MEMORY OF WATER

Memory of Water - Copyright BUFO ProductionsVEDEN VARTIJA
– Bundesstart 08.06.2023

Irgendwo in der Skandinavischen Union. Nach einer bakteriellen Katastrophe gibt es kaum noch trinkbares Wasser. Die Militär-Regierung kontrolliert, reguliert und vergibt Trinkwasser als streng eingeschränktes Gut. Nach dem Tod ihres Vaters übernimmt die junge Noira das Amt des Tee-Meisters in einer Siedlung außerhalb der großen Städte. Wo genau, ist nicht angegeben. Und was genau die Bedeutung einer Tee-Meisterin ist, außer zeremoniell Tee für unbestimmt bevorzugte Gäste zu brühen, wird auch nicht näher erklärt. Auffallend ist jedenfalls der starke Einfluss japanischer Kultur in dieser vielleicht gar nicht so fernen Zukunft, doch auch darauf wird nicht groß eingegangen. Wesentlich dringlicher ist die Frage, ob es im Handbuch für Filmstudenten tatsächlich geschrieben steht, dass dystopische Welten ausschließlich in entsättigten, kraftlosen Farben mit wenig Kontrastumfang dargestellt werden dürfen. MEMORY OF WATER eröffnet so viele kreative Möglichkeiten, zeigt sich aber in der Umsetzung oft sehr uninspiriert und schematisch.

Die Geschichte von Emmi Itärantas 2012 erschienen Roman ‚The Tea Master‘s Book’ ist bestimmt keine Neue. Gerade im unabhängig produzierten Kino mit wenig Budget, sind dystopische Szenearien mit zerstörten Landschaften oder stark dezimierter Menschheit, oder in Kombination sehr beliebt. Gerade in den vergangenen Jahren gab es gibt einige sehr gute Beispiele in diesem Genre, die mit sehr wenig Geld wirklich überzeugende Geschichten in großartige Filme packten. Eigentlich wäre dabei das Zauberwort Innovation. Doch im Handlungsverlauf entfernt sich Saara Saarelas Film immer wieder zu weit vom Besonderen und dem Eigenständigen.

Noira findet geheime Aufzeichnungen ihres Vaters, die auf sauber Wasserquellen im verbotenen Niemandsland hindeuten. Tatsächlich findet Noira die Quelle, muss aber erfahren, dass die Regierung auch schon hinter dem kostbaren Gut her ist. Denn Kontrolle über frisches, trinkbares Wasser ist auch der Schlüssel für die oppressive Macht der Union. In Taro, einem Regierungsbeamten der im Dorf die Wasserverteilung regulieren soll, glaubt Noira einen Verbündeten zu haben. Mit seiner Hilfe gelingt es Noira mit ihrer besten Freundin Sanja ins verbotene Niemandsland zu kommen, wo Noiras Vater unerschöpfliche Wasserquellen vermutete.

Das Problem mit MEMORY OF WATER ist ein schwaches Drehbuch, dass auf eine einfallslose Regie trifft. Dafür macht die Ausstattung um Otso Linnalaasko das Beste aus einem minimalistischen Budget. Kahle Landschaften, aufgelassene Industrie, per Computer erzeugte Zeppeline die den Horizont ausschmücken, staubige Straßen, und bestenfalls Fahrräder, weil Fahrzeuge den Ordnungshütern vorbehalten sind. Die Szenerie überzeugt, weil vieles auch nicht erklärt wird, und daher selbstverständlich wirkt. Wasserdiebe werden kurzerhand in ihren Wohnungen eingekerkert, und die Häuser zur Abschreckung markiert.

Memory of Water2 - Copyright BUFO Productions

 

Soweit kann sich der Zuschauer ein wenig gefordert fühlen. Leider nur kurz, weil sich das Potential dieser Welt sehr schnell erschöpft. Die umgehende Bestrafung von unrechtmäßiger Wasserentnahme ist ein vorgeschobenes Argument, wie besorgt sich die Union um die Bevölkerung kümmert, und den Ehrlichen zu ihren Recht verhilft. In Wahrheit würde frei verfügbares Wasser eine Revolution auslösen. Soweit hat weder das Buch von Emmi Itäranta, noch die Regie von Saara Saarela, dieser Blaupausen-Dystopie nichts Neues hinzu zu fügen. Ganz im Gegenteil. Viel zu schnell vermutet man zu Recht den Verlauf der Handlung und die wahren Beweggründe diverser Figuren.

Da ist zum Beispiel Sanja, die ihre Zeit damit verbringt, aus Abfall wieder nützliche Sachen zu basteln. Das ist nur insoweit interessant, als das sie einen CD-Player findet mit dem sie nichts anzufangen weiß. Und das just in dem Moment, als Noira in den Unterlagen ihres Vaters eine undefinierbare, silberne Scheibe findet. Dies ist einer von den vielen Handlungspunkten, die mehr an ein Krimi-Abenteuer für Kinder erinnern, wo zufällige Zufälle eine plausible Erzählstruktur einfach überflüssig machen. Und bei allem Respekt vor seinem möglichen Talenten, kann die Rolle von Lauri Tlkanan als gut aussehender Taro nicht vorhersehbarer sein.

Sicherlich mag das Anliegen des Roman wichtig und auch aktuell sein, und dahingehend entstand sicherlich die Motivation für Saara Saarelas Adaption. Doch auf welche Misere wir als Gesellschaft im falschen Umgang mit der Umwelt zusteuern können, hat man bei anderen Filmen in interessanterer Form schon wesentlich eindringlicher gesehen. Und da hilft es wenig (Spoiler), den mit frischem Wasser gefüllten See als einziges Element in besonders kräftige und leuchtende Farben zu zeigen. Bei diesem Film, in dem ausgerechnet die wenigen Spannungs- und Action-Momente so inszeniert sind, dass das geringe Budget besonders hervorgehoben wird, können lediglich Saga Sarkola und Mimosa Willamo in ihren Szenen darstellerisch glänzen. Wenngleich gerade die relevanten Dialoge ziemlich altbacken geschrieben sind. Da sind die japanischen Elemente in dieser Welt noch am interessantesten, worauf aber nicht eingegangen wird. Wie in einem guten Film, der versteht auch elegant subtil und zurückhaltend zu erzählen.

Memory of Water1 - Copyright BUFO Productions

 

Darsteller: Saga Sarkola, Mimosa Willamo, Lauri Tilkanen, Pekka Strang, Minna Haapkylä, Kheba Touray u.a.
Regie: Saara Saarela
Drehbuch: Ilja Rautsi
nach dem Buch von Emmi Itäranta
Kamera: Kjell Lagerroos
Bildschnitt: Jussi Rautaniemi
Musik: Volker Bertelmann
Produktionsdesign: Otso Linnalaasko
Finnland, Norwegen, Estland, Deutschland / 2022
101 Minuten

Bildrechte: BUFO Productions
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