Editorial: DUNE: PART TWO

Editor Uwe– Bundesstart 29.02.2024
– Release 28.02.2024 (FR)

Dune 2 a - Copyright WARNER BROSAuch das, was DUNE: PART TWO an epochaler Filmkunst zu bieten hat, kann die Meinung an dieser Stelle nicht revidieren, dass der erste Teil von Villeneuves DUNE eine unanständige Mogelpackung war. ‚War‘, weil Cineasten, Kritiker und Erbsenzähler einfach vergessen wollen, dass der erste Film im Marketing, aber auch inhaltlich fragwürdig bleibt. Dieser Rezensent will das nicht. Der kommt allerdings nicht umhin, dieser Fortsetzung seine uneingeschränkte Faszination auszudrücken. Mit diesem zweiten Teil seiner nach dem Start des Vorgängers offiziell bekundeten Trilogie, macht der frankokanadische Visionär wett, was bei PART ONE einfach Verstimmungen auslöste. Jedenfalls subjektiv von dieser Seite aus empfunden. DUNE ist lediglich eine überlange Exposition über die Bedeutung und Verhältnisse auf dem Wüstenplaneten Arrakis. Wider Erwarten schafft es Villeneuve mit Co-Autor Jon Spaihts bei DUNE: PART TWO mit sehr raffinierten, wohlüberlegten Streichungen und Konzentrationen, die komplexe Handlung von Frank Herberts erstem Buch befriedigend zu Ende zu erzählen.

Paul Atreidis hat sich nach der Niederschlagung der Regentschaft seines Vaters durch das Haus Harkonnen, den Fremen angeschlossen, den eigentlichen Einwohnern von Arrakis. Eine Kämpfer der Fremen vermutet, dass Paul der prophezeite Messias sein könnte. Pauls schwangere Mutter Jessica, ein Mitglied der religiösen Schwesternschaft Bene Gesserit, hat sich ihm angeschlossen. Nach den spirituellen Gegebenheiten der Bene Gesserit soll allerdings die ungeborene Tochter von Jessica die Heilsbringerin sein.

Während sich die Fremen für den Kampf gegen die Besatzer von Harkonnen rüsten, muss Paul sich das Vertrauen und die Anerkennung der Fremen erstreiten. Nach und nach entfaltet Villeneuve ein wunderbares Gebilde um Loyalität, Machtgier und Spiritualität. Aber nie hat man den Eindruck, als würde oder wollte der Regisseur schnellstmöglich durch die Handlung hetzen. Seine stellenweise meditative Ruhe an manchen Punkten der Erzählung, ist auch das beeindruckendste Element an der Struktur des Films.

Dune 2 d - Copyright WARNER BROS

Immer wieder wird deutlich, dass Herberts Romanvorlage und damit DUNEs Weltenkonstrukt, mit seinen kriegerischen Allmachtsfantasien und den messianischen Botschaften, ein Kind der Sechzigerjahre ist. Aber der Regisseur versteht auch ausgezeichnet, ein bedächtiges Erzählen nie mit Langweile oder Langatmigkeit zu verwechseln. In seiner kreativ ausladenden Umsetzung, erlangt der Film eine ganz eigene Atmosphäre, die eine permanente, aber unterschwellige Spannung hält.

Den stärksten Anteil dieser einnehmenden Stimmung tragen in erster Linie die durchweg ausdrucksstarken Darsteller, bei denen sich allen vorweg Timothée Chalamet erneut als einer der charismatischsten Darsteller seiner Schauspielgeneration beweist. Im Verlauf beider Filme ist auch Chalamet derjenige, der seiner Figur die stärkste und greifbarste Entwicklung zukommen lässt. Was allerdings einnehmende und ausdrucksstarke Präsenz angeht, sind da Zendaya und Florence Pugh verdammt nah an Chalamet dran.

Und dann sind da die Nahkämpfe und monumentalen Schlachten. Letztere unglaublich beeindruckend, Erstere aber uninspiriert ermüdend. Bei den Kämpfen Mann gegen Mann, verschenkt der Schnitt von Joe Walker mit Nahaufnahmen und viel zu schnellen Bildwechseln erneut das peinigende Training der Schauspieler. Wie schon bei den unelegant inszenierten Nahkämpfen im Vorgängerfilm, lässt auch hier die Inszenierung die aufwendigen Kampfchoreographien nicht angemessen zur Geltung kommen.

