FFF 2013 – I DECLARE WAR und FRANKENSTEIN’S ARMY

FF13-3, Copyright Rosebud EntertainmentI-Declare-War, Copyright Drafthouse FilmsFrankensteins-Army, Copyright MPI Media Group / Momentum Pictures

FRANKENSTEIN’S ARMY – ab 27. September auf DVD / Blu-ray

I DECLARE WAR – ab 12. November 2013 vorerst nur in USA auf DVD

         Kaum Horror, weniger Drama, selten Action. Jason Lapeyre hat 2012 gleich mit zwei Filmen im selben Jahr sein Langfilmdebut gegeben, welche die Genre-Festivals gleichzeitig heimsuchten. Der knallharte COLD BLOODED war der eine, I DECLARE WAR der andere. Und Letzterer unterscheidet sich auch gleich in seiner gesamten Art komplett von seinem künstlerischen Bruder. Überhaupt ist die Prämisse von I DECLARE WAR eine erstaunlich innovative Abwandlung aller bekannten Filme über vorpubertierende Jungs, und deren Verhältnisse und Machtspiele untereinander. Auch in diesem Sommer wird wieder scharf geschossen, wenn zwei Gruppen in den Wäldern ihre Kriegsspiele starten. Die Regeln sind einfach: Wer von Gewehrfeuer getroffen wird, muss langsam bis zehn zählen, bevor er wieder weiter spielen darf. Wer von einer Granate getroffen wird, kann nachhause gehen, der ist ganz raus. Gewonnen hat, wer die Flagge aus dem gegnerischen Lager erobert. Das Kriegsspiel läuft in kindlicher Unbekümmertheit, bis der geltungssüchtige Skinner beginnt die festgelegten Abläufe der Spiele aufzubrechen und eigenhändig neue Regeln zu bestimmen. Plötzlich wird Geiselnahme genauso legitim, wie dazugehörige Folter. Die anderen Kinder sind wenig begeistert, aber wie das eben in diesem Alter so ist, setzt sich immer der Größere und Kräftigere durch.

Was WAR so spannend macht, ist sein Spiel mit den Realitätsebenen. Eingeführt werden die Kinder mit echten Schnellfeuergewehren, erst später entpuppen diese sich als Waffen aus modifizierte Spielzeug. Die tödliche Armbrust ist eine selbstgebastelte Steinschleuder. Ein dicker Ast wird zur mörderischen Panzerfaust. Doch was ist mit den Kindern selbst? Hier verschwimmt die Realität mit dem Spiel. Skinner beginnt ein immer eigenmächtigeres Spiel, sein ersuchtes Opfer ist Kwon, der zur Geisel wird. Aus dem feindlichen Lager kann nur der gewitzte P.K. der Schreckensherrschaft ein Ende bereiten. Aber wie schrecklich ist diese Herrschaft tatsächlich? Dass sich Lapeyre die Regie mit Robert Wilson geteilt hat, tat dem Spiel innerhalb des Spiels ganz offensichtlich gut.  Der Zuschauer kann für sich entscheiden, nein, der Zuschauer muss entscheiden, was das Produkt kindlicher Phantasie, oder realer Horror ist. Was Lapeyre und Wilson hier vollbracht haben, ist ein exzellenter, aber auch hingebungsvoller Blick auf die Kindheit, und verlorengegangene Kindheitserinnerungen. Die Stimmung wechselt immer wieder von Drama zu Action, aber dadurch ergeben sich auch viele poetische Momente. I DECLARE WAR ist äußerst vielschichtig, und unerwartet tiefgründig. Das gesamte Ensemble der überaus talentierten Jungdarsteller, ist ein ganz entscheidender Teil vom überzeugenden Verwirrspiel der verspielten Gemüter. Die Brutalität des Krieg liegt in den Augen des Betrachters, aber in den Augen eines Kindes, bekommt alles noch einmal eine ganz andere Dimension.

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        Dimitri wurde vom guten Onkel Stalin persönlich auserwählt, mit der Kamera die letzten Tage des Krieges seiner ruhmreichen Roten Armee zu dokumentieren. Eine kleine Einheit zieht über das Land, tötet Wehrmachtssoldaten, oder macht sich über gefallene Feinde lustig. In Dimitris Dokumentation dauert es nicht lange, bis der Trupp auf ein abgeschiedenes Labor aufmerksam wird. Die ersten bizarren Tode folgen unvermittelt, denn in dem Labor experimentiert Viktor, ein selbsternannter Doktor. Viktors Grundlage ist Mary Shelleys Buch Frankenstein, unter dessen Anleitung der Doktor aus den brauchbaren Leichenteilen getöteter Soldaten der Wehrmacht groteske Kampfungeheuer zusammenflickt.

