NEIGHBORS – Bundesstart 08.05.2014
Sid Fields Strukturmodell eines perfekten Drehbuchs, teilt den Film in drei Akte. Bei 96 Minuten sind das 20 Minuten für Akt 1, 50 für Akt 2 und erneut 20 Minuten für den dritten Akt. Der Abspann wird nicht gerechnet. Nach der Exposition, in der wir die Radners kennen lernen, folgt in Akt Eins nach 15 Minuten der Plot-Point-1, die neuen Nachbarn sind eingezogen, eine Studentenverbindung, was nach mächtig Unruhe aussieht. Doch Mac und Kelly geben sich trotz Baby tolerant und cool, die eigene stürmische Zeit ist ja auch noch nicht so lange vorbei. Plot-Point-1 wäre, und ist in diesem Fall, dass die jugendlichen Nachbarn doch nicht so toll sind, und gegen jede Vereinbarung doch die Polizei gerufen wird. Das bedeutet natürlich Krieg, dem die friedlichen Nachbarn zuerst unterliegen. Akt 2 beginnt mit einem gerissenen Plan der fürsorglichen Eltern, die rücksichtslosen Störenfriede los zu werden. Was zu funktioniert scheint, aber letztendlich doch auffliegt.
Hier setzt die Konfrontation ein, welche den zentralen Punkt in der Mitte des zweiten Aktes beschreibt. Der vorübergehende Waffenstillstand wird im zweiten Plot-Point gebrochen, welcher bei zirka Minute 65 zu finden ist. Die unsägliche Studentenverbindung nimmt mit den Nachbarn Kontakt auf, und erklärt den nachbarschaftlichen Frieden als beendet. Der dritte Akt, auch Auflösung genannt, ist selbst bei einer Komödie meist dramatisch. Die Studentenverbindung hat die Situation unter Kontrolle, und die leidenden Radners scheinen keine brauchbare Lösung zu finden. Nach Sid Field und abertausenden Drehbüchern, sollte diese Lösung bei zirka Minute 80 bereit sein. Die heile Welt hält wieder Einzug, und alle zeigen sich versöhnlich.
Seth Rogen ließ sich die Geschichte quasi auf den Leib schreiben, und brachte sich gleich als Produzent mit ein. Doch für eine Komödie mit Seth Rogen, ist BAD NEIGHBORS ein erstaunlich unlustiger Film, noch dazu sehr brav. Selbstverständlich gibt es witzige Momente mit guten Dialogen und schräger Situationskomik. Wenn nicht wahr, ist es zumindest sehr gut erfunden, wie zum Beispiel die Chronik der Studentenverbindungsbräuche erzählt wird. Und die Melk-Szene schlägt ganz tief unter die Gürtellinie, bleibt aber im Gedächtnis, und ruft in Erinnerung, dass andere Komödie dieses Kalibers sich über solche Szenen definieren. Dann aber auch wieder Sinn machen, wenn sie ständig Geschmacksgrenze überschreiten. Nur hier, als alleinstehende Szene, wirkt sie eher befremdlich.
Wer als Jugendlicher mit Seth Rogen und der Judd-Apatow-Schmiede seine Zeit verbrachte, wird langsam selbst Erfahrungen wie Mac und Kelly machen, wenn aus feierwütigen Erwachsenen plötzlich gesittete Eltern werden. In diesem Sinne hat sich auch Rogen dem Film mit dieser Thematik verschrieben. Am Ende siegt das Spießertum. Und das nach einer genau kalkulierten Formel, die den Film durchaus gefällig macht, aber nicht lustiger. Kein unlustiger Film, wohlgemerkt, doch so viel mehr wäre möglich gewesen. Wer vor zehn Jahren anzügliche Komödien mochte, könnte auch jetzt noch durchaus Gefallen an zottigen Übertreibungen haben. Auch wenn er selbst zum gesitteten Spießer geworden ist.
Darsteller: Seth Rogen, Rose Byrne, Zac Efron, Dave Franco, Lisa Kudrow, Jake Johnson, Ike Barinholtz, Christopher Mintz-Plasse, Brian Huskey, Carla Gallo u.v.a.
Regie: Nicholas Stoller
Drehbuch: Andrew Jay Cohen, Brendan O’Brien
Kamera: Brandon Trost
Bildschnitt: Zene Baker
Musik: Michael Andrews
Produktionsdesign: Julie Berghoff
USA / 2014
Laufzeit 96 Minuten