ANYONE BUT YOU
– Bundesstart 18.01.2024
– Release 15.12.2024 (IND)
Preview 17.01.24, Cineplex, Fürth
Wie viele Filme gibt es mittlerweile, mit zwei Menschen die sich zur Freude des Publikums hassen lernen, damit sie sich am Ende ewige Liebe schmachtend in den Armen liegen. WO DIE LÜGE HINFÄLLT ist wieder so ein Film mit einer solch unerträglichen Prämisse. Ein Film mit einer unerträglich attraktiven Paarung. Wenn es nicht schon so unzählig viele Filme in diesem Sub-Genre von Romanze und Komödie geben würde, hätte man es für Sydney Sweeney und Glen Powell erfinden müssen. Ilana Wolpert und Will Gluck lassen in ihrem Drehbuch aber wirklich kein abgedroschenes Versatzstück aus, welche diese ‚lernen sich kennen, lernen sich hassen, lernen sich wirklich kennen, finden ihr Glück‘-Geschichten allesamt gemeinsam haben. Das ließt sich zu Recht ermüdend. Wie es Will Gluck allerdings inszeniert, macht es einem skeptischen Publikum nicht leicht.
Und das es auch funktioniert, wie Gluck es inszeniert, liegt einfach an Sweeney und Powell. Die lernen sich als Bea und Ben in einem Café kennen, finden sich sehr sympathisch, und verbringen die Nacht zusammen. Durch ein dämliches Missverständnis, trennen sich ihre Weg, mit mehr als schlechten Meinung voneinander. Nach sechs Monaten treffen sie sich bei der Verlobung von Beas Schwester Halle wieder. Halle möchte Claudia heiraten, zu deren besten Freunde Ben gehört. Zuerst halten sich Bea und Ben mit ihren Abneigungen nicht zurück. Doch um die Hochzeit von Halle und Claudia im fernen Australien, auf einer traumhaften Insel, auf einem sündhaft luxuriösen Anwesen nicht mit ihren Querelen zu belasten, müssen sie so tun, als ob sie schwer verliebt wären.
Es ist offensichtlich, das Bildgestalter Danny Ruhlman keine Schwierigkeiten hatte, die beiden Hauptdarsteller immerzu unwiderstehlich aussehen zu lassen. Wahrscheinlich gab es nur Probleme, immer die perfekten Settings zu finden, um sie noch besser wirken zu lassen. Dynamische Kamerabewegungen, Überflüge, perfekt cadrierte Bildausschnitte setzen die unnatürlich schönen Settings noch schöner ins Bild, und lenken davon ab, dass Menschen noch andere Probleme haben könnten. Die klinisch effektive Kameraführung ist der erste Garant für das Gelingen des Films, gefolgt von den reizvollen Hauptdarstellern. Wobei – eigentlich fehlt es niemandem aus dem Ensemble an Attraktivität. Zu den Merkmalen Attraktivität und Garant gehört die Handlung definitiv nicht.
WO DIE LÜGE HINFÄLLT ist immer wieder mit unerwartet witzigen Szenen gespickt. Die Darsteller schrecken auch nicht vor ungewöhnlich freizügigen, oder derben Szenen zurück. Das Feld reicht von Klamauk, bis zu Slapstick, oder hintersinnigem Humor. Da ist der proletenhaft vulgäre Surfer Beau, der in einer sehr überraschenden Szene plötzlich eine ganz andere Rolle einnimmt. Oder auch die Koala-Sequenz bleibt in Erinnerung. Der reichliche und meist sehr raffinierte Humor wäre eigentlich ausreichend, um vieles überflüssig zu machen. Wie die Genre-typisch, ermüdend unwahrscheinlichen Zufälle, mit denen immer versucht wird zu überdramatisieren. Der Handlungsverlauf ist unrealistisch genug, dass noch unglaubwürdigere Steigerungen gar nicht gut tun können.
WO DIE LÜGE HINFÄLLT ist sogar unglaublich romantisch. Was sich selbstredend mit der fantastischen Chemie von Sweeney und Powell erklärt. Das ausgedehnte Zitat eines anderen Liebesfilms, ist sehr clever zu gleichen Teilen humorvoll und romantisch gestaltet. Da wird der dritte Akt zum Ärgernis, der eine typisch an den Haaren herbeigezogene Konfrontation heraufbeschwört, deren strapazierende Dramatik sich ohnehin in Seligkeit auflösen muss. Dafür entschädigt das Ende, wo Natasha Bedingfields Song ‚Unwritten‘ für den ungewöhnlichsten und originellsten Abspann im aktuellen Kino sorgt. Und grundsätzlich Sydney Sweeney und Glen Powell – ihnen schaut man einfach sehr gerne zu. Da hätte auf viel Unsinn verzichten können.
Darsteller: Sydney Sweeney, Glen Powell, Alexandra Shipp, Hadley Robinson, Michelle Hurd, GaTa, Dermot Mulroney, Rachel Griffiths, Bryan Brown, Charlee Fraser, Joe Davidson u.a.
Regie: Will Gluck
Drehbuch: Will Gluck, Ilana Wolpert
Kamera: Danny Ruhlmann
Bildschnitt: Kim Boritz-Brehm, Tia Nolan
Musik: Este Haim, Christopher Stracey
USA / 2023
103 Minuten