THE SWEENEY – Bundesstart 28.02.2013
Nick Loves’ Version von THE SWEENEY ist ganz offensichtlich ein Kind, das aus dem Schatten von Michael Manns HEAT erwachsen ist. Mit der populären britischen Serie DIE FÜCHSE hat der Film hingegen kaum noch zu tun, welche das eigentlich Vorbild von THE SWEENEY sein sollte. Was blieb, sind die Namen und Ränge der Charaktere dieser “fliegenden Einheit”, die sich wegen ihrer hohen Aufklärungsrate so manche Auswüchse leisten kann, die anderen Sondereinheiten längst den Polizeidienst gekostet hätten. Witzige Anekdote bei diesem Remake ist, dass eine von Ray Winstons ersten Rollen ein winziger Auftritt bei DIE FÜCHSE 1976 war. 36 Jahre später spielt er selbst den charismatischen Führer Detective Inspector Jack Regan.
Als Sondereinheit für Raubüberfälle vereitelt die “Flying Squad” immer wieder Verbrechen, bevor die Bösen erfolgreich abziehen können. Nur der Überfall auf ein Juweliergeschäft bringt die harten Jungs mit ihren harten Mädels gründlich durcheinander, weil dabei scheinbar grundlos eine unbedarfte Kundin hingerichtet wurde. Da sich die “Sweeneys” immer hart am Rande der Legalität bewegen, werden ihnen auch bei diesem Fall eher Steine von bürokratischen Starrköpfen in den Weg gelegt, als dass sie sich konsequent auf ihren Fall konzentrieren könnten.
Nick Love hat mit diesem Film einen sehr geradlinigen Thriller inszeniert, der mit Authentizität überzeugen möchte und dabei erstaunlich effektiv ist. Es gibt zwei, drei Wendungen in der Entwicklung der Handlung, aber sie kommen nicht überraschend, sondern eher als logischer Fluss einer durchdachten Geschichte. Die Mitglieder dieser Sondereinheit sind keine schusssicheren Übermenschen oder im Faustkampf erprobte Elitesoldaten. Es sind Menschen, die ihre sozialen Unsicherheiten hinter ihrem harten Job zu verbergen verstehen. SWEENEY zeigt bärbeißige Menschen, die sich überlegen geben, aber in ihrem Handeln nicht immer so überlegen sind. Dass Nick Love dennoch das Hauptaugenmerk der Inszenierung auf die Action legt, macht SWEENEY zu einem sehr kurzweiligen, aber auch intelligenteren Thriller. Action mit Tiefgang sozusagen, aber ohne naseweisen Zeigefinger. So glaubwürdig der Film im Gesamten sein mag, hätte es dennoch eine wirklich plausible Erklärung für die Beziehung zweier Figuren geben müssen, die so, wie sie gezeigt wird, nicht ganz nachvollziehbar ist.
Dies ist ein solider Actionfilm, der nichts neu erfindet, aber durchweg zu unterhalten versteht und kaum Leerlauf hat. Seine stahlblau gehaltenen Bilder gestalten eine kalte Atmosphäre, die signalisiert, dass in diesem Szenario alles passieren kann. Die Schießerei am Trafalgar-Square ist dabei ein optischer und spannungstechnischer Höhepunkt. Nicht nur die dynamische Inszenierung, sondern schon allein die Tatsache, dass man diesen Platz für so ein Spektakel bespielen durfte, ist bewundernswert. Hier kommt wieder Michael Manns HEAT ins Spiel, der offensichtlich Pate für diese Sequenz stand, allerdings ohne diesen billig zu kopieren. Alles in allem ist THE SWEENEY ein sehr eigenständiger Film, der den Vergleich mit amerikanischen Großproduktionen nicht zu scheuen braucht. Ganz im Gegenteil, in vielen kleinen Details ist er sogar um Längen besser. Immer noch nicht der große Wurf, aber Kino, das einen kaum enttäuschen wird.
Darsteller: Ray Winston, Ben Drew, Hayley Atwell, Steven Mackintish, Paul Anderson, Alan Ford, Damian Lewis u.a.
Regie: Nick Love
Drehbuch: Nick Love, John Hodge
Kamera: Simon Dennis
Bildschnitt: James Herbert
Musik: Lorne Balfe
Produktionsdesign: Morgan Kennedy
Großbritannien / /2012
zirka 112 Minuten