WHAT LIES BELOW

What Lies - Copyright FALCOM INVESTMENT AG– Bundesstart 10.06.2021

Als Kameramann hat Braden R. Duemmler an mehr Filmen gearbeitet, als bei Filmen Regie geführt. Ein paar TV-Episoden, eine Dokumentation, einige Kurzfilme. Dem steht eine einzige Inszenierung an einem Spielfilm gegenüber. In der visuellen Branche ist Duemmler nicht sonderlich aufgefallen. Und bei dieser einen Regiearbeit unter dem Titel WHAT LIES BELOW hat er sich wahrlich keine Fleißsternchen verdient. Aber wie so vieles, liegt Unterhaltung im Auge des Betrachters. Jetzt hat Braden Duemmler zudem auch noch das Drehbuch verfasst, und da wird es bei Erstlingswerken meist schwierig. Netflix hat WHAT LIES BELOW auf Staatenseite ins Programm genommen. In Deutschland versuchen die Schweizer von Falcom Media diesen als Horror deklarierten Film in die Kinos zu bringen.

Zurück aus dem Sommer-Camp, erfährt die sechzehnjährige Liberty überraschend vom neuen Freund der Mutter. Zuerst schockiert, kann die Heranwachsende schnell die überstürzte Leidenschaft nachvollziehen. So wie die meisten der weiblichen Zuschauer. Trey Tucker überzeugt als der ominöse neue Freund John Smith nicht durch Hingabe und Charisma, sondern mit einem nackten Oberkörper der bei jeder noch so unwahrscheinlichen Gelegenheit von der Kamera hingebungsvoll abgelichtet wird.

In den nur 87 Minuten braucht Braden Duemmler allein 40 Minuten, um sein Publikum vom Glauben abzubringen, dies wäre eine mit Watte gespülte Coming of Age Geschichte. Hier und da gibt es tatsächlich ganz versteckte Hinweise auf den tieferen Sinn der Handlung, allerdings erschließen diese sich erst gegen Ende. Und dann ist es fraglich, ob sie noch eine Rolle spielen.

Selbstverständlich verfällt auch Liberty dem durch einen straffen Körperbau geförderten Charme von John. Wir vermuten es, weil Duemmler es uns nicht genau verraten will, aber John ist scheinbar Libertys erste erotische Phantasie. Das Mutter nebenher an einer nicht erklärbaren Erkrankung leidet, stört die Figuren nicht weiter, ist aber als Spannungsaufbau für den Zuschauer wichtig. Denn eines ist sicher, der vermeintliche Süß- und Salzwasser Ökologe ist einfach viel zu nett und viel zu sexy, um nur wegen Fischen und Seeschlangen vor Ort zu sein.

Als Geschichte ums Erwachsenwerden ist WHAT LIES BELOW viel zu zahm, aber auch zu behäbig und uninteressant erzählt. Wenn Duemmler sich dann entscheidet, die Handlung allmählich ins Übernatürlich zu drehen, wird es allerdings keinen Deut besser. Nicht spannender, nicht unheimlicher. Und es liegt nie an den Darstellern. Ema Horvath erscheint als perfekte Verkörperung für die unerfahrene Liberty. So wie Mena Suvari als Michelle die perfekte Mischung zwischen Verständnis suchender Mutter und endlich vom Glück belohnter einsamen Frau darbietet. Man kann auch von Trey Tucker sagen, perfekt besetzt zu sein. Sein ständig zur Schau gestellter Körper ist allerdings nach nur kurzer Zeit schon unfreiwillig komisch, anstatt erotisch.

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Was WHAT LIES BELOW aber wirklich das Genick bricht, ist sein schlampige Bildgestaltung von Jimmy Jung Lu und der dilettantische Schnitt von Daniel Hanna und Marc Sedaka. Unentwegt fehlen Perspektivwechsel oder bleibt das Bild unendlich lang auf Motiven, in denen nichts passiert. Beispielhaft ist eine Szene, in der Liberty glaubt des Nachts etwas auf dem Hausdach zu hören, und im Freien mit einer Taschenlampe eine gefühlte Ewigkeit die Dachschindeln abschwenkt. Ohne irgend einer Auflösung der Szene.

Eine überzeichnende Farbausleuchtung, oder ein Setzkasten der ganz speziellen Art machen noch keinen H.P. Lovecraft. Wer im Vorfeld des Filmes mit derartigen Vergleichen hausieren ging, kann an dieser Stelle nicht mehr nachvollzogen werden. Gewiss ist, das Lovecraft gruselig ist, und es schafft zu verstören. Braden Duemmler scheitert grandios an ersterem, und obsiegt mit dem zweiten. Allerdings nicht annähernd im Sinne von Lovecraft.

Böse Menschen können nun behaupten, dass Netflix einen üblichen Programmfüller eingekauft hat, um seine Angebotsvielfalt mit billigen Produktionen zu erhöhen. Das ist ja das branchenübliche, offene Geheimnis. Warum Falcom Media aber versucht eine im Vorfeld kostspieligere Kinoauswertung zu generieren, bleibt fraglich. Gute Mundpropaganda für eine zukünftige Blu-ray-Verwertung wird es aber kaum geben.

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Darsteller: Ema Horvath, Troy Iwata, Danny Corbo, Mena Suvari, Trey Tucker, Olan Montgomery, Hsakiri Velazquez, AprilAnn Dais
Regie & Drehbuch: Braden R. Duemmler
Kamera: Jimmy Jung Lu
Bildschnitt: R.J. Daniel Hanna & Marc Sedaka
Musik: Gavin Keese
Produktionsdesign: Monica Dabrowski
USA / 2020
87 Minuten

Bildrechte: FALCOM INVESTMENT AG
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