Kino. Gerade Komödien machen dem Hollywood-Einerlei mächtig zu schaffen. Man denke an die SCH’TIS, oder die ZIEMLICH BESTEN FREUNDE, als die beliebtesten Beispiele aus der jüngsten Zeit. Ein Blick lohnt sich also, auch, oder gerade für Mainstream-Anhänger. Und Jean Reno, was kann man bei ihm schon falsch machen. Hier in der PROVENCE spielt er den missmutigen Paul, einen Olivenbauer, dem in diesem Sommer eine unangenehme Überraschung erwartet. Seine Frau Irène bringt Besuch aus der Großstadt ins ländliche Idyll. Léa, Adrien und der stumme Théo, die Kinder der in Ungnade gefallenen Tochter, mit der Paul jeden Kontakt abgebrochen hat. Und auch auf seine Enkel könnte Paul sehr gut verzichten. Es wird nicht nur der Zusammenprall zweier sehr unterschiedlicher Generationen, sondern auch verschiedener Lebensweisen. Der knorrige Paul redet lieber mit seinen Olivenbäumen, und die Kinder sind von der mangelhaften Internet-Anbindung genervt.

Traumhafte Landschaften, urige Typen, altbekannte Klischees. Stéphane Le Parc packt alles in traumwandlerische Bilder, choreografiert die Figuren hinein wie in Gemälde. Mit leichter Hand inszeniert Rose Bosch diese Figuren, mit Ecken und Kanten, die sehr leicht abgeschliffen und abgerundet werden können. Das wäre so weit nicht tragisch, weiß man ja von den ersten Szenen an, worauf die Handlung hinaus laufen wird. Nur Rose Bosch schien nicht zu wissen, worauf sie selbst hinaus wollte. Was als vermeintliche Komödie beginnt, wandelt sich dann zu einer verträumten Spielerei, die sich zu sehr an Eric Rohmers Jahreszeiten-Romanzen orientiert, nur um sich dann dem Drama anzunähern. Bosch will zu viel, und verliert dabei das Gesamtbild aus den Augen. So will die Komödie nicht wirklich funktionieren, und das Drama nicht packen. Es will sich kein richtiger Fluss einstellen, weil Bosch immer zu plötzlich die Thematik wechselt. Und anstatt sich auf die Charaktere zu verlassen, muss in den Film, was in den Film als Hintergrund rein passt. Und dann drängt sich dieser Hintergrund einfach zu forsch nach vorne. Viel zu dick, das Pathos um die Provence. Folklore, was an Folklore möglich ist. Und Probleme, wo Probleme hin passen. Dabei kommen die Figuren definitiv zu kurz. Bosch geht in die Breite, aber kaum in die Tiefe. Jeder muss mit irgendetwas zu kämpfen haben, aber nichts, was sich nicht in der Länge des Film zu lösen wäre.

Liebeskummer, und das schwelgen in alten Zeiten, schwierige Annäherungen, oder die Verwirklichung von Träumen. Der Film geizt wahrlich nicht an Gefühlen, und geht dabei fast etwas zu weit, weil die Oberflächlichkeit so auffallend ist. Selbst als Paul gegen sein größtes Problem angehen muss, ist dies weniger Kampf, als eine einfache Entscheidung. Wobei sich auch in der PROVENCE zeigt, dass man mit Jean Reno wenig falsch machen kann. Er ist einer dieser Charakterköpfe, denen man immer gerne zusieht, auch wenn das Drumherum nicht so stimmig ist. Ist das restliche Ensemble ganz nach seinen Anforderungen besetzt, also wenig überraschend, und kaum herausragend, kann neben Reno lediglich Lukas Pélissier wirklich glänzen. Der achtjährige Nachwuchs gibt den stummen Théo mit einer Natürlichkeit, die schlichtweg begeistert. Er ist neben Jean Reno der Punkt, an den man sich erinnern wird, während sich der Film als Ganzes wegen seiner inszenatorischen Schwächen, aus den Erinnerungen verabschiedet. Eine verpasste Komödie, ein vermasseltes Drama, und viel zu viel, was man woanders nicht schon origineller verpackt gesehen hat.

Avis-De-Mistral-2, Copyright Concorde Filmverleih

Darsteller: Jean Reno, Anna Galiena, Chloé Jouannet, Hugo Dessioux, Aure Atika, Lukas Pélissier, Tom Leeb Hugues Aufray, Charlotte De Turckheim u.a.
Drehbuch & Regie: Rose Bosch
Kamera: Stéphane Le Parc
Bildschnitt: Samuel Danési
Musik: Élise Luguern
Frankreich / 2014
100 Minuten

Bildrechte: Concorde Filmverleih
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