Villeneuve setzt hier noch einen traurigen Tiefpunkt, in dem er beim Endkampf zwischen Paul Atreides und dem Harkonnen-Neffen Feyd-Rautha, das Publikum nicht an der entscheidenden List teilhaben lässt, sondern nur als gegeben präsentiert. Ein Showdown sollte in einem Gebilde mit solch eigenständigem Charakter tatsächlich anders aussehen. Vor allem nach dem, was vorher gezeigt wurde. Was vorher gezeigt wurde, und nach dem Messerkampf folgt, ist enorm. Alles in DUNE: PART TWO ist groß.

Dune 2 b - Copyright WARNER BROS

Was bei anderen Filmen an verheißungsvollen Attributen sehr schnell überreizt wird, kann man hier gar nicht pathetisch genug ausdrücken. Von opulent zu immens, über phänomenal zu grandios, hin zu atemberaubend und ohrenbetäubend, oder spektakulär und exzellent. All das findet irgendwo Berechtigung wenn man diesen Film erlebt. Der Regisseur macht selbst aus Standardsituationen ein überraschendes und einzigartiges Ereignis. Die audiovisuelle Wucht bestimmt jede Filmminute.

Die persönliche Enttäuschung über DUNE: PART ONE rührt hauptsächlich durch Villeneuves vorangegangenen Filmen, und deren außergewöhnlich künstlerischen und inhaltlichen Ansprüchen. Die enormen Schlachtengemälden in PART TWO sind erstaunlich konzentriert auf strategische Höhepunkte fixiert, und auch zeitlich kompakt gehalten. Allein mit diesen Sequenzen hat der Filmemacher schon ein Werk geschaffen, welches plötzlich eben jene vorangegangenen Filme hinten anstehen lässt.

Rückblickend ist es plötzlich schwer vorstellbar, an einer Fortsetzung nicht interessiert gewesen zu sein. Dennoch ist PART TWO kein perfekter Film. Er ist sogar voller Schwächen. Wie Austin Butlers Feyd-Rautha als enttäuschende Blaupause eines manischen Killers, oder ausgerechnet Christopher Walkens sehr uninspirierte Charakterzeichnung für Kaiser Shaddam. Und mit der grandiosen Schwäche, dass dieser Film mit den heimischen Bild- und Soundsystemen nicht annähernd seine eigentliche Kraft angemessen entfalten wird. Egal wie überzeugt sich die Couch-Cineasten mit ihren Anlagen selbst in die Tasche lügen. Nachteile die allerdings im Kino selbst weder von Bedeutung sind, noch einen wirklichen Einfluss auf das Gesamtkunstwerk haben.

Und so lässt sich dieser Film durchaus erfahren – als Gesamtkunstwerk, welches die Kraft und Macht der Mechanismen des Kinos in seiner konzentriertesten Form zelebriert. Es ist durchaus gerechtfertigt, PART TWO in die legendäre Gruppe von Filmreihen einzuordnen, in denen sich die Fortsetzung dem ursprünglichen Film als überlegen erweist. Auf keinen Fall wird DUNE 2 den Stellenwert von DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK erreichen, erst Recht nicht DER PATE II. Man muss ihm aber zugestehen, dass er mit der gleichen kreativen Energie fürs Kino und der Leidenschaft fürs Erzählen geschaffen wurde.

Dune 2 c - Copyright WARNER BROS

 

Darsteller: Timothée Chalamet, Zendaya, Florence Pugh, Javier Bardem, Rebecca Ferguson, Josh Brolin, Dave Bautista, Christopher Walken, Stellan Skarsgård, Charlotte Rampling, Austin Butler u.a

Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Denis Villeneuve, Jon Spaihts
nach dem Roman von Frank Herbert
Kamera: Greig Fraser
Bildschnitt: Joe Walker
Musik: Hans Zimmer
Produktionsdesign: Patrice Vermette
Kanada, USA / 2024
166 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS.
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