ELYSIUM – Bundesstart 15.08.2013
Die Erde war nicht mehr zu retten. Überbevölkerung, Armut, eine zerstörte Umwelt. Die finanziellen Ein-Prozent haben eine gigantische Raumstation namens Elysium bauen lassen, und sich darauf zurück gezogen. Immer wieder versuchen Schleußer mit gestohlenen Transferschiffen, verzweifelte Menschen von der Erde nach Elysium zu bringen. Denn hoch oben am Himmel gibt es etwas, dass auf der Erde kaum noch vorhanden ist, medizinische Versorgung. Doch die Vorsitzende des Heimatschutzes auf Elysium, Delacourt Rhodes, weiß ihr elitäre Habitat durchaus zu schützen, auch wenn es mit illegalen Mitteln sein muss. Der auf der Erde stationierte Agent Kruger ist ihr dabei ein gehorsamer Soldat, der seinen Verstand nicht mehr zusammenhalten kann, und der genauso gerne tötet wie foltert. Genau dieser Agent Kruger, gespielt von Regisseur Blomkamp Begleiter Sharlto Copley, kann sehr schnell die Stimmung des Films zum kippen bringen. Denn Blomkamp inszeniert Copley in allem zu viel. Und der Darsteller selbst überdreht seine Figur auch entsprechend. Er ist irrsinniger als er vertragen, aufgedrehter als es der Zuschauer ertragen könnte. Copleys Charakter ist symptomatisch für das, woran es bei ELYSIUM letztendlich krankt.
Matt Damon hat es als Ex-Häftling Max Da Costa, dessen Leben davon abhängt, nach Elysium zu kommen, schon besser und ehrlicher erwischt. Damon erweist sich erneut als bodenständiger, stets charismatischer Held, der in Einklang mit einer entsprechenden Physis überzeugt. Doch schon Jodie Foster, als verbissene und wirklich nicht glücklich scheinende Sicherheitschefin Delacourt Rhodes, verfällt wieder in ein eindimensionales Rollenklischee, das längst aus der Mode gekommen war. Das Problem der Figuren ist aber auch einem Drehbuch geschuldet, das diesen Charaktere keine Tiefe zugesteht. Weder Kruger, noch Rhodes geben einem etwas, über das es zu reflektieren lohnt. Keine interessanten, oder überraschenden Ansätze. Einer Vergangenheit sind sie vollkommen beraubt. Damons Max hat eine Vergangenheit, er und seine Kinderliebe Frey haben sich als Kleine schon geschworen, einmal nach Elysium zu kommen. Aber auch auf diesem Weg geschieht nichts Überraschendes. Im Gegenteil, Neill Blomkamp gibt in den meisten Szenen bereits vor, was in der nächsten passieren wird. Das macht eher die Schauwerte interessant, nicht aber den Verlauf der Handlung.
Mit seinem von der Schulter gedrehten DISTRICT 9, hat Kameramann Trent Opaloch einen glaubwürdigen, tatsächlich dokumentarisch anmutenden Film gestaltet. Unklar bleibt, was er mit extrem verwackelten Bildern während der Actionszenen in EYLSIUM umsetzen wollte. Die solide und sehenswerte Choreografie der jeweiligen Sequenzen werden durch die hektische Bilderflut vernebelt, die selbst künstlerisch keine Rechtfertigung findet. Das Julian Clarke und Lee Smith entsprechend ihr Schnitttempo angepasst haben, wird für das Auge des Betrachters zu einer unnötigen Herausforderung. Wie schon seit den BOURNE-Filmen stellt sich hier die berechtigte Frage, warum man aufwendige Choreografien ausarbeitet, mit Darstellern, die das körperlich auch glaubwürdig darstellen können, wenn man ihnen nicht wirklich dabei zusehen darf.
Die Welt von ELYSIUM kann nicht so recht überzeugen. Die Straßen von Los Angeles, gedreht in Mexico, sind eine zuerst greifbare Szenerie von verwahrlosten Straßenzügen und chaotischen Lebensverhältnissen. Diese nutzen sich allerdings sehr schnell ab, weil das Produktionsdesign seine Standorte kaum variiert. Nur zwei Visual-Effects-Shots von umfunktionierten Wolkenkratzern geben eine ungefähre Vorstellung über den weiterreichenden Verfall in dieser dystopischen Zukunft, wecken leider aber auch den Wunsch nach mehr. Doch das verweigert Blomkamp dem Zuschauer, und er lässt ihn nur entlang der Handlungslinie an dieser Welt teilnehmen. So wie die politischen und sozialen Strukturen auf Elysium nur auf das Notwendigste beschränkt offenbart werden. In knappen Szenen und Dialogen hat Neill Blomkamp bei DISTRICT 9 viel tiefer den Hintergrund seiner Schöpfung ausgeleuchtet. Gerade das ist es, was ELYSIUM am meisten vermissen lässt, dass der Zuschauer mit etwas Besonderem konfrontiert, mit neuen Ansätzen konfrontiert, oder auch etwas zum Nachdenken angeregt wird.
Die Überraschung ist ausgeblieben, was bleibt, ist ein ordentlicher Science-Fiction-Film mit viel Action, der wesentlich mehr inne gehabt hätte. Neill Blomkamp hat nach den Standards des aktuellen Popcorn-Kinos geschrieben und inszeniert. Das mag entsprechendes Publikum zufriedenstellen, versteht im Allgemeinen auch wirklich zu unterhalten, versagt aber vollkommen als anspruchsvolle und intellektuell geprägte Science-Fiction.
Darsteller: Matt Damon, Jodie Foster, Sharlto Copley, Alice Braga, Diego Luna, William Fichtner, Wagner Moura u.a.
Regie & Drehbuch: Neill Blomkamp
Kamera: Trent Opaloch
Bildschnitt: Julian Clarke, Lee Smith
Musik: Ryan Amon
Produktionsdesign: Philip Ivey
USA / 2013
zirka 109 Minuten