PRAKTI.COM

THE INTERNSHIP – Bundesstart 26.09.2013

Internship-1, Copyright Twentieth Century FoxBilly McMahon und Nick Campbell sind Verkäufer mit Leib und Seele. Das ist es, was sie können. Das ist es, was sie tun. Wenngleich mit schwindenden Erfolgen, denn sie verkaufen Armbanduhren. Und wie ihnen ihr Chef taktlos erklärt, seinen sie gefeuert, weil heutzutage niemand mehr Armbanduhren trägt, weil jeder nur auf das Handy schaut. Der Einstieg zu dieser formelhaften Komödie ist durchaus witzig und herrlich gespielt, aber sie trifft tatsächlich auch einen zeitgeistigen Nerv. Denn Billy und Nick sind alt, beide bewegen sich um die Vierzig. PRAKTI.COM kann dieses Phänomen für seine humoristischen Zwecke immer wieder nutzen, verpasst allerdings die gegebene Chance, die eigentliche Tragik dahinter tiefer zu beleuchten. Vince Vaughn und Owen Wilson könnten das, sie haben das Kaliber dazu, ohne das sich die Atmosphäre vom Humor wegbewegen müsste. Aber es ist Vaughns Geschichte, aus der er selbst das Drehbuch mitentwickelt hat, und scheinbar schien ihm die eigentliche Prämisse dann doch nur als Träger für unbeschwerte zwei Stunden.

Man kommt nicht umhin, PRAKTI.COM einen ansprechenden Unterhaltungswert zuzugestehen, denn gerade diese zwei Darsteller laufen wie ein Uhrwerk, ohne Unterlass und sehr präzise. Aber wer braucht schon ein Uhrwerk, wenn heute jeder auf sein Handy schaut? Genau das Gefühl vermittelt der Film, der weniger am großen Ganzen interessiert ist, sondern immer nur einzelne Apps öffnet. Billy und Nick nehmen schließlich an einem Auswahlverfahren für Praktikumsstellen bei Google teil, jenes Google, das die Welt zu einem besseren Platz macht. Hundert Anwärter müssen in Sechser Gruppen den Sommer über verschiedene Aufgaben bewältigen. Da niemand mit den zwei alten Menschen eine Gruppe bilden möchte, bleibt für Billy und Nick am Ende nur der Bodensatz von sozial inkompetenten Schulabgängern. Doch genau das schweißt die Gruppe dann zusammen. Nicht das es eine dramaturgische Überraschung wäre, die Inszenierung von Shawn Levy verweigert sich jeder dramaturgischen Überraschung. So witzig er an vielen Stellen ist, so vorhersehbar und beliebig bleibt der Handlungsablauf.

In der Cafeteria ist alles umsonst, und es gibt Ruhezonen, um während der Arbeitszeit ein kleines Nickerchen zu machen. Google, das ist der schönste Platz der Welt, und er liegt in Mountain View, California. Diese nicht unbegründeten Vorwürfe muss sich PRAKTI.COM einfach gefallen lassen. Denn egal wie viel Wahrheitsgehalt in der Darstellung der Zentrale des Internet-Unternehmens liegen mag, stößt es doch bitter auf. Das ganze Szenario ist so unreflektiert, dass es einfach wie ein Werbefilm aussehen muss. Wirklich nichts steht dagegen, eine real existierende Firma zum Hintergrund einer Geschichte zu machen. Wie es allerdings Shawn Levy in PRAKTI.COM umsetzt, wirkt es unecht und wie billige Anbiederung. Soweit ist der Film missglückt. Schuld daran hat weder Google, noch die Geschichte selbst. Sondern Buch und Inszenierung sperren sich, im Rahmen ihres Humorpotentiales den reellen Einfluss eines monopolistischen Unternehmens zu hinterfragen. Soweit ist alles Heile Welt in PRAKTI.COM. Doch es wäre noch eine weitere, kritischere Ebene möglich gewesen, vielleicht sogar eine Ebene, wo einem einmal das Lachen im Hals stecken bleibt? Angebracht wäre es.

So konzentriert sich der Spaß auf zwei Herren, die in eine Welt eintauchen, in der sie als überholt und alt abgestempelt werden. Vielleicht stellt sich nebenbei noch die Frage, warum im Paradies Google eine Frau arbeitet, die nebenbei noch als Stripperin tätig ist. Aber das hat sicherlich nichts mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Es ist eine gewisse Unsicherheit in den Charakteren und ihrem Aufbau, welche die oftmals gelungenen Gags im weiteren Verlauf zunichte machen. Hier treffen die Achtziger auf das Internet, zwei Generationen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Aber sie lernen voneinander. Die einen von der Geschichte einer Schweißerin, die unbedingt in einer bestimmten Tanzschule aufgenommen werden möchte. Die andere von …, ja was eigentlich? Das Vaughns Charakter mit FLASHDANCE seine Ära vermitteln kann, ist lobenswert und ein strahlender Einfall. Doch das Zeitalter von Internet und sozialen Netzwerken setzt dem nichts entgegen, obwohl die Welt dadurch vielleicht doch enger zusammen gefunden hat. Das ist auch das Ungleichgewicht, in dem sich PRAKTI.COM ständig befindet. Die Charaktere, aber auch die Handlung, sind gerade auf dem Stand der Dinge, wie es der Geschichte gut tut. Wie kann sich ein Mann bei einer derartigen Firma bewerben, der in der einen Szene nicht weiß was „Online“ bedeutet, in einer Anderen allerdings versucht neue Apps zu erfinden. Es muss also nichts zusammenpassen, keine Kontinuität ergeben. Alles dient dem Schenkelklopfer im Moment.

PRAKTI.COM ist ein sehr unterhaltsamer Film, mit exzellenten Darstellern und sehr viel gelungenem Humor. Nur das Setting steht einem unvoreingenommenen Kinovergnügen im Wege, weil das Drehbuch (auch von Vaughn)  mit den Figuren und dem Handlungsverlauf verfahren, wie es gerade der Geschichte dient. Ein humorvoller Film mit überzeugenden Darstellern und einer einnehmenden Geschichte. Doch die Umsetzung selbst, beschreibt die Satire-Seite THE ONION am treffendsten, wenn sie PRAKTI.COM zum besten Film des Jahres erklären. Im Jahre 2005. Und besser könnte man diesen Film nicht deklarieren.

Internship-2, Copyright Twentieth Century Fox

Darsteller: Vince Vaughn, Owen Wilson, Rose Byrne, Aasif Minghella, Dylan O’Brien, Riya Sircar, Josh Brenner, Tobit Raphael und John Goodman u.v.a.
Regie: Shawn Levy
Drehbuch: Vince Vaughn, Jared Stern
Kamera: Jonathan Brown
Bildschnitt: Dean Zimmerman
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Tom Meyer
USA / 2013
zirka 119 Minuten

Bildquelle: Twentieth Century Fox
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