BEGIN AGAIN – Bundesstart 28.08.2014
Kann ein Song dein Leben retten? Kann er bestimmt. Kann er einen Film retten? Oh ja, unbedingt. Kann ein dummer Titel einen Film retten? Das deutsche Verleihmarketing scheint das immer wieder zu glauben. Man kennt die Geschichte. Er erfolgloser Musikproduzent, in Scheidung, sie erfolglose Songschreiberin, vom langjährigen Freund verlassen. Diese Geschichte erzählt sich von alleine, weil sie so alt wie das Kino. Doch so einfach sich die Handlung auch erzählt, so einfach macht es der Film dem Zuschauer durchaus nicht. Viele glückliche Umstände kommen zusammen, dass aus einer drohenden Banalität, beherztes, anrührendes Kino wird, dass mit viel Witz eine federleichte Atmosphäre schafft, die dem Kitsch immer wieder aus den Händen gleitet.
Dan wird von seinem Partner und Mit-Firmengründer Saul aus dem eigenen Platten-Label geschmissen. Grund ist Dans Erfolglosigkeit und die daraus resultierende Trunksucht. Das macht die Beziehung zu seiner geschiedenen Frau und seiner entfremdeten Tochter auch nicht leichter. Die Briten Gretta und Dave haben zusammen einen Song geschrieben, mit dem Dave als Sänger groß herauskommt, und in Amerika seine Karriere starten soll. Der Erfolg steigt Dave natürlich zu Kopf, was die Trennung von Gretta nach sich zieht. Bei einem Open-Mic-Abend, wird die Sitzengelassene von ihren Freunden mehr oder minder dazu gezwungen etwas Selbstgeschriebenes zum Besten zu geben. Genau zum Zeitpunkt, als Dan wieder einmal versucht ordentlich betrunken zu werden. Dans verloren gegangenes Gespür für Talente meldet sich mit einem Schlag zurück. Nach zähem hin und her, beschließen die zwei einsamen Seelen ein Album zu produzieren. Doch Dans alter Partner Saul will sich nicht darauf einlassen. Aus der der Not eine Tugend machend, beginnen sie Grettas Song mit einfachsten Mitteln im Guerilla-Stil in den Straßen der Metropole aufzunehmen.
Es gibt nichts Schlimmeres, als ein Film, der Erfolgsromane des Hauptdarstellers zelebriert oder einen Song zum Mittelpunkt hat, ohne dass mit Textbeispielen oder Musikausschnitten der Erfolg des jeweiligen Stückes vermittelt wird. RUBY SPARKS war so ein Film, in dem das Talent eines schriftstellerischen Wunderkindes nicht transportiert wurde. Hier liegt die ganz große Stärke in CAN A SONG SAVE YOUR LIFE. Filmautor John Carney hat selbst Hand an die Notenschlüssel gelegt, um mit Gregg Alexander, Danielle Brisebois, Nick Lashley und Nick Southwood eine homogene Auswahl von Liedern für Keira Knightleys Figur zu schreiben. Und ganz im Stil und Arrangement klassischer amerikanischer Songwriter, sind diese Songs nicht einfach nur musikalischer Hintergrund, sondern auch perfekt tragende Elemente. Noch dazu sind es wirklich hörbare Stücke, die sehr eigenständig und nicht nur als bloße Anspieler produziert wurden. Mark Ruffalos Charakter Dan meint im Film einmal, wie sehr er Komponist und Sänger Randy Newman verehren würde. Und tatsächlich haben Grettas Songs einen sehr feinsinnigen Touch von Randy Newmans Arbeit.
Und dann sind da natürlich Keira Knightley und Mark Ruffalo, oder Steinfeld und Keener, oder Levine und Corden. Nicht zu vergessen, Mos Def als Ex-Partner Saul. Es ist ein außerordentliches Ensemble, welches durch seine übergreifende Chemie den Film stimmig, glaubhaft und zudem unterhaltsam spannend macht. Spannend in dem Sinne, dass man trotz der Vorhersehbarkeit und der reichlichen Klischees, an den Figuren dran bleibt und unbedingt an ihrer Entwicklung teilnehmen möchte. Ihre verletzbaren, aber nicht unterzukriegenden Wesen, werden gerade von Knightley und Ruffalo mit einnehmenden Charme und hinreißender Ehrlichkeit auf den Zuschauer los gelassen. Und gerade Ehrlichkeit, ist bei einem Film dieser Art, ein sehr wertvolles, wie notwendiges Mittel, das ihn nicht einfach nur über den Standard hebt, sondern seine klischeebeladenen Schwächen vergessen lässt.
Ein ausnahmslos hinreißendes Ensemble, wunderbare Original-Songs, und eine phantastische Musik-Auswahl. In seinen technischen Umsetzungen ist der Film in einem wunderbaren, wirklich stimmigen Fluss, auch wenn er sich nicht durch etwas Besonderes hervor tut. Doch dass CAN A SONG SAVE YOUR LIFE ohne jeden künstlerischen, oder technischen Schnickschnack auskommt, macht ihn noch einmal eine Spur sympathischer. Eine Geschichte, so alt wie das Kino selbst. Aber mit all den richtigen Leuten, und den richtigen Ideen, wirkt diese uralte Geschichte wie eine erfrischende Neuerung.
Darsteller: Keira Knightley, Mark Ruffalo, James Corden, Hailee Steinfeld, Catherine Keener, Mos Def, Jen Jacob, Adam Levine, Marco Assante u.a.
Regie & Drehbuch: John Carney
Kamera: Yaron Orbach
Bildschnitt: Andrew Marcus
Keiras Songs: John Carney, Gregg Alexander, Danielle Brisebois, Nick Lashley, Nick Southwood
Musik: Gregg Alexander
Produktionsdesign: Chad Keith
USA / 2013
104 Minuten