INTO THE STORM – Bundesstart 21.08.2014
Fast schon zwanzig Jahre liegt es zurück, dass Jan de Bont mit TWISTER frischen Wind in den Katastrophenfilm blies. Dass das bis heute lediglich eine Flut von billigen TV-Filme nachzog, zeugt vom cineastischen Respekt, den man vor TWISTER hatte, der in Dramaturgie und Tricktechnik einfach alles perfekt gemacht hatte. Das mit STORM HUNTERS wieder einmal die Leinwand richtig durchgeblasen werden soll, macht dann doch neugierig. Schließlich hat sich nicht nur die Tricktechnik verbessert, sondern kommt noch Dolby-Atmos hinzu, und das große Vorbild selbst als Motivation. Die ersten Bilder bei STORM HUNTERS jedenfalls, sind eine echte Überraschung. In der Hoffnung etwas wirklich eigenständiges zu produzieren, haben sich die Produzenten etwas ausgedacht. Was der Zuschauer in der Pre-Titel-Sequenz zu sehen bekommt, setzt sich vornehmlich stilistisch fort. Steve Quale, der bisher nur mit FINAL DESTINATION 5 das Kino vom Regiestuhl aus beglücken durfte, produzierte einen Nerven aufreibenden Found-Footage-Thriller. Nervenaufreibend deswegen, weil man viel Geld zahlende Zuschauer nicht mit einem Stilmittel quälen sollte, welches sich schon vor Jahren tot geritten hat.
Eine Gruppe von Tornadojägern ist in Oklahoma unterwegs, und ihr Anführer Pete ziemlich stinkig, weil die neue Meteorologin Allison in der vorangegangenen Nacht den Weg eines Tornados falsch berechnet hatte. Doch dann präsentiert Pete stolz dem begleitenden Dokumentarfilmer Jacob sein neues Tornadomobil, Tonnen schwer, Panzerglas und mit Boden Verankerungen, welche kein Tornado lösen sollte. Dazu verfügt das Fahrzeug über 24 Außenkameras, man will ja viel von den Wirbelwinden sehen, aber auch viel Material zum schneiden haben. In der nahe gelegenen Stadt Silverton wird gerade der High-School-Abschluss vorbereitet, und Donnie arbeitet an einer Zeit-Kapsel, dafür soll die Abschluss-Rede mit möglichst vielen Kameras aufgezeichnet werden, und Eric A. Sears reichlich Material für den Schnitt geben. Mittlerweile hechelt Petes Team einem Sturm hinterher, schließlich ist das Ziel einmal in das Auge eines Tornados zu blicken, was mit dem neuen Gefährt möglich sein muss. Man kann erahnen, wie das wohl ausgehen wird. Und es gibt noch zwei grenzdebile Hinterwäldler, die mit Action-Kameras sämtlichen Katastrophen entgegen fahren. Also noch einmal zwei Kameraperspektiven.
Unglaublich, was sich Autor John Swetnam alles einfallen ließ, um überall Kameras für den Found-Footage-Stil unter zu bringen. Sieht man es mit humorvollen Abstand, ist das sogar ganz witzig. Nur hört der Spaß auf, wenn die Produktion, oder Regisseur Quale selbst, ihrem Format überhaupt nicht vertrauen, und es immer wieder ignorieren. Natürlich will man bei einem Katastrophenfilm die ganz großen Momente richtig sehen und spüren. Allerdings darf man bei Found-Footage auch nicht die Perspektive der möglichen Kamerapositionen verlassen. Und das tut STORM HUNTERS ständig, in dem er mit Überflüge, oder Luftbildaufnahmen eigentlich sehr gelungene Tornado-Verwüstungen auf den Zuschauer loslässt. So schön die Momente der Zerstörung auch sein mögen, beißen sie sich komplett mit dem eigentlichen Stil. Diese im weiteren Verlauf immer häufigeren Wechsel, zerstören den dramaturgischen Fluss des Films, weil man den dokumentarischen Charakter überhaupt nicht mehr ernst nehmen kann. Und wie im größten Teil aller Filme dieser Art, begehen auch hier die Charaktere sehr häufig den einschneidenden Fehler, auf das Geschehen zu halten, wo im richtigen Leben selbst die härtesten Kameramänner Fersengeld geben würden.
Mit Sarah Wayne Callies bringt STORM HUNTERS sein bekanntestes Gesicht auf die Leinwand. Die ehemalige WALKING DEAD Hauptfigur, muss sich allerdings gefallen lassen, dass sich ihre darstellerischen Fähigkeiten nicht zum Besten gewandt haben. Aber auch grundsätzlich trübt sich das Vergnügen durch diese unbestimmte Atmosphäre, hier einen aufgeblasenen Fernsehfilm zu sehen. Was gewiss nicht allein an den Darstellern liegt, sondern auch an den höchstens erklärenden, aber nie tiefer gehenden Dialogen. Nur Matt Walsh, als besessener Pete, bringt mit seiner unterschwelligen Tyrannei etwas Seele auf die Leinwand. Und wenn dann am Ende alles erwartungsgemäß in Schutt und Asche liegt, dann hat man einiges zu sehen bekommen für sein Geld. Viel wird aber nicht haften bleiben. Durch sein Format und die unschlüssige Inszenierung, bleibt er dann doch sehr beliebig. Vor achtzehn Jahren hat Jan de Bont mit TWISTER alles richtig gemacht, was man im Mainstream-Kino richtig machen kann. Und nach achtzehn Jahren, wäre ein wenig Abkupfern durchaus verziehen worden.
Darsteller: Richard Armitage, Sarah Wayne Callies, Matt Walsh, Max Deacon, Nathan Kress, Alycia Debnam Carey, Arlen Escarpeta, Lee Whittaker u.a.
Regie: Steven Quale
Drehbuch: John Swetnam
Kamera: Brian Pearson
Bildschnitt: Eric A. Sears
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: David Sandefur
USA / 2014
89 Minuten