Man muss den Machern hohe Anerkennung zollen, diese absonderliche Geschichte in der für das Genre bestmöglichen Umsetzung auf die Leinwand gebracht zu haben. Der Schund-Faktor ist extrem hoch, dafür extrem effektiv. Es wird geblutet und gestorben, dass es eine wahre Freude ist. Ekelhafte Demonstrationen über seine Arbeit, die Doktor Viktor mit manischer Akribie vorführt, runden das Splatter-Spektakel wunderbar ab. Keine Ausrede ist Regisseur Raaphorst zu dünn, um den Nonsens auf die Spitze zu treiben. So funktioniert Trash-Kino vom Feinsten. Wenn nichts einen Sinn machen muss, darf man gar nicht erst versuchen dem Ganzen einen Bedeutung zu verleihen. Soweit gelingt es dem Film fabelhaft zu unterhalten, das Tempo ist genau richtig, Jindrich Kocis Produktionsdesign herrlich schmutzig und verfallen, die Darsteller tun nicht mehr als es dem Film gut tun würde. Wäre da nicht wieder das Ärgernis mit der Kamera.

Wenn Filmemacher aus einem künstlerischen Aspekt heraus, authentische Kamerabilder haben möchten, dann müssen sie auch den Mut haben, in diesem Fall auf 16mm-Film zu drehen. Wenn man allerdings eine der modernsten Digitalkameras nutzt, um dann in der Nachbearbeitung auf Teufel komm raus die Effekte bemüht, um Farbsättigung, Körnung, und Bildfehler vorzutäuschen, dann sieht das einfach nur schlecht aus. Die Beleuchtung der Sets will mit Glühbirnen und Operationslampen einen gewissen Realismus suggerieren. Doch Dimitris Kamera hätte in dieser Umgebung niemals ein brauchbares Bild machen, geschweige denn diese nahezu perfekt der Stimmung angepassten Beleuchtung einfangen können. Also, Found-Footage-Thriller sind mittlerweile derart überholt, dass sie sich nur noch rechtfertigen könnten, wenn wirklich alles richtig gemacht wird. Modernes Filmmaterial auf alt zu trimmen gehört nicht dazu, und die Lichtempfindlichkeit des angedachten Filmmaterials zu ignorieren noch viel weniger. Das hat nichts mit Kleinlichkeit zu tun, sondern mit Filmemachern, die ihr eigenes Medium betrügen. Und zu diesem Realismus gehört auch, dass diese Found-Footage-Fetischisten endlich aufhören müssen, den vermeintlichen Kameramann das Objektiv unentwegt auf die Situation halten zu lassen, gerade wenn er dabei selbst in Todesgefahr ist. So etwas ist ärgerlich, vermeidbar, und schlicht unehrlich einem sonst offenen Publikum gegenüber.

I-Declare-War, Copyright Drafthouse FilmsN / 09 SEPT / 17.00 UHR / CINECITTA‘ 3

Darsteller: Siam Yu, Gage Munroe, Michael Friend, Aidan Gouveia, Mackenzie Munro, Alex Cardillo u.a.
Regie: Jason Lapeyre, Robert Wilson
Drehbuch: Jason Lapeyre
Kamera: Ray Dumas
Bildschnitt: Aaron Marshall
Musik: Eric Cadesky, Nick Dyer
Kanada / 2012
zirka 94 Minuten

Bildquelle: Drafthouse Films

 

 

Frankensteins-Army, Copyright MPI Media Group / Momentum PicturesF / 09 SEPT / 15.15 UHR / METROPOLIS
K / 09 SEPT / 13.00 UHR / CINEDOM
N / 11 SEPT / 13.00 UHR / CINECITTA

Darsteller: Karl Roden, Alexander Mercury, Joshua Sasse, Robert Gwilyn, Luke Newberry, Hon Ping Tang u.a.
Regie: Richard Raaphorst
Drehbuch: Chris W. Mitchell, Miguel Tejada-Flores
Kamera: Bart Beekman
Bildschnitt: Jasper Verhorevoort
Produktionsdesign: Jindrich Koci
Niederlande – Tschechien – USA / 2013
zirka 84 Minuten

Bildquelle: MPI Media Group / Momentum Pictures

 

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