SHOTGUN WEDDING

Shotgun Wedding 2 - Copyright LEONINE DISTRIBUTION– Bundesstart 19.01.2023
– Prime Video US – 27.01.2023

Zerfetztes Brautkleid, Armeestiefel, Schrottflinte, und das ganze an Jennifer Lopez. Eine zweifelsfrei beabsichtige Mischung von ruchlos und sexy. Vielleicht haben sich die Produzenten ein kleines bisschen an Samara Weavings überraschend spektakulären Auftritt in READY OR NOT orientiert. Für SHOTGUN WEDDING hat Regisseur Jason Moore aber weit mehr im Sinn, mit dem was ihm Mark Hammer als Drehbuch bot. Hammer hat mit TWO NIGHT STAND vor acht Jahren sein letztes Drehbuch abgegeben, indem sich die seinerzeit noch unbekannten Miles Teller und Lio Tipton hervorragend profilieren konnten. Jason Moore hat immerhin den ersten PITCH PERFECT perfekt gemacht, aber dann stark nachgelassen, indem er nicht einmal mit dem Duo Amy Poehler und Tina Fey krachende Lacher für SISTERS inszenieren konnte. Jetzt kommt also Jennifer Lopez, die scheinbar nur noch in streng kalkulierten Rom-Coms Platz zu finden scheint, diese aber trotz aller Schwächen zum strahlen bringt.

Für eine extravagante Hochzeit, ist ein nobles Erholungsressort auf den Philippinen gerade gut genug. Darcy und Tom wollen es endlich wissen. Seine exzentrischen Eltern kommen. Ihre geschiedenen Eltern sind da, samt jeweils neuer Beziehung. Die liebesbedürftige Schwester, ein notgeiler Trauzeuge, viele unwichtige Gäste als Staffage, und zu allem Überfluss noch Darcys schwerreicher Ex-Freund. Es gibt komödienbedingt einige Irrungen und Wirrungen, bis eine Bande bewaffneter Filipinos die Gesellschaft als Geisel nimmt. Dumm nur, dass ausgerechnet das Brautpaar fehlt, weil das gerade woanders klären muss, ob es wirklich füreinander bestimmt ist.

Ryan Reynolds hätte zuerst die Rolle des Tom Fowler übernehmen sollen, der hätte bei reiferer Überlegung auch nichts retten können. Dann schied Armie Hammer wegen geschmacklicher Fehltritte aus, hätte aber eine andere Art von Humor eingebracht, was den Versuch wert gewesen wäre. Jetzt ist Josh Duhamel neben Jennifer Lopez zu sehen, der ist aber einfach nicht witzig. Für anzügliche Komödien mag Duhamel die richtige zügellose Energie haben. Für eine funktionierende Mischung von romantischer Komödie und Action-Abenteuer ist es bei ihm allerdings mager angerichtet. Das ist gut zu beobachten, wenn er als Tom keine Reaktion auf Darcys Wunsch nach Sex zeigt. Das wirft viele Fragen an die Regie und den Darsteller auf.

Wenn der Bräutigam lieber Tischdekoration bastelt, anstatt den Verführungskünsten der halbnackten Braut nachzukommen, kann das selbstredend nicht allein die Schuld von Josh Duhamel sein. Diese Szene ist eigentlich stellvertretend für viele anderen die danach kommen. Hammers Drehbuch hat keinen wirklichen Witz, Jason Moore inszeniert mit dürftiger Inspiration, und Duhamel kann mit dem Ganzen überhaupt nichts anfangen. Hingegen ist die ewig jugendliche Jennifer Lopez von Natur aus ein dynamisches Wesen mit hoher Anziehungskraft. Lopez kann auch eine leblose Drehbuchseite mit Energie laden, weil sie Timing beherrscht, auch wenn der Witz fehlt.

