MILLION DOLLAR ARM – Bundesstart 11.09. 2014
Richtig angefangen hat es mit JERRY MAGUIRE, ein fiktiver Sport-Agent, der eine neue Philosophie in die Branche bringen wollte. Irgendwo ging es um den Sport, stellte aber eine visionäre Idee in den Mittelpunkt, welche diesen Sport revolutionieren sollte. Allerdings gibt es da natürlich auch zahlreiche Beispiele aus dem realen Leben. Branch Rickey holte Jackie Robinson 1946 als ersten schwarzen Spieler in die bis dahin rein weiße Major League des Baseballs, was Brian Helgeland mit 42 vortrefflich umsetzte. Billy Beane nutzte mit dem Analysten Peter Brand statistische Zahlen, um eine perfekte Mannschaft zusammen zu stellen. Nicht die Besten im Allgemeinen waren darin gefragt, sondern die laut Statistik Besten in den einzelnen Spielabläufen. Man musste Baseball nicht verstehen, um Gefallen an MONEYBALL zu finden. Ebenso erging es dem Sport-Agenten J.B. Bernstein, der für seine Kanzlei einfach keinen Spitzenverdiener im Profi-Sport mehr fand. Mit einer äußerst werbewirksamen Aktion holte er Rinku Singh und Dinesh Patel aus ärmlichen indischen Verhältnissen nach Amerika, um sie als perfekte Werfer in der obersten Baseball-Liga unter zu bringen. Rinku und Dinesh hatten nicht die geringste Ahnung von Baseball, spielten nicht einmal Kricket, verfügten aber über die kraftvollsten Wurfarme. Dies ist MILLION DOLLAR ARM, eine wahre Geschichte. Wo Träume wahr werden, wie in einem Disney-Film.
Nicht nur die Dramatik, sondern die ganze Geschichte ist einfach so abseh- und vorhersehbar, das man eigentlich lautstark „Aus“ zur Leinwand brüllen müsste. Aber das man auch nicht bei 42 getan, auch nicht bei MONEYBALL. Warum? Weil es trotzdem funktioniert. Es ist erstaunlich, wie manipulativ Kino sein kann, wenn man nur die einfachsten Zutaten verwendet, solange die im Rezept angegebenen Mengenangaben eingehalten werden. MILLION DOLLAR ARM verwendet dazu John Hamm als verzweifelte Identifikationsfigur, des glücklosen Agenten. Aasif Mandvi ist der grandios spielende Partner, der sich widerspenstig gibt, aber niemals seinen Kumpel im Stich lassen würde. Die nette, bisher kaum beachtete Nachbarin ist Lake Bell, die einfach zu attraktiv ist, als dass sie nicht eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der Geschichte spielen würde. Oder Alan Arkin, der verspielten Mummenschanz in die Handlung bringt, um alles entspannt aufzulockern. Ja, selbstverständlich die im wirklichen Leben eigentlichen Hauptfiguren, aber im Film selbstverständlich nur zu Eckpfeilern des Leidensweges der Hauptprotagonisten genutzt werden. Suraj Sharma und Madhur Mittal sind als Rinku und Dinesh einfach perfekt besetzt.
Es ist fast schon schändlich zu sagen, dass MILLION DOLLAR ARM deshalb so perfekt funktioniert, weil die Macher jedes Schlupfloch von Hollywood bewährten dramaturgischen Wendungen nutzen. Dabei werden zuerst die Bemühungen der Talentsucher ausgenutzt. Schließlich bemüht man das Schicksal der Nebenfiguren. Nebenbei baut man eine Beziehung zwischen zwei Nachbarn auf, die es schon längst besser wissen müssten. Dann führt man die zwei Fronten des Hauptdarstellers, nämlich die berüchtigte Nachbarin und die ausländischen Schützlinge zusammen, welche gemeinsam den führenden Charakter anhand seines menschlichen Versagens, die richtige Richtung im Leben aufzeigen können. Das ist schon so amerikanisch, das es erneut den Aufschrei des Entsetzens geben müsste. Doch leider funktionieren die Klischees auf das Beste. Wieder mehrere Punkt für die wahre Geschichte, die sich ihre künstlerischen Freiheiten nimmt, um den dramaturgischen Effekt nach den Regeln des Kinos zu beugen.
Letztendlich wird man MILLION DOLLAR ARM als Film, und Craig Gillespie als Regisseur, sowie Thomas McCarthy, verantwortlich für das Drehbuch, nicht wirklich böse sein, dass man als Zuschauer an Unterhaltungswert zurück bekommt, was der Eintritt letztendlich kostete. Die Besetzung, wovon MILLION DOLLAR ARM letztendlich tatsächlich zehrt, ist über jeden Zweifel erhaben. Mit Ausnahme von Pitobash, der als wirrer Nachwuchs-Trainer in den entscheidenden Momenten wirklich jeden in den Schatten stellt. Jon Hamm beweist sich erneut als MAD MEN, ohne seinen bereits legendären Don-Draper-Charakter weiter bemühen zu müssen. Wobei sich MILLION DOLLAR ARM allerding am meisten hervor tut, sind die kleinen Unvorhersehbarkeiten in der Handlung, die sich zum Beispiel in Bill Paxtons Trainer wiederspiegeln, der tatsächlich ohne jeden rassistischen Kommentar auskommt, um die neuen Spieler zu beurteilen. Was wohl dem Zuschauer als erstes auffallen müsste.
Wenn man gemein ist, bestraft man MILLION DOLLAR ARM als manipulatives Wohlfühlkino eines Großunternehmens. Doch man sollte auch ehrlich genug sein und fair bleiben, um diesen Film so einzuschätzen, wie er angedacht war. Nämlich als auf Emotionen herunter gebrochene Geschichtsstunden, auf die man sich gerade deswegen einlässt, weil sie von einem großen Studio kommen. Ob nun der erste schwarze Spieler in Form von Jackie Robinson auf das Spielfeld springt, oder Billie Beane erstmals die Regeln der Spieler Verpflichtungen ändert, oder J.B Bernstein zwei untalentierte Inder zu Baseball-Profis macht. Es sind Geschichten, die schöner sind als die Wirklichkeit. Mit starken, überragend komponierten Bildern von Gyula Pados, und dem auf den dramatischen Punkt gebrachten Schnitt von Tatiana Riegel, entfaltet sich ein Film, der wirklich Freude bereitet. Auch wenn man die Geschichte schon x-mal gesehen hat, und kaum Überraschungen bereit hält. Das ist Hollywood, wie es Hollywood nicht besser sein könnte, wo man vieles verzeiht, weil es einfach zu gut umgesetzt ist.
Darsteller: Jon Hamm, Aasif Mandvi, Pitobash, Suraj Sharma, Madhur Mittal, Lake Bell, Alan Arkin, Bill Paxton, u.a.
Regie: Craig Gillespie
Drehbuch: Thomas McCarthy
Kamera: Gyula Pados
Bildschnitt: Tatiana S. Riegel
Musik: A.A. Rahman
Produktionsdesign: Barry Robinson
USA / 2014
124 Minuten