Seit 2022 auf Prime Video UK
– Bundesstart 15.06.2023
Besprechung beruht auf der britischen Fassung.
Es ist ja schon eine liebgewordene Eigenart von deutschen Verleihern, mit entweder erfolglosen oder billigen, bevorzugt älteren Filmen eventuelle Lücken in den Startplänen zu schließen. Oder ein günstiges Gegenprogramm zu kalkulierten Blockbustern zu schaffen. Die Qualität der Filme ist dabei nie entscheidend, wichtig ist möglichst finanziell verlustfrei das Programm mitzugestalten. Als Lückenbüßer ist Horror wegen seiner Massenkompatibilität bevorzugt. BED REST ist hierfür ein sehr gutes Beispiel, der sich im Terminkalender zwischen Blockbuster THE FLASH und Arthouse-Liebling ASTEROID CITY platziert. In anderen Ländern bereits im Streaming, oder vielleicht sogar komplett ignoriert, können deutsche Genre-Freunde den Alptraum von Julie Rivers im Kino erleben. Die Geschichte der werdenden Mutter, die für die restlichen 56 Tage der Schwangerschaft zur Bettruhe verordnet wird.
Autorenfilmerin Lori Evans Taylor kann in ihrer Inszenierung nicht verleugnen, dass die Grundidee der Geschichte einen realen Hintergrund haben muss. Taylors Notwendigkeit zur Aufarbeitung wir im dritten, der exakt gleich gewichteten Akte am deutlichsten. Im neuen, leeren Haus wird es für Julie bald sehr schwer tatsächlich nur für Toilettengänge das Bett zu verlassen. Sie vermutet deswegen die erschreckenden Schatten und beunruhigenden Geräusche aus dem Wandschrank als Hirngespinste ihrer angespannten Psyche. Zumindest vorerst, denn die Vergangenheit von Julie, ihren Mann Guy, und ihres ersten, verstorbenen Kindes belastet das Paar noch immer.
Es ist leider unvermeidlich den Handlungsverlauf immer vorhersehen zu können. Die einzelnen Element hat man in nicht wenigen Filmen zur genüge variieren sehen. Guys neue Anstellung, die Renovierung des neuen Hauses, das Glück des Paares, und schließlich die einhergehende Einsamkeit im Haus. Was den Film bis zu den ersten Geistererscheinungen wenig attraktiv macht, ist der uninspirierte Einstieg, bei dem jede Szene sehr offensichtlich dazu dient einen später relevanten Faktor einzuführen. Sprichwort Babyphone, Greifarm, oder das kaputte Badezimmer. Hier schlägt Taylors Bemühen fehl, diesen ersten Akt natürlich und beiläufig erscheinen zu lassen.
Das BED REST auf ein Publikum ausgelegt ist, dass hinreichend mit guten und schlechten Filmen aus diesem Genre vertraut ist, ist auch seine eigener, größter Feind. Die Mechanismen sind bekannt, deswegen könnte nur helfen, mit den Bausteinen entsprechend zu spielen. Aber Lori Evans Taylor versteift sich zu sehr darauf, ein eindringliches Psychodrama zu erzählen und gleichzeitig einen mitreißenden Horrorschocker zu liefern. In der Inszenierung finden diese beiden Komponenten aber nicht zusammen, es scheint als würden sie sich ständig gegenseitig abstoßen. Zudem tut Kameramann Jean-Philippe Bernier dann auch noch viel dafür, alles einheitlich aussehen zu lassen.
Die Bildgestaltung ist gelinde gesagt einfallslos. Lichtstimmungen und Kameraperspektiven sind durchweg aus einem unspektakulären Guss. Mit Ausnahme von einigen Rückblenden, die sich allerdings auch nur mit langweiliger Farbblässe zufrieden geben. Es fehlt eindeutig an cleveren Spielereien welche die Intensität bestimmter Sequenzen hervorheben und besonders machen würden. Stattdessen verlässt sich der Film auf pausenlose Jump Scares, die zum reinen Selbstzweck meist absurd gesetzt sind. So kreischt der Kakadu nicht nur wenn etwas ins Bild springt, sondern noch viel lauter wenn etwas aus dem Bild verschwindet.
Wenn sich der vermeintliche Geist im Haus immer mehr zu manifestieren scheint, stärkt es Julies Überzeugung, dass es sich um ihren kurz nach der Geburt verstorbenen Sohn Andrew handelt. Es kommt wie es kommen muss, ihr Mann hält sie für hysterisch und glaubt ihr natürlich kein Wort. Nach etlichen Tagen reiner Angstzustände und Schreckensmomente, versucht Julie mit Andrews Erscheinung in Kontakt zu treten. Für wenige Minuten vergessen die Macher sogar ihre lauten Schockeffekte. Dieser unerwartete Wechsel in der tonalen Ausrichtung tut BED REST wirklich gut, weil sie überraschend Hoffnung auf einen anderen Film weckt.
Doch Taylor verfolgt ein anderes Ziel, und schwenkt deshalb sofort wieder zurück in die Spur der sicheren Formeln. Also zurück ins Gewöhnliche. Obwohl es thematisch nicht gewöhnlich sein sollte. Letztendlich versucht eine Mutter den Tod ihres Kindes zu verarbeiten, und Lori Evans Taylor tut auch alles dafür, dies nicht zu einem belanglosen Plot-Vehikel werden zu lassen. Aber die Mischung gelingt nicht. Der letzte Akt verkommt zu einem diffusen Spektakel zwischen esoterischer Glorifizierung und frenetischem Terror. Gerade hier hätte die Verherrlichung einer Mutter als engelsgleiches Überwesen weit origineller und wesentlich subtiler sein müssen.
Allzu oft verspielt BED REST seine im eigenen Kreis angesetzte Glaubwürdigkeit, die essenzielle zunichte . Melissa Barreras Bauchprothese ist nicht überzeugend, genauso wenig wie ihre körperliche Einschränkung. Und selbst in der Badewanne, oder aus dem Schlaf hochgeschreckt, sieht Barrera immer perfekt gestylt aus, wovon auch ein leichter Glanz auf der Haut nicht ablenken kann. Dem Klischee entsprechend sagt ihr eigentlich jeder, dass sie nur überspannt ist und Ruhe braucht. Und die falsche Fährte mit Haushaltshilfe Delmy, steht groß als falsche Fährte auf der Leinwand. BED REST ist eigentlich ein Film den man wirklich nur im Kollektiv eines Kinosaals erleben sollte, um zumindest den bestmöglichen Unterhaltungswert bei den Schreckmomenten zu erleben.
Darsteller: Melissa Barrera, Guy Burnet, Edie Inksetter, Erik Athavale, Sebastian Billingsley-Rodriguez, Kristen Sawatzky u.a.
Regie & Drehbuch: Lori Evans Taylor
Kamera: Jean-Philippe Bernier
Bildschnitt: Liz Calandrello
Musik: Chris Forsgren
Produktionsdesign: Marian Kotyk
USA / 2022
90 Minuten