INSIDIOUS: THE RED DOOR

Insidious 5 a - Copyright SONY PICTURES– Bundesstart 06.07.2023

Dreizehn Jahre nach dem Anfang und zehn Jahre nach KAPITEL 2 kehrt INSIDIOUS zu der Familie Lambert zurück. Dazwischen liegen noch KAPITEL 3 und THE LAST KEY, welche die Vorgeschichte erzählen. Es ist ein grundsätzliches Problem mit Genre-Filmen in diesen Tagen. Was als unverhoffter Publikumsliebling beginnt und vielleicht mit einer Fortsetzung einen gleichgearteten Erfolg erreicht, wird mit einer komplex strukturierten Metaebene überproduziert. INSIDIOUS von 2010 ist ein kleiner, aber deftiger Schocker mit relativer Starbesetzung. Er zeichnet sich durch James Wans dichte und essenzielle Inszenierung aus. Die Effizienz mit Atmosphäre und Schreckmomenten hat Wan drei Jahre danach tatsächlich wiederholen können. Gleichzeitig wurde die Geschichte der Familie Lambert vermeintlich abgeschlossen. Die Prequels Drei und Vier taten ihr Übriges um dieses was man seit geraumer Zeit gerne ‚Universum‘ nennt, mit jeder Menge an Hintergründen, Querverbindungen und Dämonen zu überhäufen.

Josh Lambert und sein Sohn Dalton sind mit der zweifelhaften Gabe der Astral Projektion belastet. Sie können ihren Geist ins Ewigreich (The Further) senden, einer überweltlichen Ebene wo die reale Welt und das Reich der Dämonen zusammenkommen. Am Ende des zweiten Teils wurde ihnen durch Hypnose das Wissen über dieses verheerende Können genommen. Alles war gut, bis drei Filmen später. Die Familie hat sich auseinander gelebt. Josh ist von seiner Frau getrennt, und die Beziehung zu Dalton ziemlich mies. Manchmal ist sie auch gut, dass richtet sich individuell nach den Bedürfnissen des Handlungsverlaufs.

Hauptdarsteller Patrick Wilson, der Hans Dampf in allen Blumhouse-Gassen, liefert mit THE RED DOOR sein Regiedebüt. Auf der einen Seite ist INSIDIOUS der ideale, weil bestens vertrauter Stoff. Aber auf der anderen Seite haben Regie-Neulinge, mit einer beachtlichen Schauspielerfahrung, andere Ansprüche als Franchise-Routiniers. Wilson hat merklich Charakterkino im Sinn, auch wenn er gleichzeitig dem erwarteten Horrorgenre gerecht werden muss. Heraus kommt eine Mischung die nur selten harmonisch ineinander greift. Meist sind es getrennte Dramaturgien, wodurch jede von ihnen schlichtweg zu kurz kommt.

Dalton ist frisch auf der Uni, und versucht aus für ihn unverständlichen gründen Abstand von seine Vater zu bekommen. Josh fristet sein einsames Leben, und versucht wenigstens eine Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen. Durch eine Beerdigung werden plötzlich alten Erinnerungen angestoßen. Erneut beginnen Dämonen die Lamberts zu terrorisieren, und wollen sie zu sich ins Ewigreich hohlen. Trotz der Widrigkeiten müssen Vater und Sohn gemeinsam mit astraler Projektion gegen das Böse kämpfen, um endgültig Frieden zu finden. Das hört sich zuerst einmal ziemlich schlicht an, da kommen dann aber die vier Vorgänger ins Spiel.

Insidious 5 c - Copyright SONY PICTURES

 

Wer unvorbelastet ins Kino geht, wird nur schlecht den ganzen Zusammenhängen folgen können. Liebgewonnene Dämonen tauchen auf, deren Absichten sich aber nicht selbst erklären. Vorherige Verbindungen bekommen Relevanz, die ohne Vorkenntnis nicht verständlich werden. Leicht tun sich nur schlichte Adrenalin-Junkies, für die lediglich Jump-Scares ausreichend sind. Es kommt zum Dilemma zwischen Absicht und Ausführung. Für Fans und Freunde der Reihe gibt es nicht genug an Schock und neuer Geschichte. Hingegen sind die Neuankömmlinge mit dem Ewigreich und den Verbindungen diverser Figuren überfordert.

Der Versuch der goldenen Mitte funktioniert nicht. THE RED DOOR ist per se kein schlechter Film, aber als vermeintlicher Abschluss einer erfolgreichen Reihe fehlt ihm der überraschende Paukenschlag. Leider trägt auch Wilsons Stil des Szenenaufbaus dazu bei, dass der Film nicht so effektvoll die Spannung hält. Die Jump-Scares sind willkürlich gesetzt. Manchmal sind sie stimmungsvoll vorbereitet, dann wieder unerwartet, aber leider auch einige Male unbegründet, nur des Effektes wegen. Dabei finden Kamera und Schnitt nicht immer zusammen. Cutter Derek Ambrosi findet kaum einen adäquaten Rhythmus.

Kameraeinstellungen stehen zu lang, entblößen entweder zu viel, oder das Bild nimmt den Schreckmoment vorweg. Autumn Eakin ist mit ihrer Kamera erstmalig bei INSIDOUS, und hat die Atmosphäre des Ewigreich tadellos übernommen. Allerdings gelingt ihr nicht, ebenso wenig wie ihren Vorgängern, beide Welten mit einer klaren, optischen Charakteristik zu trennen. Gerade im Showdown führt das zu Irritationen, der gleichzeitig an vier verschieden Orten sein dämonisches Unwesen treibt. Für die INSIDIOUS-Reihe, darf man diesen Film als unbefriedigend einordnen. Für Schauspieler Patrick Wilson als Regie-Debütant hingegen, darf man diesen Film als Fingerübung einordnen. Er sollte für seinen zweiten Anlauf unbedingt eigenständiges Originalmaterial finden.

Insidious 5 b - Copyright SONY PICTURES

 

Darsteller: Patrick Wilson, Ty Simpkins, Sinclair Daniel, Hiam Abass, Rose Byrne, Juliana Davies, Andrew Astor, Steve Coulter u.a.
Regie: Patrick Wilson
Drehbuch: Scott Teems, Leigh Whannell (Story)
Kamera: Autumn Eakin
Bildschnitt: Derek Ambrosi
Musik: Joseph Bishara
Produktionsdesign: Adam Reamer
Kanada, USA / 2023
107 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES ENTERTAINMENT

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar