THE DRY

Beitrag FANTASY FILMFEST – 17.06. bis 27.06.2021

FFN21-XLDry - Copyright IFC Films– DVD / Blu-ray 10.09.201

Es ist ein ruhiger Film, der sich die Zeit gönnt, und in seinem Tempo auch die Atmosphäre der kleinen Stadt widerspiegelt. Sei es ausgelöst durch die über ein Jahr anhaltende Dürreperiode, oder das unausgesprochene Misstrauen der Bewohner untereinander. Zwanzig Jahre ist es her, dass Ellie ermordet wurde, und der Mörder noch immer nicht gefasst ist. Einer dieser ganz seltenen Film, bei der sich die Figuren über einen einzigen Dialog definieren. Wo es sorgsam ausgearbeitete und präzise formulierte Sätze schaffen, in einer Szene alles zu erklären. Wo exzellente Darsteller mit nuancierter Körpersprache das Gesagte festigen und endgültig machen. Als Beobachter bleiben wir damit auf Augenhöhe der Figuren. Wir werden nicht zum Spielball von falschen Fährten, oder pseudo-raffinierten Wendungen. Der Regisseur macht uns zum Teilnehmer in seinem Ensemble.

Bundesagent Aaron Falk kommt wegen einer Trauerfeier zurück in seine Heimatstadt Kiewarra. Sein ehemals bester Freund Luke hat zuerst seine Familie und dann sich selbst erschossen. Damit wollen sich Lukes Eltern nicht abfinden. Sie bitten Aaron um Hilfe. Dem wird aber immer noch vorgehalten, etwas mit dem Tod von Ellie vor 20 Jahren zu tun zu haben. Das naturalistische Setting ist überwältigend. Damit sind nicht nur die Naturaufnahmen dieser kargen, abweisenden Dürre gemeint, sondern diesen voran, die Atmosphäre wie sich die Bewohner von Kiewarra begegnen, Blicke tauschen, offensichtlich bemüht etwas undefinierbares nicht ausbrechen zu lassen.

Dry 2 - Copyright IFC Films

Als führender Darsteller befindet sich natürlich Eric Bana im Vordergrund, und er ist auch ständig präsent. Aber als Aaron ist er mehr ein Leuchtfeuer für das Panoptikum kleinstädtischer Figuren. Immer wieder ist Bana stark zurückgenommen, wenn mit anderen Charakteren handlungsrelevante Szenen ausgespielt werden, auch wenn es ihn selbst betrifft. Aaron fungiert sowohl als Brennpunkt, als auch seelischer Beistand. Für die anderen Protagonisten und den Zuschauer gleichermaßen. Eric Bana gibt dieser Rolle eine fesselnde Nahbarkeit, selbst wenn ihn unentwegt diese Rätselhaftigkeit umgibt.

Die Dialoge sind auf den Punkt, aber niemals konstruiert. Mit den Darstellern werden sie greifbar und echt, und so wachsen wir mit diesen Menschen, weil wir ihnen vertrauen können. Und es wird offensichtlich, dass der Regisseur unser Vertrauen haben möchte, weil es die Geschichte in ihrer reinen Form verlangt. Es sollen keine dramaturgische Haken geschlagen werden. Es wird diese Haken geben, aber sie möchten keine Taschenspielertricks sein, sondern sich ehrlich entfalten. Wir vertrauen dem Erzähler Robert Connolly, und vertiefen uns in die Geschichte, wo auf einmal jede schwarzweiß Malerei verschwimmt.

Spannung bezieht die Geschichte aus den greifbaren Figuren und dem glaubwürdigen Kleinstadtmilieu. Die ungelösten Mordfälle sind dabei das vordergründige Motiv, doch dahinter entspinnt sich ein ganzes Geflecht von Geheimnissen, ungeklärten Fragen, Lügen und Verrat. Längst abgerissen geglaubte Brücken in die Vergangenheit werden wieder begangen. Und alles bildet eine untrennbare Einheit. Sogar der fruchtlose Boden und die ausgetrockneten Wälder werden zur besonderen Metapher über das Schicksal von Kiewarra.

Am Ende kommt THE DRY um eine fragwürdige Standardsituation nicht herum. Über die letzten Bilder könnte man deshalb diskutieren, aber auch sie dürfen nur noch sinnbildlich verstanden werden. Die Geschichte ist jetzt eine andere. Von den Lebenden und Toten hat es sich gedreht zu Schuld und Sühne. Und wie uns Robert Connelly daran teilhaben lässt, ist intensivstes Kino, das beeindruckt und nachhält.

Dry 1 - Copyright IFC Films

 

Darsteller: Eric Bana, Genevieve O’Reilly, Keir O’Donnell, Bruce Spence, Matt Nable, Martin Dingle Wall, James Frecheville, Sam Corlett, BeBe Bettencourt, Joe Klocek u.a.
Regie: Robert Connolly
Drehbuch: Harry Cripps & Robert Connolly und Samantha Strauss
Nach dem Roman von Jane Harper
Kamera: Stefan Duscio
Bildschnitt: Alexandre de Franceschi & Nick Meyers

Musik: Peter Raeburn
Produktionsdesign: Ruby Mathers
Australien – USA / 2020
117 Minuten

Bildrechte: IFC Films
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