– Blu-ray / Amazone Prime –
THE GODFATHER CODA:
THE DEATH OF MICHAEL CORLEONE
Die Frage ist berechtigt. Ist DER PATE III jetzt ein anderer Film? Nein. Aber das erstickt die Diskussion nur oberflächlich. Denn Francis Ford Coppola hat in den vergangenen Monaten und pünktlich zum dreißigsten Jubiläum den Film gemacht, wie er sein sollte. In Anbetracht der gegebenen Möglichkeiten. Aber es ist nicht der Film, der er sein könnte. Wobei jedem vernünftigen Menschen bereits vor über dreißig Jahren bewusst war, dass es unmöglich sei, jenes infernalische Beben in der Kinowelt zu wiederholen, welches DER PATE und seine noch viel furiosere Fortsetzung ausgelöst hatten.
Es war eine ungesunde Mischung von Vertragserfüllung und leidenschaftlicher Besessenheit. Coppola hatte sich durch APOCALYPSE NOW und EINER MIT HERZ künstlerisch überboten, aber finanziell ruiniert. Und Paramount hatte ihn mit diesen Eskapaden sozusagen aufgekauft. Seit Anfang der Achtziger wollte Paramount eine weitere Fortsetzung, an der Coppola allerdings nicht interessiert war. Viel Drehbuchentwürfe und die Elite der Regisseure des neuen Hollywood waren involviert. Doch jeder Versuch scheiterte.
Es hatte eben so sein sollen. Aber Paramount bestand auf eine Fortsetzung, und nahm Coppola endgültig in die Pflicht. Nur dass der Filmemacher weder genügend Budget, noch ausreichend Zeit zugestanden bekam. Heraus gekommen ist dennoch ein extrem spannender Film, mit außerordentlichen schauspielerischen, künstlerischen und inszenatorischen Leistungen. DER PATE III, der eigentlich nie so heißen sollte, wurde seinen Vorgängern gerecht.
Nur Kritiker und Kinogänger bemängelt unablässig genau das, was eigentlich jedem vernunftbegabten Menschen schon im Vorfeld klar war. Er konnte nicht die selbe Qualität haben, geschweige denn besser sein, wie die Vorgänger. Aber ein würdiger Abschluss, wie ihn Coppola und Mario Puzo auch ersonnen hatten, als Epilog der ersten zwei Filme. Was Paramount aus Marketinggründen vehement ablehnte. Es war Coppola vor dreißig Jahren zeitlich verwehrt geblieben, aber jetzt konnte er es richten. Für diese Möglichkeit wird sich ordentlich bei Paramount bedankt. Man fragt sich nur warum.
Auch wenn DER TOD DES MICHEAL CORLEONE jetzt 4 Minuten kürzer geraden ist, als die ursprüngliche Fassung, fehlt dem Film nichts. Details über die Änderungen muss man sich woanders erfragen, denn sie lenken nur ab und sind nicht im Interesse eines unbeschwerten Filmgenusses. Einige Szenen wurde verschoben, und neu im Handlungsstrang platziert. In wenigen Sequenzen wurden die Schüsse und Gegenschüsse anders zusammengesetzt. Manche Einstellungen sind an sensiblen Stellen gekürzt, Dialoge um einzelne Satzteile erleichtert.
Rein von seiner Optik, auch von seinem erzählerischen Fluss fallen die Veränderungen überhaupt nicht auf. Allerdings hat sich die Atmosphäre verändert. Auch die Erzählstruktur, die an jene der Vorgänger angelehnt war, hat sich verschoben. Der formale Ton des von Coppola und Puzo erwünschten Epilogs ist nun erfüllt, und merklich geschwächt die dramaturgische Wiederholung eines zwanghaft erfüllten dritten Teiles. Dadurch das nun der Film bereits zu Anfang zum Kern der Geschichte kommt, nämlich den Kauf der Anteilsmehrheit am Immobilien-Konglomerat Immobiliare, wird die Motivation für die Erzählung unmittelbar in den Vordergrund gestellt.
Durch die nachfolgenden Kürzungen und Umstellungen, verlagert sich alles viel konzentrierter auf Michael Corleone. Sein Dilemma, seine Bürde, seine Verantwortung. Der Handlungsverlauf ist etwas dunkler geworden, in einer entscheidenden Sequenz mit Kay und Michael wird sogar die Stimmung verkehrt. Versöhnliche Worte fallen einige Male ganz dem Schnitt zum Opfer. Die geschichtliche Bedeutung gewisser Personen wird stärker betont. Eventuelle darstellerische Schwächen anderer Darsteller sind ausgeglichen. Michael Corleone wurde in ein Leben gedrängt, welches er eigentlich nicht gewählt hatte, es aber dafür umso konsequenter nach den eigenen Ansprüchen und dem Kodex lebte, weil leben mußte.
War Michael in seiner Vergangenheit pragmatisch, kalt und zynisch geworden, zerbricht er nun daran. Und Francis Ford Coppola hat dies nun noch viel intensiver, fast schon unbarmherzig gestaltet. Es ist kein anderer Film, er erschließt sich seinem Publikum nur viel eindringlicher. DER TOD DES MICHAEL CORLEONE kann manche besänftigen die ihn wider besseren Wissens zu degradieren versuchten. Und die, welche ihn schon immer zu schätzen wussten, werden sich noch begeisterter zeigen. Gleichzeitig ist es eine Empfehlung für jene, die bisher davon Abstand genommen hatten.
Darsteller: Al Pacino, Diane Keaton, Andy Garcia, Talia Shire, Eli Wallach, Sophia Coppola, Franc D’Ambrosio, Donal Donnelly, Helmut Berger, Raf Vallone, Richard Bright, John Savage u.a.
Regie: Francis Ford Coppola
Drehbuch: Francis Ford Coppola, Mario Puzo
Kamera: Gordon Willis
Bildschnitt: Walter Murch, Lisa Fruchtman, Barry Malkin
Musik: Carmine Coppola
Produktionsdesign: Dean Tavoularis
CODA:
Restaurierung Supervisor: James T. Mockoski
Restaurierung, Schnitt: Robert Schaffer
Visuelle Effekte: Josh Jones
Neuaufnahme Ton: Pete Horner
Toningenieur: Colin W. Guthrie
Colorierung: Gregg Garvin
Abnehmender Produzent: Vincent Pirozzi
USA / 1990 – 2020
162 Minuten – 1990
158 Minuten – 2020