CHALLENGERS – Rivalen

Challengers3 - Copyright METRO-GOLDWYN-MAYER PicturesCHALLENGERS
– Bundesstart 25.04.2024
– Release 18.04.2024 (AUS)

Luca Guadagninos CHALLENGERS ist sicherlich eine der intensivsten Erfahrungen im Sportfilm seit langem. Das ergibt sich aber auch daraus, weil CHALLENGERS der ungewöhnlichste Sportfilm ist, seit bestimmt… FIELD OF DREAMS. Nur mit mehr Sex-Appeal. Sehr viel mehr Sex-Appeal. Guadagninos Film wirkt wie ein perfekt auf maximalen Effekt ausgerichtetes Kunstprodukt. Und es funktioniert auch perfekt, nicht nur weil jede Branche genau weiß sie tut, sondern weil diese Gewerke auch genau wissen, wie sie für den maximalen Effekt bestmöglich ineinandergreifen müssen. CHALLENGERS ist dahingehend derart konsequent umgesetzt, dass das Ende mit Sicherheit kontrovers diskutiert werden wird. Und die besten Diskussionen gibt es meist dann, wenn man von einem gemeinsamen Konsens ausgeht, und dieser findet sich mit Sicherheit in den drei unheimlich attraktiven Hauptdarstellern.

Erzählt wird der Film in Thriller-ähnlich verschachtelten Rückblenden. Nach dreizehn Jahren stehen sich 2019 die ehemaligen Freunde Art und Patrick in einem Karriere definierenden Tennismatch wieder auf dem Platz gegenüber. 2006 haben sie sich beide an die Tennislegende Tashi Duncan verloren, eine junge Frau die sich mit 18 Jahren längst als Profi verdient. Eigentlich weiß Tashi was sie will, nur nicht ob es Art oder Patrick sein soll. Das kommende Match zwischen den beiden soll entscheiden, der Gewinner bekommt ihre Telefonnummer. Es gewinnt Art, der Tashi später auch heiraten wird. Dennoch bleibt Patrick in den Jahren bis 2019 für Tashi eine echte Herausforderung.

Nach einigen Besetzungsirritationen, erwecken EUPHORIAs Zendaya, WEST SIDE STORYs Mike Faist und THE CROWNs Josh O’Connor, als ob CHALLENGERS wirklich nur für sie geschrieben worden wäre. Diese drei unheimlich reizvollen Hauptdarsteller überzeugen dennoch weniger mit Physis, als mit ihrer faszinierenden Natürlichkeit im gemeinsamen Spiel (einschließlich dem Tennisspiel). Der Film tut wider Erwarten sehr gut daran sich nicht festzulegen. Die Mischung von Sportfilm, Erotik-Romanze, mit Komik- und auch Thriller-Elementen mag zuerst irritieren. Aber Guadagnino inszeniert nicht nur sehr straff, sondern gestaltet die dramaturgischen Übergänge fließend.

Streitgespräche führen hier schnell zu Sex, oder auch umgekehrt. Selbst in den konzentrierten Tennis-Matches, ist die Kamera von Sayombhu Mukdeeprom viel mehr an der begehrlichen Athletik seiner Darsteller interessiert, als an der Finesse der Spielsätze. Schweiß wird irgendwie sexy. Jeder Ball über das Netz hat etwas Anzügliches. Und Mukdeeprom hat sich dafür einiges einfallen lassen. Im Finale nimmt die Kamera sogar die Sichtweise des Balls an. Noch offensiver kann man den Tumult der Gefühle nicht auf die Zuschauenden übertragen. Prinzipiell verschwendet Luca Guadagnino keine Einstellung. In jeder Minute erweckt jedes Bild den Eindruck von Bedeutung.

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Das Tempo gibt dabei der unablässig treibende Techno-Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross vor. Ein wesentlicher Faktor, warum der Film einen so unglaublich kurzweiligen Eindruck macht. Allerdings wäre für einige Sequenzen ein weit weniger aufdringlicher Musikteppich wünschenswert gewesen. Es manchmal auch für die Darsteller von Vorteil gewesen wäre, die selbst ohne Unterstützung jede Szene mit eindringlichster Emotionalität tragen. Der große unbestimmte Faktor in der Dreierbeziehung ist Zendayas Tashi, die mit unberechenbarer Präzision den Verlust ihres unvorhergesehenen Karriereendes mit dem Erfolg von Art kompensieren will.

Jede der Figuren ist von ihren eigenen Zielen und den einhergehenden Ängsten getrieben. Patrick nutzt seine Amateur-Karriere um in Tashis Nähe zu bleiben. Art spielt nur noch, um Tashi nicht zu verlieren. Der Ausgang des Finales mag zuerst unverständlich erscheinen, was letztendlich auch der Auslöser für Diskussionen sein wird. Aber genau in dieser Form folgt das Ende sehr schlüssig der inneren Logik. Das fantastische Trio hat allein mit seiner Präsenz zu dieser Auflösung hingeführt. Mit einem Zusammenspiel, dass allein durch ihre anziehende Chemie so intensiv und ehrlich wird. Dialoge sind oft nur Nebensache. Es sind meist die kleine Gesten, die soviel mehr erzählen.

Und manchmal gibt es nicht einmal die kleinen Gesten, dann schreit es förmlich von der Leinwand. Wenn Tashi und Art auf dem kuscheligen Sofa über weiteren Strategien diskutieren, reden zwei Menschen miteinander, und dennoch spricht jeder von etwas anderem. Luca Guadagnino schafft es, jede Figur zu jederzeit gleichwertig zur anderen zu inszenieren. Keine der darstellerischen Persönlichkeiten nimmt etwas von den anderen, sondern immerzu befeuern sie sich gegenseitig. Und es ist noch viel ansprechender, weil sich Guadagnino auch nicht dramaturgisch festlegt. Die Übergänge zwischen Drama und einem Hauch Komödie sind immer fließend. Oft auch innerhalb einer Szene.

Bemerkenswert ist vor allem, dass sich CHALLENGERS im Umgang mit seiner sexuellen Offenheit weit vom derben Klamauk von High-School-Komödien oder den verhärmten Beziehungsdramen für Mittdreißiger entfernt. Umso erstaunlicher ist es, wie wenig Sex es im Film selbst gibt. Aber allein das Gefühl, zu glauben viel mehr an intimen Situationen wahrgenommen zu haben, zeigt das Luca Gaudagnino in seiner unglaublich frischen, sehr dynamischen und spannend verwobenen Inszenierung die richtigen Sinne anspricht. CHALLENGERS ist einer der ungewöhnlichsten Sportfilme, weil er die Kunst des Spiels selbst in den Hintergrund stellt. Dafür erzählt er äußerst clever eine Geschichte, in der man sich Dank seiner entspannten Direktheit angesprochen fühlt und wiederfinden kann. Die Energie des Spiels wird zum Katalysator für ehrliche Gefühle. Ohne das der Film dabei verkrampft, belehrend wird oder unnötig lustig sein möchte.

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Darsteller: Zendaya, Josh O’Connor, Mike Faist, Darnell Appling, AJ Lister, Nada Despotovich u.a.
Regie: Luca Guadagnino
Drehbuch: Justin Kuritzkes
Kamera: Sayombhu Mukdeeprom
Bildschnitt: Marco Costa
Musik: Trent Reznor, Atticus Ross
Produktionsdesign: Merissa Lombardo
USA / 2024
131 Minuten

Bildrechte: METRO-GOLDWYN-MAYER Pictures
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