SEX TAPE – Bundesstart 11.09.2014
Annie und Jay, das war Sex auf den ersten Blick. Egal wo, egal wann, egal wie oft. Manchmal meldete sich schon eine Erektion kurz bevor Annie den Raum betrat. Es war alles so schön, und alles so unkompliziert. Zwei Kinder später hat Annie und Jay die Wirklichkeit eingeholt. Wenn sie sich jetzt nackt sehen, dann redet man dabei über die Schulprojekte der Kinder. Es muss sich also etwas tun, und zwar wenn Großmutter schnell einmal die Kinder für eine Nacht zu sich nimmt. Doch irgendwie kommen die Beiden nicht richtig auf Touren. Erst die Idee zu etwas wirklich ganz Neuem, hebt nicht nur die Stimmung. Ein eigenes Sexvideo, mit allen Stellungen aus dem Buch Joy of Sex. Nicholas Stoller und Jason Segel sind ein erstklassiges Team, fünf Filme haben sie zusammen geschrieben, und bei drei hat Stoller selbst Regie geführt. Ein Team das sogar die Muppets wieder zu alter Größer erstrahlen ließ. Das Jason Segel zudem zu einem der angesagtesten Komödiendarsteller zählt, kann SEX TAPE nur gut tun. Und dass sich Cameron Diaz in unanständigen Komödie gut tut, hat sie in BAD TEACHER hinreichend bewiesen, ihre erste Zusammenarbeit mit Segel. Was könnte da dem Erfolg noch im Weg stehen.
Was dem Erfolg im Weg steht, ist der Film selbst. Es hat kaum ein stilleres Kino bei einer Komödie gegeben, als während der Vorstellung von SEX TAPE. Bei Annie und Jay kommt es, wie die Werbung verspricht. Ihr dreistündiges Video geht in die Welt hinaus, und eine strapaziöse Odyssee beginnt, um aller Kopien wieder habhaft zu werden. Normalerweise würde sich ein Video dieser Art in den Weiten des Internets verbreiten. Dazu haben sich die Macher aber leider nicht hinreißen lassen. Der Auswuchs, diese Sache wieder unter Kontrolle zu bringen, wäre wahrscheinlich zu kompliziert für eine kompakte Komödie geworden. So jagen die Erwachsenen lediglich ein paar iPads hinterher, die Jay verschenkt hat, und in jener verhängnisvollen Nacht mit einem Programm zum Synchronisieren seiner verschiedenen Apple-Produkte, das epische Video auf die verschenkten Geräte übertragen. Das wirft natürlich unweigerlich die Frage auf, wer es sich leisten kann, sogar an den Postboten ein iPad zu verschenken. Jay arbeitet lediglich in einem lokalen Radiosender, und Annie hatte gerade erst ein Vorstellungsgespräch. Doch diese Frage ist nicht die quälendste, in einer Abfolge von Standardsituationen, welche Annie und Jay in den Weg gelegt werden. Würde doch ein offenes Wort an Freunde und Kollegen genügen, um das Gerät zu bitten und den Film löschen.
Hier beißt sich die Schlange in den Schwanz. Kein Mensch müsste sich heutzutage schämen, privat ein Sexvideo gemacht zu haben. Dies ist aber genau Annie und Jays Problem, und das, obwohl Annie als angesehene und vielgelesene Bloggerin zu Anfang noch über die gemeinsamen Sex-Eskapaden ausführlichst schwadroniert. Irgendwie geht das nicht zusammen. Aber auch, das der Film vorgibt, sich thematisch mit den Heimtücken der modernen Kommunikationsformen auseinanderzusetzen. Was wirklich interessant gewesen wäre. Doch es sind eben nur zwei attraktive Darsteller, die nicht mit der Technik zu kämpfen haben, sondern mit ihrem eigenen Unvermögen zu reden. An einem Punkt stellt Jay ernsthaft die Frage, wie schlimm es wirklich wäre, würde der Film seinen Weg ins Netz finden, wo nichts, aber auch wirklich nichts vergessen wird. Ein Ansatz, der das eigentliche Anliegen des Films wirklich vertieft, und eine Auseinandersetzung mit der Frage tatsächlich unsere aktuelle Technikbesessenheit hinterfragt hätte. Doch diese Frage verpufft zu einem Nichts.
Man könnte viele von den kritisierten Punkt auch ignorieren, einfach einmal darüber hinwegsehen, schließlich ist es eine Komödie. Sollte es zumindest sein. Die Schauspieler sind dabei kein Problem, sie sind sympathisch, ihre Chemie stimmt. Nur bleibt die Handlung durchweg ohne Witz. Vereinzelt gibt es durchaus das ein oder andere Grinsen, noch viel weniger gibt es ein hörbares Kichern. Und wenn, dann ist es dem Charme und dem losgelösten Spiel der Darsteller zu verdanken, die sich mit schon spürbarer Freude auf der Leinwand austoben. Neben Diaz und Segel stehen da Ellie Kemper und Rob Gorddry, sowie Rob Lowe in nichts nach. Ein Film der eigentlich zünden müsste, der die Energie besitzt, aber dem der wirkliche Witz fehlt. Das Segel und Stoller als Autorenteam erfolgreich harmonieren können, haben sie bewiesen. Und nicht nur mit ORANGE COUNTY oder BAD TEACHER konnte Regisseur Jake Kasdan in seinem Fach überzeugen. Letztendlich ist es eine ungesunde Mischung von schwachem Drehbuch, und einem viel zu standardisierten Inszenierungsstil, an dem SEX TAPE scheitert. Bei diesem Film kamen eben leider zu viel Unwegsamkeiten zusammen, als das ein Teil einen anderen auffangen konnte. Aber mit Sicherheit war das nicht die letzte Kollaboration dieser künstlerischen Kräfte, und somit ist Grund zur Vorfreude durchaus noch gegeben.
Darsteller: Camron Diaz, Jason Segel, Rob Corddry, Ellie Kemper, Rob Lowe, Nat Faxon, Nancy Lenehan u.a.
Regie: Jake Kasdan
Drehbuch: Kate Angelo, Jason Segel, Nicholas Stoller
Kamera: Tim Suhrstedt
Bildschnitt: Steve Edwards, Tara Timpone
Musik: Michael Andrews
Produktionsdesign: Jefferson Sage
USA / 2014
94 Minuten