THE GUILT TRIP – Bundesstart 18.04.2013
Liebe Marketing-Abteilung der deutschen Paramount, Seth Rogen ist gebürtiger Kanadier und Barbra Streisand Amerikanerin. GUILT TRIP spielt auch nicht in England. Wieso also, steht im Titel Mum anstelle des amerikanischen Mom? Vielleicht weil die Kollegen von Central Film das mit der Sarah Jessica Parker Komödie WORKING MUM auch schon taten? Nun ist zweifellos UNTERWEGS MIT MUTTER eine griffigerer Titel, als das aus dem Original übersetzte SCHULDGEFÜHL. Doch die Macher werden sich etwas dabei gedacht haben, denn Schuldgefühl verbindet nicht unbedingt jeder Kinobesucher mit einer heiter ausgelassenen Komödie. Was dann schon wieder den Kern des Filmes trifft, denn GUILT TRIP ist vielleicht heiter, aber bestimmt nicht ausgelassen. Man wäre versucht ihm sogar das Attribut der Komödie streitig zu machen.
Der Erfinder Andrew Brewster leidet unter den ständigen Anrufen seiner überumsorgenden Mutter Joyce. Kurz vor seiner Reise quer durch die Staaten, um bei verschiedenen Firmen sein Produkt an den Mann zu bringen, stattet der eigentlich genervte Sohnemann seiner Mutter noch einen Pflichtbesuch ab. Und wie es das Schicksal will, erfährt Andrew bei diesem Besuch etwas ganz und gar Unerwartetes. Etwas so Unerwartetes, dass Andrew einfach nicht umhin kommt, seine Mutter Joyce mit auf die Autoreise quer durch die Staaten zu nehmen.
Irgendwann müssen sich Streisand und Rogen über den Weg gelaufen sein, vielleicht nachdem sie durch ihre Agenten die Drehbücher erhalten hatten, und müssen beschlossen haben, GUILT TRIP zu ihrem persönlichen Gemeinschaftsprojekt zu machen. Die beiden Stars zwei verschiedener Kinogenerationen haben nicht nur die Hauptrollen übernommen, sondern sind gleich als Ausführende Produzenten eingesprungen. Anne Fletcher hat als Regisseurin die schwierige Aufgabe übernommen, aus dem schwachen, von Dan Fogelman verfassten Drehbuch, eine ansprechende Komödie zu inszenieren. Betrachtet man die Liste von Fletchers bisherigen Regiearbeiten, und Fogelmans Reputation als Autor, erkennt man sofort eine schwierige Konstellation für einen künstlerischem Konsens.
Es ist schön, Barbra Streisand wieder in einer Hauptrolle zu erleben. Und Seth Rogen ist mit seinem Charisma längst bestätigt, einen großen Film tragen zu können. Zusammen sind sie eine wirklich exzellente Paarung, zumindest als Darsteller. Der Film lebt von dieser Konstellation. Leider werden diese Bemühungen weder von Regie, noch dem Buch unterstützt. Anne Fletcher verlässt sich zu sehr darauf, in den üblichen Standards zu inszenieren. Fogelmans Vorlage gibt ihr zu wenig Stoff, um eine vom Publikum erwartete Komödie zu machen. Joyce Brewster ist eine Frau die nervt. Es ist diese für Screwball-Comedys übliche Überzogenheit, allerdings wirkt das eher altbacken und kaum lustig. Andrew Brewster nervt genauso. Ein eigentlich helles Köpfchen, das immer zu klein bei gibt, kein Rückgrat hat, und trotzdem den Großen gibt. Da wäre mehr gewesen, viel mehr. Die Präsenz der Schauspieler allein genügt nicht, vor allem, wenn ihre Figuren nicht so offensichtlich, durchschaubar und altbekannt wären. Denn den Ausgang der Geschichte erkennt man an diesen Charakteren sofort.
Und das mit dem Humor, das ist so eine Sache. Natürlich muss es nicht der lautstarke Fäkalhumor aus der Apatow-Schmiede sein. Doch witzig soll hier nur sein, wenn die Figuren etwas dummes oder überdrehtes tun, und den jeweils anderen nur nerven. Man kann diesem SCHULDGEFÜHL wenigstens attestieren, das man die Darsteller gerne sieht und der Film viele sympathische Momente hat, wie das Wettessen zum Beispiel, oder die Wortspielereien mit Andrews Produktnamen. Eine ausgelassene Komödie allerdings, spielt auf einem anderen Niveau. Dabei wäre es tatsächlich eine brillante Gelegenheit gewesen, zwei Generationen von unterschiedlichen Humor begeisterten Zuschauern zusammen zu bringen. Dies im Auge zu behalten wäre eigentlich auch eine Aufgabe der Produzenten, besonders der Ausführenden Produzenten.
Darsteller: Barbra Streisand, Seth Rogen, Yvonne Strahoski, Adam Scott, Colin Hanks, Danny Pudi u.v.a.
Regie: Anne Fletcher
Drehbuch: Dan Fogelman
Kamera: Oliver Stapleton
Bildschnitt: Dana E. Glauberman, Priscilla Nedd-Friendly
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Nelson Coates
USA / 2012
zirka 95 Minuten