TRANSFORMERS:
RISE OF THE BEASTS
– Bundesstart 08.06.2023
Mit AUFSTIEG DER BESTIEN hat Paramount einen Film herausgebracht, der ganz eindeutig eine weitere Klasse in der Zertifizierung fordert. Die müsste lauten: Altersfreigabe BIS 12 Jahre.
Man könnte sich über den Inhalt streiten. Wobei es bei einem Film über Roboter die sich in Fahrzeuge verwandeln können zum grundlegenden Konzept gehört, dass sich Robotern in Fahrzeuge verwandeln können. Der Streitfall über den Inhalt fällt daher kurz aus. Worüber man allerdings nicht streiten kann, sind fünf Drehbuchautoren die ein für den Mainstream 08/15-Handlungskonzept schreiben und daraus ein einzige Zumutung machen. Eigentlich könnte der Film sogar in seinem verschrobenen Konzept ernst genommen werden. Stellt sich aber selbst in Frage, wenn ein instabiler Ex-Soldat der Kabel-TV-Receiver hackt explizit gefragt wird, ob er „für eine streng geheime Regierungsorganisation arbeiten möchte“. Ganz so, wie es streng geheime Regierungsorganisation eben machen.
Aber es geht um Roboter die sich in Fahrzeuge und wieder zurück verwandeln können. Physikalisch bedingt ist bei den Spielzeugfiguren die Masse der Vehikel nach der Verwandlung in den Roboter das selbe Volumen. Die Filme haben das seit Michael Bays erstem TRANSFORMERS stark aufgeweicht. Obwohl der Regisseur allen Ernstes immer beteuert hat, die Designer hätten akkurat darauf geachtet das zum Beispiel Bumblebee als Roboter tatsächlich nicht mehr an Teile und Masse wäre, als ein Chevrolet Camaro. Hand aufs Herz. Damit hat man sich abgefunden, weil die TRANSFORMER-Filme stets ein Augen- und Ohrenschmaus waren. Sinnbefreit, aber Popcorn vom Feinsten.
Der Standalone-Vorgänger BUMBLEBEE konnte noch mit Format sprengenden Bildern und exzellenten, visuellen Effekten überzeugen. Im Gegensatz dazu hat Steve Caple Jr. eine nicht im geringsten beeindruckende Leistungsschau inszeniert, deren Computer generierten Effekte selbst nach der 3D-Konvertierung ohne plastische Anmutung bleiben. Dazu fehlen in den unzähligen Schlachten von Autobots (die Guten), Decepticons (die Bösen), Maximals (die Urzeitlichen) und Terrorcons (die dummen Schläger) immer Anhaltspunkte für die Größenverhältnise. Dafür versucht man die Wucht der Masse mit dröhnenden Bass-Effekten zu simulieren. Was die visuelle Beliebigkeit nicht ausgleicht.
Die reizlosen Effekte, zusammen mit der bedeutungslosen Geschichte machen AUFSTIEG DER BESTIEN zum Ärgernis. Die ausschließlich ethnischen Darsteller in den Führungsrollen könnten vielleicht ein Zeichen setzen wollen, erstickt sich aber selbst in den pauschalen Charakterzeichnungen. Ein dreißigjähriger Verlierertyp, der sich wie ein Zwanzigjähriger benimmt, dem selbst Anthony Ramos trotz seiner stets sichtbaren Bemühungen nichts von seiner Eindimensionalität nehmen kann. Aus dem Blaupausenbuch gesellt sich die geknechtet Archäologie-Praktikantin in Gestalt von Dominique Fishback dazu. Das nahende Ende der Welt schweißt die beiden zusammen. Dafür lässt man mit tatsächlich ernstgemeinter Emotionalität eine Hauptfigur sterben, von der bekannt ist, dass sie in den zeitlich später angelegten fünf Teilen lebt.
