In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.
Natürlich gab es schon lange vor AIRPORT Katastrophenfilme, doch waren diese als eigenständiges Genre noch nicht etabliert. SAN FRANCISCO war brillant, EIN RISS IN DER WELT einfach grandios, auch wenn man diesen den Bereich der Science Fiction zuordnen könnte.
AIRPORT war der erste Film mit einer gewissen Formel, die sich von da an in vielen weiteren, mal sehr schlechten oder auch sehr guten Katastrophenfilmen wiederfinden würde. Stets sind eine hohe Anzahl namhafter Stars und deren Mikrokosmos in Gefahr. Es gibt den besonnenen Helden, die verständnisvolle Partnerin. Es gibt einen Charakter, der als das Gewissen fungiert, und einen anderen, der zur Belustigung des Zuschauers auserkoren ist. Natürlich fehlt auch nicht der Funktionär, der bereit ist, alles zu opfern, und es gibt jemanden, der die Opferrolle übernimmt.
Der Mikrokosmos in AIRPORT ist der fiktive International Airport von Chicago, der sich dem schlimmsten Schneesturm der letzten Jahre ausgesetzt sieht. Burt Lancaster ist der Flughafen-Manager, der Probleme in seiner Ehe hat. Dean Martin ist ein Pilot, der ebenfalls mit Eheproblemen beschäftigt ist. Lancaster und Martin haben unterdessen persönliche Schwierigkeiten miteinander. Van Heflin hat finanzielle Probleme und bastelt eine Bombe, während George Kennedy das Problem hat, eine havarierte Maschine aus den Schneemassen freizubekommen, wo sie eine Landebahn blockiert.
Gerade die persönlichen Probleme der Figuren lassen George Seatons Inszenierung zuweilen in melodramatischen Kitsch abrutschen. Zu viele private Entscheidungen werden den Charakteren während der Krise auf dem Flughafen abverlangt, als dass es der Glaubwürdigkeit der Geschichte gut tut. Burt Lancaster hat selbst einmal diesen Film als „größten Müll, der jemals gemacht wurde“ bezeichnet. Es gibt Momente im Film, bei denen man Lancaster sehr gerne zustimmen möchte. Gerade wenn er gemeinsame Auftritte mit Dean Martin hat und dem Zuschauer bewusst wird, dass Martin allein wegen seines Namens die Pilotenrolle bekam. Auf keinen Fall ist es das schauspielerische Talent des Rat-Pack-Mitglieds, das auffällt. Van Heflin und Maureen Stapleton hingegen übersteigern merklich ihre dramatischen Momente, sodass man an eine Persiflage innerhalb des Originals glauben möchte.
Das große Aber ist der Hintergrund der Geschichte und ihre optische Umsetzung. George Seaton inszeniert die Pannen und Unglücke am Flughafen in schlichtem Realismus. Schon die Eingangssequenz offeriert einen interessanten Einblick in die Arbeiten des Bodenpersonals eines Flughafens. Im Lauf des Films wird diese Linie nicht verlassen. Seaton zeigt stets die professionelle Gelassenheit, welche die Frauen und Männer am Boden und in der Luft haben müssen. Ernest Laszlos hat den Film gerade in diesen Szenen, in sehr stimmungsvollen, weil realistischen Bildern eingefangen, und gerade in den Außenaufnahmen mit der Beleuchtung stimmungsvolle Akzente geschaffen.
Die Verwendung von Todd-AO-Kameras anstelle von CinemaScope macht sich dank der höheren Bildauflösung besonders im Schneetreiben und bei der Notlandung des Flugzeugs mehr als bezahlt. Für die Notlandung ließ der Regisseur dann auch wirklich die von Flying Tiger Line ausgeliehene 707 über das Rollfeld schlittern. Das für den Film entworfene Logo der fiktiven Trans Global Airline fand man nach AIRPORT in vielen weiteren Filmen aus den Universal-Studios wieder. Offiziell gab es drei Fortsetzungen, welche sich auf die Romanvorlage von Arthur Hailey beriefen. Der von George Kennedy gespielte Joe Patroni ist dabei die einzige Figur, die in allen vier Filmen auftaucht und sich dabei auch weiter entwickelt.
Darsteller: Burt Lancaster, Dean Martin, Jean Seberg, Jaqueline Bisset, Helen Hayes, George Kennedy sowie Van Heflin und Maureen Stapleton u.a.
Regie & Drehbuch: George Seaton nach dem Roman von Arthur Hailey – Kamera: Ernest Laszlo – Bildschnitt: Stuart Gilmore – Musik: Alfred Newman – Ausstattung: Preston Ames, Alexander Golitzen
USA / 1970 – zirka 138 Minuten