Als ob man es nicht schon immer geahnt hätte. Wozu all das Blut, die Tränen, der Schweiß, wenn man dann die Erkundung des Mondes so unvermittelt abbricht? Am Geld kann es nicht gelegen haben, und dass man dem Erdtrabanten schon alles an zu erforschendem Wissen entlockt haben könnte, muss bezweifelt werden. Was ist also geschehen, dass die amerikanische Regierung und gleichzeitig auch die NASA sämtliche Luna-Projekte stoppen ließen? Wer bisher als weltfremder Verschwörungstheoretiker belächelt wurde, findet endlich seine Bestätigung und viele anstehende Entschuldigungen. Von der Öffentlichkeit unbemerkt startete 1974 Apollo 18 zum Mond und landete erfolgreich. Und es hatte einen Grund, dass die Öffentlichkeit nichts von der Mission erfahren sollte. Genau diesem Grund sind die Astronauten Walker, Anderson und Grey zum Opfer gefallen. Wie der interessierte Voyeur sich jetzt überzeugen kann, befinden sich auf dem Mond mehr als nur die Überbleibsel vergangener Apollo-Missionen. Dank der endlich veröffentlichten Film- und Videoaufzeichnungen erfährt die Öffentlichkeit nun, warum wir von der NASA ebenso wie von der amerikanischen Regierung angelogen wurden.
Wenn wieder einmal die Frage auftauchen sollte, ob sich das Genre des Found-Footage-Thrillers nicht längst selbst überholt hat, muss man das mit einem klaren „Nicht unbedingt“ beantworten. Diese mittlerweile nicht mehr wegzudenkende Prämisse kann im richtigen Umfeld durchaus noch Vergnügen bereiten, nämlich dann, wenn man es als Stilmittel benutzt und nicht in ernst gemeinter Absicht. Wo der deftige Grusel und heftige Schock bei „Paranormal Activity“ auch noch im dritten Teil funktioniert, fliegt Apollo 18 weit am Ziel vorbei. Millers und Goodmans Drehbuch entfernt sich inhaltlich zu weit von den beschränkten Möglichkeiten einer tatsächlichen Apollo-Mission, während sich Regisseur Lopez-Gallego darin verliert, bis ins kleinste Detail realistisch inszenieren zu wollen.
In seiner bildlichen Umsetzung ist „Apollo 18“ durchaus erste Güte. Dass die Astronauten sowie der Zuschauer Geräusche auf der Mondoberfläche hören können. Das wäre dahingehend nicht weiter bedenklich, wenn sich der Film im Gesamten nicht so verdammt ernst nehmen würde. Dafür ist das Material umso überzeugender. Verwaschene Videoaufnahmen, überlagertes Filmmaterial, Schlieren, Drop-outs. Eindrucksvoll beweist „Apollo 18“, dass es heutzutage tatsächlich kein Problem mehr wäre, die erste Mondlandung in einem Fernsehstudio zu realisieren. Die Optik besticht, und die Detailversessenheit bei den Bauten überzeugt. Allerdings wirft Patrick Lussiers Bildschnitt die Frage auf, warum er ständig versucht, mit überbelichtetem Endmaterial oder Videorauschen dramaturgische Übergänge zu schaffen. Der komplette Film ist mit den verschiedenen Einstellungen seiner diversen Kameras so flüssig auf den Punkt geschnitten, dass dieser Kniff einfach keinen Sinn macht. Es sei denn, Lussier wollte einen künstlerischen Anspruch mit einfließen lassen, und künstlerischer Anspruch ist bei einem Found-Footage-Thriller mehr als unangebracht.
