DON’T BREATHE 2

Dont Breathe 2 - Copyright SONY PICTURES– Bundesstart 09.09.2021

Es ist erstaunlich, dass Fede Alvaraez und Rodo Sayagues‘ Überraschungs-Thriller DON’T BREATHE ganze fünf Jahre brauchte, um endlich fortgesetzt zu werden. Der ‚blinde Man‘ hat mittlerweile einen Namen, was aber weder handlungsrelevant ist, noch den geneigten Zuschauer interessieren dürfte. Es kommt darauf an, dass der blinde Mann wieder den bösen Jungs das Fürchten lehrt. Wobei es zum Konzept von Teil Eins gehörte, die Charakterisierung von Gut und Böse auf den Kopf zu stellen. Dieses Konzept wird auch fünf Jahre später ein elementarer Teil der Handlung. Darüber hinaus wollen aber die Filmemacher nur das Beste für ihr erfolgreiches geistiges Kind, und überhäufen es mit allerlei Einfällen, um aus der Kinderstube ein ordentliches Eigenheim zu gestalten. Denn wie mittlerweile üblich, wird auch DON’T BREATHE als Filmerfolg nicht einfach fortgesetzt. Teil Zwei wird mit Elementen aufgeblasen, die eine weit komplexere Geschichte für die Zukunft ermöglichen.

Der blinde Mann lebt noch immer in einer von Leerstand und Abbruch geprägten Nachbarschaft. Mit ihm seine Tochter Phoenix, die höchstens einmal im Monat das Haus verlassen darf, weil die Welt schlecht ist, und sie sich nicht entsprechend verteidigend könnte. Ziemlich auffällig und doch so als wäre es beiläufig, berichten die Nachrichten über die Fahndung nach einem Arzt, der Menschen verschleppt und ihre Organe verkauft. Und als Phoenix bei einem ihrer extrem seltenen Ausflüge von einem finsteren Kerl angesprochen wird, dann weiß man Bescheid. Bei manchen Filmen fällt so eine naive Dramaturgie kaum ins Gewicht. Doch bei DON’T BREATHE 2 kann man sich eigentlich nur darüber hinweg trösten, weil man einen blinden Mann gegen eine Horde bewaffneter Schwerverbrecher kämpfen sehen will.

Dont Breathe 2 a - Copyright SONY PICTURES

Sayagues und Alvarez möchten sehr viel, waren aber nicht bereit viel dafür zu tun. Außer, dass bei diesem Aufguss Rodo Sayagues den Regiestuhl übernommen hat. Viele Spannungsmomente lösen sich mit einer Wendung auf, doch diese sind entweder abzusehen, oder entfalten sich gar nicht so überraschend. Viel zu verbissen folgt die Inszenierung den Regeln von schon lange bewährten Mustern. Wirklich interessant gestalten sich eigentlich nur jene Action-Szenen, in denen der blinde Mann seine Widersacher mit raffinierten Gimmicks über die Klinge springen lässt. Die Settings, wenn die Bösen den vermeintlichen Helden stellen können, stehen dann im krassen Gegensatz. Wo andere Figuren ohne zu zögern ermordet werden, gönnt die Regie dem blinden Mann immer genügend Zeit, um sich doch noch befreien zu können. Das erzeugt bestimmt schon seit dreißig Jahren keinen Nervenkitzel mehr. Eine logische Nullnummer ist der Einfall mit der Überlebensbox. Hier hat die Inspiration vollkommen versagt, weil der Effekt weit über den Sinn gestellt wurde.

Man kann diesen Nachfolger durchaus als solides Thriller-Kino bezeichnen, wo die Macher wussten, wo die Daumenschrauben anzusetzen sind. Sie hätten nur etwas mit Mut und Eigenständigkeit anziehen müssen. Ein sehr trauriges Versäumnis, ist der fehlende Anspruch die Ebene des blinden Mannes konsequent als Spannungselement zu nutzen. Es gibt eine Sequenz, wo sich der alternde Navy Seal an den Wellen einer Wasserlache am Boden orientiert, und in nur einem Moment werden die Umgebungsgeräusche soweit ausgeblendet, dass auch der Zuschauer wahrnimmt, wie sich der blinde Mann zurecht findet. Aber das sind leider nur augenblickliche Höhepunkte, die in ihrer Wirkung viel zu schnell verpuffen, und der Film auch nichts weiter damit anzufangen weiß.

Das der Plot-Point im Mittelteil eine radikale Wendung in der Handlung macht, überrascht dabei wenig. Folgt die Fortsetzung doch sehr stringent den Elementen des Vorgängers. Die Idee dahinter mag sich auf dem Papier spannend ausnehmen. Aber Alvarez und Sayagues lassen dahinter eine originellere Umsetzung vermissen, weil ihnen auch hier der reine Effekt wichtiger ist, als eine innovative Neugestaltung von Thriller-Standards. Und genau dabei rutschen sie in die Unglaubwürdigkeit, soweit in diesem Genre Glaubwürdigkeit gegeben sein kann. Die Motivationen und Verhältnisse der Figuren untereinander ergeben schlichtweg keinen Sinn. Wie man es auch betrachten mag, es bleibt bei der Begrifflichkeit von solide, sollte man die cineastische Berieselung bevorzugen. Das die beiden Filmemacher das Universum weiter ausbauen möchten ist unverkennbar. Dies ist ja mittlerweile schon eine Marotte an Selbstüberschätzung im jungen Mainstream-Kino. Und außerdem hat Norman Nordstrom endlich einen Namen. Abhängig vom Erfolg, entspinnen sich bei Gelegenheit bestimmt noch einige mehr oder weniger inspirierte Geschichten hinter diesem Namen.

Dont Breathe 2 b - Copyright SONY PICTURES

 

Darsteller: Stephen Lang, Brendan Sexton III, Madelyn Grace, Adam Young, Bobby Schofield, Rocci Williams u.a.
Regie: Rodo Sayagues
Drehbuch: Rodo Sayagues, Fede Alvarez
Kamera: Pedro Luque
Bildschnitt: Jan Kovac
Musik: Roque Baños
Produktionsdesign: David Warren
Serbien – USA / 2021
98 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES
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