RUNNER RUNNER – Bundesstart 17.10.2013
Richie Furst ist leidenschaftlicher Online-Pokerspieler. Nebenbei zockt er noch ein paar Kommilitonen ab, damit er sich sein Studium finanzieren kann. Glücksspiel ist allerdings auf dem Campus verboten, und so wird Richie vom Dekan vor die Wahl gestellt, entweder die Spiele einzustellen, oder von der Universität zu fliegen. In einem letzten großen Online-Turnier, will Richie alles auf eine Karte setzen, um mit einem Mal alles Geld für sein komplettes Studium zusammenzuhaben. Natürlich wird er dabei abgezockt. So spannend wie es sich anhört, ist es auch umgesetzt. Sehr viel Gespür für etwas Neues beweisen die Macher mit RUNNER RUNNER nicht. Mit einem Rucksack voller Naivität reist Richie ins Spiele- und Steuerparadies Costa Rica, in der absurden Annahme so ohne weiteres an den Online-Milliardär Ivan Block heran zu kommen, über dessen Pokerseite Richie abgezockt wurde. Und natürlich kommt er so ohne weiteres an Block heran, und natürlich gewinnt Richie das Vertrauen des undurchsichtigen Geschäftsmannes, und natürlich ist Richie sofort ein Teil dieses gefährlichen Systems.
Der erste Akt ist die Verführung, im zweiten Akt folgt der Konflikt, der dritte Akt birgt da wirklich keine Geheimnisse mehr. Wie muss sich das Drehbuch für zwei Weltklasse Darsteller wohl gelesen haben, dass sie sich auf so eine schwache und naive Geschichte einlassen wollten. Dazu bedient der Film alle Klischees, die man mit Costa Rica in Verbindung bringen könnte. Frauen sind ausschließlich Lustobjekte, die allzeit bereit sind, es sei den die sind aus England und heißen Gemma Arterton, welche die ehemalige Freundin des Bösewicht verkörpert, und sich von Richie angezogen fühlt. Noch Fragen? Dramaturgisch geht es damit weiter, dass jeder Beamte und Politiker bestechlich ist, und zwar ausnahmslos jeder. Das ist einfach zu platt für einen Thriller, der sich auf Hochglanz poliert geben will. Aber selbst mit seinen Bildern versagt Mauro Fiores Talent, der immerhin TRAINING DAY, AVATAR oder THE KINGDOM visualisiert hat. Hier gibt es kaum stimmungsvolle Aufnahmen, nichts hinreißendes, keine optischen Erlebnisse. Lediglich die schmutzigen Kaschemmen werden in grobkörnigen und ausgewaschenen Bildern gezeigt, was aus vielen ähnlich gelagerten Filmen hinlänglich als filmisches Klischee etabliert wurde. Und der ganze Luxus, von Booten über Appartements, wird so uninteressant in Szene gesetzt, dass man das Anziehende daran nicht nachvollziehen kann.
Und weil der Film in einer Welt von Geld und Gesetzesfreien spielt, gibt es auch ordentlich Partys zu bestaunen. Diese sind vom Produktionsdesign genauso inszeniert, wie sich ein Ahnungsloser eine Party von gesetzeslosen Millionären vorstellt. Schema F in elektronische Musik, viel nackter Haut und vielen elegant gekleideten schönen Menschen, die vor viel Neon-Licht und Video-Wänden flanieren. Ben Affleck sagt als Ivan Block in einer Szene über eine dieser Partys, dass er früher aufregend fand, heute aber nur gelangweilt ist. Das drückt ziemlich genau aus, wie diese Inszenierung auf den Zuschauer wirken müssen.
Doch das Schlimmste an RUNNER RUNNER sind seine Darsteller. Ben Affleck hat sich als überzeugender Schauspieler durchgesetzt, und auch Justin Timberlake hat spätestens mit SOCIAL NETWORK sein Talent bewiesen. Aber spätestens bei den Dreharbeiten muss den Protagonisten aufgefallen sein, welchem schwachen Material sie auf dem Leim gegangen sind. Denn Affleck macht einen durchweg lustlosen Eindruck, der niemals einen Milliarden schweren Gangster zu vermitteln versteht, und Timberlake zeigt immer nur einen Gesichtsausdruck mit ungläubig weit aufgerissen Augen. Keiner von beiden überzeugt als Figur, die sie eigentlich darstellen sollten. Und dann ist da noch Gemma Arterton, die rein gar nichts in der Nähe ihrer Möglichkeiten zu tun bekommt, sondern nur in die Szenerie gestellt wird, um gut auszusehen.
Brad Furman hat zwei Jahre vorher LINCOLN LAWYER – DER MANDANT inszeniert. Das war ein einfacher, aber sehr innovatives Thriller-Drama, das zu überraschen verstand und die Qualitäten seiner Schauspieler zu nutzen verstand. Davon ist in RUNNER RUNNER nichts zu sehen. Ein einfallsloses Drama, das sich um Thriller-Elemente bemüht, aber über reines Klischee-Kino nicht hinaus kommt.
Darsteller: Justin Timberlake, Ben Affleck, Gemma Arterton, Anthony Mackie, Michael Esper, Oliver Cooper, Christian George, Yul Vazquez u.a.
Regie: Brad Furman
Drehbuch: Brian Koppelman, David Levien
Kamera: Mauro Fiore
Bildschnitt: Jeff McEvoy
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Charisse Cardenas
USA / 2013
zirka 91 Minuten