Shotgun Wedding 1 - Copyright LEONINE DISTRIBUTION

Wirklich tot ist aber SHOTGUN WEDDING nicht. Leider ist es nur so, dass humorvolle Spitzen durchaus Lacher generieren, diese dann aber sehr schnell in der Beliebigkeit der unzähligen Standardsituationen regelrecht untergehen. Wenn Lopez zum Feldzug gegen das Böse startet, dann fehlt ihr einfach ein gleichwertiger Partner als Gegengewicht. Von Buch und Regie sind diese Figuren allein gelassen, sie leben nur von der losgelösten Spielfreude der Darsteller. Fast erwartungsgemäß erregt dabei Jennifer Coolidge die meiste Aufmerksamkeit, die unbefangen jede Szene vereinnahmt. Wenn sie den vollkommen unterforderten Cheech Marin immer wieder an die Gangster verrät, sind das echte Schenkelklopfer.

Wie Cheech Marin, muss sich auch Grande Dame Sonia Braga mit wenig zufrieden geben. Wie mittlerweile immer häufiger zu beobachten, gönnen sich Urgesteine des anspruchsvollen Kinos im anspruchsvollen Alter auch einmal zottige Komödien und derbe Action. In dieser Beziehung beweist sich SHOTGUN WEDDING für Braga als missglückter Versuch, weil ihrem Charakter der versnobten Brautmutter eher schlechter Boden bereitet ist. Ohne wirklichen Zusammenhang leitet das über zu der Feststellung, dass der Begriff ‚Shotgun Wedding‘ eigentlich auf eine Vertuschungsaktion wegen vorehelicher Schwangerschaft zurückgeht. Die Filmemacher hielten das bestimmt für witzig.

Shotgun Wedding bringt man lediglich mit Darcys waffenschwingenden Einlagen in Zusammenhang, eine weiterführende Doppeldeutigkeit sucht man vergeblich. Was zu den Action-Szenen überleitet, die nicht so zahlreich gesetzt, aber ansehnlich choreografiert sind. Das Auto welches am Brautkleid zerrt, ist eine beispielhafte Szene, dass absurde Verkettungen die unterhaltsamsten Situationen schafft. Im Verhältnis zeigt der der Film davon zu wenig. Dafür hapert es dann ordentlich an der Logistik, weil die Zuschauenden nie genau wissen, wo sich die Protagonisten befinden. Unter anderem ist es verwunderlich, dass man vor dem Hotel am Strand steht und hinter dem Hotel in ein Tal schaut.

Am Ende gibt es noch einen überraschenden Twist. Dabei ist wenig überraschend, dass dieser Twist wirklich nicht überraschend ist. Von allem was der Film vorgibt zu sein, hat er einfach zu wenig. Den geglückten Stunt-Einlagen fehlt die Ausdauer, dem Humor die Inspiration, und beides harmoniert nicht. Das erweckt den Eindruck von zwei verschiedenen Genres aus zwei verschiedenen Filmen. Die Reaktionen der Gangster auf diese absonderliche Hochzeitsgesellschaft, die sie einfach nicht in den Griff bekommen, wären eben solche verbindende Momente. Aber die alleine reichen nicht aus um SHOTGUN WEDDING sehenswert zu nennen, selbst wenn man Coolidges herrliche Exzentrik draufpackt. Immerhin ist da noch Jennifer Lopez. Aber für sie kann einer sich nur wünschen, Steven Soderbergh würde noch einmal etwas wie OUT OF SIGHT machen.

Shotgun Wedding - Copyright LEONINE DISTRIBUTION

 

Darsteller: Jennifer Lopez, Josh Duhamel, Jennifer Coolidge, Cheech Marin, Sonia Braga, Steve Coulter u.a.
Regie: Jason Moore
Drehbuch: Mark Hammer
Kamera: Peter Deming
Bildschnitt: Doc Crotzer
Musik: Pinar Toprak
Produktionsdesign: Page Buckner
USA / 2022
100 Minuten

Bildrechte: LEONINE DISTRIBUTION
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