Hinter ShortsHD verbergen sich die Leute, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dem interessierten Cineasten jene Filme näherzubringen, die kaum Aufmerksamkeit erregen, geschweige denn einfach zu sehen sind. John Kahrs PAPERMAN wurde zum Beispiel für den „Besten Kurzfilm“ in der Kategorie Animation für den Oscar nominiert, hatte aber gleichzeitig das Glück, als Vorprogramm für RALPH REICHTS zu laufen. Die restlichen 14 nominierten Kurzfilme in den Kategorien Animation, Live-Action und Dokumentation haben es da etwas schwieriger, wahrgenommen zu werden. ShortsHDs nobles Ansinnen schlägt 2013 etwas fehl, da sie die für den Oscar nominierten Kurzfilme erst fünf Tage vor der Preisverleihung auf verschiedenen Plattformen wie iTunes anbieten. Man darf nicht außer Acht lassen, dass ShortsHD hauptsächlich daran interessiert ist, die besagten Filme als Paket in ordentlichen Filmtheatern zu präsentieren. Allerdings sind Vorführungen in ihrer Anzahl extrem gering und finden laut deren Internetauftritt in Deutschland zum Beispiel überhaupt nicht statt. Wer sich also ernsthaft mit diesen Kategorien auseinandersetzen möchte und keine Möglichkeit hatte, an einer der wenigen international ausgewählten Kinovorführungen teilzunehmen, für den sind diese fünf Tage einfach ein viel zu eng geschnürtes Korsett, um wirklich entspannte Freude daran empfinden zu können.
Doch es gibt kleine Lichtblicke. Die nominierten Live-Action-Kurzfilme CURFEW und DOOD VAN EEN SCHADUW sind alleinstehend bereits auf iTunes zum Download bereitgestellt. ADAM AND DOG sowie FRESH GUACAMOLE sind über YouTube kostenfrei abrufbar. Und mit diesen jeweils zwei Animationsfilmen und Live-Action-Streifen zeichnet sich ein gutes Bild über das breite Spektrum der nominierten Kurzfilme und ihrer kreativen Vielschichtigkeit.
Ist der Stop-Motion-Film FRESH GUACAMOLE ein raffiniertes Spiel mit Wahrnehmung und herausfordernder Kreativität, zeigt sich ADAM AND DOG als geradliniger Animationsfilm der zwar am Computer entstanden ist, aber im klassischen Retro-Look überzeugt. ADAM bleibt klassisch in der Erzählung, wenn er zeigt, wie der Hund zum besten Freund des Menschen wurde, während GUACAMOLE in zwei Minuten eigentlich nur die etwas andere Zubereitung von Avocado-Creme zeigt, mit Cracker. Im Übrigen ist GUACAMOLE der kürzeste Film der jemals für einen Oscar nominiert wurde.
Ähnlich weit auseinander liegen CURFEW und SCHADUW. Wie der typische Abschlussfilm einer besseren Filmhochschule greift CURFEW die Geschichte eines Verlierers auf, der plötzlich in die Verantwortung genommen wird. Etwas zu unverspielt, ein wenig absehbar, technisch makellos, aber konventionell. Konventionelle Umsetzung trifft auch für den mit Steampunk-Elementen angehauchten DOOD VAN EEN SCHADUW zu, allerdings überrascht das mysteriöse Filmrätsel mit einem grandiosen Set-Design und bewundernswerten Apparaturen, die eigenartigerweise gar nicht komisch, sondern plausibel wirken. Besonders erfreulich, dass beide Produktionen das Cinemascope-Format von 2,35:1 gewählt haben.
Sie sind die großen Außenseiter, bei denen man ruhig einmal einen Blick riskieren darf. Stand 19. Februar, sind bei iTunes die Live-Action-Kurzfilme einzeln für 2,49 Euro in HD erhältlich, auch die zwei Minuten FRESH GUACAMOLE für denselben Preis. Insgesamt etwas überzogen. Nach Fertigstellung des Textes fand sich über diesen Link auch Live-Action-Nominee HENRY auf YouTube, unter seinem Titel ist er in der Suchanfrage nicht ausfindig zu machen.
Death of a Shadow – Dood van een Schaduw
Darsteller: Matthias Schoenarts, Laura Verlinden, Peter van den Eede, Benjamin Ramon, Amandine Zurbuchen u.a.
Regie & Drehbuch: Tom van Avermaet
Kamera: Stijn Van der Veken
Bildschnitt: Dieter Diependaele
Musik: Raf Keunen
Ausstattung: Erwan Le Floch
Belgien – Frankreich / 2012
zirka 20 Minuten
Adam and Dog
Regie & Drehbuch: Minkyu Lee
Musik: Joey Newman
USA /2012
zirka 15 Minuten
Curfew
Darsteller: Fatima Ptacek, Shawn Christensen, Kim Allen, Dana Segal, Kirsten Holly Smith u.a.
Regie & Drehbuch: Shawn Christensen
Kamera: Daniel Katz
Bildschnitt: Shawn Christensen, Evan Henke
Musik: Darren Morze
USA / 2011
zirka 19 Minuten
Fresh Guacamole
Idee & Umsetzung: PES (Adam Pesapane)