CASH TRUCK

Wrath of Man 1 - Copyright METRO-GOLDWYN-MAYERWRATH OF MAN
– Bundesstart 29.07.2021

Ob Guy Ritchie für die Karriere von Jason Statham verantwortlich ist, dürfen die Historiker entscheiden. Das Jason Statham am besten ist, wenn er in einem Guy Ritchie Film auftritt, ist schon jetzt unbestritten. Es hat eine lange Zeit gedauert, bis eine erneute Kollaboration zustande kam, und dem Action-Kino hätte es gut getan, wenn sie schon viel früher passiert wäre. Der geheimnisvolle Fremde, dessen Motivation lange Zeit im Dunkeln bleibt, ist fast schon eine Standardrolle für den an Mimik befreiten Statham. Harte Action mit brutalen Einschlägen ist auch eher etwas, was Ritchie immer leicht aus dem Ärmel zu schütteln scheint. Wenn nach einem blutigen Überfall auf einen Geldtransporter Stathams Charakter Hill bei dieser Firma anwirbt, dann hat das noch lange nichts originelles. Selbst Hills neuer Spitzname ist weniger witzig als vielmehr Versatzstück, wenn die neuen Kollegen ihn nur H nennen. H wird zu diesem fast namenlosen Fremden, der irgendwie, aber undurchsichtig die Fäden in der Hand zu halten scheint. Und dann fällt auch auf, dass diese nach Blaupause scheinende Geschichte doch ganz anders ist, als Guy Ritchie für gewöhnlich erzählt.

Der Film, den Ritchie mit Ivan Atkinson und Marn Davies zusammen geschrieben hat, ist in Kapitel gegliedert. Die jeweiligen Titel erklären sich immer erst am Ende des Kapitels, doch das ist nicht das eigentlich Element, sondern das jedes Kapitel einen eigenen Handlungsstrang erzählt. So baut der Film immer wieder neue Spannungsbögen auf, wo jeder für sich fantastisch funktioniert. Die Intensität der Geschichte lässt nicht nach, sondern steigert sich immerzu, weil die Verbindungen zwischen einzelnen Figuren und Triebkraft der Ereignisse klarer werden. Aber Buch und Regie sind dabei so raffiniert gearbeitet, dass selbst bei den Erzählsprüngen in der Zeitlinie die eigentlichen Beweggründe für H, ehemals Hill, einen eigenständigen und übergreifenden Spannungskurve aufbaut.

Wie nicht anders zu erwarten, ist die Bildsprache der Handlung untergeordnet. Wie für einen Ritchie Film üblich, sind die Bilder sehr konkret und kontrastreich. Spielereien mit verzerrten Einstellungen, oder populärer Handkamera lässt Kameramann Alan Stewart gar nicht zu. Einzig zu Anfang gibt es eine sehr lange, ungeschnittene Sequenz mit dem Blick aus dem Inneren eine Geldtransporters während eines Überfalls. Der Zuschauer nimmt dabei den Blickwinkel der Transportfahrer ein, was einen verstörenden, aber auch mitreißenden Eindruck macht.

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Hauptsächlich Bildtotalen und elegische Schwenks erzeugen eine sehr intensive Atmosphäre, weil die Kamera nie vorweg nimmt, wie sich eine Szene auflösen wird. Da wir als Zuschauer nur erahnen, wie die Figuren zueinanderstehen, oder wie sie charakterliche geprägt sind, kann auch jederzeit alles passieren. Die Autoren haben sich einiges einfallen lassen, um diverse Charaktere immer wieder aufgeheizt aufeinander los zu lassen. Ob H nun der Böse ist, oder nur die Bösen jagt, bleibt genauso ungewiss, wie seine Beziehung zu den Drahtziehern der nicht enden wollenden Überfälle auf die Geldtransporter.

Es ist das altbekannte Muster des Vergeltungsthrillers. Nur das die Erzählung angereichert ist mit vielen raffinierten Wendungen und Täuschungen. Da kann sich der vermeintliche Fiesling dann doch als eventueller Helfer erweisen. Oder vielleicht entpuppt sich der Freund auch als niederträchtiger Verräter. Dadurch das Ritchie kein noch so abgedroschenes Klischee auslässt, diese aber auch genauso oft gegen den Strick bürstet, oder vielleicht auch nicht, macht CASH TRUCK zu einem wirklich spannungsgeladenen Thriller. Einem Thriller dem allerdings auch der beißende Humor, oder bittere Ironie fehlt, die einen Guy Ritchie so populär gemacht haben.

Selten war ein Jason Statham so perfekt für einen Jason Statham-Film besetzt. In diesem durch und durch düsteren Ambiente ist er in seiner gewohnt extrem stoischen Art genau der Typ, welcher der abwechslungsreichen Erzählstruktur bestens entgegen kommt. Für seine sonst durchschlagendes Wesen, hätte der Film zumindest eine spektakulärere Sequenz für den Showdown verdient. Auch wenn der Regisseur immer wieder für explizitere Gewaltdarstellung zu haben ist, zeigt er sich in Action-Szenen immer etwas weniger inspiriert. Was CASH TRUCK in seiner atmosphärischen Spannung keineswegs weniger intensiv macht, aber gerade weil sonst alles stimmig und mitreißend geformt ist, hätte zum Ende hin eine ausgefeiltere Stunt-Show hin dem Film noch sehr viel mehr geben können.

Wrath of Man 2 - Copyright METRO-GOLDWYN-MAYER

 

Darsteller: Jason Statham, Holt McCallany, Eddie Marsan, Darrell D’Silva, Rocci Williams, Jeffrey Donovan, Scott Eastwood, Niamh Algar, Deobia Oparei sowie Andi Garcia u.a.
Regie: Guy Ritchie
Drehbuch: Guy Ritchie, Ivan Atkinson, Marn Davies
Kamera: Alan Stewart
Bildschnitt: James Herbert
Musik: Christopher Benstead
Produktionsdesign: Martyn John
Großbritannien – USA / 2021
119 Minuten

Bildrechte: METRO-GOLDWYN-MAYER
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