THE COMPANY YOU KEEP – Bundesstart 25.07.2013
Wenn etwas sehr gefährlich ist, dann ein rohes Stück Fleisch wie Shia LaBeouf in ein Haifischbecken in Form des restlichen Ensemble zu werfen. Aber Robert Redford, auch als Regisseur tätig, weiß am Besten was er Schauspielern zumuten kann, und wie sie zu inszenieren sind. Er hält seinen Hauptdarsteller schön über der Wasseroberfläche, dass die Haie nur nach ihm schnappen können. In einer Szene mit Susan Sarandon zeigt er LaBeouf kaum allein und wenn, dann ist die Naheinstellung wesentlich distanzierter und kürzer als bei Sarandon, die bildfüllend lange Passagen sprechen darf. Und dann wird auf einmal klar, wie feinsinnig Redford in der Inszenierung wirklich ist. Sein Film ist nicht etwa ein Haifischbecken, sondern wie Schwimmen mit Delfinen. Sie umsorgen, spielen mit ihm, bilden ein harmonisches Bild im Becken und verschmelzen im Umgang miteinander. Aber dabei bleiben Delfine immer die coolere Spezies.
Ben Shepard (LaBeouf) ist aufstrebender Journalist bei der Albany Sun Times. Als allerdings direkt vor der Haustür die seit dreißig Jahren gesuchte Terroristin Sharon Solarz (Sarandon) festgenommen wird, entgeht die Geschichte der Times. Doch das steigert nur den Ehrgeiz des jungen Reporters. Solarz war bei einer radikalen Vereinigung die sich Weather Underground nannte, und mit Bombenanschlägen gegen den Vietnamkrieg protestierte. Auch ein Banküberfall mit Todesfolge ging auf das Konto des vierköpfigen Weather Underground. Durch seine misstrauische und bohrende Art kommt Shepard auf den Anwalt Jim Grant (Redford), der die von Sharon Solarz gewünschte Verteidigung ablehnt. Mit nicht ganz sauberen Reporter-Tricks, findet Shepard heraus, das die Existenz von Jim Grant erst im Jahre 1979 beginnt. An der Nase des von der Times genervten FBI-Agenten Cornelius (Howard) vorbei, druckt Chefredakteur Fuller (Tucci) die Geschichte, dass Jim Grant in Wirklichkeit Nick Sloan ist. Einer der vier Köpfe von Weather Underground. Durch die Zeitung gewarnt, gewinnt Sloan genug Zeit, um dem FBI zu entkommen. Immer der Staatsmacht einen Schritt voraus, scheint Sloan aber nicht untertauchen zu wollen.
Robert Redford ist ein feiner Thriller gelungen, der sich in Rhythmus und Erzählstil eher den ähnlich gelagerten Filmen aus den Siebzigerjahren annähert. Er hat sehr stimmungsvolle Momente, bleibt immer unaufgeregt, und zieht seine Spannung daraus, dass Nick Sloan auch dem Zuschauer gegenüber immer einen Schritt voraus bleibt. Doch nicht die Thriller-Elemente machen letztendlich den Reiz von THE COMPANY YOU KEEP aus, sondern die leisen, zwischenmenschlichen Dramen die Redford inszeniert, um aus seinen Figuren greifbare und ehrliche Charaktere zu machen. Dabei lässt aber Redford niemals die Zügel locker. Ihm gelingt ein faszinierender Mix von Thriller und Schauspiel-Kino, der sich gegenseitig ergänzt, aber auch antreibt.
Auch THE COMPANY YOU KEEP ist ein politisch beeinflusster Film, wie Redfords LINCOLN VERSCHWÖRUNG und VON LÖWEN UND LÄMMERN zuvor. Aber Robert Redford verweigert dem Zuschauer auch hier, wie bei den Vorgängern, ein politische Aussage oder Stellungnahme. Er lässt nur über seine Figuren sprechen, stellt diesen allerdings auch stets eine alternative Meinung gegenüber. Der Kampf von Weather Underground war gegen die Einmischung Amerikas in den Krieg von Vietnam, und richtete sich schließlich gegen das System selbst. Die einen haben den Kampf nicht aufgegeben, andere die Sinnlosigkeit darin erkannt. War es nur eine andere Zeit, oder fehlt uns heute das Rückgrat? Muss der Kampf im Kontext gesehen werden, oder fehlt ihm dennoch jede Art der Rechtfertigung? In dem er diese Form des Terrorismus vierzig Jahre in die Zukunft holt, wo Terror ein alles schlagendes Argument geworden ist, erreicht Redford eine erweiterte Ebene im Film, die jede Stellungnahme überflüssig machen würde.
Dieser gar nicht so kleine, aber wirklich ganz feine Thriller macht richtig Freude und lenkt wohltuend vom überfrachteten Bombast des allgemeinen Unterhaltungskinos ab. Auch ohne das man auf Nervenkitzel, Hintersinn und herausragende Darsteller verzichten muss. Mit einer exzellenten Inszenierung, in der auch ein Shia LaBeouf neben den Delfinen ein gute Figur macht. Aber Delfine bleiben einfach die Coolen.
Darsteller: Shia LaBeouf, Robert Redford, Julie Christie, Susan Sarandon, Nick Nolte, Stanley Tucci, Chris Cooper, Terrence Howard, Nick Nolte, Anna Kendrick, Richard Jenkins, Brendan Gleeson und Jackie Evancho u.a.
Regie: Robert Redford
Drehbuch: Lem Dobbs, nach dem Buch von Neil Gordon
Kamera: Adriano Goldman
Bildschnitt: Mark Day
Musik: Cliff Martinez
Produktionsdesign: Laurence Bennett
USA / 2013
zirka 121 Minuten