Chuck Norris wurde von einer Königskobra gebissen. Nach fünf Tagen qualvollster Schmerzen … starb die Kobra.
Dies ist einer der unzähligen Witze über Chuck Norris, die im Internet und schon im allgemeinen Sprachgebrauch kursieren. Ein Neuer ist hinzugekommen, nachdem der Großteil von EXPENDABLES 2 in Bulgarien gedreht wurde: Chuck Norris besucht Bulgarien nicht, Bulgarien besucht Chuck Norris. Zugegeben ist diese Humoreske weniger originell als das am Anfang angeführte Beispiel. Und so hat es als Dialog dann doch der Witz mit der Kobra in den Film geschafft, weil sich Norris ganz im Sinne der Autoren das Zitat selbst aussuchen durfte. Das ist Teil des sich selbst propagierenden Zirkelschlusses, welcher mit dem Konzept von EXPENDABLES einhergeht. So wandelt Schwarzenegger seinen ikonischen Satz „I’ll be back“ einfach in „I am back“. Nicht nur ein Zitat, sondern Statement über die Rückkehr ins Filmgeschäft.
Was Sylvester Stallone als Produzent, Regisseur, Autor und Darsteller in Personalunion für den ersten Teil getan hat, übernahm jetzt in Teilen Simon West. Das ist jener Regisseur, der mit CON AIR ganz groß rauskam, dann an Höhe verlor und schließlich die letzten Jahre für unspektakuläre TV-Produktionen tätig war. Die altgediente Söldnertruppe haut wieder mächtig auf den Putz, wobei es hauptsächlich und zum größten Vergnügen um den Schauwert geht und nicht um die Neuerfindung des Action-Kinos. Extremer als in der Erstauflage greift EXPENDABLES 2 noch viel tiefer in die Kiste des Machokinos der 80er-Jahre. Selbst das Postermotiv ist deutlicher an jenen Werbeeffekt angelehnt, welcher seinerzeit mit großformatigen Köpfen für eine anreizende Wiedererkennung bei DIE WILDGÄNSE KOMMEN seinen Anfang genommen hat. Mit der Handlung verhält es sich ähnlich, die sich weit unter dem befindet, was man im allgemeinen Niveau nennt. Ein paar wenige Ausländer unterdrücken eine ganze russische Region. Plutonium spielt auch noch eine Rolle, und natürlich der Terrorismus gegen die freie Welt. Die neuzeitliche Wiederholung stupide zelebrierter Handlungsabläufe aus den Achtzigern macht nur allzu deutlich, was man sich damals als Zuschauer alles gefallen lassen musste und auch in Kauf nahm.
EXPENDABLES 2 ist herrlich altbackenes Action-Kino, das keinen intellektuellen Sinn erfüllt und in seiner Tiefgründigkeit nicht ertrinken könnte. Die Rollen von Schwarzenegger und Willis wurden erweitert, Van Damme kommt als Bösewicht hinzu, und es war unvermeidlich, dass Chuck Norris zu einem Auftritt kommen musste. Chuck Norris ist der, der ganz zufällig irgendwo in der russischen Walachei abhängt, wo ganz zufällig ein amerikanischer Söldnertrupp unerwartet Hilfe gebrauchen könnte. Fast wie im richtigen Leben, der Stoff aus dem die Helden sind.
Simon West, selbst ein Relikt des vergangenen Macho-Establishments, inszenierte diesen zweiten Teil wesentlich aggressiver, als es das Original vorgemacht hatte. Orientiert hat er sich da nicht etwa am ersten Teil, sondern eher an Stallones Inszenierung von JOHN RAMBO. Unentwegt explodieren im Kugelhagel Körperteile, die sich in Wolken von Blut auflösen. Hier wird kein Blatt vor den Mund, beziehungsweise keine Schattierung vor das Objektiv genommen. Es spritzt, es fließt, es wird gestorben. Keine Rücksicht auf Verluste, es sei denn, es nutzt der Geschichte. Wie bei Liam Hemsworth‘ Charakter, der als Bauernopfer der ganz alten Schule dienen darf.
Augen auf und durch! Das ist, was EXPENDABLES für den Zuschauer bereithält. Blanker Unsinn, und doch Unterhaltung der ganz großen Sorte. Nebenbei fällt auf, dass die alten Recken gar nicht so alt sind, um nicht doch noch glaubwürdig zu wirken. „Ich bin zurück“, triumphiert Arnold, worauf Willis lakonisch antwortet, „du warst schon oft genug einmal zurück“. Aber nicht in diesem Modus, und erst recht nicht innerhalb einer solch illustren Konstellation. Dass man sich nach fast dreißig Jahren so einen groben Unfug immer noch gefallen lässt, ist erstaunlich.
Darsteller: Sylvester Stallone, Jason Statham, Dolph Lundgren, Terry Crews, Randy Couture, Bruce Willis, Arnold Schwarzenegger, Jet Li, Jean-Claude Van Damme, Liam Hemsworth und Chuck Norris
Regie: Simon West
Drehbuch: Richard Wenk, Sylvester Stallone
Kamera: Shelly Johnson
Bildschnitt: Todd E. Miller
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Paul Cross
USA / 2012
zirka 103 Minuten