THE SIGNAL – Bundesstart 10.07.2014
Auch in seinem zweiten Spielfilm geizt Regisseur William Eubank nicht mit Rätseln und Andeutungen. Das Drehbuch, welches mit Bruder Carlyle und Freund David Frigerio ersonnen wurde, entstand schon während der vierjährigen Dreharbeiten zu LOVE. Ebenfalls ein Film, der sich nicht erklärt, sondern dem Zuschauer die Interpretationen überlässt. Damals waren zehn Videoclips für die Band Angels & Airwaves angedacht gewesen, bis William Eubank die Band von einem zusammenhängenden Ganzen der Sequenzen überzeugte und über vier Jahre sein Regie-Debüt im Vorgarten seiner Eltern inszenierte. LOVE wurde gefeiert und gepriesen, vom einfachen Zuschauer aber auch als grober Unfug ignoriert. Das hat William allerdings weniger beeindruckt. Er blieb seiner Richtung treu, dass nicht alles erklärbar sein müsste, und der Zuschauer auch exzessiv in das Geschehen eingebunden werden sollte. So haben schon einige Science-Fiction-Filme in den letzten Jahren am besten funktioniert, wie zum Beispiel Duncan Jones‘ MOON, wo nicht die effektvollen Schauwerte im Vordergrund standen, sondern tatsächlich menschlich metaphysische Tiefen ausgeleuchtet wurden. Gerade hier halten sich die Filmemacher an minimalistische Sets mit geringem Budget. Weitgehend wirkungsvoll, doch im Falle von William Eubanks THE SIGNAL ein zu diskutierender Streitpunkt.
Die Freunde Nic, Haley und Jonah sind auf der Straße unterwegs zu einer Computermesse. Wenigstens Nic und Jonah sind ambitionierte Hacker, ob andererseits Haley nur Freundin von Nic ist, oder selbst im Computer-Fieber feststeckt, wird nie geklärt. Doch auch auf der Landstraße sind die Nerds nicht vom Computer zu bewegen. Stets online, wird ihnen von einem Hacker namens Nomad nachgestellt, der ihnen ihre Reise mit Bildern von Überwachungskameras und ominösen Kommentaren dokumentiert. Selbst auf einer funktionierenden Tastatur daher geschwommen, machen sie den lästigen Hacker schnell ausfindig, der durchaus auf dem Weg zum vermeintlichen Ziel liegt. Doch der Überraschungsbesuch bei Nomads Adresse birgt eine Überraschung, welche die drei Reisenden für die nachfolgenden sechzig Minuten vollkommen aus ihrem Leben reißt.
Die erste halbe Stunde könnte alles bedeuten. Es könnte der Einstieg zu einem typischen Hinterwäldler-Slasher sein, aber auch ein emotionales Drama, welches Beziehungen beleuchtet. In aller Ehrlichkeit, ist diese erste halbe Stunde weniger spannend, als vielmehr beliebig. Die Geschichte erfährt immer wieder verschiedene Wendungen, doch stets könnte alles passieren, nichts deutet auf eine bestimmte Richtung. Das verwässert die Spannung ungemein. Denn eigentlich hat die kompakte Geschichte von THE SIGNAL alle Komponenten, welche Überraschungen und Spannungselemente zuhauf bieten könnte. Das Eubank seine Inszenierung derart frei von eingewobenen Hinweisen und eingestreuten Fährten hält, macht den Film zu einer blanken Abfolge von Handlung, in welcher der Zuschauer nur in dem Moment auf dem selben Handlungsniveau ankommt, wie der Film selbst.
Uninteressant ist THE SIGNAL deswegen nicht. Besonders Brenton Thwaites kann als Hauptdarsteller seinen Stand behaupten. Ihm gegenüber brilliert Laurence Fishburne, der sich gerne mehr durch Gestik und Mimik ausdrückt, als mit unheilvollen Dialogen. Auch eine Kunst, die immer seltener wird. Der auflösende Überbau der Geschichte ist allerdings zu überproportioniert, als dass er in Form vom Ende des PLANET DER AFFEN, eine erlösende Auflösung präsentiert. Es dürfte nicht wenige Zuschauer geben, die bei der letzten Einstellung von THE SIGNAL einfach nur „ah, deswegen“ denken. William Eubank ist kein uninteressanter Regisseur. Er probiert neue Sichtweisen, sieht über den Tellerrand, und versteht sein Metier durchaus. Doch dabei bleibt er zu verkopft, glaubt den Zuschauer herausfordern zu müssen. Eubanks Problem ist, dass er noch nicht richtig verstanden hat, wie genau er den Zuschauer abzuholen hat. Diesen einfach nur hinterher hecheln zu lassen, ist zumindest der falsche Ansatz.
Grundsätzlich ist THE SIGNAL ein guter Film, der seine Klischees clever ausspielt, aber dann glaubt cleverer sein zu müssen als sein Publikum. Man möge es dem Filmemacher verzeihen, der sich ohne Zweifel als Künstler bezeichnet. Und was kann man einem Künstler schon vorwerfen? Vielleicht einen Film, der viel mehr sein könnte, als er letztendlich hergibt. Deswegen könnte William Eubanks nächste Regie-Arbeit noch viel spannender werden. Vielleicht kommt ja der Film, der ein Genre neu definiert. Man sieht viel zu selten gekonnte Science-Fiction-Filme, aber William Eubank wäre ein Kandidat, endlich wieder einmal etwas Herausragendes erwarten zu können.
Darsteller: Brenton Thwaites, Beau Knapp, Olivia Cooke, Jeffrey Grover und Laurence Fishburne u.a.
Regie: William Eubank
Drehbuch: William Eubank, Caryle Eubank, David Frigerio
Kamera: Dabid Lanzenberg
Bildschnitt: Brian Berdan
Musik: Nima Fakhara
Produktionsdesign: Meghan C. Rogers
USA / 2014
97 Minuten