Bisher haben Regisseur Christopher Nolan und Komponist Hans Zimmer sechs Mal zusammen gearbeitet. Eine siebte Zusammenarbeit steht noch aus, weil sich Hans seinen Jugendtraum eines DUNE-Soundtrack erfüllen konnte. Deswegen engagierte Chris für TENET Ludwig Göransson. Beide Filmmusiken entstanden somit gleichzeitig. Da mutet es schon unheimlich an, dass Göransson einen Score komponierte, der mit seinen unruhigen, oft disharmonischen Klängen in weiten Teilen dem von DUNE sehr ähnlich ist. In der Regel wird der Charakter der musikalischen Untermalung vom Thema des Films geleitet, und nach den Vorstellungen des Regisseurs abgesegnet. Das Vertrauensverhältnis zwischen Christopher Nolan und Hans Zimmer ist aber ein anderes. Es geht tiefer und hat die rationalen Ebenen längst hinter sich gelassen.
Nach der Batman-Trilogie und INCEPTION war INTERSTELLAR die fünfte Kollaboration von Chris und Hans. Nur wusste der Musiker nichts davon. Der Filmemacher fragte den Komponisten, „wenn ich dir nur eine Seite gäbe, und Du wüsstest überhaupt nicht worum es geht, nur diese eine Seite, würdest Du mir einen Tag Arbeit schenken?“ Das so etwas nicht nur Ehrgeiz weckt, sondern auch brennende Neugierde, versteht sich von selbst. Doch Nolan beschwichtigte seinen Freund, „was immer dir an diesem Tag einfällt, wird in Ordnung sein.“
Was Hans Zimmer in einer Nacht schrieb, war ein vier Minuten langes Stück für Piano und Orgel. Hans suchte Inspiration im Gedanken, was es bedeutet ein Vater zu sein. Das Stück Papier enthielt nur eine dürftige Beschreibung von einem Vater, der seine Familie wegen eines wichtigen Auftrages verlassen muss. Darin gab es lediglich zwei Dialogfragmente: „Ich werde zurück kommen“ und „Wann?“
Am nächsten Morgen hörten sich die beiden Freunde das Stück zusammen an, und Christopher hatte nur einen Kommentar: „Nun, es ist besser wenn ich den Film sofort mache.“ Und erst danach erfuhr Hans von den ausufernden Dimensionen des Films, seine Reise und die Zeit die überwunden werden muss. Diese epische Mischung von Wissenschaft, Philosophie und der Unendlichkeit des Universums. Dieses Stück Musik führte Christopher Nolan durch den Prozess des Drehbuchschreibens. Und später war es Begleiter während der Dreharbeiten. Was an diesem einen Abend geschrieben wurde, blieb als Grundthema für den gesamten Soundtrack von INTERSTELLAR erhalten, der durchgängig von Piano und Orgel bestimmt wird.
Der spontane Entschluss Nolans, den Film aufgrund von Zimmers musikalischen Gedankengängen zu realisieren, überraschte den Komponisten an jenem Tag. Nach der Auffassung von Hans war es ein kleines, sehr persönliches Stück, dass der Tragweite von Christophers Idee vielleicht nicht gerecht wurde. Aber der Filmautor konnte seinen Freund besänftigen, „ja, aber ich weiß jetzt wo das Herz der Geschichte liegt.“ Später ergänzte Hans Zimmer in einem Interview, „alles an diesem Film war persönlich.“
