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ab 1.April 2021 DVD/Blu-ray
Es ist schnell einmal vergessen, dass Liam Neeson der Mann ist, der auch Oskar Schindler ein Gesicht gegeben hat, oder sich als Michael Collins auf einen ganz besonderen Kampf einließ. Aber auch der alleinerziehende Vater, oder diesen Sexualforscher. Mittlerweile, besonders für eine junge Zuschauerschaft, ist Liam Neeson der Actionheld „der es immer noch drauf hat“. Natürlich war seine Rolle in Christopher Nolans Batman-Trilogie viel beachtet und geschätzt. Und „ich weiß nicht wer Du bist, aber ich werde dich finden und ich werde dich töten“, ist umgehend ikonisch geworden. Doch seit Neeson einen neuen Typus von Kämpfer etablierte und auch glaubhaft selbst verkörperte, war lediglich Joe Carnahans THE GREY bemerkenswert und erinnerungswürdig geblieben. Ein Film dem auch HONEST THIEF nicht das Wasser reichen kann.
Eigentlich kennt man Tom Dolan lediglich als den ‚Rein-und-Raus-Bandit‘. Doch der Spitzname hat dem berüchtigten Tresorknacker noch nie gefallen, und außerdem will er mit sich, der Welt und dem FBI ins Reine kommen. Verantwortlich für den Sinneswandel ist Annie Wilkins. In ihr hat der in die Jahre gekommene Räuber die Frau seines restlichen Lebens gefunden hat. Es kommt, wie es in all den zahllosen anderen Krimis auch schon kommen musste, wenn die ehrlich gewordene Koryphäe aussteigen will.
Das dieser abgenutzte Plot, der ausgewogen zwischen Thriller und Action pendelt, einigermaßen unterhält, ist selbstredend dem unbändigen Charisma von Liam Neeson zu verdanken. Aber nicht alleine, denn an seine Seite haben ihm die Autoren Mark Williams und Steve Allrich, mit Williams auf dem Regiestuhl, die hervorragende Kate Walsh geschrieben. In ihrer Beziehung, welche die Grundlage für die Geschichte bildet, ist sie die treibende Kraft. Nicht nur als Charakter, sondern vorherrschend durch die ungebremste Energie von Walsh.
Natürlich, das gebieten die Klischeeformeln, ist Walshs Annie die schutzbedürftige Frauenfigur. Doch sie ist so besonnen dargestellt und von jeder unwürdigen Irrationalität befreit, das Kate Walsh den größten Anteil am Unterhaltungswert von HONEST THIEF trägt. Wenn Frauen schon stets in die zweite Reihe gedrängt werden, müsste es wenigstens als Ausgleich viel mehr solcher glaubwürdigen Charaktere geben. Allein wie bei ihr so ein klein wenig Stolz und Schadenfreude durchscheint, wenn Tom eine selbstgebastelte Bombe zündet, anstatt ins üblich nervige Wehklagen zu verfallen, dann macht der Film richtig Spaß.
Aber auch mit Robert Patrick und Jeffrey Donovan hat man die Erwartungshaltung etwas gegen den Strich gebürstet, wo Thriller- und Actionfreunde schnell aufs angenehmste überrascht werden. Donovan bekommet als FBI-Agent Meyers einen sehr ausgefeilten, detailfreudigen Charakter. Ihm fallen die besten Einzeiler zu, aber keine platten Kalauer sondern wirklich sehr hintersinnige, auf seinen Charakter bezogene Dialoge.
Und so könnte HONEST THIEF im Einerlei der Filme mit guten Gangstern die aufhören wollen, eine wohltuende Ausnahme sein. Hätten sich nicht Williams und Allrich das dümmste, unlogischste und unglaubwürdigste Szenario ausgedacht, wie der Gute von den Bösen hintergangen wird. Beide sind nicht die renommiertesten Filmemacher, aber dass dann nicht einmal so ein alter Hase wie Neeson gegen so einen lachhaften Handlungsverlauf Einspruch erhebt, ist einfach nicht nachvollziehbar.
Die Geschichte erfordert einfach, dass Tom von den Agenten hintergangen werden muss, damit die Handlung ins Rollen kommt. Und was darauf folgt ist durchweg spannend und gut erzählt, Langeweile kommt keine auf. Aber wie es dazu kommt, ist einfach einfallslos und haarsträubend. Dabei lebt doch der Film von seinen gut durchdachten und gerissenen Charakteren.
Nach knapp einer Stunde angenehmer Unterhaltung im gehobenen Niveau, passiert es im Showdown erneut. Da handeln Personen und geschehen Dinge, wie es allem widerspricht, was der Film an Reputation zurück gewinnen konnte. Schlimmer noch, dass die Opferrolle am Ende unnötig und irrelevant ist, sie bleibt auch in dramaturgischer Hinsicht vollkommen unbedeutend.
HONEST THIEF ist ein gutes Beispiel, wie mein eine ausgediente Idee frisch beleben könnte, und dies dann mit Unvermögen in den Sand setzt. Es bleiben einige sehr gute Spannungsmomente, ein paar überraschende Ideen, das atemberaubende Tempo, und drei herausragende Darsteller. Doch über das Mittelmaß schafft es auch dieser Liam Neeson nicht. Die Gründe dafür hätte man leicht umgehen können.
Darsteller: Liam Neeson, Kate Walsh, Jai Courtney, Jeffrey Donovan, Robert Patrick, Anthony Ramos u.a.
Regie: Mark Williams
Drehbuch: Mark Williams, Steve Allrich
Kamera: Shelly Johnson
Bildschnitt: Michael P. Shawver
Musik: Mark Isham
Produktionsdesign: Tom Lisowski
USA / 2020
99 Minuten