TRANSFORMERS: AGE OF EXTINCTION – Bundesstart 17.07.2014
Michael Bay hatte recht, er amüsierte sich über die harschen Kritiken an seinem neuesten Film, und meinte nur, dass die Zuschauer trotzdem kommen würden. Und sie kommen. Denn Michael Bay kann das Spektakel, sinnbefreit aber großartig. Gleich zu Anfang fährt unser angehender Held, zu diesem Zeitpunkt noch der versponnene Verlierer, an einem großem Schild vorbei, auf dem es heißt ‚Erinnert euch an Chicago – melden sie außerirdische Aktivitäten‘. Das ist eigentlich witzig, birgt dennoch einen undefinierbaren Beigeschmack. Hat der Film am Ende soviel Selbstironie, die von Vorteil wäre, um Bays Film als reines Spektakel ungeniert genießen zu können? Hat er nicht. TRANSFORMERS in der vierten Ausgabe ist genauso bierernst, wie die meisten Michael Bay Filme. Humor kommt in Form von Einzeilern, wie wenn ein Transformer lamentiert „mein fetter Arsch hängt fest“. Der Regisseur und Produzent kann hervorragend inszenieren, aber was er überhaupt nicht kann, ist Dramatik. Wenn Töchterlein vor Angst das Falsche tut und zwischen kämpfenden Maschinen herum stolpert, dann ist dies lediglich ein Fakt, aber ohne jede Spannung oder Dramaturgie. Dafür sind die Action-Sequenzen ein wahrer Augenschmaus, mit Schauwerten bis zum Abwinken. Allerdings sind dafür 165 Minuten viel zu lang.
Doch TRANSFORMERS 4, der eigentlich der Auftakt zu einer neuen Trilogie ist, wird trotz seiner ausladenden und exzellenten Action zum Ärgernis. Intelligente Action-Film, solche die vielleicht auch noch Inhalte transportieren sind extrem selten. Aber zugegebenermaßen ist dies auch keine Grundvoraussetzung für das reine Unterhaltungskino. Nur das man dem Zuschauer auch zugestehen muss, dass er zwischen der Action nicht nur vollkommenen Unsinn ertragen muss. Aber in diesem Teil häuft er sich Szene an Szene. Nicht nur dass der Vater-Tochter-Konflikt vollkommen an den Haaren herbei gezogen ist, angereichert ist der Film mit Dialogen wie „mein Gesicht ist mein Gerichtsbeschluss“, oder „wenn sie überleben, werden sie reden, also bring sie alle um“, worauf die Antwort natürlich „mit Vergnügen“ ist. Die Guten sind in der Welt des Michael Bay eben die Besten, die Bösen die absolut Fiesesten. Bloß ist Titus Welliver der Typ, bei dem der harte Mann eher lächerlich wirkt. Ergänzt wird der Ablauf mit philosophischen Nonsens, wie der Spark, der den Transformern Energie liefert und die Erinnerung speichert. Mark Wahlbergs Charakter antwortet darauf, dass man dies bei Menschen Seele nennt. Dieser Vergleich dürfte selbst den ungebildetsten Zuschauer überraschen.
Der über Maß unterforderte Kelsey Grammer beschließt mit seiner geheimen Geheim-Truppe, dass nach Teil Drei Außerirdische niemals wieder die Erde vor anderen Außerirdische retten dürften. Eine Logik, die vorgaukeln soll, wie falsch unverhohlener Patriotismus sei. Obwohl Bay diesen Hurra-Patriotismus auf das Äußerste zelebriert. Eines seiner Markenzeichen sind elegische Schwenks über das heimische Idyll, unterlegt mit sanften Soundtrack-Klängen. Nirgendwo ists schöner wie zuhaus. Der untrainierte Bauerntölpel gewinnt schließlich auch den Zweikampf mit dem ausgebildeten Geheimdienstler. Das muss so sein, schließlich ist der Mann vom Lande der Ur-Amerikaner, und die anderen nur ideologisch fehlgeleitete Idioten. Da beißt sich zwar die Schlange in den Schwanz, weil die Bösen ja für ein unabhängiges Amerika böses tun, macht aber nichts. Dafür gibt es mit Transformer Lockdown einen Charakter, der die Beziehung zwischen Autobot Optimus Prime oder Bumblebee und den Menschen mit den Worten kommentiert, dass die Schöpfer diese ewige Vermischung der Spezies überhaupt nicht mögen. Leider trägt Lockdown kein Bärtchen oder streng gescheiteltes Haar.
Wenn die Autobots und Dinobots in typischer Bay Manier extrem entschleunigt durch die Luft schleudern, dann macht Kino wieder Spaß. Dann werden Häuserzeilen niedergerissen, Schiffe als Keulen benutzt, und Explosionen am Band produziert. Und Hut ab vor Michael Bay, wie er überschwänglich und ausgelassen die moderne Technologie nutzt, um den bestmöglichen Unterhaltungsgrad zu erzielen. Und das kann er. Was allerdings dazwischen liegt, das spottet jeder Beschreibung. Auch ein Markenzeichen von Michael Bay. Leider. Denn nur ein bisschen Nacharbeit hätte diesen Film sehr viel geholfen, und den Zuschauer versöhnlicher gestimmt. Natürlich kann sich Michael Bay über seine Kritiker lustig machen. Natürlich werden die Zuschauer trotz verheerender Kritiken kommen. So eine Situation macht einen Film allerdings nicht besser, sondern in diesem Fall eher fragwürdig.
Darsteller: Mark Wahlberg, Optimus Prime, Stanley Tucci, Kelsey Grammer, Nicola Peltz, Jack Reynor, Titus Welliver, Sophia Myles, Bingbing Li, T.J. Miller u.a.
Regie: Michael Bay
Drehbuch: Ehren Kruger
Kamera: Amir Mokri
Bildschnitt: Roger Barton, William Goldenberg, Paul Rubell
Musik: Steve Jablonsky
Produktionsdesign: Jeffrey Beecroft
USA / 2014
165 Minuten