Gerade der übertriebene Anspruch auf Realismus im Bild beendet dann auch prompt die Glaubwürdigkeit in der Inszenierung. Mindestens acht Kameras müssten mit zum Mond geflogen sein, um zu zeigen, was uns Gonzalo Lopez-Gallego zeigen will. Was man erklären könnte. Allerdings erklärt es nicht die Unmengen an Material, um alle acht Kameras rund um die Uhr zu bestücken. Es gibt unendlich viele Seiten im Internet und auch Bücher, die sich mit den Herausforderungen einer Apollo-Mission auseinandersetzen. Oder die Macher hätten sich einfach einmal „Apollo 13“ angesehen. Die achtzehnte Mission wirft doch alles über den Haufen, was man von Ron Howard in „Apollo 13“ gelernt hat. Schlimmer noch, wenn sich im Film die ersten Anzeichen von unerklärlichen Vorkommnissen abzeichnen, unternehmen die Astronauten beliebig oft nicht geplante Ausflüge auf die Oberfläche. Nach „Apollo 13“ hat Tom Hanks „From the Earth to the Moon“ produziert. Ein kurzer Blick in die Serie hätte gezeigt, dass so etwas einfach nicht möglich wäre. Oder eben einmal in ein Buch geschaut, wenn noch jemand weiß, wie man so etwas nutzt.
Filme wie „Apollo 18“ sind für Fanboys und Nerds gemacht, da sollte man sich keine Fehler leisten, welche gerade Fanboys und Nerds sofort auffallen. Doch krankt es nicht nur an inhaltlichen Fehlern, sondern auch an der dramaturgischen Umsetzung. Augenscheinlich ist dies eine außerweltliche Variante eines Spuk-Haus-Horrors. Die Einsamkeit im dunklen Wald bei „Blair Witch Project“ oder die schlagenden Türen in der Nacht bei „Paranormal Activity“ sind für jeden Zuschauer nachvollziehbare Schreckensmomente, die sich auf Urängste berufen, und begründen auch den großen Erfolg dieser Filme. Ein Lunar-Modul oder die Mondoberfläche selbst können keine emotionalen Verbindungen ansprechen, die das Publikum auf sich zu reflektieren versteht. Im wahrsten Sinne ist das Geschehen um Apollo 18 einfach zu weit weg, um ein konkretes Verständnis wecken zu können.
Found-Footage-Filme sind lange nicht am Ende. Da wird dem Genre-Freund noch einiges an Erfreulichem zu Gesichte kommen, allerdings noch viel mehr an Ärgernissen. „Apollo18“ gehört zu letzteren, weil er viel mehr sein wollte, als er jemals sein konnte, und dabei seinen Inhalt vollkommen aus den Augen verloren hat. Wenn sich die Kollegen Lopez-Gallego, Miller und Goodman schon weigern, in Bücher zu schauen oder die Standardwerke des Mainstreams zu sichten, hätten sie zumindest im weiteren Umfeld des eigenen Genres das Terrain erforschen können. „Dark Side of the Moon“ wäre hier ein gutes Beispiel gewesen, das in Ansätzen zeigt, wie man sich mit einem Thema inhaltlich auseinandersetzt, das dem Zuschauer erst nahegebracht werden muss.
Allerdings belegt „Dark Side of the Moon“, dass die Mondlandung nie stattgefunden hat. Somit kommt man in einen Gewissenskonflikt, denn Produzent Harvey Weinstein hat in einem Interview mit Entertainment Weekly beharrlich behauptet, dass für „Apollo 18“ kein Meter Film nachgestellt wurde, weil der komplette Film aus gefundenem Material geschnitten wurde. Warum sollte ein Mann wie Harvey Weinstein so etwas behaupten, wenn es nicht wahr wäre? Ob „Dark Side of the Moon“ oder „Apollo 18“ – es stellt sich für den Filmfreund und Verschwörungstheoretiker die Frage, warum wir ständig von der NASA angelogen werden.
Darsteller: Lloyd Owen als Nathan Walker, Warren Christie als Ben Anderson, Ryan Robbins als John Grey
Regie: Gonzalo Lopez-Gallego
Drehbuch: Brian Miller, Cory Goodman
Kamera: José David Montero
Bildschnitt: Patrick Lussier
Produktionsdesign: Andrew Neskoromny
USA / 2011
zirka 86 Minuten