ANCHORMAN 2: THE LEGEND CONTINUES – Bundesstart 30.01.2014
Dieses Nachrichtenteam ist selbst eine Nachricht. Mit ANCHORMAN 2 hat Paramount Pictures seinen letzten Film im Verleih, der noch auf 35mm zu sehen ist. Gute Nachrichten für alle Filmfreunde, die dem Fortschritt offen gegenüber stehen. Aber keine gute Nachricht für Ron Burgundy, der irgendwo ganz weit in der Vergangenheit stehen geblieben ist, und so einen Fortschritt auch nicht verstehen würde. Und gerade deswegen sind sie wieder da. Das Channel 4 Team der Abendnachrichten aus San Diego ist nicht mehr. Ron Burgundy moderiert mit Ehefrau Veronica in New York bei World Broadcast News. Sportreporter Champ Kind betreibt eine Hähnchenbraterei, in der er Fledermäuse serviert. Außenreporter Brian Fantana fotografiert Katzenbabys für Kalender. Und Wettermoderator Brick Tamland wird gerade zu Grabe getragen. Glaubt zumindest Brick Tamland selbst. Eine der absurdesten Szenen bis dahin. Doch da ist ANCHORMAN 2 noch in der Startphase.
Der erste Film war schon auf eine gewisse Weise speziell, der vom geneigten Publikum auch gemocht wurde. Doch einer Fortsetzung vertraute Paramount lange Zeit nicht, aber Regisseur und Autor Adam McKay, sowie Will Ferrell und seine Darsteller-Komplizen waren beharrlich. Herausgekommen ist eine der aberwitzigsten Komödien der letzten Jahre. Und das muss man nicht unbedingt mögen, selbst wenn man gute Komödien zu schätzen weiß. Denn ANCHORMAN 2 attackiert, gleich der Prämisse, dass Fortsetzungen mehr bieten müssen, mächtig an den Geschmacksgrenzen. Politisch korrekt ist schon einmal gar nichts, wenn zum Beispiel Burgundy seinen sechsjährigen Sohn anbrüllt, aus ihm würde sowieso nichts werden, und er solle daran denken im Pornogeschäft zu arbeiten. Oder Burgundys neue Chefin, die farbige Linda Jackson, die sich am laufenden Band rassistische Äußerungen anhören muss, die allerdings allesamt unbedarft gut gemeint sind. Kreuz und quer schießt sich der Film durch alle Spektren von Komödie, kann manchmal diffizil sein, und manchmal blanker Fäkalhumor. Oft brüllend komisch, und nicht minder peinlich berührend.
Auffallend bei den Kreativ-Teams ist die Doppelbesetzung, sogar bei Kamera. Wo normalerweise zu viele Köche den Brei verderben, hat es hier dem Film nicht geschadet. Die Kamera findet für jedes Setting die richtige Gestaltung, und der Bildschnitt das richtige Tempo. Und mittendrin Darsteller, die dem Thema angemessen, alles geben. Leider gibt das Produktionsdesign nicht her, was die Zeitlinie verspricht. ANCHORMAN soll 1982 spielen, doch der gesamte Film wirkt eher wie ein Anachronismus. So als hätte man Figuren und Thematik von 1982, in die Gegenwart geworfen. Aber das ist absolut in Ordnung, weil der Film auch so noch eine besondere Note erhält. Natürlich ist es ein Spaß für sich, wenn ein neuer Sender ausschließlich als Nachrichtensender fungieren will, und Ron Burgundy dies als größten Blödsinn abtut, den er je gehört hätte. Niemand soll sagen, er wäre nicht gewarnt worden. Komödien sind immer eine Frage des Geschmacks, und oftmals im Voraus bestimmbar. Bei ANCHORMAN 2 ist das ganz anders, und kann alle Emotionen hervorrufen. Soweit noch einen schönen Tag, and you stay classy San Diego.
„Wer zur Hölle ist Julius Cäsar? Du weißt, dass ich kein Basketball schaue!“
Darsteller: Will Ferrell, Steve Carrell, Paul Rudd, David Koechner, Christina Applegate, Kristen Wiig, Dylan Baker, Meagan Good, James Marsden, Greg Kinnear u.a.
Regie: Adam McKay
Drehbuch: Will Ferrell, Adam McKay
Kamera: Patrick Capone, Oliver Wood
Bildschnitt: Mellissa Bretherton, Brent White
Musik: Andrew Feltenstein, John Nau
Produktionsdesign: Clayton Hartley
USA / 2013
zirka 119 Minuten