LOST PLACE – Bundesstart 19.09.2013
Wer errichtet einen Camping platz innerhalb eines Sperrgebietes? Das ist vorerst nicht wichtig, weil zuerst einmal die Handlung in Gang kommen muss. Daniel und Thomas treffen sich mit den Internet-Bekanntschaften Elli und Jessica zum Geo-Caching im Pfälzerwald. Die eigentlich untereinander Unbekannten, finden schnell Sympathien füreinander. Daniel und Elli, weil sie Geo-Caching als moderne Schnitzeljagd total klasse finden. Thomas und Jessica, weil sie das Ganze für Schwachsinn halten, und sich nur aus ihrer jeweiligen Freundschaft heraus verpflichtet fühlen. Zwischen Motivation und Dauernörgelei, fragt sich lediglich der Zuschauer, warum sich eine Notrufsäule anstatt neben der kleinen Nebenstraße, weit ab mitten im Wald steht. Kurz gesagt, Unheil naht und alles hat mit HAARP zu tun. Jenes Projekt, das bevorzugtes Verschwörungstheorien-Material geworden ist, obwohl die Experimente zu keiner Zeit geheim waren, und von 14 amerikanischen Universitäten mitentwickelt wurde. Untersucht werden sollte damit die Ionosphäre, und die Möglichkeit die Erdmagnetosphäre zu beeinflussen. Und wer die beeinflussen kann, kann auch das Wetter manipulieren. Und wer das Wetter manipulieren kann, kann auch in unser Hirn eindringen. So die Theoretiker, die Verschwörungstheoretiker.
Die Bemühungen in Deutschland überhaupt einen Genre-Film zu machen, kann man nicht hoch genug einschätzen. In der Regel sind diese Bemühungen recht unfruchtbar, weil der übermächtige amerikanische Markt sich auf den internationalen Märkten selbst schon versucht den Rahm abzuschöpfen. Die Debütanten Thorsten Klein und Lena Vurma haben sich dennoch für diesen Horror-Thriller-Mix viel vorgenommen. Atmosphärisch und optisch macht LOST PLACE auch einen ordentlichen Eindruck, der ohne Probleme mit internationalen Standards gleichzieht. Doch das allein macht noch keinen Film, und genau hier macht die Regie von Thorsten Klein und das Drehbuch von ihm und Lena Vurma alles falsch, was man falsch machen kann.
Es ist eigentlich ein Wunder, das noch kein Film weiter aufgefallen ist, der sich bisher einmal der HAARP-Geschichte angenommen hätte. Viel zu interessant scheint die wissenschaftliche Auslegbarkeit dieses Experimentes mit elektromagnetischen Radio-Kurzwellen. Und an einer guten Verschwörungstheorie war nie noch nie etwas auszusetzen. Die Wahl war also nach beiden Seiten offen, und so entschieden sich die Macher für den sicheren Weg, von allem etwas einzustreuen. Sanfter Horror im Wechsel mit Thriller-Elementen. Und nichts davon funktioniert wirklich überzeugend. Mit jedem neuen Haken den die Handlung schlägt, werden immer mehr Logiklöcher aufgerissen. Das kommt im Genre immer wieder vor, und ist manchmal unabdinglich, hat es doch mit Erklärungen für das Übernatürliche, oder dem Unüberwindbaren zu tun, das vielleicht den Spannungsverlauf unterbrechen könnte. Doch LOST PLACE wirft von Anfang an Fragen auf, die nie beantwortet werden, und das unablässig. Darunter mischen sich hölzerne Dialoge, die durch eine miserable Schauspielführung mehr Schaden anrichten, als den Zuschauer an die Charaktere heranzuführen. Die sofortige Annäherung zwischen Daniel und Elli wirkt dabei ebenso unbeholfen, wie das bockige Verhalten von Thomas und Jessica ernst zu nehmen ist. Zur Ehrenrettung muss man allerdings Pit Bukowski Lob zukommen lassen, der den Widerling Thomas als Einziger durchaus zur einer greifbaren, und dadurch am Ende auch zur einzig liebenswerten Figur im Spiel macht.
Wenn Logiklöcher als Erklärung für das schlechte Resultat eines Filmes verantwortlich gemacht werden, dann wird stets zur Recht eine Untermauerung der Vorwürfe verlangt. Das ist allerdings bei LOST PLACE nicht so einfach, weil es in unablässiger Reihenfolge geschieht. Wer ist der Tote im Wald, für den es nie eine Auflösung gibt? Warum kann man sich munter auf dem HAARP-Gelände bewegen, aber selbst nicht vom Gelände fliehen? Warum ist der Typ im Strahlenanzug direkt an der HAARP-Antenne, obwohl er jeden davon warnt? Was ist mit dem selbstfahrenden Auto, der rote Tür an der Anlage, dem Herzschrittmacher von Elli, dem Kontrollpult ohne Personal? Und als am Ende eine Auflösung von endlos vielen Fragen möglich wäre, dann kontert Drehbuch und Regie mit Szenen, die alles im Keim ersticken. Nein, LOST PLACE ist kein guter Film. Er ist sehr ambitioniert, durchaus, kann aber nichts davon richtig umsetzen. Selbst das 3D versagt an entscheidenden Szenen. Die Kameraleute Thalhammer und Han können atmosphärische Bilder einfangen, mit 3D aber nichts anfangen. Ständig arbeiten sie mit Unschärfen und Schärfenverlagerungen, dem absoluten Gift für stereoskopische Bilder.
Darsteller: Françoise Goeske, Pit Bukowski, Josefine Preuß, Jytte-Merle Böhmsen und Anatole Taubman
Regie: Thorsten Klein
Drehbuch: Thorsten Klein, Lena Vurma
Kamera: Andreas Thalhammer, Xiaosu Han
Bildschnitt: Vincent Assmann
Produktionsdesign: Florian Kaposi
Deutschland / 2013
zirka 101 Minuten