THE LEGO MOVIE – Bundesstart 10.04.2014
Das Mantra über die Wertschätzung von Spielsachen ist ja hinlänglich bekannt. Als TOY STORY 1996 in die Kinos kam, revolutionierte er die metaphysischen Strukturen des Familienfilms. Nicht nur eine in der Erzählung greifbare Geschichte wollte vermittelt werden, sondern durch einen komplexeren Überbau auch vielschichtiger auf sein Publikum einwirken. Bleibt die TOY-STORY-Trilogie inhaltlich die dominierende Animationsreihe, nähert sich THE LEGO MOVIE in seiner Komplexität deren Genialität durchaus an. Dabei folgt die Geschichte allerdings einer ganz anderen Erzählstruktur, und entzieht sich somit weiteren Vergleichen mit TOY STORY. Über den Inhalt darf man eigentlich nichts verlieren, weil das Kinoerlebnis darunter stark leiden würde. Emmet ist der normalste aller Bauarbeiter unter den Minifiguren in Bricksburgh, so normal und angepasst, dass er nicht einmal seinen Kollegen wirklich auffällt. Emmet ist immer fröhlich, und vollbringt sein Leben, wie man es von einer Minifigur erwartet, in dem er Tag für Tag streng nach Plan Häuser aus Lego-Steinen zusammensetzt. In Emmets kantiger Welt fällt allerdings niemals das Wort Lego.
Obwohl wirklich jedes Bild am Computer errechnet wurde, ließen es sich die Animationskünstler nicht nehmen selbst Wasserfontänen, oder Explosionen in Form von handelsüblichen Steinen zu rendern. Aufwand und Ergebnis sind überwältigend. Die Effekte-Firma Animal Logic realisierte allein 80 Prozent der Animationen, was dieser Tage eine immense Leistung für einen Kinofilm darstellt. THE LEGO MOVIE ist umgesetzt wie ein klassischer Stop-Motion-Film, mit seinen leicht abgehackt wirkenden Bewegungen. Auch wenn es überragend umgesetzt ist, beißt es sich in simulierten Kamerabewegungen oft mit der 3D-Konversion, und lässt Szenen immer wieder in einem optisch unübersichtlichen Chaos erscheinen. Doch alles in allem, bleibt der Film ein visuelles Ereignis, bei dem auch viel echte photografische Spielereien simuliert werden, wie der Einsatz von Steadicam, oder verschiedener Kameraoptiken.
Der Film ist schnell. Hier hat das Regie-Duo Phil Lord und Christopher Miller (21 JUMP STREET, WOLKIG MIT AUSSICHT) ganz besondere Arbeit geleistet. Unentwegt wird die Handlung vorangetrieben, hält die Aufmerksamkeitsspanne der ganz Kleinen, und die Laune der ganz Großen. Der Witz wirkt nie aufgesetzt, und ergibt sich meist durch die Formgebung der verschiedenen Steine, sowie aus der limitierten Bewegungsfreiheit der Figuren. Denn auch im Film können sich die Mini-Figuren nur so bewegen, wie sie sich real bewegen lassen. Das im Coffee-Shop die Tasse Kaffee einmal 37 Dollar kostet, und Emmet das wegsteckt, weil er immer gut drauf ist, mag witzig sein, deutet allerdings auch auf die Auflösung einer genialen Wendung hin. Das Drehbuch widersteht weitgehend der Versuchung, die humorige Seite für Klein und Groß etwas aufzuteilen. Eine ausgezeichnete Wechselwirkung zeigt sich mit dem Themen-Song „Hier ist alles super“, der einerseits ein ohrwurmartiger Kinderfest-Klassiker werden könnte, für die erwachsenen Zuschauer allerdings als herrliche Satire herhält. Und so funktioniert für alle Altersklassen ein gleichermaßen unterhaltsamer Film. Die deutsche Altersfreigabe ohne Beschränkung ist allerdings etwas bedenklich.
Zwei wesentliche Wendungen durchläuft der Film, jeweils zu Beginn des zweiten und des dritten Aktes. Und dies sind die entscheidenden Punkte, die THE LEGO MOVIE zu einem ganz besonderen Filmerlebnis heranführen. Für die jüngeren Zuschauer wird es eine überraschende Filmerfahrung, bei welcher sie mit der Kunst des Erzählens konfrontiert werden, die tiefgründiger ist, als bloße Moralansichten zu vermitteln. Der ältere Zuschauer hingegen, wird eine Ahnung von Emmets Schicksal haben können, aber seine ganz eigenen Lehren daraus ziehen. Nicht das hier der Zeigefinger groß zur Schau gestellt wird, aber man wird verstehen, wo diverse Motivationen in der Geschichte her kamen, und wo man sich selbst an die Nase fassen könnte.
THE LEGO MOVIE ist ein sehr kurzweiliges Vergnügen, das besondere Freude mit seiner Detail-Versessenheit und einigen gekonnten Anspielungen auf die Popkultur bereitet. Immerhin ist LEGO der erste Kinofilm mit einem gemeinsamen Auftritt von Batman und Superman. So funktioniert das, wenn immer mehr Studios fusionieren, oder aufgekauft werden. Die Kette von schwierigen Vertragsverhandlung verkürzt sich immens. Und so suchen Gandalf und Dumbledor als Meister-Bauer zusammen nach Problemlösungen, Han Solo und Chewbacca werden von Batman bestohlen, Superman sieht sich von einem aufdringlichen Green Lantern genervt, und Abraham Lincoln zieht neben Wonder Woman in den Kampf. Das ist ein Spaß der sich sehen lassen kann. Und wenn man dazu bedenkt, dass Lego zum Film eine eigene Reihe herausgebracht hat. Das könnte man in der schon genehmigten Fortsetzung …, aber das mit dem metaphysischen Überbau sollte man den Meister-Bauern überlassen. Hat sich bei diesem Film mehr als bewährt.
Sprecher:
Emmet: Chris Pratt / Patrick Schröder
Batman: Will Arnett / David Nathan
Wyldstyle: Elizabeth Banks / Maren Rainer
Vitruvius: Morgan Freeman / Manfred Erdmann
Bad Cop: Liam Neeson / Bernd Rumpf
Lord Business: Will Ferrell / Uwe Büschken
desweiteren:
Jonah Hill, Cobie Smulders, Channing Tatum und Shaquille O’Neal
Regie & Drehbuch: Phil Lord, Christopher Miller
Kamera: Barry Peterson, Pablo Plaisted
Bildschnitt: David Burrows, Chris McKay
Musik: Mark Mothersbaugh
Produktionsdesign: Grant Freckelton
USA / 2014
zirka 100 Minuten