Der Film könnte unvermittelt abbrechen, und jeder könnte das Schicksal dieser Figuren zu Ende erzählen. Die Geschichte der wandelbaren Roboter selbst ist nicht wesentlich komplexer. Es gewinnt entweder Gut oder Böse, wie es eben der Handlungsverlauf erfordert. Letztendlich geht es um das Spektakel, dass in seinen überfrachteten Dimensionen durch die unübersichtliche Inszenierung jeden Reiz verliert. Neu dabei sind die Maximals, Roboter-Hybriden in Form von Gorilla, Nashorn, Gepard und Adler, die schon seit ewigen Zeiten auf der Erde verweilen und den Transwarp Key beschützen. Mit diesem Schlüssel könnte sich Planetenfresser Unicron die schmackhafte Erde einverleiben.
Lebende Roboter die wie Tiere aussehen nimmt sich für den Unbedarften natürlich zuerst als übersteigerter Auswuchs der grundsätzlichen Idee aus. Doch die Maximals sind der eigentliche Grund, warum das Spielzeug seinerzeit überleben konnte, als die hinlänglich bekannten Transformers in den Kinderzimmern uninteressant wurden (interessante Parallele zu den Kinofilmen). Die Figuren der Beast-Wars gaben neuen Aufschwung und Hersteller Hasbro kaufte die Rechte zurück. Vielleicht hat man sich mit einer neuen Trilogie (!) einen ähnlichen Effekt erhofft. Für den Deutschlandvertrieb wäre es erst einmal von Vorteil ein Lexikon in die Hand zu nehmen, und den Unterschied zwischen Bestie und Biest zu lernen.
Was zum Totalversagen von Tobias Meister als Synchronregisseur überleitet. Wenn sich eine originelle Idee als schlechte Entscheidung herausstellt, ist man auch für den Künstler verantwortlich, denn man fälschlicherweise in eine unangenehme Situation bringt. Formel-4 Rennfahrerin Sophia Flörsch mag ein ansprechendes Aussehen haben, aber als Ducati-Motorrad Arcee bringt sie die denkbar schlechteste Darbietung als Synchronstimme. Und es ist nicht ihre Schuld. Allerdings hätte es den Film auch nicht irgendwie geholfen. Die Story ist einfach unglaublich dünn und stets vorhersehbar. Man denke nur an das unerträgliche Klischee des kleinen, kranken Bruders.
Der Humor hält sich in abgesicherten Grenzen. Angsterfüllt aufgerissene Augen bei der Begegnung mit einem lebenden Roboter sind vollkommen überholt, Faustcheck zwischen Autobot und Mensch ist nicht cool, und der peruanische VW-Bulli erleidet im Versuch mit politischer Korrektheit humorvoll zu sein, einen verheerenden Fehlstart. Das kann auch der einzig zündende Witz des im Jahr 1994 spielenden Films nicht auffangen, wenn Porsche Mirage meint, er hat gehört das Marky Mark als Sänger bei der Gruppe Funky Bunch aussteigt, um Schauspieler zu werden. Der mit bürgerlichen Namen Mark Wahlberg bekannte Sänger hatte die Hauptrolle in TRANSFORMERS 4 und 5. Vielleicht, wahrscheinlich nicht, aber vielleicht hätte der wenigstens etwas Niveau in diese Peinlichkeit gebracht.
Darsteller: Anthony Ramos, Dominique Fishback, Dean Scott Vazquez, Luna Lauren Velez, Leni Parker, Michael Kelly u.a.
Stimmen:
Optimus Prime: Peter Cullen / Reiner Schöne
Optimus Primal: Ron Pearlman / Tilo Schmitz
Mirage: Pete Davidson / Lucas Wecker
Scourge: Peter Dinklage / Claus-Peter Damitz
Airazor: Michelle Yeoh / Arianne Borbach
Arcee: Liza Koshy / Sophia Flörsch
u.a.
Regie: Steven Caple Jr.
Drehbuch: Joby Harold, Darnell Metayer, Josh Peters, Erich Hoeber, Jon Hoeber
Kamera: Enrique Chediak
Bildschnitt: William Goldenberg, Joel Negron
Musik: Jongnic Bontemps
Produktionsdesign: Sean Hawthorn
USA / 2023
127 Minuten